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Transkript:

Herausgegeben von: Dr. Alexander Gagel & Dr. Hans-Martin Schian in Kooperation mit: Prof. Dr. Wolfhard Kohte Prof. Dr. Ulrich Preis Prof. Dr. Felix Welti Martin-Luther-Universität Institut für Deutsches und Europäisches Hochschule Neubrandenburg Sozialrecht, Universität zu Halle-Wittenberg Köln Forum B März 2010 Schwerbehindertenrecht und betriebliches Gesundheitsmanagement Diskussionsbeitrag Nr. 3/2010 Klarstellungen zur Stufenweisen Wiedereingliederung ( 28 SGB IX) Teil III. von Dr. Alexander Gagel Der letzte Teil der Beiträge zur stufenweisen Wiedereingliederung stellt die sozialrechtliche Bewertung und Einordnung dieses Instrumentes dar. Von besonderer Bedeutung ist hier die Einordnung mit Blick darauf, dass die stufenweise Wiedereingliederung kein Beschäftigungsverhältnis ist und insoweit daher auch während einer Arbeitslosmeldung möglich sein kann. Die rechtliche Einordnung ist somit von Bedeutung für die Pflichten des Arbeitgebers, die Behandlung und Verbeitragung gezahlter Zuschüsse sowie die Auswirkungen auf Arbeitslosen- und Krankengeld während einer stufenweisen Wiedereingliederung. Der folgende Beitrag widmet sich diesen Fragen im Einzelnen. Dr. Alexander Gagel Anja Hillmann-Stadtfeld Dr. Hans Martin Schian

I. Sozialversicherungsrechtliche Folgen der StW Thesen: 1. Zuschüsse des Arbeitgebers zur StW sind Leistungen im Zusammenhang mit dem laufenden ruhenden Arbeitsverhältnis. 2. Sie sind deshalb beitragspflichtig ( 14 Abs. 1 SGB IV). 3. Sie führen, da sie beitragspflichtig sind, seit 1.1.2005 auch uneingeschränkt zum Ruhen von Krankengeld in gleicher Höhe. 4. Ohne Bedeutung ist dabei, dass die StW selbst kein Beschäftigungsverhältnis ( 7 SGB IV) ist. 5. Während der Arbeitsunfähigkeit kann sich der Arbeitnehmer mit seinem Restleistungsvermögen arbeitslos melden. 6. StW ist keine Beschäftigung im Sinne von 119 SGB III. 7. Sie ist dementsprechend auch während der Arbeitslosigkeit möglich und steht dem Bezug von Arbeitslosengeld nicht entgegen. 8. Dabei ist unbeachtlich, ob und in welcher Höhe Zuschüsse zur StW gezahlt werden; denn es handelt sich nicht um Gegenleistungen für die dem Arbeitgeber ohnehin unentgeltlich zufließende Arbeitsleistung sondern um Nebenleistungen aus dem ansonsten ruhenden Arbeitsverhältnis. 9. Inwieweit Arbeitslosengeld wegen des Zuschusses ruht, ist bisher nicht befriedigend geklärt. Achtung: Bei Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld kann StW also nach Meldung bei der Agentur für Arbeit auch während der Arbeitslosigkeit durchgeführt werden, wenn das Arbeitsverhältnis fortbesteht und noch keine Rente zu zahlen ist. Der Lebensunterhalt wird dann durch Arbeitslosengeld gesichert wenn nicht sonstige Voraussetzungen fehlen. II. Sozialrechtliche Einordnung von Zuschüssen des Arbeitgebers zur StW: 1. Verpflichtungs- und Beitragspflicht Versicherungspflicht wird in der Sozialversicherung u.a. durch Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt begründet ( 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, 25 SGB III). Daraus folgt eine Beitragspflicht, die sich u.a. am erarbeiteten Arbeitsentgelt orientiert ( 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, 162 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, 342 SGB III). Als Arbeitsentgelt anzusehen sind nach 14 Abs.1 Satz 1 SGB IV alle laufenden Einnahmen aus einer Beschäftigung gleichgültig, ob darauf ein Rechtsanspruch besteht oder ob sie nur im Zusammenhang mit Diskussionsforum, Forum B, Beitrag B 3/2010 2

