IG Metall Informationstagung Freistellungsregelungen für BR-Mitglieder am 4. März 2010 Referentin: Larissa Wocken Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Mönckebergstraße 19 20095 Tel: 040 30 96 51 14, Wocken@msbh.de
37 Ehrenamtliche Tätigkeit, Arbeitsversäumnis (1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. (2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. (3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten. 2
(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers. (5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind. 3
(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. 4
(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung. 5
Allgemeine Freistellung Der Betriebsrat bist gemäß 37 Abs. BetrVG für die Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben freizustellen. Zu den Betriebsratsaufgaben gehören insbesondere: die Teilnahme an Betriebsratssitzungen, die Teilnahme an den Betriebsratsausschüssen, das Abhalten von Sprechstunden sowie Erörterung und Beratung von Beteiligungsangelegenheiten. 6
Allgemeine Freistellung Die vorübergehende Arbeitsbefreiung erfolgt grundsätzlich nach 37 Abs. 2 BetrVG. In Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigen besteht ein gestaffelter, gesetzlich normierter Mindestfreistellungsanspruch. Bei den angegebenen Zahlen in 38 BetrVG handelt es sich um Mindestfreistellungen, die über Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen erhöht werden können. 7
Berufliche Absicherung Die berufliche Absicherung nimmt gerade im Bereich der Freistellung eine wichtige Position ein, und zwar dann, wenn die Voraussetzungen für eine Freistellung nach 38 Abs. 1 nicht vollständig vorliegen. Nach 37 Abs. 2 muss der Betriebsrat für seine Betriebsratstätigkeiten von den arbeitsvertraglichen Pflichten freigestellt werden. Damit in solchen Fällen keine Kollision mit dem Arbeitsverhältnis und gerade im Hinblick auf das Entgelt entsteht, regelt 37 Abs. 5 BetrVG, das der Arbeitgeber die Betriebsratsmitglieder nur mit gleichwertigen Tätigkeiten beschäftigen darf. Die Betriebsratsmitglieder sollen so vor etwaigen Nachteilen geschützt werden. Ansonsten könnte es durch die Zuweisung geringwertiger Tätigkeiten zu ungewollter Diskriminierung oder Disziplinierung führen. Dieser Schutz besteht während der gesamten Amtszeit und ein Jahr darüber hinaus noch weiter fort. 8
Berufliche Absicherung Merke: 37 Abs. 5 BetrVG stellt eine zugunsten des Betriebsrates wirkende Versetzungssperre dar. Geringwertigere Tätigkeiten dürfen nur übertragen werden, wenn der Arbeitsvertrag dies zulässt und einer zwingende betriebliche Notwendigkeit besteht, eine Ausnahme ist für den Fall zu machen, wenn kein vergleichbarer Arbeitsplatz vorhanden ist oder die erforderliche berufliche Weiterqualifizierung fehlt. 9
Wirtschaftliche Absicherung Um ein Betriebratsmitglied nicht in Sachen Entgelt gegenüber anderen Beschäftigten zu benachteiligen oder zu bevorzugen, ist in 37 Abs. 4 BetrVG geregelt, dass sich eine Anpassung der Vergütung an die betriebsübliche berufliche Entwicklung der anderen Beschäftigten orientieren muss. Damit ist für jedes Betriebsratmitglied zugleich die wirtschaftliche Absicherung gewährleistet. Dies gilt auch für die allgemeinen Zuwendungen des Arbeitgebers, insbesondere auf Leistungszulagen, Vertretungszulagen, Zulagen für Rufbereitschaft, Gewinnbeteiligung, Gratifikationen, Jubiläumszulagen und Abschlussvergütungen usw. Übt ein Betriebsratmitglied eine Außentätigkeit aus, sind auch für die Zeit der Betriebsrattätigkeit entgangene Umsatzprovisionen bei der Entgeltsicherung anteilig mit zu berücksichtigen (vgl. LAG Berlin vom 28.6.1996; AiB 1997, 228). Die Entgeltsicherung erstreckt sich bis zum Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit. 10
Freizeitausgleich Betriebsratstätigkeit, die gemäß 37 Abs. 3 BetrVG aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat der Betriebsrat einen Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes. Die Arbeitsbefreiung muss dem betroffenen Betriebsrat vor Ablauf eines Monats gewährt werden. Ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so muss die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit vergütet werden. Auf der anderen Seite bedeutet dies aber auch, dass Tätigkeiten die außerhalb der Arbeitszeit liegen und nicht betriebsbedingt sind, sonder betriebsratsbedingt sind, keinen Freizeitausgleichanspruch ermöglichen. Das Betriebsratmitglied hat dem Arbeitgeber ohne schuldhaftes Zögern die entsprechend angefallenen Zeiten anzuzeigen. 11
Qualifikation Jedes Betriebsratmitglied hat einen Anspruch auf angemessene Qualifizierung, die ihm eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner Amtspflichten ermöglicht. Hierzu kann sich der Betriebsrat je nach dem auf 37 Abs. 6 oder Abs. 7 BetrVG beziehen. Bei 37 Abs. 6 BetrVG steht kurzer Hand die Erforderlichkeit im Vordergrund und bei 37 Abs. 7 BetrVG die Geeignetheit. Nach 37 Abs. 7 BetrVG hat jedes Betriebsratmitglied unabhängig von Abs. 6 während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen, wobei eine Woche noch zusätzlich zur Verfügung steht für Betriebsratsmitglieder die neu gewählt worden sind. => Dazu mehr unter: Schulungs- und Bildungsansprüche gemäß 37 Abs. 6 und 7 BetrVG 12
Schulungs- und Bildungsansprüche gemäß 37 Abs. 6 und 7 BetrVG 17