Diffusion einzelner ultrakalter Atome in einem optischen Gitter

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Transkript:

Diffusion einzelner ultrakalter Atome in einem optischen Gitter Diplomarbeit in Experimentalphysik von Daniel Adam durchgeführt am Fachbereich Physik der Technischen Universität Kaiserslautern unter Anleitung von Prof. Dr. Artur Widera September 2016

1. Gutachter: Prof. Dr. Artur Widera 2. Gutachter: Prof. Dr. Herwig Ott

Zusammenfassung Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Diffusion einzelner ultrakalter Atome in einem periodischen Potenzial, hier ein optisches Gitter. Die Diffusion wird durch ein zusätzliches Lichtfeld bestimmt, welches gleichzeitig für eine Dämpfung der Bewegung sorgt. Im ersten Teil wird mit diesem System die Kramers-Rate untersucht. Die Kramers-Rate macht eine Aussage, wie schnell ein Teilchen, in Abhängigkeit einer externen Dämpfung, eine gewisse Potenzialbarriere überwindet. Dazu wird ein ultrakaltes Caesium (Cs) Atom in einem optischen Gitter gefangen. Dieses bietet die Möglichkeit der Anpassung der Potenzialbarriere zwischen den einzelnen Gitterplätzen. Wird nun für je eine Einstellung der Potenzialbarriere nach unterschiedlichen Zeiten der Anteil an Atomen bestimmt, die ihren Gitterplatz verlassen haben, kann daraus die Kramers-Rate bestimmt werden. Diese kann nun durch das Lichtfeld und die Potenzialbarriere kontrolliert werden. Dabei wird ein Parameterbereich gewählt, der es erlaubt, Bereiche starker bis schwacher Dämpfung zu untersuchen. Des Weiteren wird in einem zweiten Teil mit dem gleichen System die Diffusion der Atome in einem zeitlich modulierten Potenzial betrachtet. Dabei wird experimentell der Einfluss auf die Sprungweitenverteilung innerhalb einer bestimmten Zeit bei verschiedenen Modulationen untersucht. Zusätzlich wurden Simulationen durchgeführt. Diese zeigen eine gute Übereinstimmung mit dem Experiment, können aber auch Aussagen über die Möglichkeiten der Messungen hinaus treffen. Dabei wurden für alle untersuchten Parameter exponentielle Verteilungen für die Sprungweitenverteilung festgestellt. In den Simulationen konnte für den Fall einer starken Modulation der Übergang von sub- zu super-diffusivem Verhalten der mittleren quadratischen Verschiebung gezeigt werden. v

Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 1 2. Experimentelle Methoden 3 2.1. Einordnung in das bestehende Experiment................ 3 2.2. Kühlen und Fangen einzelner Atomen.................. 4 2.3. Atome im periodischen Potenzial..................... 8 2.4. Fluoreszenz Abbildung........................... 10 2.4.1. Bestimmung der Atomposition.................. 11 3. Kramers-Rate 13 3.1. Theorie................................... 13 3.1.1. Überdämpfter Fall......................... 14 3.1.2. Unterdämpfter Fall......................... 15 3.2. Experiment................................. 15 3.2.1. Messbereich............................. 16 3.2.2. Temperaturmessung........................ 17 3.2.3. Sequenz............................... 20 3.3. Ergebnisse.................................. 22 4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen 27 4.1. Theorie................................... 27 4.1.1. Langevin-Gleichung........................ 27 4.1.2. Simulation der Langevin-Gleichung................ 28 4.1.3. Lévy-Statistik............................ 29 4.2. Experiment................................. 30 4.2.1. Sequenz............................... 30 4.2.2. Erweiterung des Beobachtungsbereiches............. 31 4.3. Ergebnisse.................................. 32 4.3.1. Ergebnisse der Simulation..................... 37 5. Zusammenfassung und Ausblick 49 A. Vollständige Sequenzen 51 A.1. Kramers................................... 51 vii

Inhaltsverzeichnis A.2. Diffusion................................... 52 B. Weitere Messdaten 55 B.1. Simulationen................................ 55 Literaturverzeichnis 63 Abbildungsverzeichnis 69 Tabellenverzeichnis 73 viii

1. Einführung Diffusion spielt in vielen Gebieten der Naturwissenschaften eine wichtige Rolle. Zuerst entdeckte Brown 1828 die Bewegung von Pollen in Öl [Bro28b, Bro28a]. Eine genauere theoretische Betrachtung von Einstein wurde 1905 eingeführt [Ein05] und durch Smoluchowski und Langevin erweitert [Smo06, Lan08, FK05]. Diffusion wird heutzutage auch in einer Vielzahl von Gebieten der Wissenschaften betrachtet, zum Beispiel Börsenkurse oder der Verkehrsfluss können mit Modellen der der Brownschen Bewegung beschrieben werden [LCX06, Ker04]. Neben der Brownschen Bewegung, die auch als normale Diffusion bezeichnet wird, gibt es noch super- und sub-diffusive Prozesse. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie schneller, beziehungsweise langsamer, als normale Diffusion ablaufen. In diesem Zusammenhang werden häufig Lévy-Flüge beschrieben. Diese zeichnen sich besonders durch Potenz-Gesetze der Flugweiten aus, die gegenüber normaler Diffusion große Distanzen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit erlauben [ZDK15]. Eine weitere spannende Frage in Zusammenhang mit Diffusion in periodischen Potenzialen ist, mit welcher Rate ein Teilchen eine Potenzialbarriere überquert. Diese Rate wird Kramers-Rate genannt und ist abhängig von der Dämpfung, die das Atom erfährt [Kra40]. Damit können zum Beispiel chemische Prozesse beschrieben werden, wie eine Molekülbildung die eine gewisse Aktivierungsenergie benötigt. Zum Beispiel wurde die Kramers-Rate bei der Faltung einer menschlichen Telomer-Sequenz DNA gemessen, die in Verbindung mit der Krebs-Therapie stehen soll [LMH12]. In vielen Fällen, insbesondere in biologischen Systemen, ist nur eine Beschreibung der Diffusion möglich [MJCB14]. In dieser Diplomarbeit soll nun untersucht werden, wie das diffusive Verhalten gezielt beeinflusst werden kann. Dafür werden ultrakalte Caesium (Cs) Atome verwendet, die in einem optischen Gitter gefangen sind. Zur Beeinflussung wird dabei eine zeitliche Modulation des Potenzials gewählt. Die ultrakalten Atome werden durch Methoden der Laserkühlung realisiert, hier durch eine magneto-optische Falle (MOT) [RPC + 87]. Damit ist es möglich, die Atome bis auf einige µk zu kühlen [SDP + 90]. Eine rein thermisch bedingte Diffusion kann unterbunden werden, indem Potenziale gewählt werden, die höher sind als die Temperatur der Atome. Damit wird die Diffusion durch die dissipative Kraft der Laserkühlung bedingt. In Verbindung mit einem optischen Gitter kann nun 1

1. Einführung die Umgebung eines Teilchens vollständig kontrolliert werden. Diese ist gegeben durch eine Dämpfung die aus der Laserkühlung folgt und einem externen Potenzial. Dieses wird durch das Gitter gegeben und durch die Veränderung der Intensität der Gitterstrahlen einstellbar. Eine Einzelatomabbildung erlaubt es nun die Spur und damit die Sprungrate eines einzelnen Teilchens zu beobachten. Diese Diplomarbeit ist wie folgt aufgebaut: Kapitel 2 zeigt die experimentellen Methoden, die mit dem bereits bestehenden Aufbau verwendet werden. Kapitel 3 stellt die Messungen zur Kramers-Rate dar. Nach [Kra40] wurde diese Rate für den Fall starker und schwacher Dämpfung analytisch bestimmt. Daraus ergibt sich ein Übergangsbereich, der nicht vollständig analytisch beschrieben werden kann. Ziel ist es nun die Kramers-Rate in diesem Übergangsbereich zu messen. Kapitel 4 befasst sich mit Messungen zur Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen. Hierbei soll die Diffusion auf ihre zugrunde liegende Statistik untersucht und diese auch beeinflusst werden. Kapitel 5 soll einen Ausblick auf Perspektiven geben, die sich aufgrund dieser Diplomarbeit ergeben. 2

2. Experimentelle Methoden Das Experiment ist darauf ausgelegt die Wechselwirkung zwischen zwei Atomsorten zu untersuchen. Dafür kann ein Rubidium-Vielteilchensystem erzeugt werden, in das einzelne Cs Atome eingebracht werden können [HKG + 15, HKL + 16]. Das Experiment ermöglicht es auch, die beiden Systeme, Rubidium und Caesium, getrennt zu betrachten. In diesem Kapitel wird das bestehende Experiment beschrieben. Für diese Diplomarbeit wurden mit diesem Aufbau Messungen mit einzelnen ultrakalten Cs Atomen durchgeführt. 2.1. Einordnung in das bestehende Experiment Die Rubidium Atome können in einer MOT gekühlt [Gän12, RPC + 87] und mit einer Dipolfalle zu einem Bose-Einstein-Kondensat (BEC) kondensiert werden [HKG + 15, AEM + 95]. (a) Der Vakuum-Aufbau als CAD-Zeichnung (b) Die Glaszelle, in der das Vakuum erzeugt nach C. Weber wird; Dieses Bild wurde von F. Kindermann aufgenommen Abbildung 2.1.: Vakuum-Aufbau und Glaszelle Da dies bei Umgebungsdruck nicht funktionieren kann, da die Atome durch Stöße mit dem Hintergrundgas geheizt werden, werden die Experimente in Vakuum durchgeführt. 3

2. Experimentelle Methoden Damit wird durch Senkung der Teilchenzahl die Wahrscheinlichkeit für einen Stoß gesenkt. In einer Vakuum-Apperatur, wie in Abbildung 2.1a gezeigt, können Drücke bis 10 11 mbar erreicht werden. Eine Glaszelle, gezeigt in Abbildung 2.1b, ermöglicht einen guten optischen Zugang, sodass die Laser-Strahlen, die zum Durchführen der Laser-Kühlung und der Experimente benötigt werden, zusammen geführt werden können. Die Rubidium Atome werden in einer angeschlossenen Vakuumkammer, siehe Abbildung 2.1a linke Seite, als vorgekühlter 1D Rubidium Atomstrahl präpariert und so in die Glaszelle eingebracht [Gän12]. Damit ist es möglich, eine große Anzahl ( 10 9 ) Rubidium Atome zu einer in drei Dimensionen eingeschlossenen kalten Wolke zu kühlen. In einer Dipolfalle kann diese kalte Wolke durch evaporatives Kühlen weiter zu einem BEC kondensiert werden. Die Atome sind in einem Potenzial gefangen, dass durch Verringern der Intensität des Laser-Strahls kleiner wird. Dadurch können die heißen Atome das Potenzial verlassen und die kalten Atome verbleiben im Potenzial. Damit wird die mittlere thermische Energie, das heißt auch die Temperatur, der Atome gesenkt. Die im Rahmen dieser Diplomarbeit verwendeten Cs Atome können in einer zweiten MOT am Ort der Rubidium Atome gefangen werden [Sch14]. Da meist nur wenige bis einzelne Atome benötigt werden, können diese aus dem Hintergrundgas des Vakuums gefangen werden. Damit eine ausreichend große Menge an Cs Atomen in der Glaszelle vorhanden ist, ist ein Cs-Reservoir an das Vakuum-System angeschlossen [Gän12]. Aus diesem kommen aber nur so viele Teilchen in das Vakuum, dass die Rubidium Atome nicht durch zufällige Stöße das Potenzial verlassen. Zur Untersuchung der Wechselwirkung kann ein speziesselektives optisches Gitter zum Fangen und ortsaufgelöstem Abbilden der Cs-Atome verwendet werden [HKL + 16]. Dieses kann auch als Förderband zum Einbringen der Cs-Atome in das Rubidium genutzt werden [HKG + 15]. Die Realisierung des Gitters für dieses Experiment ist beschrieben in [May14]. Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Dynamik einzelner ultrakalter Atome in einem periodischen Potenzial, hier das optisches Gitter. Im Folgenden wird somit nur auf Caesium eingegangen. 2.2. Kühlen und Fangen einzelner Atomen In diesem Abschnitt wird gezeigt, wie einzelne Cs Atome mit einer MOT gekühlt und gefangen werden können. Zum Kühlen werden sechs Laserstrahlen benötigt, wovon jeweils zwei gegenläufig sind und jeweils ein Paar senkrecht zu den anderen steht. Dabei 4

