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verbreitet mit Unterstützung der www.oeh.ac.at PROSEMINARARBEIT PROSEMINAR FÜR ALTE GESCHICHTE WINTERSEMESTER 2001/02 PROF.WOLFGANG HAMETER THEMA: RÖMISCHE WAHLVERSAMMLUNGEN VON KLEMENS KAPS (0007627)

INHALTSVERZEICHNIS I. Einleitung 2 II. Volksversammlung Wahlversammlung 3 III. comitia curiata 4 IV. comitia centuriata 5 V. Lokal gegliederte Komitien 6 1. concilium plebis 6 2. comitia tributa 7 VI. Die Komitien in der späten Republik und in der Kaiserzeit 7 VII. Schluß 9 Literaturverzeichnis 10 1

I. EINLEITUNG In Diskussionen über Demokratie, wie sie beispielsweise anläßlich des Zusammenbruchs der Herrschaft des Kommunismus 1989 geführt wurden, wird eher weniger im akademischen Bereich, aber durchaus im Alltag auf den Ursprung dieses politischen Systems in der griechischen Antike verwiesen, was auch prinzipiell richtig ist, wobei allerdings dabei nicht die Vorstellung entstehen darf, als würde es sich dabei um jene Form der westlich-liberalen Demokratie des 20. Jahrhunderts handeln. Mitte der Neunzigerjahre ergriff diese Diskussion auch einige Wissenschaftler im Bereich der Alten Geschichte, nun allerdings in Bezug auf die Römische Republik (vgl. den Verweis bei Bleicken 1995: 323). Auch wenn im Rahmen dieser Arbeit nicht näher darauf eingegangen werden kann, nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit der Zeitschrift Forum Classicum, worin die Beiträge der an der Debatte Teilnehmenden abgedruckt wurden, ist die Problematik zumindest als im Hintergrund schwebende Frage interessant, die nun nicht das Zentrum dieser kurzen Darstellung der römischen Wahlversammlungen bilden soll. Vielmehr wird nur ein kurzer Überblick über allgemeine Formalitäten sowie die einzelnen Formen der verschiedenen Wahlversammlungen sowie ihrer Kompetenzen im Lauf der Römischen Geschichte. Fokus liegt dabei auf der Republik, worauf sich auch die von mir herangezogene Literatur konzentriert, vor allem aufgrund des Quellenmangels der Königszeit. Es wird zwar kurz auf die Situation der Wahlversammlungen in der Kaiserzeit eingegangen, da sie allerdings dort nicht mehr die Bedeutung aufwiesen, habe ich vor allem in Anbetracht des zur Verfügung stehenden Pensums der Republik den Vorzug gegeben, was auch mit dem Thema des Proseminars besser übereinstimmt. 2

II. VOLKSVERSAMMLUNG WAHLVERSAMMLUNG http://www.mnemopol.net Zunächst ist grundsätzlich zwischen Institutionen der Volks- und der Wahlversammlung zu unterscheiden. Erstere hatten keinerlei Beschlußkompetenz und waren der gesamten Bevölkerung zugänglich, wobei sie auf den verschiedensten Ebenen der Verwaltung existierten und die Bezeichnung concilium trugen (Gizewski 1997b: 114f.). Von ihnen zu unterscheiden sind Wahlversammlungen (comitiae), die in legislativen, judikativen und Wahlangelegenheiten Mitbestimmungsrechte aufwiesen. Sie standen nur einem bestimmten männlichen Teil des römischen Volks offen, wobei über die Teilnahmeberechtigung spezifische Kriterien entschieden. Im Laufe der Geschichte des römischen Staats entwickelten sich verschiedene Formen von comitiae, die jedoch grundlegende gemeinsame Formen aufwiesen. So ging im Regelfall jeder Wahlversammlung eine contio voran. Diese waren Versammlungen ohne Rechtswirkung, an denen das gesamte römische Volk teilnehmen konnte. Sie dienten der Diskussion und Entscheidungsfindung. Danach folgte die Abstimmung in den comitiae unter Beteiligung ausschließlich der zugelassenen Personen (Bleicken 1995: 127, Liebenam 