Teil I: Grundlagen. 1 Einführung in die Physik. Was ist Physik?

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Transkript:

31 Teil I: Grundlagen Dieser einleitende Teil des Buchs besteht nur aus dem vorliegenden Kapitel. In ihm geht esumdas Wesen der Physik, ihre Arbeitsweise, ihre Beziehung zu den anderen Naturwissenschaften und umdie Frage, wie man physikalische Ergebnisse darstellt. 1 Einführung in die Physik In diesem Kapitel Was ist Physik? Physik: Experiment und Theorie Wenn eine exakte Lösung nicht möglich ist, muss man sich ihr annähern Größen und ihre Einheiten In diesem ersten Kapitel geht es zunächst um eine Definition der Physik und derenabgrenzung zu denanderennaturwissenschaften. Daran anschließend wird die Arbeitsweise der Physik näher erläutert. Der dritte Teil des Kapitels beschäftigt sich dann mit physikalischen Größen und ihren Einheiten sowie mit derdarstellung vonphysikalischen Größen und Ergebnissen. Was ist Physik? Das Wort Physik stammt aus dem Griechischen und bedeutet Naturlehre. Insofern ist die Physik die Lehre von der uns umgebenden Welt. Dies ist ein gewaltiges Thema. Um diese Aufgabe zubewältigen, hat die Physik eine Methodik entwickelt, die einzigartig ist und im Prinzip von allen anderen Naturwissenschaften übernommen wurde, die sich letztendlich auch aus der Physik entwickelt haben: Am Anfang einer physikalischen Untersuchung steht eine Beobachtung oder vorzugsweise ein Experiment (zum Unterschied siehe unten). Die Ergebnisse werden inmathematischer Form dargestellt. Auf derbasis dieser in mathematischerformvorliegenden Ergebnissewird ein theoretisches Modell entwickelt,das dieseresultate erklären kann.

32 1 Einführung in die Physik Dieses Modell wird dann dazu benutzt, weitere Experimente zu planen und durchzuführen, die das Modell entweder stützen oder es im Gegenteil stürzen. Die Physik, die anderen Naturwissenschaften und die Mathematik Bis in das 18. oder sogar das 19. Jahrhundert hinein wurden alle Naturwissenschaften als Physik bezeichnet. Erst danach begannen sich zunächst die Chemie und die Biologie erste Bereiche als eigenständige Wissenschaften abzuspalten. Später folgten beispielsweise die Geologie und die Astronomie. Seitdem ist eine lange Liste von Naturwissenschaften entstanden, die ursprünglich unter dem Namen Physik firmierten. Im 20. Jahrhundert hat sich diese Entwicklung auch bei den weiterhin unter dem Dach der Physik verbleibenden Gebieten weiter fortgesetzt. Man unterschied zunächst zwischen experimenteller und theoretischer Physik. Als ich in den 1970er Jahren Physik zu studieren begann, gab es Vorlesungen zur Atomphysik, Kernphysik, Festkörperphysik, Thermodynamik, Quantenmechanik, Halbleiterphysik und noch viele mehr. Die Themen der Physik sind mittlerweile sozahlreich geworden, dass es unmöglich ist, in allen Gebieten auch nur einigermaßen auf dem Laufenden zu bleiben. Dies gilt natürlich umso mehr für den Gesamtbereich Naturwissenschaften. Nichtsdestoweniger sollte man sich immer bewusst sein, dass alle Naturwissenschaften einen gemeinsamen Ursprung haben: die Physik. Dies hat große Auswirkungen auf die Methodik aller Naturwissenschaften; Die Herangehensweise an eine Aufgabenstellung ist stets physikalisch: Ausgangspunkt ist immer die Beobachtung oder vorzugsweise das Experiment. Konzentration auf das Wesentliche Vernachlässigung sekundärer Effekte Mathematische Darstellung der Ergebnisse Es gibt noch einen weiteren Punkt, in dem die Physik gewaltige Auswirkungen auf die anderen Naturwissenschaften hat: Die Bereitstellung von Messverfahren. Ohne Mikroskope, ohne Druckmessgeräte und Barometer, ohne Durchflussmessgeräte und Pumpen, die von der Physik entwickelt wurden, können Wissenschaften wie die Chemie, die Biologie usw. nicht arbeiten.