der Beschäftigung gezahlt werden. Beschäftigungen in diesem Sinne sind nicht nur Arbeitsverhältnisse sondern gem. 7 Abs. 1 SGB IV alle Tätigkeiten, die durch Weisungen und Eingliederung in den Betrieb des Weisungsgebers geprägt werden. Diese Voraussetzungen sind zwar bei der StW nicht erfüllt. StW ist wie das BAG bereits entschieden hat - ein Rechtsverhältnis eigener Art, das nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers geprägt ist 1. Es ist nicht auf Arbeitsleistung gerichtet, sondern auf Betätigung mit therapeutischem Ziel. Zuschüsse des Arbeitgebers sind keine Gegenleistung für die Tätigkeit des Arbeitnehmers während einer StW; denn der Arbeitgeber erhält den Wert der Tätigkeit auch ohne Zuschusszahlung. Dennoch sind Zuschüsse zur StW beitragspflichtig. Sie sind ergänzende Leistungen aus dem der StW zugrunde liegenden Arbeitsverhältnis. Bestätigt wird dies durch 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB III, der vorschreibt, dass Teilnehmer an StW von der Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung ausgeschlossen sind. Daraus ist im Rückschluss zu folgern, dass generell bei StW Versicherungs- und Beitragspflicht besteht. 2. Ruhen von Krankengeld Krankengeld ruht nach 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, soweit und solange der Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhält. Bis 31.12.2004 galt dabei noch die Einschränkung, dass ein Ruhen nicht eintritt, soweit die Summe aus Zuschuss und Krankengeld das der Berechnung zugrundeliegende Nettoarbeitsentgelt nicht überschreitet ( 49 Abs. 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V). Dieser Zusatz ist aber jetzt weggefallen mit der Folge, dass Zuschüsse, die beitragspflichtig sind, uneingeschränkt zum Ruhen des Krankengeldes (in gleicher Höhe) führen. 3. Voraussetzungen für Arbeitslosengeld Es sind zwei Problemkreise zu betrachten, nämlich die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld und das Ruhen von Arbeitslosengeld. Dass hier Arbeitslosengeld ins Spiel kommt, verblüfft zunächst, ist aber real. Zwar ruht das Arbeitslosengeld für die Dauer des Bezugs von Krankengeld ( 142 SGB III). Arbeitslosengeld kommt aber in Betracht, wenn Versicherte in der Krankenversicherung ausgesteuert sind oder aus anderen Gründen keinen Krankengeldanspruch und auch noch keinen Rentenanspruch haben. Sie sind darauf angewiesen, sich mit ihrem verbliebenen Leistungsvermögen arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen. 1 BAG, Urt. v. 28.7.1999 4 AZR 192/98 AP Nr. 2 zu 74 SGB V Diskussionsforum, Forum B, Beitrag B 3/2010 3

Dass häufig ein Restleistungsvermögen vorliegt, das die Ausübung einer Tätigkeit während der Arbeitsunfähigkeit erlaubt, folgt aus dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegenden Pflichten nicht mehr in vollem Umfang oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung erfüllen kann. Eine Teilarbeitsunfähigkeit gibt es nicht 2. Diese Definition lässt erkennen, dass in Zeiten der Arbeitunfähigkeit durchaus noch ein Leistungsvermögen bestehen kann, z.b. für Teile der bisherigen Tätigkeit, für kürzere Stundenzahlen oder auch für ganz andere Tätigkeiten. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit eine andere Beschäftigung auszuüben, z.b. eine andere Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber, eine StW oder eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber. Hinzu kommt, dass durch 125 SGB III bei gesundheitlichen Einschränkungen von mehr als sechsmonatiger Dauer für die Arbeitslosenversicherung die Fähigkeit zu einer beitragspflichtigen Beschäftigung fingiert wird. a) Ruhen von Arbeitslosengeld Nach 143 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die ihm Arbeitsentgelt zusteht. Gemeint ist Arbeitsentgelt aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis. Bei daneben ausgeübten Beschäftigungen von 15 Wochenstunden und mehr entfällt die Arbeitslosigkeit ( 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Bei kurzzeitigeren Beschäftigungen von weniger als 15 Wochenstunden wird das Arbeitsentgelt gem. 141 SGB III auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Für Zuschüsse zur StW käme danach ein Ruhen des Arbeitslosengeldes in Betracht; denn 143 Abs. 1 SGB III kennt keinerlei Einschränkungen in Bezug auf Hintergrund und Umfang der Zahlung von Arbeitsentgelt. Die StW kann auch nicht als eigenständiges Beschäftigungsverhältnis neben und unabhängig von dem bisherigen Arbeitsverhältnis angesehen werden (dazu folgend unter b sowie oben unter 1.). Es ist aber zu erwägen, wegen der besonderen Situation, dass es sich hier um ein Einkommen im Zusammenhang mit einer parallel zum Arbeitsverhältnis verrichteten Tätigkeit handelt, nicht 143 SGB III anzuwenden, sondern die für Nebentätigkeiten geltende Vorschrift des 141 SGB III analog. Bei Schaffung des 143 SGB III war die StW während der Arbeitslosigkeit in Rechtsprechung und Literatur noch kein Thema. Man kann deshalb von einer Lücke im Gesetz reden, die durch Anwendung 2 BAG, Urt. v. 18.12.1958 2 AZR 166/58 AP Nr. 11 zu 1 ArbKrankhG; BAG, Urt. v. 14.1.1972 5 AZR 264/71 APNr. 12 zu 1 LFG; BSG, Urt. v. 15.11.1984 3 RK 21/83 SozR 2200 182 Nr. 96 m.w.n.; zur Teilarbeitsunfähigkeit BAG, Urt. v. 25.10.1973 5 AZR 141/73 AP Nr.42 zu 616 BGB; BAG, Urt. v. 29.1.1992 5 AZR 37/91 AP Nr. 1 zu 74 SGB V Diskussionsforum, Forum B, Beitrag B 3/2010 4