2.2. Kühlen und Fangen einzelner Atomen werden die Atome durch Doppler- und Subdoppler-Mechanismen gekühlt, das heißt die Atome erfahren eine geschwindigkeitsabhängige dämpfende Kraft F = m Cs γv mit der Dämpfungskonstanten γ, der Geschwindigkeit der Atome v und m Cs der Masse der Atome. Dies folgt aus der dissipativen Kraft F diss = kγ s 0 1 + s 0 + (2δ eff /Γ ) 2 (2.1) dabei ist das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum, k = 2π/λ der Wellenvektor mit λ der Wellenlänge der Laserstrahlen, s 0 = I/I s mit I der Intensität der Laserstrahlen und I s der Sättigungsintensität des zur Kühlung verwendeten Übergangs, Γ die Zerfallsrate des Übergangs und δ eff = δ kv ist die aufgrund der Dopplerverschiebung geschwindigkeitsabhängige effektive Verstimmung mit δ der Verstimmung der Kühl-Strahlen für v = 0. Für jeweils ein Strahlenpaar ergibt sich eine Gesamtkraft F ges = F (+) + F ( ), wobei (+) und ( ) für die entgegenlaufenden Strahlen stehen. Die Linearität der Kraft folgt aus einer Näherung für kleine Geschwindigkeiten, das heißt kv Γ. Diese Näherung kann in dem Bereich der hier betrachten kinetischen Energien als berechtigt angenommen werden. Somit gilt für die Dämpfung γ = k2 m Cs 8s 0 (δ/γ ) (1 + s 0 + (2δ/Γ ) 2) 2 (2.2) [MS99]. In Abbildung 2.2 ist die Dämpfungskonstante γ gegen die Verstimmung δ aufgetragen. Mit Änderung der eingestrahlten Intensität ändert sich auch die Position und Höhe des Maximums der Dämpfungskonstanten. Für die maximale Dämpfung ergibt sich nach [MS99] γ max = k 2 /4m Cs. (2.3) Bei Temperaturen deutlich kleiner als die Doppler-Temperatur des hier verwendeten Übergangs, 124,39 µk, das heißt im Subdoppler-Fall, gilt, bedingt durch die Sisyphus- Kühlung, für die Dämpfung γ = k2 δ (2.4) 2m Cs Γ [MS99]. Ändern der Verstimmung δ und der Intensität I der Kühl-Strahlen bestimmt durch die veränderte Dämpfung die Temperatur der Atome [SDP + 90]. Der hier betrachtete Übergang zur Laserkühlung ist der Übergang 6 2 S 1/2 6 2 P 3/2 mit den Hyperfeinzuständen F = 4 F = 5 der Atome des Isotops 133 Cs. Die Energie dieses Übergangs entspricht einer Wellenlänge λ = 852 nm. Die Verstimmung 5

2. Experimentelle Methoden Abbildung 2.2.: Dämpfungskonstante γ gegen die Verstimmung δ für verschiedene s 0 δ der Kühl-Strahlen wird relativ zu diesem angegeben. Aufgrund spontaner Emission können Atome in den Hyperfeinzustand F = 3 zerfallen und somit nicht mehr durch die Kühl-Strahlen gekühlt werden. Dafür gibt sechs weitere Strahlen, die mit den Kühl-Strahlen überlagert sind, die den Übergang F = 3 F = 5 anregen, um diese Atome wieder in den Kühlkreislauf zu bringen. Die Verstimmung kann durch einen akusto-optischen Modulator (AOM) 1 in Doppelpasskonfiguration eingestellt werden. Dabei wird durch Stöße der Photonen der Laserstrahlen mit akustischen Phononen des AOM die Frequenz des Lichtes und somit die Verstimmung zum Übergang geändert. Die maximale Verstimmung ist durch die doppelte Bandbreite von 2 2π 50 MHz des AOM begrenzt. Eine detaillierte Beschreibung des Aufbaus findet sich in [Sch14]. Da durch die Kühl-Strahlen nur eine dämpfende Wirkung auf die Geschwindigkeit erzielt wird, wodurch die Temperatur kleiner wird, aber ein Einschluss im Ort nicht gegeben ist, wird eine zusätzliche ortsabhängige Kraft benötigt. Diese wird durch einen Magnetfeldgradienten realisiert. Damit ergibt sich aufgrund des Zeeman-Effekts eine ortsabhängige Verschiebung der Energieniveaus, sodass die äußeren Atome eine stärkere Kraft in Richtung des Magnetfeldminimums erfahren und somit in der MOT gehalten werden. Durch Nutzen eines hohen Gradienten von etwa 300 G/cm ergibt sich ein sehr kleines MOT-Volumen. Darin kann nun ein Atom gefangen und abgebildet 1 Der AOM ist das Modell 3200-125 der Firma Crystal Technology, Inc. (heute Gooch&Housego) [Goo11] 6

2.2. Kühlen und Fangen einzelner Atomen (a) Das Ladeverhalten einer MOT; Blau: Zähl-(brate der Kamera, die dem Helligkeitssignal me Atomzahl auftritt für eine typische Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestim- entspricht, über die Zeit dargestellt; Rot: Messreihe; Blau: Die experimentellen Daten; Rot: Vergleich mit einer Poisson- die entsprechenden Atomzahlen Verteilung um den Mittelwert Abbildung 2.3.: Ladekurve der MOT werden, mit einer geringen Wahrscheinlichkeit ein weiteres Atom zu fangen. Dabei bedeutet eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich Zeiten von > 1 s ergeben, das ein weiteres Atom in der MOT gefangen wird. Diese Zeiten reichen aus um ein in der MOT gefangenes Atom abzubilden. Damit nun aber die Zeit verringert wird, bis ein Atom in der MOT gefangen wird, wird der Gradient erst dann erhöht, wenn im statistischen Mittel ein Atom in der MOT gefangenen wurde. Diese Ladezeit kann angepasst werden um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen ein Atom zu fangen oder, wenn benötigt, auch mehr als ein Atom zu fangen. Ladezeiten von 0,1 s ergeben typischerweise die besten Wahrscheinlichkeiten ein einzelnes Atom zu laden. Die Wahrscheinlichkeit ist dabei begrenzt durch die statistische Verteilung der geladenen Atome. Diese entspricht einer Possion-Verteilung. Durch diese ergibt sich ein Maximum von 38 % ein einzelnes Atom zu fangen. Aus der Abbildung der MOT kann die Atomzahl bestimmt werden. Dabei wird das Helligkeitssignal der MOT in einer Aufnahme bestimmt. Da dies für jedes Atom um den gleichen Wert steigt, ergeben die Stufen in diesem Signal die Atomzahl, siehe Abbildung 2.3a. Mit diesem Verfahren werden zu jeder Messung die Bilder ausgesucht, in denen genau ein Atom in der MOT gefangen wurde. Alle anderen Bilder werden nicht zur Auswertung verwendet, da entweder kein Atom gefangen wurde oder mehr als ein Atom gefangen wurde und bei diesen eine eindeutige Zuordnung bei der Bestimmung der Sprungweite nicht möglich ist. 7

2. Experimentelle Methoden In Abbildung 2.3b wird für eine repräsentative Messreihe 2 die Wahrscheinlichkeit bestimmt, wie oft eine Atomzahl in der MOT zu Beginn einer Messung auftritt. Aus diesen MOT-Bildern lassen sich die Messungen auswählen, in denen nur ein Atom in der MOT geladen wurde. Für diese Messreihe ergibt nun eine an die Daten angepasste Possion-Verteilung einen Erwartungswert und somit eine mittlere Atomzahl von 1,1 Atomen pro Messung. 2.3. Atome im periodischen Potenzial Atome können auch in einem Dipolpotenzial gefangen werden U dip ( r) = 3πc2 0 2ω 3 0 Γ I( r), (2.5) δ das von der Intensität I des Lasers am Ort r abhängt, mit c 0 der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit, ω 0 der Frequenz des Übergangs, δ der Verstimmung und Γ der Zerfallsrate. Dieses ergibt sich aus der Betrachtung des Atoms als Oszillator in einem klassischen Strahlungsfeld. Dabei erzeugt das Elektrische Feld E des Laserlichtes ein atomares Dipolmoment d. Dabei gilt d = αẽ, wobei d die Amplitude des Dipolmoments und Ẽ die Amplitude des Feldes ist. Die komplexe Polarisierbarkeit lässt sich bestimmen als α = 6πε 0 c 3 Γ/ω0 2 0 ω0 2 ω2 i ( ω 3 /ω0) 2 Γ mit ε 0 der Permittivität des Vakuums, ω der Frequenz des Laserlichtes. Das Potenzial folgt nun aus U dip = 1 d E = 1 Re(α)I, 2 2ε 0 c 0 wobei ein Zeitmittel bedeutet [GWO00]. Damit kann nun auch ein periodisches Potenzial erzeugt werden [MGW + 03]. Dieses ist hier ein eindimensionales optisches Gitter und wurde im Rahmen einer vorherigen Diplomarbeit in dieser Arbeitsgruppe aufgebaut [May14]. Es besteht aus zwei gegenläufig ausgerichteten Atomstrahlen, die aufgrund der Interferenz der Strahlen eine stehende Welle bilden, das heißt sie haben eine sinusförmige Intensitätsverteilung I(x) mit x dem Ort entlang der Gitterstrahlen. So können die Atome durch Dipolkräfte in einem Potenzialminimum, vergleiche Gleichung 2.5, gefangen werden. Dies bietet einen starken räumlichen Einschluss entlang der Gitterstrahlen, da sich ein Abstand der Gitterplätze mit λ/2 ergibt. Die Wellenlänge λ = 790 nm wird so gewählt, dass das Potenzial für Rubidium verschwindet [SMH + 16]. Damit ist es möglich, gleichzeitig 2 Diese Messreihe besteht aus 3328 Messungen, in der jeweils eine MOT geladen wurde. 8

2.3. Atome im periodischen Potenzial Tabelle 2.1.: Fallenfrequenzen des optischen Gitters bei niedrigster und höchster Potenzialbarriere Potenzialbarriere U Fallenfrequenzen ω k B 40 µk 2π 90 khz k B 854 µk 2π 414 khz Rubidium Atome zu kühlen und Caesium Atome im Gitter zu fangen und in das Rubidium-System zu transportieren, um die Wechselwirkung der beiden Atomsorten zu untersuchen. Die Wahl der Wellenlänge ergibt eine Blauverstimmung 3 für die Cs Atome. Dies bedeutet, dass die Atome in den Intensitätsminima des Gitters gefangen werden können. Damit gibt es aber kein Einschluss senkrecht zu den Gitterstrahlen [May14]. Durch eine weitere rotverstimmte 4 Dipolfalle, die das Gitter überlagert, ist auch ein Einschluss senkrecht zu den Gitterstrahlen möglich. Durch das Gauß-Profil der Dipolfalle gibt es einen weiteren Einschluss entlang der Gitterstrahlen. Mit einer Rayleigh-Länge z 0 = 1,42 mm ist dieser deutlich Größer als für einen Gitterplatz [May14]. Mit der weiteren Dipolfalle definiert sich nun eine Gitterachse entlang der Gitterstrahlen. Mit dem Gitter lässt sich eine Höhe der Potenzialbarriere zwischen den Gitterplätzen von bis zu k B 854 µk erreichen [May14]. Dies ist viel höher als die Atomtemperaturen T Cs < 100 µk, sodass die Atome nicht ausreichend thermische Energie haben um über die Potenzialbarriere zu gelangen und somit auf einem Gitterplatz fixiert sind. Ändern der Laserleistung und somit der Intensität ermöglicht ein gezieltes Anpassen der Höhe der Potenzialbarriere. Mit kleiner werdender Potenzialbarriere steigt nun die Wahrscheinlichkeit, dass ein Atom über diese springt. Wenn die Atome in einem Gitterplatz gefangen sind, oszillieren sie entlang der Gitterachse mit Fallenfrequenzen ω = 2π 2U (2.6) λ m Cs mit m Cs der Cs-Masse, λ der Wellenlänge der Gitterstrahlen und U der Höhe der Potenzialbarriere. Die Fallenfrequenzen sind die Näherung eines harmonischen Oszillators an das Fallenpotenzial. In Tabelle 2.1 sind die Fallenfrequenzen für die niedrigste genutzte und höchste mögliche Potenzialbarriere angegeben. 3 Eine Verstimmung der Laser zu höheren Frequenzen, beziehungsweise Energien, als der entsprechende Übergang, das heißt δ < 0 4 Verstimmung zu kleineren Energien als der entsprechende Übergang, das heißt δ > 0 9