Physik: Experiment und Theorie 33 Über allem thront die Mathematik Die Physik benutzt, wie die anderen Naturwissenschaften auch, die Mathematik, um ihre Ergebnisse darzustellen, zuordnen und zu systematisieren. Ohne die Mathematik wäre die Physik reichlich chaotisch; eigentlich wäre sie unmöglich. Allerdings ist diese Beziehung nicht auf eine Richtung beschränkt. Im 17. Jahrhundert führte die Entwicklung der Physik zur Einführung der Differentialrechnung in der Mathematik; zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte Einsteins allgemeine Relativitätstheorie zu wichtigen Weiterentwicklungen innerhalb der Mathematik. Daher wird auch in diesem Buch die Physik mithilfe der Mathematik dargestellt. Allerdings habe ich mich bemüht, die Darstellung so einfach wie möglich zu halten. Physik: Experiment und Theorie Die Physik versucht, die uns umgebende Welt zu beschrieben. Dazu bedient sie sich verschiedener Hilfsmittel: Sie beobachtet die Natur. Sie führt Experimente durch. Sie versucht, die bei Beobachtungen und Experimenten gewonnenen Erkenntnisse mithilfe der Mathematik zu Theorien zusammenzufassen. Anhand solcher Theorie können auch Vorhersagen über weitere Zusammenhänge gewonnen werden, die dann aber experimentell überprüft werden müssen. Beobachtung und Experiment sind keineswegs das Gleiche. Bei einer Beobachtung wird lediglich das Ergebnis eines bestimmten Prozesses notiert. Bei einem Experiment werden die Bedingungen vorgegeben: Was soll untersucht werden? Unter welchen Bedingungen soll das Experiment erfolgen? Zudem sollten bei einem Experiment störende Einflüsse (wie etwa die Reibung) weitgehend vermieden werden. Es gibt das landläufige Vorurteil, dass die Physik kompliziert ist und dass sie ihre Komplexität auch bewusst pflegt, um sich von anderen Wissenschaften abzuheben. Die Physik mag (manchmal) kompliziert sein. Dies liegt am Thema, das sie beschreibt. Die uns umgebende Welt kann sehr kompliziert sein. (In diesem Buch versuche ich, die Zusammenhänge so einfach wie möglich

34 1 Einführung in die Physik darzustellen). Aber die Physik verkompliziert sie nicht. ImGegenteil: Wann immer es geht, versucht sie sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und alle störenden Randeffekte auszublenden. Abbildung 1.1 Ein Auto Betrachten Sie das Auto in Abbildung 1.1. Viele der Eigenschaften, die dort angegeben sind, sind physikalisch äußerst uninteressant (Farbe, Radiosender). Wenn das Fahrzeug in einen Unfall verwickelt ist, braucht man zur Beschreibung u.a. die Abmessungen, die benutzten Reifen usw. Wenn man Reibungseffekte beschreiben will, sind Form und Größe (zur Berechnung des c W -Werts) sowie die Reifen von Interesse. Die Physiker lieben es, solange es geht, auch die Reibung zuvernachlässigen. Damit reduziert sich das schöne Auto aus Abbildung 1.1 zu einem einzelnen Punkt, dem sogenannten Massenpunkt (Abbildung 1.2), der nur eine Masse, einen Ort, eine Geschwindigkeit und eine Beschleunigung besitzt. Abbildung 1.2 Ein Massenpunkt

Wenn eine exakte Lösung nicht möglich ist, muss man sich ihr annähern 35 Physiker sind bequem. UmSchreib-, Rechen- und Kopfarbeit so gering wie möglich zuhalten, versuchen sie, die Beschreibung soeinfach wie möglich zu halten und alle störenden, sekundären Einflüsse zu vernachlässigen. Wenn die Physik dennoch manchmal kompliziert ist, liegt es daran, das die beschriebenen Systeme selbst kompliziert sind. Dieses Buch konzentriert sich vorwiegend auf einfache Systeme. Wenn eserforderlich ist, führt die Physik auch Näherungen durch. Wenn eine exaktelösung nicht möglich ist, muss man sich ihr annähern Die folgende Darstellung wird viele Leser, die die Physik für kompliziert halten, wahrscheinlich ziemlich überraschen. Die Physik ist durchaus bereit, auf Genauigkeit zu verzichten, wenn dadurch eine Aufgabe leichter oder überhaupt erst lösbar wird. Wenn sich ein Physiker eine komplexe Formel anschaut,fragt er sich: Brauche ich das alles? Kann ich nicht einige Terme streichen, die für das Endergebnis irrelevant sind? Physiker haben keine Probleme damit, irrelevante Termen zu streichen. Diese Vorgehensweise wird Näherung genannt. Im Folgenden werden drei einfache Beispiele für Näherungen aufgeführt: Betrachten Sie die folgende Gleichung: y ¼ðxþΔxÞ 2 Dabei soll Δx deutlich kleiner als x sein. Rechnet man das Quadrat aus, ergibt sich: y ¼ x 2 þ 2xΔx þ Δx 2 Da Δx klein ist, ist Δx 2 sehr klein. Um ein Zahlenbeispiel zugeben: Wenn x =4und Δx =0,2 ist, ergibt sich: y ¼ 4 2 þ 2 4 0;2 þ 0;2 2 ¼ 16 þ 1;6 þ 0;04 ¼ 17;64 Daher kann der Term Δx 2 in dieser Gleichung durchaus vernachlässigt werden, ohne das Endergebnis stark zuverfälschen. Es sei denn, man ist inder Lage, so viele Stellen auch genau zumessen.

