Das niederländische Gesundheitssystem 1
Demographie und Wirtschaft Einwohner: 16,491,461 Lebenserwartung: 78.96 Jahre TFR: 1,66 Kinder pro Frau Bevölkerungsverteilung: - 0 bis 14 Jahre: 18 % - 15 bis 64 Jahre: 67,8 % - 65 und älter: 14,2 % Erwerbslosenquote: 4,6 % BIP pro Kopf: 30030 Euro Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP: 9,8 Prozent Einwohner je Arzt: 318 Einwohner je Krankenhausbett: 216 2
Entwicklung des Niederländischen Krankenversicherungssystems Spätmittelalter: freiwillige Krankenversicherung der Gilden Mitte des 19. Jh: Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit Anfang 20. Jh: erste private Krankenversicherungen, bis 1941 => ausschließlich private Krankenversicherungen, danach => Krankensozialversicherung als Pflichtversicherung für Arbeitnehmer 1966: Krankenversicherungsgesetz (Ziekenfondsdwet, ZFW) 1968: Allgemeine Gesetz für besondere Krankheitskosten (AWBZ) => Pflichtversicherung für alle Einwohner gegen med. Höchstrisiken 1982: Gesetz über die Genehmigungspflicht fürtarife im Gesundheitswesen 1986: WTZ (Wet op de Toegang tot Ziektekostenverzekeringen): Gesetz über den obligatorischen Zugang zur Krankenversicherung keine freiwilligen Versicherungen mehr möglich private KV müssen für alle Risiken GKV-Standardpolice anbieten Ausgleich durch Solidaritätszuschlag 2006: obligatorische Basisversicherung für alle Bürger 3
Die drei Säulen des alten Systems AWBZ: Allgemeines Gesetz für besondere Krankheitskosten (100 Prozent der niederländischen Einwohner) ZFW: Krankenversicherungsgesetz (Ziekenfondsdwet) Gesetzliche Pflichtversicherung (64 Prozent der Bevölkerung) Private Versicherung (31 Prozent der Bevölkerung) Beamtenversicherung (5 Prozent der Bevölkerung) Private Zusatzversicherhungerungen (90 Prozent der Bevölkerung) 4
Das neue System: ZFW => ZVW AWBZ und private Zusatzversicherungen bleiben bestehen. ZVW: Vereinigung der drei getrennten Systeme (private, gesetzliche und Beamtenversicherung) zu einer Basisversicherung mit Versicherungspflicht für die gesamte Bevölkerung (Zorgverzekeringswet). Gesetzliche Krankenkassen bieten zusammen mit den privaten Versicherungen die neue Basisversicherung an. Jede Versicherung im neuen System darf Gewinne erzielen und unterliegt denselben gesetzlichen Regelungen. Kontrahierungszwang für alle Vollversicherungen. 5
Die Finanzierung der ZVW Normalfinanzierung hälftig über einkommensabhängige Beiträge und über pauschale Prämien: Einkommensabhängige Beiträge: Beitragsbemessungsgrenze: 30.015 Euro Jahreseinkommen Beitragssatz: staatlich festgelegt, derzeit: 6,5 Prozent Einziehung der Beiträge über die Steuerbehörde (alle Einkommensarten) Steuerpflichtige Auszahlung der Arbeitgeberanteile an die Mitarbeiter Beiträge werden zusammen mit Steuerzuschüssen in einen Fonds eingezahlt, der diese an die Kassen nach Versichertenrisikoprofil verteilt. Pauschale Prämien: Da die aus den Fondsbeiträgen resultierenden Budgets nicht kostendeckend sind, müssen pauschale Prämien erhoben werden. Werden von der Versicherung individuell festgelegt (Ø 2006: 1100 Euro p.a.). Müssen für alle Versicherten je nach Versicherungstarif gleich sein. Prämien der Kinder werden aus Steuermitteln finanziert, Ehepartner zahlen eine gemeinsame Prämie. 6
Finanzierung des sozialen Ausgleichs: Krankenversicherungszuschlagsgesetz (Wet op de zorgtoeslag, Wzt) Einkommensabhängige Unterstützungen zur Zahlung der Pauschalprämie orientieren sich an der durchschnittlichen Pauschalprämie am Markt, der Zuschuss kann beantragt werden, finanziert sich aus Steuermitteln. Einkommensgrenzen (bezogen auf das Jahresbruttoeinkommen): Alleinlebende: unter 25068 Euro Paare: unter 40120 Euro Maximaler Zuschuss: Alleinlebende: 400 Euro Paare: 1155 Euro Kosten bei schätzungsweise 6 Millionen Anspruchsberechtigten 2 2,5 Mrd. Euro pro Jahr. Versicherung der Kinder über Steuermittel: Volumen ca. 1,5 Mrd. Euro. 7
Kompromiss für Deutschland? Kombination von Bürgerversicherung und Gesundheitsprämien. Übertragbarkeit der niederländischen Verhältnisse ist nur bedingt möglich: Es gab keine Honorardifferenzierung zwischen öffentlichen und privaten Versicherungen Die private Krankenversicherung war ein reiner Schadensversicherer, sie hatte somit keine Kapitaldeckung. Es gab Kooperationen der gesetzlichen und privaten Versicherer und einen gemeinsamen Dachverband. Die PKV war durch Zahlungen der Solidarbeiträge auch vormals in der Sozialgemeinschaft integriert. Private und öffentliche Versicherungen waren Organisationen in privater Rechtsform, die nur unterschiedlichen Bedingungen unterlagen. Die Finanzierung sowohl über einen Gesundheitsfonds mit einkommensabhängigen Beiträgen, als auch über nominale Prämien gab es schon seit 1992. 8
Literatur zum niederländischen Gesundheitssystem und der Reform 2006 Zum Gesundheitssystem: European Observatory on Health Systems and Policies (WHO): http://www.euro.who.int/document/e84949.pdf Kurzfassung: http://www.euro.who.int/document/e84949sum.pdf Zur Reform 2006 Recht und Politik im Gesundheitswesen, Heft 1, 2006. Dort vor allem Hamilton, Geert Jan: Die Niederländische Gesundheitsreform 2006 Ein Modell für Deutschland? (Seite 3 12). Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport: http://www.minvws.nl/images/health-insurance-in-nl_tcm20-107942.pdf 9