Keine Gruppenverfolgung koptischer Christen in Ägypten

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Transkript:

VG Bayreuth, Urteil v. 28.06.2017 B 4 K 17.30071 Titel: Keine Gruppenverfolgung koptischer Christen in Ägypten Normenketten: 71 Abs. 1 AsylG 51 VwVfG Leitsätze: 1. Nach der Änderung des Asylgesetzes 2016 ist die Entscheidung, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, mit der Anfechtungsklage anzugreifen, um deren Aufhebung zu erreichen und eine Entscheidung über den Asylantrag zu erlangen. Eine Verpflichtung der Gerichte zum "Durchentscheiden" besteht angesichts der Weiterentwicklung des Asylverfahrensrechts nicht (mehr). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz) 2. Koptische Christen sind derzeit in Ägypten keiner Gruppenverfolgung ausgesetzt. Auch wenn sie in den letzten Jahren massiver gesellschaftlicher und staatlicher Diskriminierung ausgesetzt waren, erreichen die Spannungen und Gewaltausbrüche in der Gesamtwürdigung nicht die Dichte, dass für jeden Gruppenangehörigen die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. (Rn. 18 19) (redaktioneller Leitsatz) 3. 31 Abs. 3 S. 1 AsylG erfasst auch Folgeanträge. In noch anhängigen Asylfolgeverfahren ist die Feststellung, ob nationale Abschiebungsverbote vorliegen, unabhängig davon zu treffen, ob die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 bis 3 bzw. Abs. 5 VwVfG vorliegen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte: Folgeverfahren, Herkunftsland Ägypten, Keine Gruppenverfolgung koptischer Christen, nationale Abschiebungsverbote, Wiederaufnahmegründe, Asylfolgeverfahren Rechtsmittelinstanz: VGH München, Urteil vom 06.11.2017 15 ZB 17.31023 Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Der am... 1996 geborene Kläger ist ägyptischer Staatsangehöriger. Er hat bereits am 12.11.2013 einen Asylantrag gestellt, der vom zum Vormund bestimmten Stadtjugendamt... am 30.01.2014 zurückgenommen wurde. In dem Schreiben wird ausgeführt, dass der Kläger seinen Asylantrag zurücknehmen und nach Ägypten zurückkehren wolle. Er leide seit seiner Einreise unter wiederkehrenden psychosomatischen Störungen und wolle nicht in Deutschland bleiben. Das Bundesamt hat deshalb mit Bescheid vom 07.02.2014 das Asylverfahren eingestellt, festgestellt dass Abschiebungsverbote nach 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen und den Kläger zur Ausreise innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert, widrigenfalls er nach Ägypten abgeschoben werde. Dieses Verfahren wurde bestandskräftig. 2

Am 07.06.2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Auf einem Formular zur Folgeantragstellung gab der Kläger an, er könne keine neuen Gründe für die Antragstellung nennen. 3 Mit Bescheid vom 22.12.2016 lehnte das Bundesamt den Folgeantrag als unzulässig ab (Nr. 1), lehnte den Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 07.02.2014 bezüglich der Feststellung zu 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab (Nr. 2) und forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, widrigenfalls er nach Ägypten abgeschoben werde (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4). Auf die Begründung des Bescheids, der dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 28.12.2016 zugestellt wurde, wird Bezug genommen. 4 Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 11.01.1017 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und am 30.05.2017 beantragt, 1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 22.12.2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen; 2. hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz im Sinne des 4 AsylG zuzuerkennen, 3. weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 5 Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger sei koptischer Christ. Sein erster Asylantrag sei vom Stadtjugendamt... ohne Kenntnis des Klägers zurückgenommen worden. Die Asylfolgeantragstellung sei ohne Unterstützung eines Dolmetschers erfolgt. Aus diesem Grund habe er in dem Formular die Frage nach neuen Gründen mit Nein angekreuzt. Der Kläger habe jedoch neue Asylgründe. Aufgrund seiner Religionszugehörigkeit habe er bei einer Rückkehr nach Ägypten mit asylrelevanter Verfolgung zu rechnen. Am 23.12.2016 sei ein islamistischer Anschlag auf die koptische Kathedrale in Kairo erfolgt. Am 16.01.2017 sei in Kairo ein Christ ermordet in seiner Wohnung aufgefunden worden. Dies sei bereits der fünfte derartige Vorfall in Ägypten im Januar 2017 gewesen. Am 20.02.2017 habe der Islamische Staat ein Droh-Video veröffentlicht, in dem er den Christen in Ägypten den Krieg erklärt. Nach Informationen der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) seien allein in den vergangenen drei Wochen in Nordsinai vier koptische Christen von radikalen Islamisten ermordet und eine unbekannte Zahl vertrieben worden. Am 09.04.2017 seien bei zwei Anschlägen in Kirchen mindestens 36 Menschen getötet und viele verletzt worden. Diese Anschläge seien auf die Kirche St. Georg in der nordägyptischen Stadt Tanta und in der St. Markus-Kathedrale in Alexandria erfolgt. Der IS habe sich zu den Taten bekannt und habe mit weiterer Gewalt gegen Christen gedroht. Am 13.04.2017 sei in Oberägypten ein junger kurdischer Christ ermordet worden. Am 26.05.2017 habe eine Splittergruppe des Terrornetzwerks IS den Bus einer christlichen Reisegruppe in Al Minya beschossen und dabei mindestens 29 Menschen getötet. Der Kläger fürchte deshalb bei einer Rückkehr nach Ägypten um sein Leben. Er werde auch sofort als Christ erkannt aufgrund eines Kreuz-Tattoos auf seiner rechten Hand. 6 Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.01.2017 beantragt, die Klage abzuweisen. 7 Mit Beschluss der Kammer vom 07.06.2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

