Konsequenzen der kleinen Novelle des BNatSchG zum Artenschutz Dipl.-Ing. Stephan Köhler, für Straßenbau und Verkehr, Kompetenzcenter Urteil EuGH Das Urteil des EuGH vom 10.01.2006, (Rs. C-98/03) rügt die mangelnde Umsetzung der artenschutz-rechtlichen Bestimmungen der FFH-RL im BNatschG Absicht ( 43 Abs. 2 BNatSchG) Eingriffsregelung erfüllt nicht die Anforderungen des Art. 16 FFH-RL Die Rügen waren Anlass zur sog. kleinen Novelle des BNatSchG -1- -2-
Konzeption des Gesetzes Änderung der Bundesnaturschutzgesetzes vom 12.12.2007 trat am 18.12.2007 in Kraft Novelle beschränkt sich auf europarechtlich geschützte Arten Neufassung der Verbotstatbestände Sonderregelung für Eingriffe ( 42 Abs. 5) Neuregelung der Ausnahmen in 43 Einbeziehung der ökologischen Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten besonders geschützte Arten 42 BNatSchG, Art 1 Art BArtSchV EG-V Anlage 1, Sp. 2 Anhang B Artenschutzrechtliche Regelungen bei Eingriffen gemäß BNatSchG-Novelle europarechtlich geschützte Arten europäische Vogelarten Arten des Anhang IV FFH-RL streng geschützte Arten Art BArtSchV Anlage 1, Sp. 3 Art EG-V Anhang A Eingriffsregelung 19 Abs. 1 ff. BNatSchG 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BNatSchG 43 Abs. 8 BNatSchG Ausnahmevoraussetzungen Verbote Erhalt der ökologischen Funktion? 42 Abs. 5 BNatSchG Zerstörung von Biotopen 19 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG -3- -4-
42 Abs. 1 BNatSchG Zugriffsverbote Es ist verboten 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. muss über das allgemeine Lebensrisiko durch Straßen hinausgehen Besondere Kollisionsrisiken wie z.b. Flugwege von Fledermäusen oder der Fallenwirkung für wärmeliebende Arten sind zu berücksichtigen unvermeidbare Beeinträchtigungen unterliegen nicht dem Verbot des 42, 1 BNatSchG -5- -6-
42 Abs. 1 BNatSchG Zugriffsverbote Es ist verboten 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Artenschutz im Straßenbau Es war verboten europäische Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohnoder Zufluchtstätten durch Aufsuchen, Fotografieren oder Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören. -7- -8-
möglicher möglicher Lebenszyklus eines Ameisen-Bläulings (Maculinea alcon) adulte Tiere Eier Raupe Puppe Art Nistplatznutzung / Hauptbrutzeit Nest- Folge- Nistplatz RL BRD bauer nutzung J F M A M J J A S O N D Aaskrähe ba (fe, bu) 2 1 Alpenbraunelle fe, hö, ni 1 0 R (Rare) Alpendohle fe, hö, ni 1 1 Alpenschneehuhn bu, fe, bo 1 0 R (Rare) Alpensegler ni, fe (hö, ge) 1 1 R (Rare) Alpenstrandläufer bu, ba 1 0 1 (CR) Amsel fb (bu, ge, ni) 2 1 Auerhuhn bo, bu 1 0 1 (CR) Austernfischer bo 1 0 Bachstelze ha, ni (ge, bo, ba) 1 0 Bartmeise fr, sc, rö 1 1 V (NT) Basstölpel fe 1 0 R (Rare) Baumfalke ba 0 3 3 (VU) Baumpieper bo 1 0 V (NT) Bekassine bo 1 0 1 (CR) Bergente bo 1 0 R (Rare) Bergfink ba, bü (selten bo) 1 0 Berglaubsänger bo 1 0 Bergpieper bo, ni, ha 1 0 Beutelmeise fr, sc, ba 1 0 Bienenfresser hö (Erdwände) 2 1 R (Rare) -9- -10-
Erheblichkeit von Erheblichkeit von Störwirkungen nach STOCK et al. 1994 lokale Population Steinkauz: Abgrenzung von Lokalpopulationen -11- Ausgehend von der Untersuchungsfläche mit einem Steinkauz (rot umrandet), ergibt sich bei der Frage nach der Lokalpopulation das Problem unterschiedlicher -12- Abgrenzungsmöglichkeiten.
42 BNatSchG, 1 42 Abs. 1 BNatSchG Zugriffsverbote Es ist verboten 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören -13- Fortpflanzungs- und Ruhestätten Was gehört dazu? Habitate der Fortpflanzung (Balz /Paarungshabitate, Bruthabitate, Habitate der Jungenaufzucht bis zum Flüggesein der Jungtiere) Ruhestätten von allen Arten mit differenzierter Habitatbindung zwischen Sommer- und Winterlebensraum z.b. Winterquartiere (Fledermäuse, Amphibien,Reptilien...); Schlafplätze wandernder Arten (Enten, Gänse...) -14-
42 Abs. 5 BNatSchG Spezialregelung für Eingriffe Soweit die ökologische Funktion der betroffenen Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird, sind nicht verboten: - Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten (Vögel, Anhang IV-Arten) - unvermeidbare Tötung von Individuen - Zerstörung von Pflanzenstandorten, - Die ökologische Funktion (und mindestens der vorhandene Erhaltungszustand der lokalen Population) kann auch durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt werden (CEF) 43 Abs. 8 Nr. 5 BNatSchG Ausnahmeregelung Die nach Landesrecht zuständigen Behörden können von den Verboten des 42 im Einzelfall Ausnahmen unter folgenden Voraussetzungen zulassen: Es liegen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vor zumutbare Alternativen sind nicht gegeben der Erhaltungszustand der Populationen einer Art verschlechtert sich nicht. -15- -16-
der Regelungen des Gebietsschutzes auf den Artenschutz Die grundsätzliche Vorgehensweise und die Rechtsprechung zu Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH- Richtlinie kann auf die Erheblichkeitsprüfung und die Ausnahmeprüfung im Artenschutz übertragen werden. -17-