36 1 Einführung in die Physik Betrachten Sie den folgenden Term, der in vielen physikalischen Gleichungen auftaucht: y ¼ 1 þ a b Wenn b sehr viel größer ist als a, ist der Bruch klein, man kann ihn also gegenüber der 1vernachlässigen. Wenn auf der anderen Seite a sehr viel größer ist als b, kann man hingegen die 1vernachlässigen, ohne einen großen Fehler einzuführen. Bei den trigonometrischen Funktionen sin und tan kann man für kleine Winkel die Funktion durch deren Argument ersetzen: sin α tan α α Dabei muss der Winkel im Bogenmaß angegeben sein. Für Winkel <10 ist diese Näherung erstaunlich genau (Aufgabe 1.3). Diese Näherung wird in diesem Buch häufiger verwendet. Größen und ihre Einheiten Unabhängig davon, obein Messergebnis durch Beobachtung oder Experimente gewonnen wurde, muss man es so darstellen, dass esmit anderen Ergebnissen verglichen werden kann. Dazu sind zumindest zwei Angaben erforderlich, eine Zahl und eine Einheit, also etwa 2m,4,5 Voder 6,31 kg. Tipp Wenn es sich bei der darzustellenden Größe um einen Vektor handelt, die Größe also gerichtet ist, dann muss auch die Richtung angegeben werden. Dies kann beispielsweise durch die Angabe der Komponenten des Vektorsinkartesischen Koordinaten erfolgen: 0 1 0 1 v x 3;0 v ¼ @ v y A ¼ @ 4;1 A m=s v z 1;7

Größen und ihre Einheiten 37 Wenn man wissenschaftlichen Ansprüchen genügen will, sollte man schließlich noch versuchen, die Fehlergrenze des gemessenen Werts abzuschätzen und mit anzugeben. Ein Ergebnis sollte dann also folgendermaßen aussehen: t ¼ 2;02 0;01 s Warnung Es macht keinen Sinn, Stellen eines Messergebnisses anzugeben, die über die Fehlergrenze hinausgehen. Indiesem Beispiel ist die folgende Angabe sinnlos und sogar unwissenschaftlich: t ¼ 2; 019365 0; 01 s Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Physik, sondern für alle Wissenschaften. Die heute gesetzlich zugelassenen Einheiten der physikalischen Größen werden durch das SI-System (Système international d unités) geregelt. Es besteht aus sieben Grund- oder Basisgrößen und zahlreichen von ihnen abgeleiteten Größen. Diese Basisgrößen und ihre Einheiten sind in Tabelle 1.1 zusammengestellt. Mit Ausnahme der Lichtstärke mit ihrer Einheit Candela werden alle Basisgrößen und ihre Einheiten im Laufe dieses Buchs definiert. Neben diesen Basisgrößen gibt es zahlreiche weitere Größen inder Physik. Größe Einheit Abkürzung Definition Länge Meter m Kapitel 2 Masse Kilogramm kg Kapitel 3 Zeit Sekunde s Kapitel 2 Stromstärke Ampere A Kapitel 12 Temperatur Kelvin K Kapitel 7 Lichtstärke Candela Cd Stoffmenge Mol mol Kapitel 6 Tabelle 1.1 Die sieben Grundgrößen des SI-Systems und ihre Einheiten Einige von ihnen, aber bei Weitem nicht alle, werden Sie in diesem Buch kennenlernen. Jede dieser Größen besitzt ihre eigene Einheit, die sich aber

