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Transkript:

IV. Der subjektive Unrechtstatbestand des Diebstahls 1. Vorsatz bzgl. der objektiven Tatbestandsmerkmale des 242 (insbes. Bewusstsein, dass die Sache im fremden Eigentum und Gewahrsam steht). Parallelwertung in der Laiensphäre bzgl. Fremdheit. 2. Die Absicht rechtswidriger Zueignung Absicht ist hier der in der Wegnahme zum Ausdruck gekommene und sie begleitende, auf die Zueignung gerichtete Wille. Die Absicht im technischen Sinne ist aber nur auf die Aneignungskomponente, nicht auf die Enteignungskomponente bezogen. KK 128

a) Gegenstand der Zueignung Substanztheorie: Zueignung (+), wenn der Täter die Sache selbst seinem Vermögen einverleibt. Sachwerttheorie: Zueignung (+), wenn der Täter ohne Rücksicht auf den endgültigen Verbleib der Sache den in der Sache bestimmungsgemäß verkörperten wirtschaftlichen Wert seinem Vermögen einverleibt. Vereinigungstheorie : Verbindung der Substanztheorie und der Sachwerttheorie (seit RGSt 61, 228, 233). Wesen der Zueignung ist, dass der Täter die Sache oder den in ihr verkörperten Sachwert mit Ausschlusswirkung gegen den Eigentümer dem eigenen Vermögen einverleibt (vgl. etwa BGH NJW 1988, 979); Anlass: Sparbuchfall. KK 129

b) Begriffsinhalt Zueignung: Anmaßung einer eigentümerähnlichen Herrschaft über die Sache (se ut dominum gerere). Nicht entscheidend ist, ob der Täter die fremde Sache dauernd behalten, sie veräußern oder sich ihrer in sonstiger Weise entledigen will. Bei der eigenmächtigen Verfügung über fremde Sparbücher und andere Legitimationspapiere mit dem Ziel, das Papier nach Abhebung eines Teilbetrages an den Eigentümer zurückzugeben, ist Objekt des Diebstahls in diesem Fall das Sparbuch. Maßgebend für die Bejahung der Zueignungsabsicht ist, dass sich der Täter den im Sparbuch verkörperten Sachwert verschaffen und den Berechtigten davon auf Dauer ausschließen will. KK 130

aa) Anmaßung einer eigentümerähnlichen Verfügungsgewalt Problemfälle: (1) Finderlohnfall: T nimmt einen entlaufenen Labradorhund, der bei einem Rentnerehepaar Zuflucht gefunden hat, an sich, um den Finderlohn zu kassieren. Zueignungsabsicht (-), da sich T zu keinem Zeitpunkt eine Eigentümerstellung angemaßt hat. Er wollte sich lediglich als Finder ausgeben und den Hund seinem wirklichen Eigentümer zuführen, und zwar in Anerkennung von dessen Eigentum. Sachwerterwägungen: Die Verwendbarkeit einer Sache zu Betrugszwecken verkörpert nicht den ihr bestimmungsgemäß innewohnenden Sachwert. KK 131

(2) Dienstmützenfall: Soldat S gibt Ausrüstungsgegenstände eines Kameraden für sich ab, um sich die lästige Verlustmeldung zu ersparen und einer etwaigen Ersatzpflicht zu entgehen. Zueignungsabsicht (-), weil sich S keinerlei Eigentümerrechte angemaßt hat, die Mütze nie als ihm selbst, sondern stets als dem Bund gehörend besessen und zu keinem Zeitpunkt auch nur den Eindruck einer Eigentumsleugnung erwogen hat (vgl. Dienstmützenfall BGHSt 19, 387; OLG Stuttgart NJW 1979, 277). KK 132

bb) Das Merkmal der Aneignung Abgrenzung des Diebstahls von der Sachbeschädigung, der Sachentziehung und von eigenmächtigen Verfügungen zugunsten des Sacheigentümers. Wegnahme einer fremden Sache, um sie ohne vorherigen Eigengebrauch sogleich zu zerstören oder wegzuwerfen: 242 (-). Bsp.: Fliegenlassen eines dem Tode geweihten exotischen Vogels. Sichaneignen dann (+), wenn die fremde Sache erst nach erfolgter Verwendung für Zwecke des Täters ihrem Schicksal überlassen wird (Bsp.: Entwenden einer Axt, um sie nach dem Fällen eines Baumes im Wald liegen zu lassen) oder wenn die Sachvernichtung im eigennützigen Verbrauch der Sache durch den Täter besteht (Bsp: Verbrennen von Holz). KK 133