1900: 689f., 709 ; Pabst 1997: 91; Taylor 1966: 7, 16-18, 57). Für alle Komitien außer dem concilium plebis erfolgte die Einholung der Auspizien, um den Schutz Jupiters zu gewährleisten. Die Versammlung mußte ohne Unterbrechung zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang und an dafür im Kalender vorgesehenen Tagen (dies comitalis) abgehalten werden. Per Edikt hatte eine Ankündigung von Termin und Gegenstand der Abstimmung mindestens drei Markttage (trinudium) vorher zu erfolgen, um Diskussion in den contiones zu ermöglichen. Im Fall von gerichtlichen Prozessen dienten sie der Verteidigung des Angeklagten und der Urteilsfindung, welches dann zur Abstimmung vorgelegt wurde. In contiones, die legislativen Komitien vorangingen, durfte der Antrag in wesentlichen Punkten nicht geändert werden, da ansonsten eine neuerliche Ausschreibung unter Einhaltung des trinudiums notwendig gewesen wäre. Die Versammlung erfolgte jeweils stehend und mündlich bis zu der Einführung der geheimen schriftlichen Stimmabgabe durch mehrere Gesetze zwischen 139 und 107 v. Chr. Bei Gewalt konnte die Versammlung vom Vorsitzenden aufgelöst werden. Dieser mußte im Besitz des ius agere cum populo sein, hatte weitreichende Kompetenzen bezüglich Einberufung und Leitung der Versammlung sowie Festsetzung des zu behandelnden Gegenstands (Bleicken 1995: 127; Kunkel-Wittmann 1995: 10, 74, 246; Liebenam 1900: 681-683, 688-691, 707, 709; Pabst 1997: 91; Taylor 1966: 7 f.,30, 34, 102). Einflußnahme erfolgte seitens der Nobilität vor allem über Klientelsystem und Ansehen sowie Stimmenkauf, der besonders in der späten Republik verbreitet war. Allerdings ist Letzterer mehr als Wahlwerbung denn in Form von direkt wirksamer Korruption zu sehen (Bleicken 1995: 130; Jehne 2000: 673-676; Kunkel-Wittmann 1995: 81-84, 246) 3

III. COMITIA CURIATA Sie stellt die älteste Wahlversammlung Roms dar und wurde laut Überlieferung von Romulus gegründet. Aufgrund der mangelnden Quellen für den Zeitraum von Königszeit und früher Republik ist die Forschung auf Rückschlüsse ausgehend von der mittleren und späten Republik angewiesen(gizewski 1997a: 94 f., Liebenam 1900: 682). Darauf basierend umfaßte die Versammlung alle Familienoberhäupter der römischen Geschlechter (gentes), wobei diese in Kurien unterteilt waren. Letztere fungierten als Stimmkörper und hatten den Wert von einer Stimme. Innerhalb einer Kurie erfolgte die Entscheidungsfindung durch Mehrheitsbeschluß (Ebenda; Bleicken 1995: 121). Unklar ist, ob bereits damals 30 Kurien bestanden (wie in der Zeit der Republik), falls dies zutrifft, waren jeweils 10 der 30 Kurien den Mitgliedern der drei Geschlechter Titier, Ramner und Lucerer zugeordnet. (Gizewski 1997a: 95, Taylor 1966: 3). Einberufen und geleitet wurde die Versammlung vom König, der auch den jeweiligen Abstimmungsgegenstand festlegte (Liebenam 1900: 682f.). Dabei hatten diese nur seine Mitteilungen entgegenzunehmen und auf seine Fragen zu antworten, Zusätze oder Abänderungen der Vorschläge war nicht gestattet, Redefreiheit fehlte. (Liebenam 1900: 684). Die Kompetenzen der Versammlung erstreckten sich auf die Bestätigung der Amtsgewalt des Königs (mittels des lex curiata de imperio), auf Kriegsfragen und Berufungsverfahren wegen Hochverrats, wobei der König die legislative Kompetenz innehatte. Der Tagungsplatz befand sich immer innerhalb des Pomeriums, der Stadtgrenze Roms, und war zumeist das Comitium, der Platz vor dem Senatslokal (curia) in der Nordostecke des Forum Romanum, aber