2. Experimentelle Methoden Das Gitter ist mit der MOT zur Optimierung des Umladens eines Atoms aus der MOT in das Gitter überlagert. Die Überlagerung der MOT mit dem Gitter wird vor jeder Messreihe untersucht und optimiert. Damit wird sichergestellt, dass das Atom, das in der MOT geladen wurde mit höherer Wahrscheinlichkeit im Gitter gefangen werden kann. Dazu wird eine Abbildung der MOT mit und ohne optisches Gitter verglichen. Die Güte der Überlagerung des Gitters zeigt sich durch eine Änderung der Helligkeit der MOT. Diese folgt aus dem AC-Stark-Effekt, der durch eine Verschiebung der Energieniveaus die Streurate ändert. Auf die gleiche Weise wird auch die Überlagerung des Gitters mit der Dipolfalle überprüft und eingestellt [HKG + 15]. Damit können über 80 % der Atome, die in einer MOT geladen werden, in das Gitter geladen werden. 2.4. Fluoreszenz Abbildung Zur Detektion der einzelnen Atome wird eine Fluoreszenz Abbildung verwendet. Dabei wird das Streulicht, welches von dem zum Kühlen benutzten Übergang ausgesendet wird, auf eine Kamera (Andor ixon 3 897) abgebildet. Diese Kamera besitzt eine Elektronen-Verstärkungs-Stufe. Mit dieser kann das Signal eines einfallenden Photons so weit verstärkt werden, dass es möglich ist, das Auftreffen eines einzelnen Photons zu detektieren. Erst dadurch wird es ermöglicht, ein einzelnes Atom abzubilden. Dafür wird das Streulicht senkrecht zu den Gitterstrahlen über ein Objektiv mit einer numerischen Apertur NA = 0,36 und einer Brennweite f Obj = 30,3 mm und eine Abbildungslinse mit einer Brennweite f Abb = 1000 mm auf die Kamera fokussiert. Das System hat eine Vergrößerung f Abb /f Obj = 33. Mit einer µm-verschiebebühne kann das Objektiv eingestellt werden, sodass die Atome genau in der Fokus-Ebene liegen und somit scharf abgebildet werden. Der vollständige Aufbau zur Abbildung ist in [Sch14, Eck16] beschrieben. Die Abbildung findet bei annähernd maximaler Potenzialbarriere statt. Dies ermöglicht eine Abbildungszeit von mehr als einer Sekunde, ohne dass ein Atom seinen Gitterplatz verlässt. Für die Abbildungszeit muss auch die Photonenstreurate s 0 Γ/2 Γ Streu = 1 + s 0 + (2δ/Γ ) 2, (2.7) nach [MS99] berücksichtigt werden, mit s 0 = I/I s, wobei I die Intensität der Kühl- Strahlen und I s die Sättigungsintensität ist, Γ der Zerfallsrate und δ der Verstimmung. Die Photonenstreurate nimmt somit bei größerer Verstimmung δ ab. Zum Erreichen kurzer Abbildungszeiten von einigen 100 ms wird eine entsprechend große Streurate benötigt, damit das Signal der gestreuten Photonen größer wird als das Rauschlevel des Hintergrundlichtes und der Kamera. Dafür kann die Verstimmung während der Abbildungszeit angepasst und somit die Messzeit optimiert werden. 10

2.4. Fluoreszenz Abbildung Abbildung 2.4.: Fluoreszenz Abbildung eines einzelnen Cs-Atoms im optischen Gitter Mit einem solchen Bild, wie in Abbildung 2.4 gezeigt, kann die Position der Atome bestimmt werden. Darin ist das Atom als roter Bereich in der Mitte zu erkennen. Für dieses Bild ist eine Intensität I = 11 W/m 2 und eine Verstimmung δ = 2π 27 MHz der Kühl-Strahlen verwendet worden. Damit ergibt sich eine Streurate Γ Streu = 149 khz. Nach [Sch14] können nur etwa 3,35 % der gestreuten Photonen mit dem Objektiv aufgesammelt werden. Das heißt in 100 ms werden etwa 500 Photonen abgebildet. Dabei wurden in dieser Abschätzung die Verluste durch das Abbildungssystem nicht berücksichtigt. 2.4.1. Bestimmung der Atomposition Zur Bestimmung der Atomposition werden die Pixelwerte, welche der gemessenen Helligkeit auf diesem Pixel entsprechen, des Fluoreszenzbildes vertikal aufsummiert. Auf ein Pixel werden mit der gegebenen Vergrößerung des Objektives 0,48 µm abgebildet. Dabei wird nur ein vertikaler Bereich von etwa 25 Pixeln um den Ort, an dem sich ein Atom im Gitter aufhalten kann, berücksichtigt. Dieser Bereich ist gegeben durch den Einschluss senkrecht zur Gitterachse durch die das Gitter einschließenden Dipolfalle. Damit ist sichergestellt, dass das Atom vollständig erfasst wird, ohne ein störendes Rauschen in das Signal mit einfließt. Für eine weitere Verbesserung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses werden die Bilder mit einem Fringeremover bearbeitet [Eck16, OTSW10]. Dieser entfernt durch Vergleiche mit Bildern, auf denen kein Atom aufgenommen wurde, gleichmäßige Muster, die durch die Abbildungsstrahlen auf der Kamera entstehen. Das Rauschen, das nicht entfernt werden kann, wird so skaliert, dass der Mittelwert um die Null verteilt ist. Nun kann das Maximum des vertikal summierten Signals, welches der gestreuten Anzahl an Photonen eines Atoms entspricht, als Position des Atoms bestimmt werden. Dieses Signal wird zur weiteren Rauschunterdrückung mit einen Gauß-Filter 5 geglättet und ist in Abbildung 2.5 als rote Linie dargestellt. Überschreitet das Maximum einen Grenzwert, der so gewählt wird, dass er über dem Rauschlevel liegt, wird ein Atom 5 Hier wird die Funktion gaussian_filter1d aus dem python Paket scipy.ndimage.filters verwendet 11

2. Experimentelle Methoden Abbildung 2.5.: Rot: Vertikal aufsummiertes Signal eines einzelnen Cs-Atoms über die Position auf der Kamera in Pixeln; Orange: Die senkrechte Linie gibt die Atomposition an. Darunter ist das Kamerabild des zugehörigen Atoms dargestellt; Blau: Grenzwert zur Abgrenzung des Signals zum Rauschen gezählt. Der Grenzwert ist durch die blaue Linie gekennzeichnet. Die Position des Maximums definiert die Atomposition und ist durch die senkrechte orange Linie gekennzeichnet. Die in diesem Kapitel vorgestellten Methoden können nun zur Messung der Kramers- Rate und der Diffusion in zeitlich Modulierten Potenzialen genutzt werden. 12

3. Kramers-Rate Die Kramers-Rate gibt eine Frequenz an, mit der ein Teilchen eine Potenzialbarriere überwindet. Diese Rate hängt von verschiedenen Parametern ab, zum Einen der Höhe der Potenzialbarriere im Vergleich zu der Temperatur der Teilchen, zum Anderen von der Form des Potenzials und der Dämpfung die auf die Teilchen wirkt. Dieses Modell kann wie hier auf Atome mit der Potenzialbarriere des optischen Gitters angewendet werden, aber auch zum Beispiel auf chemische Stoffe die eine Aktivierungsenergie benötigen um zu reagieren [Kra40]. Hierbei kann auch mehr als 50 Jahre nach der ersten Veröffentlichung nur für den Fall starker und schwacher Dämpfung eine analytische Lösung angegeben werden [HTB90, Kra40]. Mit diesem Experiment soll nun neben den Fällen starker und schwacher Dämpfung auch der Übergangsbereich zwischen starker und schwacher Dämpfung untersucht werden. 3.1. Theorie Hier werden nun die Berechnungen für den Fall starker Dämpfung, auch überdämpfter Fall genannt, und schwacher Dämpfung, auch unterdämpfter Fall genannt, durchgeführt sowie die Parameter festgelegt, die zum Messen des Übergangsbereich benötigt werden. In einem Potenzial, wie in Abbildung 3.1a dargestellt, befinden sich Teilchen an Stelle A. Die Kramers-Rate gibt nun die Frequenz an, mit der die Teilchen Stelle A zu Stelle B verlassen [Kra40]. Dabei bezieht sich die hier angewendete Theorie auf ein Potenzial ohne plötzlichen Sprung oder Knick, das heißt, dass die Form des Potenzials vollständig durch eine differenzierbare Funktion beschrieben werden kann. Hier soll nun der Fall betrachtet werden, dass die Temperatur T der Atome deutlich kleiner ist als eine Potenzialbarriere U/k B. Das heißt, es kann nur noch ein vernachlässigbarer Teil der Atome thermisch über die Potenzialbarriere springen. Da nun die Atome durch eine dissipative Kraft gekühlt werden, heißt das aber auch, dass sie Photonenstöße erfahren. Durch diese ergibt sich eine Brownsche Bewegung des Teilchens im Potenzial. Somit kann nun auch ein Atom über die Potenzialbarriere 13

3. Kramers-Rate (a) Ursprüngliche Potenzialform bei der Berechnung der Kramers-Rate (b) Notation zum optischen Gitter Abbildung 3.1.: Darstellung verschiedener Potenziale zur Bestimmung der Kramers- Rate springen, das dafür eigentlich nicht genug thermische Energie hat. Die Zeit t esc, in der erwartetet wird, das ein solches Teilchen die Potenzialbarriere überspringt, ist die inverse Kramers-Rate 1/r und wird durch die Potenzialbarriere und Dämpfung bestimmt, die aus der dissipativen Kraft folgt. In diesem Abschnitt gelten, wie in Abbildung 3.1b dargestellt, folgende Notationen: Die Dämpfung γ gilt hier für Subdoppler-Kühlung nach Gleichung 2.4. Die Fallenfrequenz ω gilt in einem Gitterplatz, wegen der Periodizität des Gitters aber auch am Maximum einer Potenzialbarriere. Die Höhe der Potenzialbarriere ist U. T ist die Temperatur des Cs-Atoms und k B ist die Boltzmann-Konstante. Dabei werden Temperaturen mit T 20 µk viel kleiner als die Doppler-Temperatur angenommen. 3.1.1. Überdämpfter Fall Der überdämpfte Fall gilt nach [HTB90] unter der Bedingung Damit folgt nach [Kra40] für die Kramers-Rate γ ω k BT U. (3.1) r = 2πω2 γ e U/T. (3.2) 14

3.2. Experiment Mit steigender Dämpfung γ nimmt die Kramers-Rate ab. Das heißt, dass die Atome stärker gedämpft werden und somit mehr Zeit vergeht, bis sie das erste Mal ihren Gitterplatz verlassen. 3.1.2. Unterdämpfter Fall Im unterdämpften Fall muss nach [HTB90] gelten Damit folgt nach [Kra40] für die Kramers-Rate γ ω k BT U. (3.3) r = γ U T e U/T. (3.4) Diese wird für kleiner werdende Dämpfungen γ entsprechend kleiner. Dieses Verhalten folgt aus der dissipativen Eigenschaft der Dämpfung. Ist diese nicht vorhanden, erhalten die Atome nicht genug Energie durch zufällige Photonenstöße, um die Potenzialbarriere zu Überspringen und damit den Gitterplatz zu Verlassen. 3.2. Experiment Zur Messung der Kramers-Rate ist es wichtig, dass alle Parameter genau kontrolliert werden können. Dies ist mit dem in Kapitel 2 beschriebenen Aufbau möglich. In diesem Abschnitt wird gezeigt, wie die Kramers-Rate gemessen werden kann. Dazu wird als Potenzialbarriere ein optisches Gitter verwendet. Mit der hier vorliegenden Periodizität des optischen Gitters, vergleiche Abbildung 3.1b, kann ein Teilchen, hier das Cs Atom, das seinen Gitterplatz verlässt, in einem anderen wieder gefangen und abgebildet werden. Durch Variieren der Zeit kann beobachtet werden, bei welcher Zeit t esc die Atome verstärkt anfangen ihren Gitterplatz zu verlassen, das heißt, der Erwartungswert zum Verlassen eines Gitterplatzes erreicht ist. Diese Zeit ist invers zu der gesuchten Kramers-Rate. Eine statistische Aussage aufgrund der Verteilung dieser Zeiten über alle Atome kann durch entsprechend viele Wiederholungen getroffen werden. Für diese Messungen werden folgende zwei Annahmen getroffen. Erstens, ein Atom, das zwischen zwei Bildern mindestens einmal gesprungen ist, hat innerhalb der beobachteten Zeit eine vernachlässigbare Wahrscheinlichkeit auf seinen ursprünglichen Gitterplatz zurück zu springen. Zweitens, ein Atom, das sein Gitterplatz verlässt, 15