8 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Entscheidungsgründe 9 1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. 10 a. Statthaft ist lediglich der Klageantrag zu 1, soweit darin die Aufhebung des Bescheids der Beklagten von 22.12.2016 beantragt wird. 11 Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 14.12.2016-1 C 4.16 -, juris, Rn. 15 ff.) ist seit Inkrafttreten des Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl. I S. 1939) am 06.08.2016 - also nach der Änderung des Asylgesetzes, die Entscheidung, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Eine Unzulässigkeitsentscheidung nach 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG stellt einen der Bestandskraft fähigen, anfechtbaren Verwaltungsakt dar. Der Asylsuchende muss die Aufhebung des Bescheids, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, erreichen, wenn er eine Entscheidung über seinen Asylantrag erhalten will. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung zum Folgeantrag eine Verpflichtung der Gerichte zum Durchentscheiden angenommen und dementsprechend die Verpflichtungsklage als allein zulässige Klageart betrachtet worden ist, hält das BVerwG, dessen Auffassung sich das erkennende Gericht anschließt, daran mit Blick auf die Weiterentwicklung des Asylverfahrensrechts nicht mehr fest 12 b. In der Sache hat die Anfechtungsklage jedoch keinen Erfolg. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ( 71 Abs. 1 AsylG) noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß 60 Abs. 5 und 7 AufenthG. Als rechtmäßig erweisen sich auch die Abschiebungsandrohung und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. 13 aa. Nach 71 Abs. 1 AsylVfG ist auf einen Folgeantrag hin ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - vorliegen, d.h., wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Abs. 1 Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung her beigeführt haben würden (Abs. 1 Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend 580 ZPO gegeben sind. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen ( 51 Abs. 2 VwVfG). Nach 51 Abs. 3 VwVfG muss der Antrag binnen drei Monaten seit dem Tag gestellt werden, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat. Wenn die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, ist der Folgeantrag gemäß 29 Abs. 1 Nr. 5 als unzulässig abzulehnen. Gemäß 71 Abs. 4 Halbs. 1 AsylG sind dann die 34, 35 und 36 AsylG entsprechend anzuwenden. 14 Der Folgeantrag des Klägers wurde zu Recht abgelehnt. 15 Individuelle Gründe für ein Wiederaufgreifen seit dem bestandskräftigen Abschluss des Erstverfahrens hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht. Soweit er angibt, er sei im Erstverfahren zu seinen Ausreisegründen nicht angehört worden, ist dies darauf zurückzuführen, dass sein

Vormund bereits vor einer Anhörung den Asylantrag zurückgenommen hat. Der Kläger hat entgegen den Angaben im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten auch nicht bestritten, dass das Stadtjugendamt... den Asylantrag mit seinem Einverständnis zurückgenommen hat. Er habe es sich erst danach wieder anders überlegt. Somit kann der Kläger mit den Gründen, die zu seiner Ausreise geführt haben (Probleme mit irgendwelchen kriminellen Personen in der Schule) im Folgeverfahren nicht mehr gehört werden. Seine Angabe, seine Mutter sei von diesen Personen überfahren und schwer verletzt worden, ist als neue Tatsache in keiner Weise substantiiert. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich um einen reinen Verkehrsunfall gehandelt hat. 16 Soweit sich der Kläger auf eine Gefährdung aufgrund seiner Religionszugehörigkeit beruft, ist ebenfalls kein Wiederaufgreifensgrund gegeben. 17 Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass koptische Christen in Ägypten derzeit einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind. 18 Die Annahme einer Gruppenverfolgung setzt voraus, dass entweder sichere Anhaltspunkte für ein an asylerhebliche Merkmale anknüpfendes staatliches Verfolgungsprogramm vorliegen (was ersichtlich nicht der Fall ist), oder es ist eine bestimmte Verfolgungsdichte erforderlich, welche die Regelvermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (höchstrichterliche Rechtsprechung vgl. zuletzt BVerwG v. 21.04.2009, Az.: 10 C 11.08, AuAs 2009, 173-175, zu Sunniten im Irak; ferner BVerwG v. 01.02.2007, Az.: 1 C 24.06, NVwZ 2007, 590 = InfAuslR 2007, 211 = AuAS 2007, 68, zu Tschetschenen; BVerwG v. 05.01.2007, Az.: 1 B 59.06, juris; BVerwG v. 18.07.2006, Az.: 1 C 15.05, BVerwGE 126, 243 = NVwZ 2006, 1420 = DVBl 2006, 1512 = ZAR 2006, 410 = InfAuslR 2007, 33 = BayVBl 2007, 151, zu Christen im Irak; jeweils mit weiteren Nachweisen). 19 Koptische Christen die etwa 10% der Gesamtbevölkerung in Ägypten (mehr als 80 Mio.) ausmachen, stellen nach ihrer eigenen Wahrnehmung keine Minderheit dar. Sie waren in den letzten Jahren massiver gesellschaftlicher und staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Bereits im August 2013 kam es zu einer Welle der Gewalt, die im Mai 2016 wieder aufflammte, wobei koptische Kirchen attackiert und Christen getötet wurden (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2016; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf vom 20.01.2017). Die unbestreitbar vorliegenden Spannungen und damit einhergehenden Gewaltausbrüche erreichen in der Gesamtwürdigung aber nicht die Dichte, die für die Betroffenen eine Verfolgung begründen könnte. Es ist nicht erkennbar, dass Verfolgungshandlungen auf alle sich im Verfolgungsgebiet aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (VG Köln, U.v. 10.11.2016-6 K 5496/15.,A, juris; VG Aachen, U.v. 26.07.2016-3 K 664/16.A, juris.). 20 Die vom Klägervertreter aufgezählten Angriffe und Opfer aus neuerer Zeit sind über die Auskünfte und Medien verifiziert, bzw. können als wahr angenommen werden. Sie stellen aber weder qualitativ noch quantitativ eine Steigerung gegenüber den bereits zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers bekannten Ausschreitungen gegen Christen dar und somit keine neue Sachlage im Sinne des 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG.