auch das gesamte Forum oder das Capitol. In der Republik ging das Recht zu Einberufung, Leitung und Antragstellung auf Konsuln bzw. Diktatoren), Prätoren über, der pontifex maximus übernahm den Vorsitz in kultischen Angelegenheiten. Formalitäten wie Ort und Termin blieben fast unverändert. Neben fixierten gab es auch aus spontanen Anlässen vereinbarte Tagungstermine. Im Lauf der Republik erfolgte eine Änderung des Stimmrechts, das fortan an das römische Bürgerrecht gekoppelt wurde und somit alle männlichen römischen Vollbürger stimmberechtigt waren. Auch Plebejer hatten diese Befugnis, ab wann genau ist allerdings unklar. (Ebenda: 683-685; Bleicken 1995: 122; Sidebottom 1994: 169 f., Taylor 1966: 5) Bereits in der frühen Republik erfolgte ein Kompetenztransfer zu einer anderen Form der Wahlversammlung, nämlich der comitia centuriata. Der Kurienversammlung verblieben Aufgaben im Bereich von Haus- und Geschlechtswechsel, Adoption und der Wiederverleihung des aberkannten Bürgerrechts. Nur formal bedeutend war die Übertragung der Amtsgewalt an Beamte seit Verlust der Wahlkompetenz ab 471 v. Chr. und die Bestätigung von Gesetzesbeschlüssen. Seit Beginn des 3. Jahrhunderts v. Chr. hatten die Kurien den Beschlüsse der comitia centuriata widerstandslos zuzustimmen. Aufgrund dieser Entwicklungen reduzierte sich der Sinn von Bürgerversammlungen und wahrscheinlich ab 218 v. Chr. ersetzten 30 Lictoren das römische Volk bei den Abstimmungen. In 4

dieser Form existierte diese Wahlversammlung bis in die späte Kaiserzeit (Ebenda: 4; Gizewski 1997a: 95; Kunkel Wittmann 1995: 96 f., 103; Liebenam 1900: 685 f.) IV. COMITIA CENTURIATA Die dieser Form der comitia zugrunde liegende militärische Kategorie der Centurie ging auf König Servius Tullius zurück und diente ursprünglich der Einberufung der Plebejer zum Heer. Nachdem letzteres wesentlich am Sturz des Königtums beteiligt war, gewann eine frühe Form der Heerversammlung an politischem Einfluß (Ebenda: 686f., 694; Taylor 1966: 5) Diese Wahlversammlung bestand aus Patriziern und Plebejern und war nach militärischen und vermögensspezifischen Gesichtspunkten gegliedert, wobei der militärische Charakter im Lauf der Republik immer mehr verschwand (Bleicken 1995: 121; Liebenam 1900: 687). Grundsätzlich war diese Versammlung in die Abstimmungskörper der centuriae, gegliedert, welche analog zu den Kurien den Wert einer Stimme hatte. Allerdings erfolgte die Zuordnung der Stimmberechtigten aufgrund von Vermögen, was als Basis der militärischen Ausrüstung galt. So bestanden bis zu der Reform der Centurienordnung in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. (wahrscheinlich um 215) drei Klassen der Ritter (equites), schwerbewaffneten (classis) und der leichtbewaffneten Fußsoldaten (infra classem). Die Zahl der Centurien dürfte sich geändert haben, betrug jedenfalls bereits vor der Reform 193 und blieb auch danach konstant. Allerdings erfolgte eine Änderung hinsichtlich der Gliederung der einzelnen Klassen. So wurden die Centurien der classis von 80 auf 70 reduziert und mit jenen 18 der Ritter zu einer Klasse (prima classis) zusammengelegt. Die infra classem wurde in 4 Klassen mit insgesamt 90 Centurien differenziert sowie in 5 Centurien der Unbewaffneten (Bleicken 1995: 121; Gizewski 1997a: 95 f.; Taylor 1966: 85 f., 90). Nach dieser Reform verloren Ritter und prima classis ihre bis dahin gehaltene Mehrheit an Centurien. Allerdings wurden die Mitglieder dieser beiden Abteilungen durch die Konstanz der Centurienanzahl