3. Kramers-Rate Abbildung 3.2.: Veranschaulichung des über- und unterdämpften Bereiches mit möglichen Messpunkten bei konstanter Verstimmung δ und Temperatur T wird mindestens drei Gitterplätze entfernt gefangen. Die zweite Annahme ist dem begrenzten Auflösungsvermögen der Kamera geschuldet, die es nur erlaubt die Atomposition auf drei Gitterplätze genau zu bestimmen. Es hat sich aber gezeigt, dass im Bereich großer Sprungraten die Atome dies erfüllen, sodass hier der Fehler als klein angenommen werden kann. Es gibt aber Bestrebungen durch numerische Methoden die Positionsbestimmung Gitterplatz-genau vorzunehmen [Eck16, KFC + 09]. Beide Annahmen könnten zu einer leichten Unterschätzung der eigentlichen Kramers-Rate führen. 3.2.1. Messbereich Wie in Kapitel 2 gezeigt worden ist, sind die Parameter nicht unabhängig einstellbar. Es gelten die Abhängigkeiten γ(δ), T (δ), ω(u), wobei δ die Verstimmung der Kühl- Strahlen ist. Das Messen der Temperatur, wie in Unterabschnitt 3.2.2 beschrieben, ist sehr aufwendig. Im Vergleich dazu kann die Höhe der Potenzialbarriere sehr einfach eingestellt werden. Ebenso können die Fallenfrequenzen genau berechnet werden. Aus diesen Gründen wird eine Verstimmung und somit Temperatur aber auch Dämpfung für alle Messungen zur Kramers-Rate eingestellt. Mit dieser Verstimmung, kann durch Ändern der Potenzialbarriere der Übergang zwischen über- und unterdämpften Fall gemessen werden. In Abbildung 3.2 ist der unter- und überdämpfte Bereich durch die rote Linie, bei der nach Gleichung 3.1 und 3.3 gilt γ/ω = k B T/U, getrennt dargestellt. Mit der blauen Linie werden die Punkte überfahren, bei der mit der entsprechenden Verstimmung δ durch Ändern der Potenzialbarriere U die Kramers-Rate gemessen 16

3.2. Experiment werden kann. Der Schnittpunkt mit der roten Linie gibt den Übergang zwischen dem über- und unterdämpften Bereich an. Die Potenzialbarriere muss dabei mindestens so hoch gewählt werden, dass sie höher ist als die Atomtemperatur, das heißt es muss gelten k B T < 1. (3.5) U Die obere Begrenzung ist dabei die maximale Höhe der Potenzialbarriere. Für die in diesem Kapitel beschriebenen Messungen zur Kramers-Rate wurde sich nun für eine Verstimmung δ = 2π 60 MHz entschieden. Damit ist es möglich den Übergangsbereich zu überschreiten, ohne zu hohes Verstellen der Verstimmung. Zu hoch bedeutet hier, dass der AOM außerhalb seiner Spezifikation betrieben wird und nicht genug Leistung transmittieren kann. Dabei wurde angenommen, dass Temperaturen von T = 10 µk erreicht werden können. Mit größeren Verstimmungen, was auch eine stärkere Dämpfung und ebenso kleinere Temperaturen zur Folge hätte, wäre es möglich den überdämpften Bereich weiter zu vermessen. In Abbildung 3.2 ist neben den Verwendeten Parametern der Effekt durch eine höhere Verstimmung und durch eine tiefere Temperatur auf die möglichen Messpunkte dargestellt. Dies zeigt, dass beide Effekte zu einer weiteren Überschreitung des Grenzbereiches hin zu dem überdämpften Fall führen. Das Zusammenspiel dieser Effekte könnte dazu benutzt werden, einen besseren Kontrast zwischen unter- und überdämpften Fall zu erzeugen. Damit könnte die Veränderung im Übergangsbereich im Vergleich zu diesen beiden Fällen deutlicher dargestellt werden. Zur Messung der Kramers-Rate wurde folgender Parametersatz gewählt: Für die Kühl-Strahlen eine Verstimmung δ = 2π 60 MHz und eine Intensität pro Strahl I = 25 W/m 2 und für das Gitter Potenzialbarrieren U von k B 40 µk bis k B 704 µk. Die niedrigste Potenzialbarriere ist somit immer noch zweifach größer als die Atomtemperatur. 3.2.2. Temperaturmessung Um die Temperatur der Atome zu bestimmen, können die Breiten der abgebildeten Atome, die proportional zur Wurzel der Temperatur sind, genutzt werden. Die Atome werden nun bei den für die Ratenbestimmung verwendeten Parametern für Leistung und Verstimmung abgebildet. Hierfür wird aufgrund der Verstimmung von 2π 60 MHz geringen Photonenstreurate, siehe Gleichung 2.7, eine Abbildungszeit von 1,5 s gewählt. Die Potenzialbarriere des Gitters, die keine Auswirkung auf die Temperatur hat, kann möglichst hoch gewählt werden, um ein Springen während der Abbildung zu vermeiden. Um den Einfluss durch das Verstellen der Parameter, das in Unterabschnitt 3.2.3 erklärt wird, zu berücksichtigen, werden zwei Bilder nach einer MOT 17

3. Kramers-Rate (a) Das horizontal summierte Signal eines (b) Die wie in (a) bestimmten Breiten in Temperaturen umgerechnet und gegen Ω Bildes, mit Nutzung des Fringeremovers nach Unterabschnitt 2.4.1, zur Bestimmung der Temperatur; Ein gaußförmiger 2 /δγ aufgetragen; Rot: Unkorrigierte Daten; Grün: Mit Korrektur nach Gleichung 3.7; Fit ergibt hier beispielsweise eine Breite Blau: Gerade zur Skizzierung der Theorie σ = 4,8 ± 0,3 Pixel nach [SDP + 90] Abbildung 3.3.: Bestimmung der Atomtemperatur aufgenommen. Dafür wird die Verstimmung und Leistung der Kühl-Strahlen nach dem ersten Bild, in dem die Breiten der Atome gemessen werden, auf die Parameter gestellt, die später zur Abbildung verwendet werden sollen. Anschließend wird für das zweite Bild wieder die Leistung und Verstimmung wie für die Ratenbestimmung eingestellt. In diesem werden nun erneut die Breiten der Atome gemessen. Die Potenzialbarriere des Gitters wird währenddessen konstant gehalten, damit die Atome auf ihren Gitterplätzen gehalten werden. Da hier nicht auf Einzelatom-Abbildung geachtet werden muss, können für eine Erhöhung der Statistik Bilder mit mehr als einem Atom verwendet werden. Damit die Anzahl an Atomen bei gleicher Anzahl an Abbildungen erhöht wird, wurde die Ladezeit der MOT vergrößert. Damit wird zur zeit-effizienteren Messung das Aufnehmen von Bildern ohne Atome vermieden. Nun wird im Bereich eines Atoms das Kamera- Signal horizontal und somit entlang des Gitters aufsummiert. Zur Bestimmung der mittleren Breite werden die summierten Signale, die je einem Atom entsprechen, für alle Atome eines Bildes summiert. Dabei wird ausgenutzt, dass das summieren zweier gaußförmiger Funktionen gleicher Breite eine gaußförmige Funktion mit gleicher Breite ergibt. Ein Beispiel für ein solches summiertes Signal ist in Abbildung 3.3a dargestellt. Dies ergibt die Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit in der das Gitter einschließenden Dipolfalle [May14], da an Orten, an denen sich das Atom 18

3.2. Experiment Abbildung 3.4.: Definition der x-richtung entlang der Gitterachse für σ x und der y-richtung senkrecht zur Gitterachse für σ y insgesamt länger aufhält entsprechend mehr Photonen gestreut werden und somit das Signal stärker wird. Die thermische Energie, somit auch die Temperatur, bestimmt nun die Breite der Aufenthaltswahrscheinlichkeit, da heißere Teilchen sich weiter in dem Potenzial verteilen können. Die Breite σ der Verteilung wird mittels eines gaußförmigen Fits ( f(y) = α exp (y y 0) 2 ) 2σ 2 + c mit y dem Ort, y 0 dem Ort des Maximums der Verteilung, α der Amplitude und c einer Verschiebung der Zählrate von 0 bestimmt. Die Temperatur T lässt sich nun aus dem Mittel der Breiten σ dieser Verteilungen mit T = m Csω 2 σ 2 k B (3.6) berechnen, wobei m Cs die Cs-Masse, ω die Fallenfrequenz der Dipolfalle senkrecht zu den Gitterstrahlen und k B die Boltzmann-Konstante ist. Aufgrund der begrenzten Auflösung des Objektives muss ein Korrekturfaktor zur Breite σ berücksichtigt werden. Dieser kann durch die bekannte Breite eines Gitterplatzes, die kleiner als die Auflösung des Objektives ist, bestimmt werden. Wird nun entsprechend Abbildung 3.4 die Breite entlang der Gitterachse als σ x und senkrecht zur Gitterachse als σ y bezeichnet, ergibt sich nach [Alt04] für die tatsächliche Breite σ korr = σ 2 y σ 2 x. (3.7) Damit ergeben sich die in Abbildung 3.3b dargestellten Temperaturen. Dabei stellen die roten Markierungen die nach Gleichung 3.7 nicht korrigierten und die grünen die mit korrigierten gemittelten Breiten σ korr berechneten Temperaturen T dar. Diese wurden gegen Ω 2 /δγ, mit Ω der Rabi-Frequenz, δ der Verstimmung und Γ der Zerfallsrate, aufgetragen. Die Rabi-Frequenz ist gegeben durch Ω = 2dE/, wobei d das atomare Dipolmoment und E = 2I/c 0 ε 0 das elektrische Feld ist, mit I der 19

3. Kramers-Rate Laserintensität, c 0 der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit und ε 0 der Permittivität des Vakuums. Nach [SDP + 90] lässt sich so ein linearer Verlauf der Temperatur T = C Ω2 k B δγ darstellen, bei der die Steigung C 0.4 unabhängig von der Intensität und der Verstimmung ist. In Abbildung 3.3b dient die so bestimmte Grade nur zur Skizzierung des Verlaufs. In [SDP + 90] wird für hohe Intensitäten, auch hier werden hohe Intensitäten verwendet, eine Abweichung von dieser Geraden festgestellt. Insgesamt lässt sich mit größer werdender Verstimmung δ eine abnehmende Temperatur erkennen. Die Messunsicherheit σ y und σ x für die Breiten σ y und σ x ergeben sich aus den Fits. Die Unsicherheit für die korrigierte Breite σ korr kann somit als σ korr = ( σ yσ y ) 2 + ( σ x σ x ) 2 σy 2 σx 2 (3.8) angenommen werden. Für die Temperatur ergibt sich damit für die in Abbildung 3.3b dargestellten Messunsicherheiten T = σ korr 2m Cs ω 2 σ korr k B. (3.9) Eine weitere Messunsicherheit in der Temperaturmessung ergibt sich durch den Fokus des Objektivs. Durch thermische Ausdehnung des Aufbaus kann der Fokus verschoben werden. Dies hat zur Folge, dass die Atome unscharf und daher breiter abgebildet werden und somit heißer wirken. Mit gezieltem Verstellen des Objektives mit der µm- Verschiebebühne wird dieser Einfluss untersucht. Daraus ergibt sich eine Korrektur, mit der sich die Abweichung verringern lässt. Für eine Verstimmung wird die Breite bei verschiedenen Einstellungen des Objektivs gemessen. Werden diese Breiten mit denen für die entsprechende Verstimmung aus der Temperaturmessung verglichen, kann die Abweichung zu der scharfen Abbildung, das heißt der mit der kleinsten Breite, aus der Vergleichsmessung bestimmt werden. Diese Abweichung wird nun von den Breiten in der Temperaturmessung abgezogen. Für die im Experiment gewählten Parameter der Leistung und Verstimmung wurde eine Temperatur von 24 ± 6 µk bestimmt. 3.2.3. Sequenz Aus der zeitlichen Änderung der Wahrscheinlichkeit, dass ein Atom über eine Potenzialbarriere springt, kann die Kramers-Rate bestimmt werden. Um nun diese 20

3.2. Experiment (a) Zeitlicher Verlauf der Höhe der Potenzial-(bbarriere Kühl-Strahlen, dieser gilt beispielhaft auch Zeitlicher Verlauf der Verstimmung der für deren Leistung Abbildung 3.5.: Graphische Veranschaulichung des zeitlichen Verlaufs des Experiments wobei; Blau: Abbildungszeit; Rot: Änderung der Parameter; Grün: Experimentierzeit Sprungwahrscheinlichkeit zu messen, wird zuerst in einer MOT ein Cs-Atom gefangen und anschließend in das Gitter umgeladen. Dann werden sechs Bilder des selben Atoms im Gitter aufgenommen. Während der Aufnahme sind die Parameter für Gitter und Kühl-Strahlen für die optimale Abbildung eingestellt, wie sie in Abschnitt 2.4 beschrieben worden sind. Das erste Bild gibt die initiale Position des Atoms. Zwischen den Bildern werden die entsprechenden Parameter für das Gitter und die Kühl-Strahlen eingestellt, bei denen die Kramers-Rate gemessen werden soll. Diese Parameter werden nun für die Experimentierzeit t exp gehalten und bevor das nächste Bild aufgenommen wird, wieder auf die Abbildungsparamter gesetzt. In den folgenden Bildern wird jeweils wieder die Atomposition bestimmt, sodass die Sprungweite bestimmt werden kann. Ist nun die Sprungweite größer als das Auflösungsvermögen der Kamera, hier also die volle Halbwertsbreite der Atome, gilt das Atom als in diesem Schritt gesprungen. Eine zeitliche Variation der Zeit zwischen zwei Bildern zeigt nun die Zeit t esc, bei der die Atome verstärkt anfangen ihren Gitterplatz zu verlassen und damit die Kramers-Rate. Zur Steuerung des zeitlichen Ablaufs des Experiments existiert eine Software [Lau14]. Darin können in einer Sequenz die gewünschten Parameter für jeden Zeitpunkt jeweils in einem Kanal angegeben werden. In Abbildung 3.5 ist der zeitliche Verlauf des Gitters und der Kühl-Strahlen zur Bestimmung der Kramers-Rate graphisch dargestellt. Dabei sind die einzelnen Schritte die zeitlich nacheinander durchgeführt werden farblich getrennt. Dabei steht blau für das Aufnehmen eines Bildes. In den 21

3. Kramers-Rate roten Bereichen findet der Übergang von den Parametern der Aufnahme zu denen der Experimentierzeit, hier in grün dargestellt, statt. Dabei wird das Gitter, wie in Abbildung 3.5a gezeigt, exponentiell auf den Wert für das Experiment eingestellt. Dies verhindert ein verstärktes Verlassen des Gitterplatzes oder Heizen der Atome während dieser Zeit. Nach der Experimentierzeit, für die bestimmt werden soll, ob das Atom den Gitterplatz verlassen hat oder nicht, kann das Gitter direkt auf den Wert zur Abbildung gesetzt werden. Damit ist das Atom auf dem Gitterplatz, auf dem es sich zu diesem Zeitpunkt befindet, fixiert. Hierbei muss mit dem Bild gewartet werden bis die Verstimmung und Leistung der Kühl-Strahlen eingestellt sind. Diese können aus technischen Gründen nicht direkt geändert werden. In Abbildung 3.5b ist der lineare Verlauf beispielhaft für die Verstimmung dargestellt. Das zweite Bild ist nun das Ausgangsbild für eine weitere Experimentierzeit. So werden nach einer MOT insgesamt sechs Bilder von Atomen im Gitter für fünf Experimentierzeiten aufgenommen. Die Zeit für eine Abbildung beträgt jeweils 200 ms und für das Ändern der Parameter 0,1 ms. Dies ist ein adiabatischer Prozess, das heißt er ist langsam gegen die Fallenfrequenzen ω. Die Experimentierzeit wird variiert von 0,05 ms bis 500 ms. Längere Experimentierzeiten führen zu größeren Verlusten der Atome im Gitter, sodass diese nicht realisiert werden können. Als Verluste werden zum Beispiel die Atome gezählt, die auf einem Gitterplatz gefangen sind, der außerhalb des Beobachtungsbereiches der Kamera liegt, das heißt diese Atome sind noch im Gitter gefangen, können aber nicht mehr abgebildet werden. Durch die Variation der Experimentierzeit t exp lässt sich durch jeweiliges Zählen der in dieser Zeit gesprungenen Atome die Rate bestimmen, mit der Atome ihren Gitterplatz verlassen. 3.3. Ergebnisse Mit der beschriebenen Sequenz kann nun die Kramers-Rate bestimmt werden. Dafür werden die Sprünge nach jeder Experimentierzeit gezählt. Diese Anzahl wird normiert auf die Atome, die sowohl vor als auch nach der Experimentierzeit beobachtet werden. Das heißt, hier werden die Atome, die gesprungen, und die Atome, die nicht gesprungen sind, berücksichtigt. Insbesondere werden Atome, die nur vor oder nur nach einer Experimentierzeit abgebildet werden, nicht gezählt. Solche Atome haben entweder das System verlassen oder wurden anschließend spontan auf einem Gitterplatz gefangen. Dieser Fall enthält keine Aussage über die Kramers-Rate. Für jede Einstellung der Experimentierzeit wurde etwa 3000 mal eine MOT geladen. Nach jeder MOT gibt es fünf aufeinander folgende Experimentierzeiten. Bei einer angenommen Wahrscheinlichkeit von etwa 30 % ein einzelnes Atom zu laden, können für jede Zeit bis zu 5000 Sprünge beobachtet werden. Zur Darstellung werden die Wahrscheinlichkeiten, dass ein Atom innerhalb einer Experimentierzeit gesprungen 22

3.3. Ergebnisse (a) Kleinste vermessene Potenzialbarriere U = (b) Größte vermessene Potenzialbarriere U = k B 40 µk k B 704 µk Abbildung 3.6.: Die summierten Sprungwahrscheinlichkeit über der Zeit, die Zeit entspricht hierbei der Variation der Experimentierzeiten; Blau: Messdaten; Rot: Fit nach Gleichung 3.10 ist, mit größer werdenden Zeiten aufsummiert. Damit erhält man, wenn alle Atome gesprungen sind, eine Wahrscheinlichkeit von 1. Zum Fitten wird eine angepasste kumulative Exponentialverteilung verwendet f(t) = 1 αe rt (3.10) mit dem Erwartungswert t esc = 1/r, wobei r der Kramers-Rate entspricht. Der Faktor α < 1 ist empirisch gefunden und beschreibt das Verhalten der summierten Wahrscheinlichkeit, das für kurze Zeiten nicht gegen null läuft. Für eine reine Exponentialverteilung gilt α = 1. Eine Begründung für diese Abweichung kann sich aus dem Prozess des Verstellens der Gitteramplitude ergeben. Atome die sich zufällig am oberen Rand der Potenzialbarriere befinden, können über die erniedrigte Potenzialbarriere springen, bevor die Experimentierzeit beginnt. Das exponentielle Verhalten soll dabei zu einer Verringerung der Effekte durch das Anpassen des Gitters sorgen. Ein solches Signal ist in Abbildung 3.6 dargestellt. Dabei wird die Sprungwahrscheinlichkeit zuerst abhängig von der Nummer des Bildes ausgewertet, das in einem Durchlauf der Sequenz aufgenommen wurde. Das heißt, dass zuerst alle Sprünge, die im zweiten Bild nach dem ein Atom aus der MOT in das Gitter umgeladen wurde, gemessen werden. Dann im dritten Bild und so weiter bis zum sechsten Bild. Damit hatte jedes Atom, nachdem es in das Gitter umgeladen wurde, fünf mal die Möglichkeit in einer Experimentierzeit zu springen. Anschließend wird über alle so ermittelten Sprungwahrscheinlichkeiten für eine Einstellung der Experimentierzeit 23

3. Kramers-Rate Abbildung 3.7.: Vergleich der gefitteten Kramers-Raten mit den theoretisch erwarteten; Blau: Kramers-Rate aus der Messung bestimmt; Grün: Die erwartete Kramers-Rate, wobei die gestrichelte Linie den Übergang von unterdämpften zu überdämpften Bereich darstellt; Rot: Der Fit an die gemessenen Raten gemittelt. Die dargestellte Messunsicherheit entspricht der Standardabweichung der jeweiligen Verteilung die sich aus der Betrachtung der jeweiligen Bilder ergeben. In Abbildung 3.7 ist die gemessene Kramers-Rate r über der Höhe der Potenzialbarriere U in blau aufgetragen. Die Messunsicherheiten ergeben sich aus den Fits. Insgesamt lässt sich mit größer werdender Potenzialbarriere wie erwartet eine abnehmende Kramers-Rate erkennen. Ein Vergleich mit der Theorie in grün nach Abschnitt 3.1 zeigt aber eine deutliche Abweichung des Verlaufs der gemessenen Rate zur theoretischen Vorhersage. Für kleine Potenzialbarrieren ergibt sich eine deutlich kleinere und für große Potenzialbarrieren eine größere Kramers-Rate. Somit dauert es bei niedrigen Potenzialbarrieren länger als erwartet, bis ein Atom sein Gitterplatz verlässt. Für hohe Potenzialbarrieren ist diese Zeit kürzer. Entsprechend gibt es einen Bereich bei dem die experimentellen Daten die vorhergesagten Werte schneiden. Der exponentielle Teil der Kramers-Rate gibt in Abbildung 3.7 für eine hohe Potenzialbarriere die Steigung in dieser Darstellung vor. Da im Exponenten nicht nur die Potenzialbarriere, sondern auch die Temperatur berücksichtigt werden muss, kann 24

3.3. Ergebnisse ein Fit angepasst werden, in dem die Temperatur als freier Parameter steht. Des Weiteren ergibt der gemessene Verlauf der Kramers-Rate einen Offset, der nicht zu dem theoretisch erwarteten passt. Dieser wird durch das Verhältnis γ/ω bestimmt. Da die Fallenfrequenzen ω als gut bekannt vorausgesetzt werden können, wird die Dämpfung γ, die nicht direkt gemessen werden kann, als weiterer freier Parameter für den Fit gewählt. Für die Temperatur ergibt sich so ein Wert T = 69 ± 4 µk. Dies ist etwa dreimal größer als die in Unterabschnitt 3.2.2 bestimmte Temperatur. Damit ist ein Erreichen des überdämpften Bereiches nicht mehr wahrscheinlich 1 und es wird zum Fitten die Formel für den unterdämpften Bereich nach Gleichung 3.4 verwendet. Bei den so bestimmten Temperaturen ist die Bedingung k B T/U < 1 für die kleinste Gittertiefe von 40 µk nicht mehr erfüllt. Daher wird dieser Wert in dem Fit nicht berücksichtigt. Der Fit ist in Abbildung 3.7 in rot dargestellt. Aus dem Fit ergibt sich für die Dämpfung γ = 680 ± 40 Hz. Dies ist deutlich kleiner als die erwartete Dämpfung γ = 149 khz für Subdoppler-Mechanismen und viel größer als die Dämpfung für Doppler-Mechanismen γ = 112 Hz. Dies kann aus einem Zusammenspiel aus Dopplerund Subdoppler-Mechanismen folgen, sodass eine Vorhersage der Dämpfung hier nicht getroffen werden kann. Mit der gefitteten Temperatur ist nun auch nicht mehr die Annahme berechtigt, dass die Dämpfung nach Gleichung 2.4 Abbildung 3.8 zeigt, dass mit der gefitteten Temperatur T und Dämpfung γ der überdämpfte Bereich mit den verwendeten Potenzialbarrieren nicht erreicht werden kann. 1 Ein Fit mit der Formel für den überdämpften Fall nach Gleichung 3.2 ergibt die gleiche Temperatur aber eine Dämpfung die mehr als eine Größenordnung über der maximalen Abschätzung für den Subdoppler-Fall liegt. 25

3. Kramers-Rate Abbildung 3.8.: k B T/U gegen γ/ω, Rot: Der Übergang zwischen über- und unterdämpften Bereich, links: Unterdämpfter Bereich, rechts: Überdämpfter Bereich; Blau: Die gefittete Temperatur T und Dämpfung γ mit berechneten Potenzialbarrieren U und zugehörigen Fallenfrequenzen ω 26