21 bb. Auch Abschiebungsverbote nach 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurden zu Recht nicht zuerkannt. 22 Dabei ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG seit dem Inkrafttreten des Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl. I S. 1939) am 06.08.2016 auch unzulässige Asylanträge - also auch Folgeanträge ( 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG) - erfasst. Nach dieser Vorschrift ist u.a. in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen, ob die Voraussetzungen des 60 Absatz 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Dies bedeutet, dass in noch anhängigen Asylverfahren, die einen Asylfolgeantrag zum Gegenstand haben, jedenfalls nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Regelung die Feststellung, ob die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots vorliegen, entgegen der früheren Rechtslage unabhängig davon zu treffen ist, ob die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen oder das Bundesamt gemäß 51 Abs. 5 VwVfG i.v.m. den 48, 49 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, ob die bestandskräftige frühere Entscheidung zu 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zurückgenommen oder widerrufen wird (so auch VG Oldenburg, Beschluss vom 13.03.2017-3 B 1322/17, juris, Rn. 11). Das Bundesamt - oder ggf. im weiteren Verfahren das Gericht - hat daher ohne die Einschränkungen des 51 Abs. 1 bzw. Abs. 5 i.v.m. 48, 49 VwVfG im Falle eines Folgeverfahrens eine Prüfung der nationalen Abschiebungsverbote des 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG durchzuführen. 23 Vorliegend hat die Beklagte bezüglich der Abschiebungsverbote nur eine Entscheidung nach 51 VwVfG getroffen. Dies verletzt den Kläger jedoch nicht in seinen Rechten, denn in der Begründung des Bescheides vom 22.12.2016 (Seite 3) hat die Beklagte selbst ausgeführt, dass unabhängig von den Voraussetzungen des 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine Abänderung der bisherigen Entscheidungen zu 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG nicht in Betracht kommt. Insoweit hat sie das Vorliegen von Abschiebungsverboten zumindest inzident geprüft und verneint. 24 Ein Vorliegen von Abschiebungsverboten nach 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG ist auch im gerichtlichen Verfahren nicht ersichtlich, nachdem individuelle Gründe für ein Rückkehrhindernis nicht glaubhaft gemacht sind. 25 Der Kläger kommt nach eigenen Angaben aus einer Stadt mit ca. 150.000 Einwohnern in dem mittelägyptischen Departement Al-Minya. Sein Vater ist dort Beamter in der..., seine Mutter arbeitet Teilzeit..., seine Schwester ist Schülerin und sein Bruder lebt und arbeitet in Kairo. Es ist nicht ersichtlich, wieso der Kläger bei einer Rückkehr in den Kreis seiner Familie einer relevanten Gefahr ausgesetzt wäre. 26 cc. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Nr. 3, wonach die Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden sind, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn sein Folgeantrag ist, wie oben ausgeführt, unzulässig und ihm stehen weder Abschiebungsverbote nach 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu, noch besitzt er einen asylunabhängigen Aufenthaltstitel ( 34 AsylG). 27 dd. Gegen die Bemessung der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach 11 Abs. 1 AufenthG (Nr. 4) bestehen ebenfalls keine Bedenken. 28 2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben ( 83 b Abs. 1 AsylVfG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus 167 VwGO i.v.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO