Einfluss lokaler Aufhärtung ferritischer Stähle auf die Risstiefenbestimmung mit dem Wirbelstromprüfverfahren

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Transkript:

DGZfP-Jahrestagung 0 - Poster Einfluss lokaler Aufhärtung ferritischer Stähle auf die Risstiefenbestimmung mit dem Wirbelstromprüfverfahren Ralf CASPERSON *, Anika DEY *, Rainer POHL *, Verena REIMUND *, Hans-Martin THOMAS * * BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Unter den Eichen 87, 10 Berlin Kurzfassung. Mechanische Belastung wie z. B. der Rollkontakt zwischen den Rollen und Lagerringen eines Wälzlagers oder der Rad-Schiene-Kontakt bei der Eisenbahn führen bei ferritischen Stählen zu einer Aufhärtung der Oberfläche. Die mit der Aufhärtung verbundene Versprödung begünstigt die Entstehung von Ermüdungsrissen. Zur Risstiefenbestimmung mit dem Wirbelstromprüfverfahren werden in der Regel Kalibrierkörper mit künstlichen Testfehlern aus dem Grundwerkstoff des Prüfteils verwendet. Die betriebsbedingte Aufhärtung der Prüfteiloberfläche bleibt bei der Kalibrierung unberücksichtigt. Die lokale Aufhärtung der Oberfläche führt zu einem ortsabhängigen Offset des Wirbelstromsignals in Richtung der Rissanzeigen und somit zu einer Überbewertung der Risstiefe. Bei einzelnen Rissen lässt sich der Effekt kompensieren, in dem das Wirbelstromgerät neben jedem Riss abgeglichen bzw. die Differenz zwischen dem Offset und der Rissanzeige berechnet wird. In der Realität liegen die Ermüdungsrisse jedoch oft so dicht nebeneinander, dass auf Grund der Überlagerung benachbarter Rissanzeigen weder ein Abgleich zwischen den Rissen noch eine Bestimmung des Offsets möglich ist. Finite-Elemente-Berechnungen ermöglichen es, die in der Realität stets kombiniert auftretenden Wirbelstromsignale der Ermüdungsrisse und der Oberflächenaufhärtung getrennt zu simulieren, um Erkenntnisse für eine Verbesserung der Risstiefenbestimmung zu erlangen. Einführung Mechanische Belastung wie z. B. der Rollkontakt zwischen den Rollen und Lagerringen eines Wälzlagers oder der Rad-Schiene-Kontakt bei der Eisenbahn führen bei ferritischen Stählen zu einer Aufhärtung der Oberfläche. Die mit der Aufhärtung verbundene Versprödung begünstigt die Entstehung von Ermüdungsrissen. Zur Risstiefenbestimmung mit dem Wirbelstromprüfverfahren werden in der Regel Kalibrierkörper mit künstlichen Testfehlern aus dem Grundwerkstoff des Prüfteils verwendet. Die betriebsbedingte Aufhärtung der Prüfteiloberfläche bleibt bei der Kalibrierung unberücksichtigt. Die lokale Aufhärtung der Oberfläche führt zu einem ortsabhängigen Offset des Wirbelstromsignals in Richtung der Rissanzeigen und somit zu einer Fehlbewertung der Risstiefe. Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nd/3.0/de 1

Einfluss der Materialeigenschaften Finite-Elemente-Berechnungen ermöglichen es, die Ortskurven des Wirbelstromsignals für eine bestimmte Sondengeometrie in Abhängigkeit von der Prüffrequenz f, des Liftoffs l und der Materialeigenschaften Leitfähigkeit s und relativer Permeabilität µr zu berechnen (Abbildung 1). 0,0 0 0 00 300 400 300 00 0 0 0 1 0 0,1 0 40 30 0, 0,3 400 0 0 7 1,6 1,4 0 0 1, 1 1,0 00 0,8 000 0,4 0,6 10 00 0 300 Im [mv] f [khz] µr s [MS/m] l [mm] HV? 0 Ortskurve HC µr=00, s= MS/m f=10 khz, l=1 mm Re [mv] Abbildung 1: Berechnete Ortskurven der Wirbelstromsonde HC

