AVWS: Abgrenzungen Diagnostik Therapie Fördermaßnahmen Chancen und Perspektiven für die Hörgeschädigtenpädagogik. R. Schönweiler

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Transkript:

AVWS: Abgrenzungen Diagnostik Therapie Fördermaßnahmen Chancen und Perspektiven für die Hörgeschädigtenpädagogik R. Schönweiler sowie Hörzentrum Lübeck Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck Folien herunterladen: http://www.schoenweiler.de

Was ist AVWS und was nicht? AWMF LL 049-012 Erkrankung zentraler Prozesse des Hörens, die ermöglichen: binaurale Interaktion, z.b. zur Geräuschlokalisation, Lateralisation, Störgeräuschbefreiung, Summation (Hirnstamm) vorbewusste und bewusste Analyse, Differenzierung und Identifikation von Zeit-, Frequenz- und Intensitätsveränderungen akustischer Signale (Hirnrinde) dichotische Erkennung von Signalen, z.b. Sprache (Balken) Testbatterie notwendig

Was ist AVWS und was nicht? AWMF LL 049-012 Wann ist es nicht AVWS? Wenn die Symptome durch eine (ggf. sogar nur minimale oder einseitige) Schwerhörigkeit erklärt werden können die Testbatterie muss das periphere Hörvermögen prüfen durch eine Sprachverständnisstörung erklärt werden können die Testbatterie muss den (passiven) Wortschatz und das Grammatikverständnis prüfen durch ein (unbehandeltes oder unterversorgtes) AD(H)S erklärt werden die Testbatterie muss einen eventuellen Anfangsverdacht ausschließen bzw. Restsymptome erfragen (z.b. mit Fragebogen)

Was ist AVWS und was nicht? AWMF LL 049-012, Aktualisierung 2020 Neue Aussagen (aufgrund aktueller Publikationen) Lernbehinderung oder geistige Behinderung (ca. 7 % der Kandidaten) muss immer ausgeschlossen werden die Testbatterie muss einen (nonverbalen) Intelligenztest umfassen Schnittmenge 50 % mit USES und/oder LRS (Sharma et al. 2009) Umstrittene Schnittmenge mit ADHS (Sharma et al. 2009, Rosen et al. 2010, Gyldenkaerne et al. 2014, Moore et al. 2017) Korrelationen zwischen Kurzzeitgedächtnisleistungen und den Ergebnissen auditiver Tests viel geringer als bisher geargwöhnt (Kiese-Himmel & Nickisch 2016)

Diagnostik Pädaudiologischer Teil der Testbatterie

Diagnostik Lokalisation von Schallquellen Ein Original des Mainzer Kindertisches bis 3 3 bis 4 4 bis 7 7 bis 9 9 bis 13 13 bis 16 1. Hören in der Medianebene 2. Verbesserung des Signal-Störgeräuschabstandes 3. Sehen der Schallquelle bzw. sensorische Integration [Northern & Downs 1984] 16 bis 21 21 bis 24 Monate

Lokalisation virtueller Schallquellen am modifizierten Mainzer Kindertisch ERKI (Plotz et al. 2016) ***

Lokalisation virtueller Schallquellen am modifizierten Mainzer Kindertisch ERKI (Plotz et al. 2016) Befunde dreier hörgesunder Erwachsener

Lokalisation virtueller Schallquellen am modifizierten Mainzer Kindertisch ERKI (Plotz et al. 2016) Befunde dreier Schulkinder mit testdiagnostisch gesicherter AVWS und Problemen beim Richtungsgehör im Fragebogen

Diagnostik Binaurale Tests, subjektiv Worttest (hier: Einsilber) S0 N180, S 60-70 db N 65 db Varianz +/- 10 db, deutlicher Deckeneffekt!

Satztest (hier: OlKiSa) S0 N90 /270, S 30-80 db N 65 db Varianz der SVS +/- 0,7 db Kein Deckeneffekt, kein Bodeneffekt! Testbatterie Binaurale Tests, subjektiv -11 bis -19 db -8 bis -13 db

Diagnostik Binaurale Tests, objektiv Colliculus inferior: Binaurales Interaktionspotential (BIC) Corpus trapezoideum, MOCS: Kontralaterale Beeinflussung der OAE

Diagnostik Binaurale Tests, objektiv, TEOAE

Diagnostik Binaurale Tests, objektiv, TEOAE

Diagnostik Binaurale Tests, objektiv, TEOAE

Diagnostik Pädaudiologischer Teil der Testbatterie

Diagnostik Lautunterscheidung, subjektiv, HLAD

Diagnostik Lautunterscheidung, objektiv, MMN Zeitbedarf: ca. 10 min pro Lautpaar

Diagnostik Pädaudiologischer Teil der Testbatterie

Prüfung des auditiven Arbeitsgedächtnisses Mottier-Test: aktuelle Normen verwenden

Prüfung des auditiven Arbeitsgedächtnisses Mottier-Test: aktuelle Normen verwenden

Diagnose AWMF LL 049-012, Aktualisierung 2020 Bedeutsame Schwächen in mindestens zwei AVWS-Tests (einer Testbatterie), die nicht durch andere Diagnosen erklärbar sind Neu: Diagnose bei ähnlich wie bei LRS; Diskrepanz von 10, besser 15 T-Wertpunkten (=1,5 Std.Abw.) zwischen den (durchschnittlichen) nonverbalen kognitiven Fähigkeiten und den eingeschränkten auditiven Leistungen Ähnliches messende Tests stimmen in ihren Ergebnissen überein Fakultativ pathologische Ergebnisse in physiologischen Tests, z.b. kontralat. Suppression der TEOAE, binaurale FAEP, SAEP, MMN Verhalten und Symptomatik des Kindes passen zu einer AVWS

Diagnose AWMF LL 049-012, Aktualisierung 2020 Gegen eine AVWS spricht auch bei Erfüllen der Kriterien, d.h. Veto Niedrige Ergebnisse oder auffälliges Verhalten in allen, auch den visuellen Tests, d.h. fehlendes Profil, spricht für eine globale Störung, z.b. Überforderung bei eingeschränkter Kognition Widersprüchliche Ergebnisse in ähnliche Leistungen messenden Tests, kommen z.b. vor bei unbehandeltem oder unterversorgtem AD(H)S eingeschränkter Frustrationstoleranz Störungsbewusstsein Motivationsmangel Verhaltensstörung

Üben als med. Therapie oder päd. Förderung AWMF LL 049-012, Aktualisierung 2020 Ziel ist die Heilung durch Tests dezidierter nachgewiesener auditiver Krankheitssymptome (kein Schrotschuss ) Neu: Verbesserung funktioneller und objektivierbarer Defizite (vermutete oder nicht gemessene Defizite irrelevant) Hierarchische Struktur und physiologische Begründung (nicht zufällig oder angebotsorientiert) Wirksamkeit regelmäßig als Effektstärke kontrollieren (z.b. in Anzahl von Standardabweichungen, >=0,5 Std.Abw.) Behandlungsziele regelmäßig überprüfen und ggf. anpassen

Heilmittelrichtlinien 2004 Teil 1, IV, 18.3 &19.4; Teil 2, Indikation SP2 Zumindest Eingangsdiagnostik, Screening reicht nicht! Oft ist rechtzeitig eine weiterführende Diagnostik zu planen (gemeint ist bei Phoniatern und Pädaudiologen, Neuropädiatern, ggf. Kinder- und Jugendpsychiatern) Zur Krankheitsbekämpfung (medizinische Indikation), nicht bei sonderpädagogischem Förderbedarf! Wenn die Behandlung seitens Inhalt und Erfolg ärztlich überwacht werden kann (ist bei pädagogischen, musischen und sportlichen Inhalten nicht gegeben!) Wenn der Nutzen in einer Studie nachgewiesen wurde

