Reform des russischen gewerblichen Rechtsschutzes



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Transkript:

Reform des russischen gewerblichen Rechtsschutzes Wirtschaftspolitische Gespräche des Ostinstitutes Wismar am 20. Juni 2014 Prof. Dr. jur. Andreas Steininger, Dipl.-Ing.

bisheriger Stand des russischen IP, 4. Teil ZGB 2008 Allgemeiner Teil, Art. 1-453 Allgemeiner Teil des 4. Teiles, Art 1225-1254 Urheberrecht, Kapitel 70 Allgemeiner Teil Besonderer Teil Verbundene Rechte, Kapitel 71 Allgemeiner Teil Besonderer Teil Patentrecht, Kapitel 72 allgemeiner Teil Besonderer Teil Züchtungen, Kapitel 73 Halbleiterschutzrecht, Kapitel 74 Markenrecht und Firmennamen, Kapitel 75 Allgemeiner Teil Besonderer Teil Seite 2 Einheitliche Technologie, Kapitel 76

Bewertung des bisherigen IP Gute rechtliche Grundlagen für den gewerblichen Rechtsschutz durch den 4. Teil des ZGB von 2008 eine gute theoretische und systematische Grundlage in Form des 4. Teiles des ZGB, die Rechtsschutz zu bieten vermag klare Anspruchsgrundlagen Transparente Systematik Probleme: Starker Formalismus, auch durch die Anwendung drei verschiedener Allgemeiner Teile nebeneinander Trivialpatente durch die fehlende Erfindungshöhe beim Gebrauchsmuster Bremsender Formalismus auch im Lizenzvertragsbereich durch Eintragungspflicht der Lizenzverträge bei russ. Patent- und Markenamt

Kerninhalte der Reformen I (Reformen im allgemeinen Teil) Pfandrecht an gewerblichen Schutzrechten, Art. 318 ZGB Vereinfachung des Registrierungsverfahrens für Lizenzverträge, Art. 1232 Abs. 3 ZGB (siehe folgende Folie) Nur noch Verfügungen und nicht der Vertrag selbst muss beim Rospatent registriert werden: Reform: die Erleichterung ist allerdings nur geringfügig, da die Registrierungspflicht weiterbesteht und die Verträge (gerade im Hinblick auf die Geheimhaltung weiter vorgelegt werden müssen) Offenere Gestaltung der Rechtsinhaberschaft, Art. 1229, Abs. 3 ZGB Stärkung der verschuldensunabhängigen Haftung bei Patenten, Art. 1252 ivm. 1406 ZGB Fazit: Erleichterung der Registrierungspflicht für Lizenzverträge kaum spürbar; positiv: Einführung der verschuldensunabhängigen Haftung

2. Beispiel eines Schlüsselproblems: Registrierungspflicht Im Gegensatz zum deutschen Recht jeder Lizenzvertrag gemäß Artikel 1232 Pkt. 2 ZGB beim russischen Patent- und Markenamt zu registrieren: Aufwand durch die Registrierung und Vorlagepflicht der Vertr äge Problem vor allem: Registrierungsketten: Beispiel Lizenzgeber in den USA 1. Lizenznehmer in Japan 1. Sublizenz: Lizenznehmer in Deutschland Registrierungspflicht 2. Sublizenz: Lizenznehmer in Russland

Kerninhalte der Reformen II (Urheberrecht) Website ist als Kategorie eines Werkes geschützt, Art. 1260 Abs. 2 ZGB Möglichkeit der freien Lizenzen beim Download im Internet: Entweder Verzichtserklärung des Urhebers (in der Regel Software-Entwicklers bei der Behörde), Art 1233 ZGB oder Offene Lizenz in Form einer AGB (dann wie eine Lizenz zu betrachten, Art. 1286 Abs. 2 ZGB) Erweiterte Nutzungsmöglichkeiten für Urheberrechte (insbesondere öffentliche Einrichtungen und Bibliotheken nach Art. 1275 ZGB Kurzzeitiger Download zur Modifikation von Werken erleichtert Fazit: positiv zu bewerten: starke Einbindung des Internetrechts; Werkcharakter für Websites wäre auch in Deutschland wünschenswert; System der freien Lizenzen realitätsfern

Kerninhalte der Reformen III (Gebrauchsmusterrecht) Problem: Trivialerfindungen (folgende Folie) Bisherige Regelungen nach Art. 1350: Voraussetzungen für den Erhalt eines Gebrauchsmusters: Neuheit Gewerbliche Anwendbarkeit Erfindungshöhe fehlt Bei der Reform wäre die Einführung einer Erfindungshöhe zu erwarten gewesen: Neuregelung durch die Reform: Neuheit wird nach dem Stand der Technik bemessen, die vor dem Prioritätstag der weltweiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde; früher galt, dass die Veröffentlichung des Standes der Technik in Russland stattfinden musste Fazit: Zwar Verbesserung, jedoch kein Ausschluss der Trivialpatente

Beispiel eines Schlüsselproblems: Trivialerfindungen Beispiel: Kopie einer Fußbodenstütze Analyse der Gebrauchsmusterregelung des Art. 1351 Abs. 1 S. 2 ZGB offenbart ein Problem: Gebrauchsmuster werden rechtlich geschützt, wenn sie neuartig und gewerblich verwertbar sind Folge: Anspruch auf Schadensersatz

Kerninhalte der Reformen IV (Geschmacksmusterrecht) Bisherige Regelungen nach Art. 1352: Definition des Geschmackmusters als künstlerisch-konstruktive-gestaltung ; Konsequenz: Geschmacksmuster war vor allem von der Wertung künstlerischer Elemente abhängig Reform: wesentliches Tatbestandsmerkmal: die äußere Gestaltung Versachlichung und Objektivierung des Geschmacksmusters Anpassung an internationale Standards Stärkung des Verbraucherschutzes dadurch, dass verwechslungsfähige Geschmacksmuster nicht mehr schutzfähig sind Konsequenz: voraussichtlich breitere Anwendungsbasis für Gebrauchsmuster Fazit: Erweiterung des Anwendungsbereichs für Geschmacksmuster und Anpassung an internationale Standards

Kerninhalte der Reformen V (Know-How) Konkretisierung der Regelung des Art. 1465: in der alten Fassung fand sich noch eine Aufzählung von Beispielen, in denen sich Know-how ergeben kann (z.b. Informationen jeder Art, so betriebliche, technische, wirtschaftliche, organisatorische etc.). Meinung der Literatur: Aufzählung führt zu Verunsicherung Reform Nr. 1: Aufzählung beim Know-How gestrichen; Auffassung, dass Know-How konkretisiert werden muss, ist zuzustimmen; allerdings ist die Streichung der Beispiele der falsche Weg Reform Nr. 2: Ferner: Abkopplung des Know-How vom Gesetz über das Geschäftsgeheimnis, jetzt muss der Inhaber von Know- How nur noch angemessene Maßnahmen ergreifen, oder den Katalog des Gesetzes über das Geschäftsgeheimnis einzuhalten Fazit: Erwünschte Konkretisierung des Know-How wird nicht erreicht, allerdings vorteilhaft: keine starke Bindung an das Gesetz über das Geschäftsgeheimnis

Fazit der Reformen Fraglich, ob eine Reform überhaupt notwendig gewesen wäre Wenn eine Reform des russischen IP hätte durchführen wollen, so hätte man die neuralgischen Punkte angehen müssen; so insbesondere Registrierungspflicht bei Lizenzen Ausschluss von Trivialpatenten durch Einführung von Erfindungshöhe bei Gebrauchsmuster; Dies ist allerdings nicht geschehen; die Reform ist in Ansätzen stecken geblieben Die Veränderungen bedeuten nur teilweise eine Verbesserung (so im Internet-Bereich und beim Know-How), verschlechtern aber das grundsätzlich gute IP nicht;