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Diffusion findet sich in vielen Bereichen der Naturwissenschaften wieder. In der Biologie kann zum Beispiel das Verhalten von Teilchen in Zellen [JTB + 11] beschrieben werden. Diffusion kann auch in technischen Bereichen Anwendung finden, zum Beispiel für Suchstrategien von Roboter-Schwärmen [FHCM16] mit Hilfe von Lévy-Statistiken. Weitere Beispiele finden sich auch außerhalb der technisch-naturwissenschaftlichen Fachrichtungen, wie das Verhalten von Börsenkursen [LCX06] oder die Bewegung eines Autos, das sich durch den Verkehr bewegt [Ker04]. Hier wird nun die Diffusion einzelner ultrakalter Atome in einem zeitlich modulierten Potenzial untersucht. 4.1. Theorie Die Diffusion wird dabei an einzelnen Cs Atomen untersucht. Die zeitliche Modulation wird durch das optische Gitter realisiert, in dem die Potenzialbarriere während der Experimentierzeit zeitlich variiert wird. Im Gegensatz zur Bestimmung der Kramers- Rate, wo nur entschieden werden musste, ob ein Atom seinen Gitterplatz verlassen hat, wird hier die tatsächliche Verteilung der Atome nach der Experimentierzeit betrachtet. Hierbei soll untersucht werden, ob Verteilungen nach einer Lévy-Statistik gemessen werden können. Damit wäre es möglich verschiedene statistische Verteilungen sowie die Bereiche, in denen sie sich verändern, in einem Experiment zu untersuchen. 4.1.1. Langevin-Gleichung Die Dynamik der Atome kann durch eine Differential-Gleichung 2. Ordnung beschrieben werden. Dies ist in dem in dieser Arbeit beschriebenen Fall eine Langevin- Gleichung [Lan08, GS12] m Cs ẍ = m Cs γẋ ku(t) sin(2kx) + 2Dξ (4.1) wobei m Cs die Cs-Masse, x der Ort der Cs-Atome, γ die Dämpfung nach Gleichung 2.2, U(t) die zeitabhängige Amplitude des optischen Gitters mit Frequenz k = 2π/λ, 27

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen mit λ = 790 nm der Wellenlänge des Gitterlasers, D die Diffusionskonstante und ξ gaußsches weißes Rauschen ist. Dabei stellt stellt die Notation ẋ die einfache und ẍ die zweifache zeitliche Ableitung von x dar. Für die Diffusionskonstante gilt D = k B T Cs /γ mit k B der Boltzmann-Konstanten und T Cs der Temperatur der Cs-Atome. Hierbei soll nur die Bedingung gelten k B T Cs min(u(t)) (4.2) wobei min(u(t)) die kleinste Potenzialbarriere während der Experimentierzeit angibt. Damit soll sichergestellt werden, dass die Atome nicht ausreichend thermische Energie haben, um die Potenzialbarriere zu überspringen. Diese Bedingung lässt sich mit dem hier verwendeten optischen Gitter für die Verstimmung und Leistung der Kühl-Strahlen während der Abbildung erfüllen. Daher können für diese Messungen die Werte für Verstimmung und Leistung der Kühl-Strahlen während der Abbildung gleich zu den Werten während der Experimentierzeit verwendet werden. 4.1.2. Simulation der Langevin-Gleichung Die Langevin-Gleichung kann nach der Euler-Maruyama Methode simuliert werden [GS12, Hu96]. Danach wird die Geschwindigkeit v i+1 nach einem Zeitschritt dt berechnet. Für die Langevin-Gleichung ergibt sich v i+1 = v i γv i dt k m Cs U(t) sin(2kx i )dt + 2kB T γm Cs m Cs ξ dt + 2U DF z 2 0 x2 i ( x 2 i + z 2 0) 2 dt (4.3) dabei ist v i die Geschwindigkeit vor dem Zeitschritt dt. Die initiale Geschwindigkeit wird dabei aus einer Normalverteilung zufällig gewählt. Für jeden weiteren Zeitschritt wird die berechnete Geschwindigkeit v i+1 angenommen. Die Dämpfungskonstante γ kann nach Abschnitt 2.2 abhängig von der gewählten Temperatur T der Cs-Atome bestimmt werden. Das optische Gitter wird wie in Gleichung 4.1 beschrieben und an der Position des Atoms x i ausgewertet. Die initiale Position x i wird wie die Geschwindigkeit aus einer Normalverteilung gewählt. Für die folgenden Zeitschritte wird zur Berechnung der Position x i jeweils v i dt addiert. Für die zeitabhängige Amplitude U(t) kann im Rahmen der Simulation eine beliebige Form gewählt werden. Für das gaußverteilte Rauschen ξ muss nach [GS12] der Faktor dt eingeführt werden. Der letzte Term ergibt sich aus der Form der das Gitter einschließenden Dipolfalle mit Potenzialtiefe U DF und Rayleigh-Länge z 0. Dies führt zu einer Einschränkung der 28

4.1. Theorie Atome entlang der Gitterachse. Dabei sind die initialen Atompositionen gleichmäßig um das Potenzialminimum verteilt. Mit diesen Simulationen ist es möglich, Aussagen über das Verhalten eines Teilchens in kürzeren Schritten als zwischen zwei Bildern zu treffen. Aus den Simulation kann nun auch die Zeit bis zum ersten Verlassen des Gitterplatzes bestimmt werden. Ebenso kann die mittlere quadratische Verschiebung x 2 (t) über die Simulationszeit betrachtet werden. Dabei wird jeweils der Ort x eines Teilchens zum Zeitpunkt t quadriert und aus allen Teilchen eines Zeitpunktes der Mittelwert gebildet. An der mittleren quadratischen Verschiebung lassen sich verschiedene Diffusions-Verhalten ablesen. Hierbei wird zwischen normaler, sub und super Diffusion unterschieden. Dabei entspricht normale Diffusion Brownscher Bewegung, bei der gilt x 2 (t) t. Von Subdiffusion wird bei einer Bewegung gesprochen, die sich langsamer als brownsche Teilchen bewegen mit x 2 (t) t α, wobei gilt 0 < α < 1. Superdiffusiv werden entsprechend schnellere Teilchen mit α > 1 genannt [MK00, MK04]. 4.1.3. Lévy-Statistik Ein System mit Lévy-Statistik zeichnet sich durch eine Verteilung P (x) einer Variable x nach einem Potenzgesetz P (x) = µxµ 0 x 1+µ (4.4) aus, mit x 0 als Skala des Systems und µ als Faktor der den Zerfall gegen 0 angibt. Zur Normalisierung muss gelten P, µ > 0. Lévy-Statistiken zeichnen sich somit durch eine breite Verteilung aus. Für den Fall µ 1 wird der Mittelwert x von x unendlich [BBACT02]. Mit der zeitlichen Änderung der Potenzialbarriere soll sich eine Lévy-Statistik der Zeiten zum Verlassen eines Gitterplatzes einstellen. Nach [BBACT02] ergibt sich für eine ungeordnetes Potenzial eine Verteilung P der mittleren Wartezeit τ bis ein Atom einen Gitterplatz verlässt P (τ) = k BT Cs τ µ 0 u τ 1+µ (4.5) wobei k B die Boltzmann-Konstante und T Cs die Temperatur der Cs Atome ist. Hierbei wird für die Verteilung der Höhe der Potenzialbarriere U eine Exponentialverteilung Π(U) = 1 ( u exp U ) u (4.6) angenommen, die den Mittelwert u hat. Mit dem Faktor µ = k B T Cs /u und t 0 = x 0 ergibt sich eine Form wie in Gleichung 4.4. 29

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen (a) Veranschaulichung einer Experimentierzeit (b) Veranschaulichung einer Experimentierzeit von 75 ms mit einer Frequenz f = 20 Hz von 250 ms mit einer Frequenz f = 20 Hz Abbildung 4.1.: Graphische Darstellung der Steuerung der Gitterlaser zur Messung der Diffusion in nicht stationären Potenzialen bei verschiedenen Experimentierzeiten 4.2. Experiment Das Diffusions-Verhalten der Atome wird hier über die Verteilung der Sprungweiten während der Experimentierzeit t exp untersucht. Dazu wird die Differenz der Atompositionen vor und nach der Experimentierzeit gebildet. Dabei wird das Gitter während der Experimentierzeit zur Erzeugung der zeitabhängigen Amplitude U(t) sinusförmig moduliert. 4.2.1. Sequenz Die Sequenz zur Messung der Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen verläuft nach einer ähnlichen Methode, wie sie schon zur Messung der Kramers-Rate verwendet wurde. Zuerst wird ein Atom in die MOT geladen und anschließend im Gitter abgebildet. Das erste Bild gibt die initiale Position an. Der Unterschied zur Messung der Kramers-Rate besteht nun in der Modulation des Gitters während der Experimentierzeit. Im Folgenden wird nun die Sequenz beschrieben, die die Modulation des Gitters zeigt. In Abbildung 4.1 wird der Kanal zur Steuerung der Gitterlaser graphisch veranschaulicht. Die vollständige Darstellung aller Kanäle befindet sich in Anhang A. Hier werden die Parameter wie in Unterabschnitt 3.2.3 für die Abbildung (blaue Bereiche in Abbildung 4.1) eingestellt. Ebenso wird das Gitter wieder exponentiell verstellt (roter 30

4.2. Experiment Bereich in Abbildung 4.1). Nun wird während der Experimentierzeit (grüner Bereich in Abbildung 4.1) die Gitteramplitude sinusförmig mit U(t) = a sin(2πft) + U 0 um einen bestimmten Wert U 0 mit Amplitude a und der Frequenz f geändert. Da für diese Messungen die Verstimmung und Leistung der Kühl-Strahlen nicht geändert werden muss, entfällt hier die Zeit wie in Unterabschnitt 3.2.3 nach der Experimentierzeit in der die Kühl-Strahlen angepasst werden müssen. Da sich nun die Kühl-Strahlen während der Messungen nicht verändern, wird an dieser Stelle auf eine Darstellung verzichtet und auf Anhang A verwiesen. Nach der Experimentierzeit wird nun ein weiteres Bild aufgenommen, mit dem die Weite, die das Atom während der Experimentierzeit gesprungen ist, bestimmt werden kann. Dieses Bild kann nun als Ausgangsbild für eine weitere Experimentierzeit genutzt werden. Insgesamt werden so fünf Experimentierzeiten nach einer MOT durchgeführt. Mit dieser Modulation soll eine zufällige Höhe der Potenzialbarriere zum Zeitpunkt, wenn ein Atom ein Gitterplatz verlässt, realisiert werden. Die Zufälligkeit trotz der periodischen Modulation besteht in der Verteilung der Zeiten bis zum Verlassen des Gitterplatzes. Eine Variation der Länge der Experimentierzeiten wird betrachtet, um den Einfluss der Modulation auf die Verteilung der Sprungweiten zu bestimmen. In Abbildung 4.1a und 4.1b ist die Sequenz für die Modulation bei verschiedenen Zeiten dargestellt. Aufgrund der Periodizität der Modulation ergibt sich je nach Wahl der Länge der Experimentierzeit im Mittel ein unterschiedliches Potenzial. Die Modulation des Gitters wurde für verschiedene Amplituden a/k B = 19 µk, 36 µk, 73 µk, 110 µk und 128 µk für den Wert U 0 = k B 330 µk sowie Werte für U 0 /k B = 183 µk und 477 µk bei einer Amplitude a = k B 36 µk durchgeführt. Als Vergleichsmessungen wurden die Sprungweitenverteilungen ohne Modulation des Gitters bei U 0 /k B = 220 µk und 330 µk gemessen. 4.2.2. Erweiterung des Beobachtungsbereiches Mit der Kamera ist es möglich einen Bereich von etwa 246 µm abzubilden. Da aber bei Experimentierzeiten von bis zu 250 ms deutlich weitere Sprungweiten gemessen werden sollen, ist es möglich den Beobachtungsbereich mit Hilfe des optischen Gitters zu erweitern. Hierbei wird das Gitter als sogenanntes Förderband verwendet. Damit können mit Anpassen der Frequenzen der gegenläufigen Laserstrahlen die Gitterplätze mit dem Atom verschoben werden [May14]. Dabei ist es möglich durch gleich weites Verschieben in beide Richtungen das Atom wieder an seinen ursprünglichen Ort zu setzen. Folglich lassen sich mit einer Verschiebe-Distanz, die dem Abbildungsbereich der Kamera entspricht, die Atompositionen auf der Kamera abbilden, ohne diese bewegen zu müssen. Hierfür wird in der Sequenz nach einer Experimentierzeit drei 31

