HBCD-haltige Polystyrolabfälle: Entsorgungswege als nicht gefährlicher Abfall Informationsveranstaltung der SBB Ariane Blaschey Abteilung Abfallwirtschaft Prokuristin Großbeerenstr. 231 14480 Potsdam Tel. (0331) 27 93-43 Fax (0331) 27 93-20 ariane.blaschey@sbb-mbh.de
Themen Charakterisierung/-beschreibung von HBCD-haltigen Polystyrolabfällen aus dem Baubereich» Relevante Schadstoffe mit rechtlichem Hintergrund» Zusammenhang EU-POP-VO und POP-Abfall-ÜberwV» Monofraktionen und Verbundabfälle Regelvermutungen: Abfalleinstufung Abfallschlüssel Notwendige Nachweisdokumente Praktische Konsequenzen für» Baufirmen/Handwerker» Entsorger und Beförderer Aktuelle Entsorgungssituation für nicht gefährliche HBCD-haltige Polystyrolabfälle in der Region Fazit 08.11.2017 Folie 2
Abfallcharakterisierung/-beschreibung Polystyrol ist ein Kunststoff» EPS-Polystyrol (expandiertes Polystyrol): i.d.r. weiß, weißgrau oder grau, grobporig» XPS-Polystyrol (extrudiertes Polystyrol): i.d.r. farbig, fein-/ geschlossenporig vielseitige Verwendung als Schaumstoff im Baubereich (z.b. in Plattenform zur Wärmedämmung, als Formteil) Polystyrol enthält Zusatzstoffe, die ggf. gefährlich sind, beispielsweise» Flammschutzmittel: HBCD» Treibmittel: FCKW/HFCKW 08.11.2017 Folie 3
Relevante Schadstoffe Hexabromcyclododecan (HBCD)» Einsatz als Flammschutzmittel im Polystyrol» Verwendung von ca. 1955 bis 2014/2015, in Einzelfällen bis 2017» sowohl im EPS- als auch im XPS-Polystyrol, welches im Baubereich verwendet wurde, vorhanden» HBCD-Konzentration im Polystyrol herstellungsbedingt: 0,5 3,0 Ma% 08.11.2017 Folie 4
Rechtlicher Hintergrund HBCD: EU-POP-VO HBCD seit 30.09.2016 in Anhang IV der EU-POP-VO gelistet» unterer Grenzwert: 1.000 mg/kg ( 0,1 Ma%) POPs (=persistente organische Schadstoffe) sind:» persistent (langlebig, nicht bzw. äußerst schwer abbaubar)» bioakkumulierbar (reichern sich in Organismen an)» haben sehr schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren bei HBCD konkret: reproduktionstoxisch» hat das Potential zum weiträumigen Transport über den Luftpfad ( grasshopper -Effekt) VO reglementiert für (derzeit) 25 konkret benannte Schadstoffe die Entsorgungswege und -verfahren Einstufung als gefährlich: > 30.000 mg/kg (> 3 Ma%) 08.11.2017 Folie 5
Rechtlicher Hintergrund HBCD: EU-POP-VO Konsequenzen:» HBCD-haltige Abfälle müssen thermisch behandelt werden» Entstehung HBCD-haltiger Abfälle muss vermieden werden Handling/Aufbereitung auf notwendiges Minimum begrenzen, um weitere Emissionen zu verhindern Fehlströme müssen verhindert werden (z.b. klare Trennung von Polystyrolabfällen aus Verpackungs- bzw. Baubereich, Mineralikfraktion aus RC-Anlagen muss polystyrol-frei sein 08.11.2017 Folie 6
Rechtl. Hintergrund HBCD: POP-Abfall-ÜberwV POP-Abfall-ÜberwV seit 01.08.2017 in Kraft:» gültig nur in der Bundesrepublik Deutschland» Ziel: Nachweisdokumentation über tatsächliche Zerstörung/Umwandlung der in Abfällen enthaltenen POPs» bestimmt für eine Auswahl an Abfällen, die POPs enthalten, elektronische Nachweis- und Registerführung (analog zu gefährlichen Abfällen) Pflicht zur getrennten Sammlung/Beförderung, Vermischungsverbot 08.11.2017 Folie 7
POP-Abfall-ÜberwV betroffene Abfälle Abfälle, die:» POPs enthalten,» > unteren Grenzwerten lt. Anhang IV EU-POP-VO liegen,» die als nicht gefährlich eingestuft sind und» die den folgenden Abfallarten zugeordnet werden können: AS 160122, 160214, 160216, 170203, 170604, 170904, 191004, 191006, 200136 Abfallgemische, die in einer Anlage erzeugt wurden, und die die o.g. (nachweispflichtigen) Abfälle enthalten, unabhängig von der Einhaltung der unteren Grenzwerte in einer Anlage aussortierte Abfälle, die denen unter 1) entsprechen 08.11.2017 Folie 8