begünstigt. (Bleicken 1995: 122, Gizewski 1997a: 96). Die 170 Centurien der Fußsoldaten wurden gleichmäßig zwischen iuniores (aktive Soldaten im Alter von 17 46) und seniores (im Alter von 46 64) aufgeteilt. Nach 241 v. Chr. wurden die Centurien der Fußsoldaten mit der geographischen Einteilung nach Bezirken (tribus) gekoppelt. Gleichzeitig wurde auch der Abstimmungsmodus geändert. Bis dahin war es üblich, dass die Rittercenturien vor allen anderen ihre Stimme abgaben (centuria praerogativa) (Taylor 1966: 86 f.), was vor allem als Orientierungsfunktion für die Unentschiedenen (Jehne 200: 272) diente. Allgemein wurde eine Abstimmung nur bis zum Erreichen einer Mehrheit durchgeführt, sodaß die unteren Centurien oft gar nicht zum Zug kamen. Mit der Reform wurde per Los über die Abgabe der Vorstimme entschieden, wobei nur mehr einer Centurie pro Abstimmung diese Funktion zukam. Die Rittercenturien stimmten mit oder nach der prima classis, unverändert stimmten alle Centurien einer Klasse gemeinsam ab (Liebenam 1900: 691, 693; Taylor 1966: 91) 5

Einberufen und geleitet wurde die comitia centuiata durch Konsuln (bzw. Diktatoren) sowie Prätoren bei gerichtlichen Komitien. Die Kompetenzen der comitia centuriata lagen im Bereich der Legislative, militärischen Angelegenheiten, der Wahl von Konsuln, Prätoren und Zensoren sowie der Rechtsprechung in zweiter Instanz.. Zu beachten ist der Einfluß des Senats, der die Gültigkeit von Konsul- und Prätorwahlen ebenso wie von Gesetzesbeschlüssen zu bestätigen hatte (patrum auctoritas), was erst durch das Lex Publilia Philonis für legislative und das Lex Maenia für Wahlbeschlüsse gegen Ende des 4. und Anfang des 3. Jahrhunderts v. Chr. beseitigt wurde. Der Tagungsort, bei dem es sich zumeist um das Marsfeld handelte, hatte außerhalb des Pomeriums zu liegen, da innerhalb der Stadt das Tragen von Waffen verboten war (Ebenda: 5; Bleicken 1995: 127; Liebenam 1900: 688 f., 694, 696 f.; Gizewski 1997a: 96). Die Kompetenzen der comitia centuriata wurden durch den parallelen Aufstieg der comitia tributa im Bereich der Legislative seit 218 v. Chr. und der Schaffung von ständigen Gerichtshöfen seit 149 v. Chr. im Bereich der Rechtsprechung eingeschränkt. Bis zum Ende der Republik verblieb ihr allerdings die Wahl von Konsuln und Prätoren.(Bleicken 1995: 126; Liebenam 1900: 697; Taylor 1966:37). V. LOKAL GEGLIEDERTE KOMITIEN 1. concilium plebis Im Lauf des Ständekampfes konnten die Plebejer 494 v. Chr. ihre eigene Wahlversammlung etablieren. Deren Gliederungsprinzip war zuerst ebenfalls die Centurie, ab 471 v. Chr. der oben bereits genannte Bezirk (tribus). Leitung, Antragstellung und Einberufung oblagen den Volkstribunen, welche seit 471 v. Chr. in dem concilium plebis ebenso gewählt wurden wie die plebejischen Ädilen. Erstere waren auch die einzigen Magistrate, die mit einem Vetorecht gegenüber Gesetzesvorschlägen aller anderer Beamter ausgestattet waren. Im Bereich der Legislative erfolgte ursprünglich eine Abstimmung über plebejische Angelegenheiten. Seit 287 v. Chr. haben aufgrund der Lex Hortensia die Beschlüsse der Plebejerversammlung für das gesamte römische Volk Gültigkeit. Auch im Bereich der Rechsprechung hatte das concilium plebis Kompetenzen, vor allem bei Rechtsverletzungen der Plebejer. Diese hatten ausschließlich das Stimmrecht in diesen Versammlungen bis 312 v. Chr. Wesentlicher Unterschied zu anderen Komitien war das Stattfinden ohne Einholen der Auspizien, was auch in dem weiterhin neben der comitia tributa bestehenden concilium plebis beibehalten wurde.(ebenda:6f., 60; Gizewski: 1997a: 95; 1997b: 114; Liebenam 1900: 679) 6