von 141 SGB II sachgerecht zu schließen wäre. Der Zuschuss wäre auf dieser Grundlage dann, wenn die StW unter 15 Wochenstunden bleibt, nur auf das Arbeitslosengeld anzurechnen. Derartige Überlegungen sind allerdings in der Rechtsprechung bisher nicht angestellt worden b) Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld Voraussetzung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist, dass der Versicherte nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht ( 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Das bisherige Arbeitsverhältnis hat diese Sperrwirkung nicht, weil es während der Arbeitsunfähigkeit ruht. Das BSG hat ferner zu einem Fall, bei dem keine Zuschüsse zur StW gezahlt wurden entschieden, dass die StW keine Beschäftigung isv. 119 SGB III darstellt 3. Zusammengefasst folgt daraus, dass z.b. ein Versicherter, der in der Krankenversicherung ausgesteuert ist, noch Arbeitslosengeld beziehen kann. Allerdings ist noch nicht abschließend geklärt, ob etwas anderes anzunehmen ist, wenn Zuschüsse zur StW gezahlt werden. Das BSG hat das in seinem Urteil offen gelassen. Demgegenüber wurde der Anspruch auf Arbeitslosengeld in einem vom SG Karlsruhe entschiedenen Fall 4 : verneint, weil der Arbeitnehmer während der StW ein Entgelt bezog, das sich am tariflichen Stundensatz und der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden orientierte. Der Kläger im dortigen Verfahren hatte sich am 19.12.2006 während der Arbeitsunfähigkeit arbeitslos gemeldet und erhielt daraufhin Arbeitslosengeld. Am 2.4.2007 begann er bei seinem Arbeitgeber eine StW. Die Agentur für Arbeit hob daraufhin die Bewilligung von Arbeitslosengeld von diesem Zeitpunkt an auf. Diese Entscheidung wurde im Klageverfahren bestätigt. Das SG hat entschieden, dass die Beschäftigung von mehr als 15 Stunden pro Woche, die Arbeit nach Weisungen des Arbeitgebers, die Eingliederung in den Betrieb und die leistungsorientierte Zahlung eines vollen Entgelts für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sprächen, das den Anspruch auf Arbeitslosengeld ausschließe. Dem Urteil des SG Karlsruhe kann nicht gefolgt werden. Zwar entsteht äußerlich der Anschein eines normalen Arbeitsverhältnisses neben dem ruhenden bisherigen Arbeitsverhältnis. Höhe und Ausgestaltung des Zuschusses verändern indes nicht den Charakter der StW als therapeutische Maßnahme. Oben ist schon dargelegt worden, dass es sich bei den Zuschüssen gleich welcher Höhe um Leistungen 3 BSG, Urt.v.21.3.2007 B 11a AL 31/06 R Sozr 4-4300 118 Nr. 1 4 Urt.v.17.11.2008 S 5 AL 4129/08 - juris Diskussionsforum, Forum B, Beitrag B 3/2010 5

aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis handelt, die therapeutische Ziele haben. Sie unterscheiden sich nicht von Zuschüssen für die Dauer einer Kur oder überhaupt von Hilfen des Arbeitgebers für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Sie haben keinen Gegenleistungscharakter bezogen auf die während der StW verrichteten Tätigkeiten, weil der Wert dieser Tätigkeiten dem Arbeitgeber ohnehin ohne weitere Leistungen zusteht. Mit der These, der Kläger habe nach Weisungen des Arbeitgebers gearbeitet, hat das Gericht die oben schon behandelte gegenteilige Entscheidung des BAG 5 außer Acht gelassen. Es übergeht, dass sich die Beschäftigung vornehmlich nach den Plänen und Anweisungen des Arztes richtet und dies den Charakter der StW prägt. Dass darüber hinaus Weisungen des Arbeitgebers nötig sind, um die Betätigung in die Gegebenheiten des Betriebs einzupassen, steht dem nicht entgegen. Etwas Anderes würde nur gelten, wenn die tatsächlichen Feststellungen ergeben, dass es sich real nicht um eine StW gehandelt hat. Davon ist in dem Urteil aber keine Rede. c) Fazit: Ist das Krankengeld ausgelaufen und noch keine Rente zu zahlen, kann sich der Versicherte mit seinem Restleistungsvermögen arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beziehen. Er ist dann weiter in seinem bisherigen Arbeitsverhältnis arbeitsunfähig und daneben arbeitslos. StW kann auch während dieser Arbeitslosigkeit durchgeführt werden, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht. Der Lebensunterhalt ist dabei wenn alle sonstigen Voraussetzungen vorliegen weiterhin durch Arbeitslosengeld gesichert. Ihre Meinung zu diesem Diskussionsbeitrag ist von großem Interesse für uns. Wir freuen uns auf Ihren Beitrag. 5 BAG, Urt. v. 28.7.1999 4 AZR 192/98 AP Nr. 2 zu 74 SGB V; Diskussionsforum, Forum B, Beitrag B 3/2010 6