POP-Abfall-ÜberwV betroffene Abfälle in der Praxis betroffene HBCD-haltige Polystyrolabfälle aus dem Baubereich:» Monofraktionen (AS 170604) und Verbundabfälle (AS 170904), die auf Baustellen anfallen» Ersatzbrennstoffgemische (AS 191210, 191212), die u.a. oben genannte Monofraktionen bzw. Verbundabfälle enthalten» aus Abfallgemischen aussortierte HBCD-haltige Polystyrolabfälle aus dem Baubereich 08.11.2017 Folie 9
Rechtl. Hintergrund HBCD: POP-Abfall-ÜberwV Konsequenzen:» HBCD-haltige Abfälle aus dem Baubereich sind nicht gefährlich» trotzdem besteht Nachweis-/Registerpflicht und Pflicht zur getrennten Sammlung/Beförderung bzw. Vermischungsverbot» in der Praxis: Führung von Entsorgungsnachweisen, Begleit- und Übernahmescheinen sowie Registern analog zu gefährlichen Abfällen Getrennthaltung bei Sammlung und Transport bzw. Verbot der Vermischung mit anderen Abfällen 08.11.2017 Folie 10
Relevante Schadstoffe Voll- und teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW/HFCKW)» Einsatz als Treibmittel bei der Herstellung einer Teilmenge des Polystyrols (konkret: nur XPS-Polystyrol)» Verwendung bis 2002» Eigenschaften: ozonschädigend gefährlicher Abfall: > 1.000 mg/kg (> 0,1 Ma%)» Konzentration im Polystyrol herstellungsbedingt (auch nach heutigem Stand der Ausgasung): > 0,1 Ma% 08.11.2017 Folie 11
Relevante Schadstoffe Konsequenzen:» Polystyrolabfälle aus dem Baubereich, die neben HBCD auch FCKW/HFCKW enthalten, sind gefährlicher Abfall» es gelten Nachweis-/Register- und Andienpflichten 08.11.2017 Folie 12
Abfallarten Beispiele Monofraktion:» Dämmplatten, weitestgehend ohne Anhaftungen» Formträger aus dem Sanitärbereich Beispiele Verbundabfälle:» mehrschichtige Dachkonstruktionen (z.b. verklebte, schichtenweise aufgebaute Dachkonstruktionen mit teerhaltigen Dachpappen oder Bitumendachpappen sowie Polystyrol)» Sandwichplatten (mit z.b. Polystyrol-Dämmplatten + Gipskarton)» Dämmplatten mit anhaftenden Putzen oder anderen mineralischen Fraktionen, Farbanstrichen oder Klebern 08.11.2017 Folie 13
Regelvermutungen Polystyrolabfälle aus dem Baubereich Herkunft: Abriss- und Herkunft: Reste und Verschnitte Sanierungsmaßnahmen von Neuware» HBCD-haltig» mit hoher Wahrscheinlichkeit HBCD-frei» bei XPS-Polystyrol zusätzlich ggf. FCKW/HFCKW-haltig» aber: Zulassung für 13 europ. Hersteller vorhanden, bis 08/2017 HBCD-haltige Polystyrol-Dämmplatten herzustellen (mit dauerhafter Kennzeichnung)» FCKW/HFCKW-frei 08.11.2017 Folie 14
Abfallbezeichnungen-/schlüssel Polystyrolabfälle aus dem Baubereich Polystyrolabfälle (Monofraktion), die auf Baustellen anfallen:» HBCD-haltig» HBCD- und FCKW/HFCKW-haltig Verbundabfälle, die u.a. Polystyrol enthalten, und die auf Baustellen anfallen*:» HBCD-haltig» HBCD- und FCKW/HFCKW-haltig EBS-Gemische, die u.a. Polystyrolabfälle (FCKW/HFCKW-frei) enthalten* AS 170604 AS 170603* AS 170904 AS 170903* AS 191210 AS 191212 * frei von weiteren gefährlichen Fraktionen 08.11.2017 Folie 15
Einstufung abweichende Bewertung/Einstufung nicht durch Analytik, sondern durch anderweitige Nachweise:» bezogen auf die konkret zu entsorgende Charge» z.b. über Sicherheitsdatenblätter, Herkunftsnachweise, Nachweise über HBCD- bzw. FCKW/HFCKW-Freiheit o.ä.» Nachweise müssen plausibel sein» gleichwertig zu repräsentativer Abfallbeprobung + Analytik 08.11.2017 Folie 16