38 1 Einführung in die Physik aus den sieben Grundeinheiten bilden lässt. Sogilt beispielsweise für die Geschwindigkeit v, die als Weg pro Zeiteinheit definiert ist: v ¼ Δs Δt ) ½v ¼ m s Die Angabe [v] ineckigen Klammern bedeutet, dass nicht die Größe Geschwindigkeit, sondern deren Einheit gemeint ist. Derartige Größen nennt man abgeleitete Größen. Invielen Fällen besitzen die Einheiten von abgeleiteten Größen eigene Namen (die der Geschwindigkeit allerdings nicht). Warnung Man kann Größen mit verschiedenen Einheiten zwar miteinander multiplizieren oder durcheinander dividieren, aber niemals addieren oder subtrahieren (analogzuäpfeln und Birnen). Zahlen und ihre Darstellung In der Physik tauchen häufig sehr große bzw. sehr kleine Zahlen auf. Daher werden zwei Methoden benutzt, die es erlauben, diese Zahlen einfacher darzustellen und sosehr viel Schreibarbeit zu sparen: Die Verwendung von Vorsilben Die Darstellung mithilfe von Zehnerpotenzen Die erste Möglichkeit ist, zur Abkürzung Einheiten mit Vorsilben zu benutzen. Sie können sowohl zur Vergrößerungals auch zur Verkleinerung dienen. Die wichtigsten Vorsilben sind in Tabelle 1.2 zusammengestellt (es gibt noch weitere mit sehr seltsamen Namen). Vergrößerung Deka Hekto Kilo Mega Giga Tera da h k M G T 10 1 10 2 10 3 10 6 10 9 10 12 Verkleinerung Dezi Zenti Milli Mikro Nano Pico Femto Atto d c m μ n p f a 10 1 10 2 10 3 10 6 10 9 10 12 10 15 10 18 Tabelle 1.2 Vorsilben zur Darstellung von Einheiten

Größen und ihre Einheiten 39 Diese Vorsilben vor Einheiten spielen auch im alltäglichen Leben eine Rolle. Längen werden in mm, cmoder kmangegeben, Massen z.b. in kg. Wenn die Verwendung von Vorsilben an ihre Grenzen gelangt, verbleibt noch eine Möglichkeit, die Schreibweise abzukürzen: Man benutzt Angaben in Zehnerpotenzen. Die folgenden Schreibweisen sind daher gleichwertig: 1000 m ¼ 1km¼1 10 3 m Im alltäglichen Leben ist dies zumeist nicht erforderlich, in der Physik aber lebensnotwendig. Die Masse eines Elektrons beträgt 9,11 10 31 kg. Stellen Sie sich vor, Sie müssten alle diese Nullen hinschreiben und dann auch mit ihnen rechnen. Tipp Die Taste für die Eingabe der Zehnerpotenzen ist auf Ihrem Taschenrechner zumeist mit EXP oder Egekennzeichnet. AUF EINEN BLICK Physik ist die Lehre von der uns umgebenden Natur. Sie zeichnet sich durch eine einzigartige Methodik aus, die auch von den anderen Naturwissenschaften übernommen wurde. Die Physik verwendet die Mathematik, umihre Ergebnisse zu ordnen und auszuwerten. Die Physik versucht, die zu beschreibenden Systeme auf das Wesentliche zureduzieren. Wenn eine exakte Lösung einer Gleichung nicht möglich oder unnötig kompliziert ist, arbeitet die Physik durchaus mit Näherungen. Es gibt sieben Basisgrößen im SI-System. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von abgeleiteten Größen. Jede physikalische Größe besitzt eine Einheit, die stets mit angegeben werden muss. Zur Abkürzung der Schreibweise von Zahlen verwendet man entweder Vorsilben vor den Einheiten oder die Darstellung mithilfe von Zehnerpotenzen.

40 1 Einführung in die Physik Übungsaufgaben zudiesem Kapitel Aufgabe 1 Die Kraft ist das Produkt aus Masse und Beschleunigung, die Arbeit das Produkt aus Kraft und Weg. Wie lauten die Einheiten von Kraft und Arbeit? Aufgabe 2 Bei der Messung der Dicke eines Drahtes ergibt sich d=0,002 m.stellen Sie dieses Ergebnis mithilfe von Vorsilben bzw. Zehnerpotenzen dar. Aufgabe 3 Schätzen Sie ab, bis zu welchem Winkel α die Näherung sin α α sinnvoll ist.