2. comitia tributa Das Entstehen der comitia tributa wird nach der Verabschiedung des Lex Hortensia angesetzt Und ist als Erweiterung des concilium plebis zu einer patrizisch-plebejischen Tribusversammlung (comitia tributa) zu verstehen (Bleicken 1995: 123; Taylor 1966: 60-62). The thirty-five urban and rural tribes, unlike the ancient clan tribes which they largely displaced, were purely local groupings of citizens, depending in place of Residence or property holding. Every full citizen was a member of one of these local tribes, and a man s tribe was an essential feature of his citizenship. (Taylor 1966: 59). Angeblich instituta[m] ab Servio Tullio (Liv I 43, 12), erreichte die Zahl der tribus im Jahr 241 v. Chr. mit 35 ihren endgültigen Stand. Danach fand keine Erweiterung ihrer Anzahl statt, neues Territorium wurde den bestehenden tribus zugeteilt. Diese waren in 4 städtische (was für Rom stand) und 31 ländliche gegliedert, wobei die städtischen Stimmberechtigten aufgrund der Größe des Staatsgebiets und der Zugehörigkeit vieler Einwohner Roms zu ländlichen Bezirken dominierten (Bleicken 1995: 122f., 132; Taylor 1966: 65). Innerhalb einer tribus als Abstimmungseinheit erfolgte per Mehrheitsfindung die Stimmentscheidung, wobei eine tribus den Wert einer Stimme zählte. Durch Los wurde die Reihenfolge der abstimmenden tribus festgelegt, welche bei Gesetzesbeschlüssen einzeln nacheinander und bei Wahlen gleichzeitig abstimmten. Ebenso wurde bei Stimmengleichheit in einer tribus durch das Los eine Mehrheitsentscheidung herbeigeführt sowie jene tribus bestimmt, in welchem die sich in Rom aufhaltenden Bewohner der Kolonien mitstimmen durften (Ebenda: 40, 75, 80; Bleicken 1995: 122f, 132; Gizewski 1997a: 95; Liebenam 1900: 706). Aufgrund des einfacheren Procedere erfolgte wie bereits erwähnt ein Kompetenztransfer von der comitia centuriata, vor allem im Bereich der Legislative seit 218 v. Chr. Daneben war die patrizischplebejische Tribusversammlung für die Wahl niederer Beamte, wie Quästoren und curulischen Ädilen, (seit 287 v. Chr. mit Unterbrechung auch des pontifex maximus) sowie auch bei rechtlichen Angelegenheiten - bis zur Vollendung der Etablierung der Gerichtshöfe unter Sulla - zuständig. Den Vorsitz führten Konsuln und vereinzelt auch Prätoren, die Formen waren der comitia centuriata sehr ähnlich, Tagungsorte waren Comitium, Capitol, die flaminischen Wiesen und das Marsfeld (Ebenda: 703-705; Gizewski 1997a: 96 f.; Taylor 1966: 64f., 70f.,74, 76, 81 f.,109;) VI. DIE KOMITIEN IN DER SPÄTEN REPUBLIK UND IN DER KAISERZEIT Seit der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. gingen Bedeutung und Einfluß von Komitien zurück, bereits unter Caesar ist ihre Aushöhlung zu erkennen. Ihre Tätigkeit ist allerdings bis in das 3. nachchristliche Jahrhundert nachzuweisen, da die Herrschenden um die Aufrechterhaltung der Form bemüht waren. Die Kompetenzen der Komitien wurden vom Senat übernommen, wobei auch dessen 7

Vollmacht zugunsten des Kaisers erheblich eingeschränkt war (Ebenda: 106; Liebenam 1900: 710-714). Seit der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. erfolgte die Bestellung des Kaisers sowie die Entscheidung über Kriegsfragen in Heereskomitien, die jedoch formal als Volk und nicht als Heer dazu legitimiert waren, wobei die Stimmabgabe durch Akklamation erfolgte (Pabst 1997: 9-11, 14). 8