Erforderliche Genehmigungen/Dokumente Nicht gefährliche Polystyrolabfälle Vorabkontrolle muss vor Beginn des Abtransports von der Baustelle vorliegen! Verbleibskontrolle Elektronische Einzelentsorgungsnachweise Elektronische Sammelentsorgungsnachweise» ohne 20-t-Grenze Elektronische Begleitscheine bzw. Papier- Übernahmescheine Gefährliche Polystyrolabfälle Vorabkontrolle Elektronische Einzelentsorgungsnachweise muss vor Beginn des Abtransports von der Baustelle vorliegen! Verbleibskontrolle Elektronische Sammelentsorgungsnachweise» mit 20-t-Grenze Zuweisungsbescheid oder Verwertungsfeststellung Elektronische Begleitscheine bzw. Papier- Übernahmescheine 08.11.2017 Folie 17
Entsorgungswege für Baufirmen/Handwerker für nicht gefährliche HBCD-haltige Polystyrolabfälle aus dem Baubereich:» Nutzung von Sammelentsorgungsnachweisen ohne 20-t-Grenze für den ursprünglichen Abfallerzeuger sehr einfache Entsorgungsmöglichkeit für Baufirmen/Handwerker - keine elektronischen Voraussetzungen erforderlich Nachweisdokument für Abfallerzeuger: Übernahmeschein in Papierform Erzeuger-Nr. für die Anfallstelle erforderlich» Nutzung von Einzelentsorgungsnachweisen Anlieferung i.d.r. in Vorbehandlungsanlagen und Zwischenlägern Voraussetzungen für eanv müssen geschaffen werden 08.11.2017 Folie 18
Entsorgungsketten Nachweis-/Registerpflicht betrifft nicht nur (Primär-) Erzeuger, sondern auch» Betreiber von Aufbereitungsanlagen oder Zwischenlägern» Betreiber von thermischen Abfallbehandlungsanlagen» Einsammler/Beförderer Beteiligte müssen Voraussetzungen schaffen:» ZKS-Postfach für die jeweilige Rolle (=Ident-Nr.) erforderlich» Signaturkarten + Kartenlesegeräte erforderlich» eanv-softwareprogramm erforderlich» Freistellungsverfahren für privilegiertes Nachweisverfahren anpassen» Elektronische Entsorgungsnachweise (Input/Output) beantragen / genehmigen lassen 08.11.2017 Folie 19
Entsorgungsketten Fazit: Elektronische Nachweis-, Begleitschein- und Registerführung verpflichtend Achtung:» Vermischen, Behandeln oder Zwischenlagern muss explizit genehmigt sein» bei EBS-Abfallgemisch ist Gesamtabfall nachweispflichtig, nicht nur die Polystyrolfraktion» Abfalltransporteure informieren» bei Beantragung von Nachweisen: auf korrekte Abfallbeschreibung in der Verantwortlichen Erklärung achten 08.11.2017 Folie 20
Entsorgungssituation Berlin/Brandenburg Nicht gefährliche HBCD-haltige Polystyrolabfälle Aktueller Stand: 01.11.2017» 92 Inhaber von Sammelentsorgungsnachweisen mit Sammelgebiet Berlin/Brandenburg» 15 Aufbereitungsanlagen/Zwischenläger in Berlin/Brandenburg» 7 Thermische Abfallbehandlungsanlagen Informationen auf Internetseite der SBB:» www.sbb-mbh.de Publikationen Merkblätter/Leitfäden» Merkblatt sowie aktuelle Anlagenlisten 08.11.2017 Folie 21
Entsorgungssituation Berlin/Brandenburg Aufbereitungsanlage/Zwischenlager Therm. Abfallbehandlungsanlage Stand: 01.11.2017 08.11.2017 Folie 22
Fazit Polystyrolabfälle aus Abriss und Sanierung sind HBCD-haltig und i.d.r. nicht gefährlicher Abfall Ausnahme:» zusätzlich zu HBCD-Gehalt noch FCKW/HFCKW-Belastung im Polystyrolabfall gefährlicher Abfall bei ausschließlich HBCD-belasteten Polystyrolabfällen besteht trotz Einstufung als nicht gefährlicher Abfall Nachweis- und Registerpflicht (analog zu gefährlichen Abfällen) 08.11.2017 Folie 23
Kontakt SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbh Postadresse: Zentrale: (0331) 27 93-0 PF 60 13 52 Infotelefon: (0331) 27 93-27 14413 Potsdam Fax: (0331) 27 93-20 Besuchsadresse: Großbeerenstr. 231 14480 Potsdam Internet: www.sbb-mbh.de 08.11.2017 Folie 24