Wirksamkeit und Evidenz AWMF LL 049-012, 2020 Neu: Auditory Integration Training (AIT), z.b. Fast ForWord, Earobics, Ordnungsschwellentraining, Klangtherapie (Tomatis u.a.) ohne Evidenz Neu: Lautunterscheidung: 2 evidente Wirksamkeitsnachweise (Bischof et al 2002, Fey et al. 2011) Neu: Täglich mehrfaches Training für etwa 8 min signifikant besser als täglich eine Stunde, Lernerfolge im trainingsfreien Intervall (Molloy et al. 2012) Auditives Arbeitsgededächtnis, phonologische Bewusstheit: keine Unt. zur Evidenz

Wirksamkeit und Evidenz AWMF LL 049-012, 2020 Bei fehlenden Indikationen für Üben oder Therapieresistenz Kompensation, z.b. metalinguistische und metakognitive Strategien ( gedankliche Hilfen, Eselsbrücken ), keine Untersuchungen zur Evidenz Beratung, Ausgleichsmaßnahmen, sonderpädagogische Förderung, keine Untersuchungen zur Evidenz Nur für dominierende Selektionsstörung: Akustische Maßnahmen Passiv, z.b. Schalldämmung im Klassenraum Aktiv, d.h. Übertragungsanlage höchste Effektivität mit hoher Evidenz

Verstehen im Klassenraum Das Problem mit dem SNR Abstand Sprecher-Hörer, Störgeräusche, Echo+Nachhall von Nutzschall+Störgeräusch Vortragslautstärke eines Lehrers ca. 80 db Normaler Störschallpegel einer Grundschulklasse ca. 60 db Ca. -6 db bei doppeltem Abstand

Verstehen im Klassenraum Das Problem mit dem SNR Abstand Sprecher-Hörer, Störgeräusche, Echo+Nachhall von Nutzschall+Störgeräusch Vortragslautstärke eines Lehrers ca. 80 db Normaler Störschallpegel einer Grundschulklasse ca. 60 db Ca. -6 db bei doppeltem Abstand

Verstehen im Klassenraum Das Problem mit dem SNR Abstand Sprecher-Hörer, Störgeräusche, Echo+Nachhall von Nutzschall+Störgeräusch Vortragslautstärke eines Lehrers ca. 80 db 90-100 % Normaler Störschallpegel einer Grundschulklasse ca. 60 db 50 %

Verstehen im Klassenraum Das Problem mit dem SNR Abstand Sprecher-Hörer, Störgeräusche, Echo+Nachhall von Nutzschall+Störgeräusch Vortragslautstärke eines Lehrers ca. 80 db 90-100 % 90-100 % AVWS, SH <=80 % AVWS, SH 50 % 50 % Normaler Störschallpegel einer Grundschulklasse ca. 60 db

Kompensation durch Optimierung der Klassenraumakustik bzw. Verbesserung der Hörsamkeit für Kinder mit AVWS sowie (ggf. auch nur minimaler oder einseitiger) Schwerhörigkeit Behandlung Akustik-Decke

Hintergrund AWMF-LL 049-012 Richtlinien Fazit Modifikation der akustischen Umgebung

Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen Auswahl nach diagnostischen Ergebnissen Sitzplatz in der Nähe der Lehrer, besser hörendes Ohr zu Lehrern Sitzplatzwechsel vermeiden Unaufmerksames Verhalten nicht als Desinteresse fehldeuten, nicht sanktionieren und nicht schlecht beurteilen Aufmerksamkeit wieder herstellen, z.b. durch sanftes Anfassen Visuelle Unterstützung des Inhalts (angereicherter Tafelanschrieb) Kind darf Hilfe anfordern, ggf. durch unauffällige Signale Ggf. Einzelwortdiktate Ggf. Befreiung vom Kopfrechnen (statt dessen: schriftliche Lernerfolgskontrolle)

Kompensation durch Hilfsmittelrichtlinien 2012 25 Übertragungsanlagen Für AVWS (bei peripher Normalhörenden), nur wenn 1. fachärztlich phoniatrisch-pädaudiologisch festgestellt 2. Einsilberverstehen im Störschall unterdurchschnittlich (<= 80 %) 3. Satzverstehen im Störschall (z.b. OlKiSa) unterdurchschnittlich in Bezug auf altersabhängigen Normwerten zu mehreren Vorstellungsterminen und Beobachtungszeitraum ein halbes Jahr! HdO- u.a. Hörsysteme nicht für AVWS sinnvoll (weltweit alle Richt- und Leitlinien), sondern nur bei - auch minimaler oder einseitiger - Schwerhörigkeit