VII. SCHLUSS Abschließend sollen kurz einige Gemeinsamkeiten und Prinzipien der Wahlversammlungen hervorgehoben werden, um dadurch vielleicht einige Aspekte bezüglich der Frage zu beantworten, ob und inwieweit diese Institution und damit auch die Römische Republik - als demokratisch zu bezeichnen ist. Zunächst ist erkennbar, daß alle drei Wahlversammlungen, die im Lauf der Republik Kompetenzen aufweisen, auf einer jeweils anderen - Kategorie basieren, deren Gründung in den Quellen allesamt auf historisch nicht faßbare Herrscher zurückgeführt werden. Man kann darin einen gewissen Traditionalismus erkennen, wodurch diese Prinzipien der politischen Organisation legitimiert werden. Bleibt das Prinzip dieser Organisationseinheit auch gleich, so ändert sich ihre Zusammensetzung doch deutlich: Von den Oberhäuptern der Geschlechter erhalten über die vor allem vermögenden Bürger in der mittleren Republik alle männlichen Bürger das Stimmrecht. Frauen bleiben von der Abstimmung durchwegs ausgeschlossen, nicht aber von der Diskussion, woran ausnahmslos alle Bewohner teilnehmen konnten, jedoch hier die Beeinflussung vor allem von Seiten der Oberschicht ausging. Betrachtet man die erheblichen Kompetenzen der Magistratur ebenso wie den Einfluß von Senat und der römischen Oberschicht allgemein, so ähnelt diese Organisationsform jener der westlich-liberalen Demokratie des 20. Jahrhunderts zumindest bei oberflächlicher Betrachtung sehr wenig. Zwar darf man die vielfältigen Einflußmöglichkeiten des römischen Volks nicht übersehen, jedoch war eine effektive und leichte Mitwirkung am Zustandekommen politischer Entscheidungen aktiv eher nicht möglich. Vielmehr war diese Einflußnahme sehr indirekt, die Kandidaten kamen den Wünschen der Bevölkerung zumindest rhetorisch entgegen, doch inwieweit eine Durchsetzung ihrer Anliegen erfolgte, ist fraglich. Allgemein ist Herrschaftsausübung auf einen gewissen Konsens und Loyalität innerhalb der Bevölkerung angewiesen, jedoch müssen bei der Betrachtung dieser Frage auch die geringen Möglichkeiten vor allem der unteren Schichten der römischen Bevölkerung bedacht werden. Ist diese These relativ platt und kann sie auch im Rahmen einer Proseminararbeit nicht näher behandelt werden, so dürfte doch der Begriff der Demokratie im modernen Sinn nicht zutreffen. Dies jedoch ist wohl keine große Überraschung, vielmehr wäre es interessant zu untersuchen, wie sich das Machtverhältnis zwischen den einzelnen gesellschaftlichen Gruppen gestaltete und eine Ausbalancierung der unterschiedlichen Interessen gelang, um auch die Langlebigkeit des politischen Systems Roms erklären zu können. 9

LITERATURVERZEICHNIS Bleicken, Jochen, Die Verfassung der Römischen Republik. Grundlagen und Entwicklung, München Paderborn Wien Zürich 7 1995. Gizewski, Christian, Comitia, DNP, Bd. 3, Stuttgart Weimar, S. 94-97, 1997a. Ders., Concilium, DNP, Bd. 3, Stuttgart Weimar, S. 114 f., 1997b. Jehne, Martin, Wirkungsweise und Bedeutung der centuria praerogativa, in: Chiron 30 (2000), S. 661-678. Kunkel, Wolfgang Wittmann, Roland, Staatsordnung und Staatspraxis der Römischen Republik. Zweiter Abschnitt: Die Magistratur, München 1995. Liebenam, Willy, Comitia, RE IV,1 1900, Stuttgart - Weimar, 679-715. Pabst, Angela, Comitia imperii. Ideelle Grundlagen des Kaisertums, Darmstadt 1997. Harry Sidebottom, Comitium, in: Graham Speake(Hg.), A Dictionary of Ancient History, Oxford 1994, S. 169f. Taylor, Lily Ross, Roman Voting Assemblies from the Hannibalic War to the Dictatorship of Caesar, Michigan 1966. 10