Aus den Ortskurven lässt sich das Signalverhalten des Wirbelstromgerätes in der XY- Anzeige ableiten (Abbildung ). 0 0 0 Y [mv] 0 1,6 1,4 000 1, 1,0 00 0,8 0,6 1 0,4 0 0,3 X [mv] µr s [MS/m] l [mm] HV? Wirbelstromsignal µr=00, s= MS/m f=10 khz, l=1 mm 0 0 0 Abbildung : Wirbelstromsignal in der komplexen Ebene (XY-Anzeige) Für die Berechnungen wurde eine Leitfähigkeit des Grundmaterials von MS/m und eine relative Permeabilität von 00 angenommen. Die Prüffrequenz beträgt 10 khz, der Nennabstand des Spulensystems zur Prüfoberfläche 1 mm. Da bei der Prüffrequenz von 10 khz die Eindringtiefe der Wirbelströme kleiner als die Schichtdicke der aufgehärteten Zone ist, wurde die Härtetiefe bei der Berechnung der Ortskurven vernachlässigt. Das Fehlersignal einer rissartigen Fehlstelle beruht auf der Abnahme der Leitfähigkeit auf Grund der längeren Stromlaufbahnen an den Rissflanken entlang. Das Wirbelstromsignal in Abbildung zeigt eine nahezu ideale Phasentrennung zwischen dem Abhebesignal in X-Richtung und dem Fehlersignal (Leitfähigkeitsabnahme) in +Y-Richtung. Eine Aufhärtung bewirkt in ferritischem Stahl eine Abnahme der Leitfähigkeit bei gleichzeitiger Abnahme der relativen Permeabilität. Die Härtelinie verläuft somit zwischen der Leitfähigkeits- und Permeabilitätskurve. Die Phasenlage der Härtelinie hängt dabei vom Verhältnis zwischen der Leitfähigkeits- und Permeabilitätsänderung ab. Prüfergebnisse an aufgehärteten Bauteilen zeigen, dass die Härtelinie im zweiten Quadranten verläuft. 3

Die aufhärtungsbedingte Abnahme der Leitfähigkeit führt zu einem Wirbelstromsignal in Richtung des Fehlersignals (+Y) und somit zu einer Falschbewertung der Fehlertiefe. Der Leitfähigkeitseffekt der Aufhärtung wird nur teilweise durch die negative Y- Komponente des Permeabilitätssignals kompensiert. Die X-Komponente des Permeabilitätssignals führt bei einer ggf. durchgeführten Liftoffkompensation als Pseudoabhebesignal zu einem zusätzlichen Fehler bei der Fehlertiefenbestimmung (Abbildung 3). Aufhärtung Permeabilität Leitfähigkeit Liftoffsignal (-X) Fehlersignal (+Y) Liftoffkompensation Fehlertiefe Abbildung 3: Einfluss der Aufhärtung auf die Fehlertiefenbestimmung Ohne genaue Kenntnis der elektromagnetischen Eigenschaften des Grundmaterials und der aufgehärteten Zone lassen sich nur qualitative und keine quantitativen Aussagen treffen. In den technischen Daten der verschiedenen Stahlsorten sind in der Regel nur die mechanischen, nicht aber die elektromagnetischen Eigenschaften angegeben. Auch in der Literatur findet man nur grobe Richtwerte. Fazit Vergleiche mit realen Messdaten zeigen, dass sich Aufhärtungssignal und Fehlersignal wie vorhergesagt überlagern (Abbildung 4). Fehlersignal Aufhärtung Abbildung 4: Reale Messdaten in YT-Darstellung Die Einflüsse der Leitfähigkeits- und Permeabilitätsänderung wurden getrennt voneinander betrachtet. Bei der Aufhärtung der Oberfläche ändern sich Leitfähigkeit und Permeabilität jedoch gleichzeitig. Nur wenn der Zusammenhang zwischen der Härte und den elektromagnetischen Eigenschaften des Materials bekannt ist, lässt sich der Härteverlauf der Ortskurve berechnen und in die Ortskurve einzeichnen (Abbildung 1). 4

Ausblick Gelänge es, den Zusammenhang zwischen Aufhärtung, Leitfähigkeit und relativer Permeabilität für einen Werkstoff messtechnisch zu bestimmen und somit den Verlauf der Härtelinie in der Ortskurve zu berechnen, ließe sich der störende Einfluss der Härte auf die Fehlertiefenbestimmung anhand der Phasenlage des Fehlersignals kompensieren.