Kompensation durch Übertragungsanlagen AWMF LL 049-012, Aktualisierung 2020 Zusätzliche, in den Richtlinien nicht enthaltene Empfehlungen strukturiertes Interview (Fragebogen) mit Klassenlehrer vor Beginn Neu: digitale Anlagen gegenüber FM-Anlagen zu bevorzugen Training der Lehrer z.b. durch den mobilen Dienst der pädagogisch-audiologischen Einrichtungen strukturiertes Protokoll nach 30 oder 45 Tagen der Nutzung Nachweis der Verbesserung mit Übertragungsanlage, Fragebögen und Kosten-Nutzen-Abwägung zur endgültigen Abnahme Verlaufskontrollen der Technik, der Hörleistungen des Kindes

EUHA-Leitlinie Drahtlose Übertragungsanlagen Messtechnischer Nachweis des individuellen Nutzens und Überprüfung der Anlage 2017 60 db SPL sprachsim. Rauschen 58 db SPL Einsilberoder Worttests EUHA Alt Vincent Gansel, Rainer Schönweiler, Hendrik Husstedt 2016

EUHA-Leitlinie Drahtlose Übertragungsanlagen Messtechnischer Nachweis des individuellen Nutzens und Überprüfung der Anlage 2017 Vorteil: kein Deckeneffekt! Normalwerte Minimale Sollwerte für eine Wirkung nach HMR Ohne mit Gewinn Alt neu alt neu alt neu Vincent Gansel, Rainer Schönweiler, Hendrik Husstedt 2016

Begründung für Inanspruchnahme der Hörgeschädigtenpädagogik bei AVWS, minimaler oder einseitiger SH Wirksamkeit audioverbaler Übungstherapie teils nicht evident Übertragungsanlagen sind nur bei bestimmter Symptomkonstellation erlaubt, keine Allroundlösung! Kompensation im Unterricht und Ausgleichsmaßnahmen sind viel wichtiger als bisher angenommen Die Beratung zu akustischen Maßnahmen im Unterrichtsraum und im Schulgebäude sowie die Förderung der Kinder ähnelt mehr der Beratung bei schwerhörenden Kindern als bei Kindern mit SES

Vorschlag für Aufgaben der Hörgeschädigtenpädagogik bei AVWS, minimaler oder einseitiger SH Die Lehrer und die Schulleitung müssen zu akustischen Maßnahmen im Unterrichtsraum und im Schulgebäude beraten und bei der Durchsetzung unterstützt werden Die Lehrer müssen zur Auswahl von Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen angeleitet werden Die Lehrer und die Schüler müssen zur Anwendung von Übertragungsanlagen im Unterricht angeleitet werden Die Schüler müssen ggf. eine Einzel- oder Gruppenförderung erhalten, die längerfristiger angewendet werden kann, als es bei medizinischen Heilmitteln erlaubt ist

AVWS: Abgrenzungen Diagnostik Therapie Fördermaßnahmen Chancen und Perspektiven für die Hörgeschädigtenpädagogik * * *

Korrespondenzadresse und Urheberrecht Prof. Dr. med. Rainer Schönweiler sowie Hörzentrum Lübeck (Sprach-,Stimm- und kindliche Hörstörungen) Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck Ratzeburger Allee 160, D-23562 Lübeck Tel. +49-(0)451-500-42101, Fax +49-(0)451-500-42104 Homepage Klinik: Homepage Hörzentrum: www.uksh.de/hoerzentrum-luebeck Homepage Lehrbuch und Vortragsfolien: http://www.schoenweiler.de E-Mail: phoniatrie@uksh.de, rainer.schoenweiler@uksh.de Das Script unterliegt dem Urheberrecht. Eine Vervielfältigung ist nur für den persönlichen Gebrauch erlaubt. Eine Weitergabe an Dritte oder Veröffentlichung ist nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis des Autors gestattet.