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Abbildung 4.2.: Abbildung eines Atoms im erweiterten Beobachtungsbereich; Das mittlere Bild ist nicht Verschoben, rechts und links davon entspricht dem entsprechenden Ausschnitt neben der Kamera; Das abgebildete Atom im rechten Bild wurde somit nach links in den Beobachtungsbereich der Kamera geschoben; Rot: Das Signal des zugehörigen, darunter dargestellten Kamerabildes; Orange: Markierung der Atomposition; Blau: Grenzwert zur Abgrenzung des Signals zum Rauschen Bilder aufgenommen, zwischen denen jeweils die Atome verschoben werden. Dabei wird die Reihenfolge so gewählt, dass sich die Atome nach dem dritten Bild wieder auf ihrer Position nach der vorherigen Experimentierzeit befinden. Danach kann eine weitere Experimentierzeit angeschlossen werden. Zur Auswertung muss nun die Bereichsbreite auf die aus den verschobenen Bildern bestimmten Positionen addiert werden. Abbildung 4.2 stellt die drei Bilder nach einer Experimentierzeit dar. Dabei wurde ein Atom abgebildet, das rechts der Kamera gefangen wurde, das heißt es muss nach links verschoben werden um abgebildet werden zu können. Dadurch wird der Beobachtungsbereich auf 738 µm erweitert. 4.3. Ergebnisse Aus der beschriebenen Sequenz können nun die Sprungweitenverteilungen für die entsprechend gewählten Experimentierzeiten und Parameter für die Variation der Gitteramplitude betrachtet werden. Daran wird die Form der Verteilung untersucht. Hier werden nun einige repräsentative Messungen gezeigt. Die weiteren durchgeführten Messungen werden in Anhang B gezeigt. In Abbildung 4.3 sind die gemessenen Sprungweiten für die angegebene Modulation des Gitters mit der Experimentierzeit t exp in blau als Histogramm aufgetragen. In der oberen Abbildung sind zum Vergleich in grün die Sprungweiten aus der Simulation für die gleiche Modulation des Gitters und Experimentierzeit aufgetragen. Da die Temperatur für die Messungen zur Diffusion nicht bestimmt wurde, wurde für 32

4.3. Ergebnisse Abbildung 4.3.: Blau: Die gemessene Sprungweitenverteilung mit einer Experimentierzeit t exp = 75 ms für eine Modulation des Gitters mit f = 20 Hz, a = k B 36 µk und U 0 = k B 330 µk; Grün: Die entsprechende Verteilung aus der Simulation; Rot: Ein exponentieller Fit 33

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen die Simulation ein Wert von 100 µk angenommen. Ebenso wurde der Wert für die Dämpfung in der Simulation auf 4 khz geschätzt. Die Verteilungen der Messung und der Simulation zeigen einen ähnlichen Verlauf. Für die Simulation ergibt sich aber eine breitere Verteilung. Dies kann durch eine Überschätzung der Temperatur bedingt sein, da bei höheren Temperaturen die Atome mit einer höheren Wahrscheinlichkeit den Gitterplatz verlassen. Die Form der Verteilung hingegen ist hauptsächlich durch das Potenzial bestimmt. In der unteren wird nun die gleiche Messung in einer halb-logarithmischen Skala dargestellt. Zusätzlich wird die Summe des Signals auf 1 normiert. Daran wird eine exponentielle Verteilung der Sprungweiten x f(x) = αe βx, (4.7) gefittet, wobei α und β freie Parameter sind. Ein solcher Fit zeigt nun für diese Messung, dass die Form der Sprungweitenverteilung exponentiell ist. Zum Testen des Einflusses der Modulation wurde die Amplitude der Modulation auf Null gesetzt. Damit ergibt sich wie bei der Messung zur Kramers-Rate ein zeitlich konstantes Potenzial. Abbildung 4.4 zeigt eine solche Messung. Dabei ist der Wert U 0 = k B 330 µk, um den in Abbildung 4.3 moduliert wurde, als konstante Höhe der Potenzialbarriere gewählt. Hier zeigt sich nun wieder durch den Fit in der halb-logarithmischen Darstellung der gemessenen Verteilung ein näherungsweise exponentielles Verhalten. Als weiterer möglicher Einfluss auf die Form der Sprungweitenverteilung wurde die Experimentierzeit untersucht. Für Abbildung 4.5 ist die Messung mit der Modulation des Gitters wie in Abbildung 4.3 aber mit einer Experimentierzeit t exp = 250 ms durchgeführt worden. Da für längere Experimentierzeiten größere Sprungweiten erwartet werden, wird für diese Messung die Methode zur Erweiterung des Beobachtungsbereiches nach Unterabschnitt 4.2.2 verwendet. In dieser Messung zeigt sich eine deutlich kleinere Statistik als in denen mit kürzerer Experimentierzeit. Dies ist auf die Erweiterung des Beobachtungsbereiches zurückzuführen. Zum Einen benötigt das Aufnehmen der drei Bilder mit der Zeit für den Transport nach jeder Experimentierzeit mehr als dreimal so viel Zeit wie ein einfaches Bild. Zusammen mit der verlängerten Experimentierzeit kann in der gleichen gesamten Messzeit wie für Experimentierzeiten t exp = 75 ms weniger als ein Drittel der Atome aufgenommen werden. Zum Anderen steigt mit zunehmender Messzeit nach einer MOT die Wahrscheinlichkeit, dass das Atom das Gitter verlassen hat und somit nicht mehr abgebildet werden kann. Durch eine bessere Justage der Gitterstrahlen kann für weniger Verluste die Potenzialbarriere des Gitters während der Abbildung und dem Transport erhöht werden. Diese ist aber nicht stabil für die Dauer der Messung 34

4.3. Ergebnisse Abbildung 4.4.: Blau: Die gemessene Sprungweitenverteilung mit einer Experimentierzeit t exp = 75 ms ohne Modulation des Gitters mit U 0 = k B 330 µk; Rot: Ein exponentieller Fit 35

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Abbildung 4.5.: Blau: Die gemessene Sprungweitenverteilung mit einer Experimentierzeit t exp = 250 ms für eine Modulation des Gitters mit f = 20 Hz, a = k B 36 µk und U 0 = k B 330 µk; Grün: Die entsprechende Verteilung aus der Simulation; Rot: Ein exponentieller Fit 36

4.3. Ergebnisse zu erreichen, sodass häufige Unterbrechungen zur Justage wiederum zu einer längeren Messzeit führen würden. Der Vergleich mit der Simulation zeigt aber eine gute Übereinstimmung. Dies unterstützt die Aussage des Fits, dass wieder eine exponentielle Verteilung vorliegt. Des Weiteren könnte die Übereinstimmung mit der Simulation auch für eine Temperatur der Atome von 100 µk, wie sie in der Simulation angenommen wird, sprechen. In dieser Simulation wurde nun auch berücksichtigt, dass Atome die außerhalb des erweiterten Beobachtungsbereichs gefangen werden nicht abgebildet werden können. Im Vergleich zu allen aufgetretenen Sprüngen für diese Simulation werden damit nur etwa 64 % aller Sprünge gezählt. Die unsymmetrische Verteilung der gemessen Sprungweiten lässt sich damit begründen, dass die Atome nicht in der Mitte der das Gitter einschließenden Dipolfalle in der MOT geladen werden. Damit ergibt sich ein zusätzliches Potenzialgefälle in dem die Atome mit höherer Wahrscheinlichkeit den Gitterplatz hin zu dessen Minimum verlassen. 4.3.1. Ergebnisse der Simulation Mit den Simulationen können nun verschiedene Modulationen des Gitters verglichen werden. Dabei können nicht nur die Parameter der sinusförmigen Modulation geändert werden, sondern auch für jeden Zeitschritt dt die Höhe der Potenzialbarriere aus einer zufälligen Verteilung gezogen werden. Für einen Vergleich wird zuerst der Fall betrachtet, bei dem die Potenzialbarriere konstant gehalten wird. In der mittleren quadratischen Verschiebung in Abbildung 4.6 ist bis etwa 10 4 s ein super-diffusiver Anstieg zu erkennen. In diesem Zeitraum haben die meisten Atome ihren Gitterplatz noch nicht verlassen. Dieser Anstieg kann durch die Dynamik in einem Gitterplatz erklärt werden. Haben die meisten Atome zum ersten Mal ihren Gitterplatz verlassen, dies entspricht der Zeit der inversen Kramers-Rate, nähert sich die mittlere quadratische Verschiebung normaler Diffusion an. Abbildung 4.7 zeigt, wann die Atome zum ersten Mal ihren Gitterplatz verlassen haben. Da diese Simulation vergleichbar mit den Messungen zur Kramers-Rate im unterdämpften Bereich ist, wird in rot ein Vergleich mit der Theorie nach Gleichung 3.4 gezeigt. Dabei wird die Kramers-Rate r mit den Parametern der Simulation, mit U = U 0, berechnet und in der Form nach Gleichung 3.10 dargestellt. Der Faktor α wird aus einem Fit bestimmt. Der Fit und die theoretisch bestimmte Kurve zeigen nur geringe Abweichungen. Für die Simulation kann also eine Übereinstimmung mit der Theorie der unterdämpften Kramers-Rate gezeigt werden. 37

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Abbildung 4.6.: Blau: Mittlere quadratische Verschiebung über der Zeit t für den Fall ohne Modulation, mit U 0 = k B 293 µk; Rot: Führungslinie mit normaler Diffusion; Hier und im Folgenden die mittlere quadratische Verschiebung jeweils in zweifacher Darstellung zur Verdeutlichung der Unterschiede die durch die periodische Modulation entstehen 38

4.3. Ergebnisse Abbildung 4.7.: Blau: Die summierte Sprungwahrscheinlichkeit für das erste Verlassen eines Gitterplatzes über der Zeit t, ohne Modulation des Gitters und mit U 0 = k B 293 µk; Grün: Fit nach Gleichung 3.10; Rot: Theoretischer Verlauf mit der Kramers-Rate r nach Gleichung 3.4, dabei wird α durch den Fit bestimmt. 39

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Abbildung 4.8.: Blau: Mittlere quadratische Verschiebung über der Zeit t für den Fall schwacher Modulation a = k B 36 µk, mit f = 20 Hz und U 0 = k B 330 µk; Rot: Führungslinie mit normaler Diffusion; Grün: Die theoretisch bestimmte Zeit bis zum ersten Verlassen eines Gitterplatzes t esc für die Höhe der Potenzialbarriere zur Zeit t Im Folgenden werden nun zeitlich modulierte Potenziale betrachtet. Zuerst wird in Bezug auf die gemessenen Daten eine schwache Modulation betrachtet. Schwache Modulation Bei sinusförmiger Modulation wird hier von schwach bei einer Amplitude a = 0,11 U 0 gesprochen. Das bedeutet für einen Wert U 0 = k B 330 µk eine Amplitude von a = k B 36 µk. Abbildung 4.8 zeigt die mittlere quadratische Verschiebung für die schwache Modulation. Hier ist zusätzlich die berechnete Zeit bis zum ersten Verlassen des Gitterplatzes 40

4.3. Ergebnisse t esc in grün gezeigt. Damit können Bereiche höherer Wahrscheinlichkeiten den Gitterplatz zu verlassen, das heißt kurzer Zeiten, und Bereiche kleinerer Wahrscheinlichkeit, das heißt langer Zeiten, dargestellt werden. Aufgrund der schwachen Modulation haben diese keinen feststellbaren Einfluss auf die mittlere quadratische Verschiebung und es ergibt sich normale Diffusion. Daher wird im Folgenden eine starke Modulation untersucht. 41

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Abbildung 4.9.: Blau: Mittlere quadratische Verschiebung über der Zeit t für den Fall starker Modulation a = k B 198 µk, mit f = 20 Hz und U 0 = k B 330 µk; Rot: Führungslinie mit normaler Diffusion; Grün: Die theoretisch bestimmte Zeit bis zum ersten Verlassen eines Gitterplatzes t esc für die Höhe der Potenzialbarriere zur Zeit t Starke Modulation Starke Modulation der Gitteramplitude meint hier eine Amplitude a = 0,6 U 0, also bei einem mittleren Wert von U 0 = k B 330 µk eine Amplitude a = k B 198 µk. Damit liegt der kleinste Wert nur 32 µk über der in der Simulation genutzten Temperatur T = 100 µk der Cs-Atome. Ein Beispiel mit T = 50 µk zeigt aber ebenso die im Folgenden beschriebenen Eigenschaften, siehe hierzu Anhang B. In der mittleren quadratischen Verschiebung, siehe Abbildung 4.9, lässt sich eine Stufenform erkennen. Der Stufenabstand entspricht der inversen Modulationsfrequenz. Die unterschiedliche Länge der Bereiche mit stark eingeschränkter Diffusion, also die Bereiche mit kleiner Steigung, und die mit großer Diffusion, also großer Steigung, lässt sich durch den 42