Dritt-Aneignung Bei der fremdnützigen Aneignungsabsicht muss es dem Täter darauf ankommen, durch eigenes Täterhandeln die Sache oder den in ihr verkörperten Wert zumindest vorübergehend dem Vermögen eines Dritten einzuverleiben; nicht ausreichend: Ermöglichen der Aneignung durch Dritte oder Wegnahme der Sache, um sie selbst (oder durch einen Dritten) wegzuwerfen, zu beschädigen oder zu zerstören. Fallgruppen: Täter möchte das Erlangte verkaufen, verschenken, spenden: unproblematisch Sich-Aneignen, um es dann dem Dritten zuzueignen; Drittzueignung dabei grds. subsidiär. Täter entwendet einen Gegenstand gegen eine Belohnung / einen Anteil für einen Auftraggeber: Drittzueignungsabsicht bzgl. der Sachsubstanz. Altruistisches Handeln / Verfolgung nichtwirtschaftlicher Ziele: Drittzueignungsabsicht, die früher nicht erfasst war. KK 134

Eigenmächtige Verfügungen sonstiger Art: Täter hat eigennützig (insbesondere für eigene Rechnung) oder zugunsten des Eigentümers gehandelt (wenn der Täter sich über den entgegenstehenden Willen des Eigentümers hinwegsetzt, die Sache jedoch zugunsten ihres Eigentümers verwendet, BGH MDR/D 1958, 139). Absicht hinsichtlich der Aneignungskomponente: Die Aneignung (nicht notwendigerweise auf Dauer) der Sache oder des in ihr verkörperten Sachwertes muss das Ziel des Handelns sein, also mit unbedingtem Willen erstrebt werden. Probl. der Behältnisse: Absicht (+), wenn es dem Täter auf die Nutzung des Behältnisses als notwendiges Transportmittel ankommt. KK 135

cc) Das Merkmal der Enteignung Enteignung: verdrängen des Sacheigentümers im rein tatsächlichen Sinne aus seiner bisherigen Position (auf Dauer), und zwar im Hinblick auf die Sache selbst oder im Hinblick auf den Sachwert (allerdings nur den sog. lucrum ex re; vgl. KK 138). Abgrenzung zur Gebrauchsanmaßung (= furtum usus), bei der es sich nur um eine vorübergehende Nutzung der fremden Sache handelt. Subjektive Komponente der Gebrauchsanmaßung: Die unbefugte Benutzung der fremden Sache muss bereits im Zeitpunkt der Wegnahme mit dem Willen erfolgen, den rechtmäßigen Zustand unter Wahrung der Eigentumsordnung (ohne erhebliche Substanzverletzung) alsbald wieder herzustellen. KK 136

Problemfälle: (1) Ingebrauchnahme fremder Kraftfahrzeuge: Diebstahl, wenn die Wegnahme erwiesenermaßen von dem Willen getragen war, das Fahrzeug nach dem Gebrauch wahllos preiszugeben und es dem Zufall zu überlassen, ob, wann und in welchem Zustand der Eigentümer es zurückbekommen würde (BGH NStZ 1982, 420). (2) Besonders intensiver oder langer Gebrauch: In diesen Fällen will der Täter die entwendete Sache in einer Weise gebrauchen, die ihre Funktionstauglichkeit aufheben kann oder durch die sie wirtschaftlich wesentlich entwertet wird, oder der Gebrauch soll längere Zeit andauern. Die h.m. bejaht hier jeweils die Zueignung; Enteignungselement liegt in der Abnutzung bis zur Funktionsunfähigkeit bzw. wirtschaftlichen Entwertung. Kontrollfrage: Hält ein objektiver Betrachter eine Ersatzbeschaffung für unvermeidbar? KK 137

(3) Rückverkauf an den Eigentümer: Wegnahme einer fremden Sache in der Absicht, sie als angeblich eigene dem betroffenen Eigentümer zum Kauf, zum Tausch oder zur Erfüllung einer Verbindlichkeit anzubieten. Der Täter will die entwendete Sache dem Eigentümer nicht als diesem gehörend zurückgeben (RGSt 57, 199; Tenckhoff JuS 1980, 723), daher Zueignungsabsicht. Ähnlich: Vortäter verkauft die von ihm gestohlene Sache an einen Hehler, nimmt sie ihm später wieder weg, um sie dem Eigentümer zurückzugeben (BGH NJW 1985, 1564). Lucrum ex re und lucrum ex negotio cum re: Der Vorteil muss in der Sache selbst angelegt sein (lucrum ex re), nicht einbezogen ist das lucrum ex negotio cum re, d.h. der Gewinn aus der bloßen Verwendung einer Sache. KK 138

(4) Entwendung von Personalausweisen und Geldautomatenkarten: lediglich Gebrauchsanmaßung, wenn der Berechtigte den Ausweis ohne Wertminderung als ihm gehörend zurückerhalten soll. Codekarten der Banken und Sparkassen sind kein Sparbuch, sondern ein Automatenschlüssel, der allein die tatsächliche Möglichkeit eröffnet, über ein bestimmtes Girokonto zu verfügen. Da die Codekarte nicht das auf dem Girokonto ausgewiesene Guthaben verkörpert, liegt in der Wegnahme und der unbefugten Verwendung der Codekarte nur eine straflose Gebrauchsanmaßung (BGH NJW 1988, 979). Anders bei Legitimationspapieren wie Theaterkarten oder bei Warengutscheinen. KK 139

(5) Minderung des Verkaufswertes durch den Gebrauch: Teilweise wird die Zueignung damit begründet, dass die Sache für den Eigentümer funktionsuntauglich geworden sei, da er sie nicht mehr als neue verkaufen könne (OLG Celle NJW 1967, 1921). Das kann allerdings nur dann gelten, wenn bereits aufgrund der vorübergehenden Benutzung aus dem fabrikneuen Gegenstand eine nur noch zu einem reduzierten Preis verkäufliche Gebrauchssache wird, wie es etwa bei Kraftfahrzeugen der Fall ist.; ein zurückgegebenes Buch zur Ansicht kann hingegen noch als neues Buch zu verkaufen sein. KK 140

(6) Pseudoboten- oder Warenpaketfall: T entwendet ein von K gekauftes, vom Verkäufer V zur Auslieferung bereitgestelltes Warenpaket, um es als angeblicher Bote zu K zu bringen und so den Kaufpreis bei Lieferung zu kassieren. 242 (+) nach BayOblG JR 1965, 26; Wessels NJW 1965, 1157; Tenckhoff JuS 1980, 723; Otto Jura 1996, 383 (385): T respektiert die Eigentumsordnung nicht, da es nur das Recht des V ist, das Paket auszuliefern und zu kassieren. Weitergabe der Sache gegen Geld genüge. Auftreten in fremdem Namen spiele keine Rolle. 242 (-) nach Sch/Sch/Eser 242 Rn. 50; Schröder JR 1965, 27 f.; Rudolphi JR 1985, 253; Thoss JuS 1996, 817: T respektiere die Eigentumsordnung, weil er nur das tue, was dem Verkäufer obliege. Selbst-Aneignungsrecht zw., weil T ohne das Eigentumsrecht zu leugnen nur als Bote auftritt. aber: Drittaneignungsabsicht (+), da die Zahlung des Kaufpreises von der Übereignung an K als notwendigem Zwischenziel abhängt. KK 141

Für die Enteignung genügt einfacher Vorsatz unter Einschluss des dolus eventualis; Bsp: Wegnahme von Behältnissen, um deren Inhalts willen (keine Absicht, das Behältnis an sich zu entwenden); Flucht in Gefängniskleidung. Ist ein endgültiger Entschluss gefasst, der von einer Bedingung abhängt, auf die der Täter keinen Einfluss hat: Absicht (+) Bsp.: Wegnahme einer Sache, bei der man sich erst zu Hause überlegen will, ob man sie sofort zurückgibt oder behält: 242 (-), Behalten nach der Überlegung: 246. Eigenmächtige Inpfandnahme (Wegnahme einer Sache, um sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung einzusetzen: 242 (-), da Zueignungsabsicht sowohl im Hinblick auf die Sache wie den Sachwert (-) KK 142

V. Rechtswidrigkeit der Zueignung An der Rechtswidrigkeit fehlt es, wenn der Täter einen fälligen und einredefreien Übereignungsanspruch gegen den Eigentümer gerade hinsichtlich der weggenommenen Sache hatte. a) Auf die zusätzlichen Voraussetzungen eines Selbsthilferechtes nach 229 BGB kommt es nicht an. b) Bei Gattungsschulden richtet sich der Anspruch des Gläubigers vor erfolgter Konkretisierung ( 243 Abs. 2 BGB) nicht auf bestimmte Sachen, sondern nur auf die Leistung von Sachen mittlerer Art und Güte; Verletzen des Auswahlrechts: rechtswidrige Zueignung. Wertsummentheorie: objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung entfällt, wenn der Täter einen fälligen Anspruch auf die Wertsumme der weggenommenen Münzen oder Geldscheine hat; str. KK 143

c) Einfacher Vorsatz unter Einschluss des dolus eventualis (RGSt 49, 140) genügt. Glaubt der Täter irrtümlich, einen fälligen und einredefreien Anspruch gerade auf die weggenommene Sache zu haben, Vorsatz rechtswidriger Zueignung (-). d) Rechtswidrigkeit der Wegnahme ist allgemeines Verbrechensmerkmal - verbotene Eigenmacht macht die Wegnahme, nicht aber ohne weiteres auch die erstrebte Zueignung rechtswidrig (BGH GA 1968, 121). KK 144

Irrtum: Nimmt der Dieb aufgrund bürgerlich-rechtlicher Fehlvorstellungen irrig an, er habe einen fälligen Anspruch auf Übereignung der weggenommenen Sache: Tatbestandsirrtum wegen Fehlens der erforderlichen Parallelwertung in der Laiensphäre. Hält er hingegen sein Vorgehen unter Selbsthilfegesichtspunkten für erlaubt: Irrtum über den Umfang eines Rechtfertigungsgrundes (Verbotsirrtum). (Kompromiss-)Rechtsprechung (BGH GA 1968, 121; BGH NStZ 1988, 216): Tatbestandsirrtum, wenn der Täter bei Geldforderungen glaubt, Anspruch auf das jeweils vorhandene Geld zu haben. KK 145