4.3. Ergebnisse exponentiellen Zusammenhang der Potenzialbarriere mit der Zeit bis zum Verlassen des Gitterplatzes erklären. Diese Zeit ergibt sich abhängig von der Potenzialbarriere aus der inversen Kramers-Rate aus Gleichung 3.4. Damit ergibt sich für höhere Potenzialbarrieren eine deutlich längere Zeit bis zum Verlassen des Gitterplatzes und somit die stark eingeschränkte Diffusion. Die Bereiche, in denen diese Zeit kurz genug ist für eine verstärkte Diffusion, sind entsprechend verkürzt. Für die fallende Flanke lässt sich ein super-diffusives Verhalten beobachten. Dies kann durch Atome begründet werden, die nun durch die niedrigere Potenzialbarriere genug Energie haben diese zu überwinden, durch die hohe Potenzialbarriere aber noch auf dem Gitterplatz gefangen waren. Durch die doppel-logarithmischen Darstellung ist zu erkennen, dass sich die Stufen im Mittel an normale Diffusion annähern. Wird die Frequenz f der sinusförmigen Modulation soweit erhöht, dass mehr als eine Periode vergeht, bevor alle Atome das erste Mal ihren Gitterplatz verlassen haben, ist auch in diesem Fall der Einfluss der Potenzialbarriere durch schnelles Ansteigen der Zahl der Sprünge in Abbildung 4.10 zu erkennen. Hier zeigt der Vergleich mit der Kramers-Rate nach Gleichung 3.4, wobei hierfür die Höhe der Potenzialbarriere als konstant angenommen wird, deutliche Abweichungen. Die Zeit, bis alle Atome den Gitterplatz verlassen haben, liegt in einem ähnlichen Bereich. Bei noch größeren Frequenzen von f 2 khz, vergleiche Abbildung 4.11, sind die Stufen nicht mehr deutlich erkennbar und die mittlere quadratische Verschiebung geht in normale Diffusion über. 43

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Abbildung 4.10.: Blau: Die summierte Sprungwahrscheinlichkeit für das erste Verlassen eines Gitterplatzes über der Zeit t für den Fall starker Modulation a = k B 198 µk, mit f = 500 Hz und U 0 = k B 330 µk; Grün: Fit nach Gleichung 3.10; Rot: Theoretischer Verlauf mit der Kramers- Rate r nach Gleichung 3.4 mit U = U 0, dabei wird α durch den Fit bestimmt. 44

4.3. Ergebnisse Abbildung 4.11.: Blau: Mittlere quadratische Verschiebung über der Zeit t für den Fall starker Modulation a = k B 198 µk und hoher Frequenz f = 2000 Hz, mit U 0 = k B 330 µk; Rot: Führungslinie mit normaler Diffusion 45

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Abbildung 4.12.: Blau: Die summierte Sprungwahrscheinlichkeit für das erste Verlassen eines Gitterplatzes über der Zeit t für den Fall Modulation nach einer Exponentialverteilung mit u = k B 330 µk; Grün: Fit nach Gleichung 3.10; Rot: Theoretischer Verlauf mit der Kramers-Rate r nach Gleichung 3.4 mit U = u, dabei wird α durch den Fit bestimmt. Andere Modulationsformen Nach Unterabschnitt 4.1.3 sollte für eine exponentielle Zufallsverteilung der Höhen der Potenzialbarrieren nach Gleichung 4.6 die mittlere Wartezeit τ für das Verlassen eines Gittertopfes eine Verteilung nach einem Potenzgesetz annehmen. Da mit dem aktuellen Experiment keine räumliche Unordnung der Gitterplätze möglich ist, wird in der Simulation versucht ein ähnliches Verhalten für τ mit einer zeitlichen Verteilung zu erreichen. Dafür wird in jedem Zeitschritt dt der Simulation eine Höhe der Potenzialbarriere aus einer Exponentialverteilung mit dem Mittelwert u = k B 330 µk gewählt. Abbildung 4.12 zeigt nun die Verteilung für die Zeiten des ersten Verlassens eines Gitterplatzes. Hierin lässt sich wieder eine exponentielle Verteilung erkennen. 46

4.3. Ergebnisse Diese passt zu der unterdämpften Kramers-Rate, wenn für die konstante Höhe der Potenzialbarriere U = u angenommen wird. Für einen Vergleich mit der mittleren Wartezeit τ, müsste eine vollständige Analyse über alle Sprünge während der Experimentierzeit durchgeführt werden, insbesondere da ein Atom in einer Experimentierzeit mehr als einmal seinen Gitterplatz verlassen kann. Eine solche Analyse ist auf Grundlage der Daten aus der Simulation möglich, konnte aber im Rahmen dieser Diplomarbeit nicht mehr durchgeführt werden. Auch Simulationen, bei denen die Höhe der Potenzialbarriere aus einer Normalverteilung um k B 330 µk mit einer Breite von k B 36 µk, beziehungsweise k B 198 µk zeigt eine exponentielle Verteilung für die Zeit bis zum ersten Verlassen des Gitterplatzes. In Abbildung Abbildung 4.13 wird dies für die Breite k B 198 µk beispielhaft gezeigt, für k B 36 µk siehe Anhang B. 47

4. Diffusion in zeitlich modulierten Potenzialen Abbildung 4.13.: Blau: Die summierte Sprungwahrscheinlichkeit für das erste Verlassen eines Gitterplatzes über der Zeit t für den Fall Modulation nach einer Normalverteilung mit Mittelwert k B 330 µk und einer Breite von k B 198 µk; Grün: Fit nach Gleichung 3.10; Rot: Theoretischer Verlauf mit der Kramers-Rate r nach Gleichung 3.4 mit U = k B 330 µk, dabei wird α durch den Fit bestimmt 48

5. Zusammenfassung und Ausblick In dieser Diplomarbeit wurde eine Methode zur Messung der Kramers-Rate entwickelt und angewendet. Dazu wurden Parameter abgeschätzt, die es ermöglichen den überund unter-dämpften Bereich sowie den Übergangsbereich zu messen. Eine durchgeführte Temperaturmessung zeigte theoretisch eine gute Erreichbarkeit dieser Bereiche. Mit der Messung stellte sich nun heraus, dass in diesen die gemessene Temperatur nicht bestätigt werden konnte. Zur Überprüfung der Temperatur kann eine alternative Methode verwendet werden, um einen eventuellen Fehler der beschriebenen Methode auszuschließen. Mit den Messungen konnte somit nur der unterdämpfte Fall untersucht werden. Zu einer Untersuchung des Übergangsbereiches zwischen über- und unterdämpften Fall, ist es notwendig, das sicher eine Temperatur T < 20 µk erreicht wird. Mit einer Optimierung der Verstimmung und Leistung der Kühl-Strahlen sollte dies ein erreichbares Ziel darstellen, um so den interessanten Übergangsbereich zu vermessen. Die Simulationen die in Kapitel 4 durchgeführt wurden zeigen auch eine gute Übereinstimmung mit der Kramers-Rate. Da diese für eine feste Temperatur durchgeführt wurden, kann hieraus geschlossen werden, dass eine bessere Kontrolle der Temperatur auch zu einer besseren Erreichbarkeit des Übergangs beiträgt. Des Weiteren wurde die Diffusion in zeitlich nicht konstanten Potenzialen untersucht. Dazu wurde die Höhe der Potenzialbarriere sinusförmig moduliert. Experimentell wurde dazu die Sprungweitenverteilung der Atome betrachtet. Für diese wurde, wie auch im nicht modulierten Fall, eine exponentielle Statistik festgestellt. Zur Untersuchung der Diffusion wurden Simulationen durchgeführt, um einen weiten Parameter Bereich zu betrachten. Dabei zeigte sich auch eine gute Übereinstimmung der simulierten mit den experimentellen Daten. Mit diesen Simulationen konnte nun die Zeit bis zum ersten Verlassen des Gitterplatzes t esc und die mittlere quadratische Verschiebung untersucht werden. Hierbei konnten für eine starke Modulation des Gitters Übergänge zwischen sub und super Diffusion aufgrund der stark unterschiedlichen Höhen der Potenzialbarriere festgestellt werden. Ein Übergang zu Lévy-Statistiken der Verteilung von t esc konnte nicht festgestellt werden. Hierbei sollte eine Analyse der mittleren Wartezeiten τ angeschlossen wer- 49

5. Zusammenfassung und Ausblick den. Ebenso ist es möglich die Modulation des optischen Gitters für die Simulation beliebig zu verstellen um eine Veränderung der statistischen Verteilung beobachten zu können. Zusammenfassend wurde die Kramers-Rate vermessen und die Diffusion von einzelnen ultrakalten Atomen in einem zeitlich modulierten Potenzial experimentell und numerisch untersucht. 50

A. Vollständige Sequenzen A.1. Kramers Abbildung A.1.: Bildschirmfoto der Software zur Steuerung des Experimentes zur Messung der Kramers-Rate: Vollständige Darstellung aller benutzten Kanäle Abbildung A.1 zeigt alle zur Messung der Kramers-Rate benutzten Kanäle. Gelb sind die Kanäle, die die Magnetfelder steuern. Diese werden zum Laden der MOT gebraucht und werden somit abgeschaltet, sobald die Atome in das optische Gitter umgeladen sind. In blau sind die Kanäle dargestellt, die die Kühl-Strahlen steuern. Rot stellt die Kanäle für die Dipolfalle und die Gitter-Strahlen dar. Die unteren vier Kanäle sind zur Steuerung der Shutter [BFSW14], die den Strahlengang mechanisch 51

A. Vollständige Sequenzen unterbrechen können. Der Kanal darüber dient zur Identifikation der Abbildungszeiten. Im Folgenden werden einige ausgewählte Kanäle genauer gezeigt. Abbildung A.2.: Ausschnitt der Kanäle der Kühl-Strahlen und Gitterstrahlen, zur genaueren Darstellung einer Experimentierzeit Abbildung A.2 zeigt eine Auswahl an Kanälen zu einer Experimentierzeit. Der obere Kanal zeigt die Verstimmung der Kühl-Strahlen. Hierbei bedeutet ein kleineres Signal eine größere Verstimmung. Der zweite Kanal zeigt die Änderung der Intensität der Kühl-Strahlen. Die unteren beiden Kanäle zeigt die gleichmäßige Änderung der beiden gegenläufigen Gitter-Strahlen. Der Kanal darüber zeigt die das Gitter einschließende Dipolfalle, die nicht geändert wird. A.2. Diffusion Abbildung A.3 zeigt wieder in blau die Kühl-Strahlen, wobei der unterste blaue Kanal nur die Abbildungszeiten anzeigt. Nachdem die MOT geladen ist, werden die Kühl-Strahlen nicht mehr verändert. 52

A.2. Diffusion Abbildung A.3.: Vollständige Darstellung einiger ausgewählter Kanäle zur Untersuchung der Diffusion mit Erweiterung des Beobachtungsbereiches Rot steht wieder für die Dipolfalle und die Gitterlaser. Dabei wird hier nun die Technik zur Erweiterung des Beobachtungsbereiches, wie in Unterabschnitt 4.2.2 beschrieben, genutzt. Der unterste Kanal steuert die Bewegung des Gitters. Dabei steht das Vorzeichen des Kanals für die Bewegungsrichtung. Nach einer Experimentierzeit wird somit zuerst der Ausschnitt links und dann rechts des ursprüngliches Ausschnitts abgebildet. Zuletzt wird der ursprüngliche Ausschnitt abgebildet um die Atome vor der nächsten Experimentierzeit auf ihre Ausgangsposition zurück zu bringen. Abbildung A.4 zeigt die gleichen Kanäle in einer vergrößerten Darstellung. Darin ist die sinusförmige Modulation des Gitters zu erkennen. Die exponentielle Rampe der Gitter-Strahlen kann ist nicht zu erkennen, da sie viel kürzer als die Experimentierzeit ist. 53

A. Vollständige Sequenzen Abbildung A.4.: Genauere Darstellung der Kanäle aus Abbildung A.3 54