Text- und Stilanalyse

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Transkript:

Text- und Stilanalyse Problemkreis III Textualität als Kategorie der Textlinguistik und ihr Bezug auf Stilistik PhDr. Tamara Bučková, Ph.D. Lehrstuhl für Germanistik an der Päd. Fakultät der Karlsuniversität tamara.buckova@pedf.cuni.cz

PPP-Struktur 1. Textualitätsmerkmale 2. Kohärenz und Kohäsion auf dem Gebiet der Texte 3. Literatur Weitere Informationen über die Textualität finden Sie in den PPP (Kurz TEXTLINGZUISTIK) auf den Webseiten von Tamara Bučková.

TEXT, TEXTUALITÄT Text als kommunikative Okkurrenz (...), die sieben Kriterien der Textualität erfüllt. Wenn irgendeines dieser Kriterien als nicht erfüllt betrachtet wird, so gilt der Text als nicht kommunikativ. Daher werden nicht-kommunikative Texte als Nicht-Texte behandelt. DE BEAUGRANDE / DRESSLER, 1981, S. 3 de Beaugrande, Robert-Alain / Dressler, Wolfgang Ulrich: Einführung in die Textlinguistik. Tübingen 1981.

Textualität und ihre Korrespondenz mit der Stilistik 1. Intentionalität (Absicht etwas mitzuteilen) in Bezug auf Stilistik Illokution. 2. Kohärenz (Kohärenz bezieht sich auf paradigmatische Beziehungen im Text; zeigt auf semantische Illokutionsketten, die eine Hierarchie der Gedanken darstellen; Kohärenz hängt mit inhaltlicher Konsistenz des Textes zusammen. 3. Kohäsion (hängt mit den syntagmatischen Beziehungen zusammen; Kohäsionsmittel verbinden die einzelnen Sätze in den Text). Kohärenz + Kohäsion = das Textgewebe. In Bezug auf Stilistik ist dieses Gewebe als Lokution (Textkörper) zu bezeichnen. 4. Akzeptabilität (ist die Bereitschaft mit der gemeinten sprachlichen Einheit wie mit dem Text zu arbeiten. Es bedeutet nicht, dass einer mit dem Inhaltlichen einverstanden sein muss). In Bezug auf Stilistik ist hier eine geringe Überschneidungsfläche mit der Perlokution (d.h. mit der Wirkungskomponente) des Textes zu finden. 5. Situationalität (zeigt auf die Bedingungen, unter denen der Text entstanden ist circa 30% und auf die Bedingungen, in denen der Text hypothetisch rezipiert wird 70%). Es geht nicht um die Situation Zeit- und Raummotive die aus dem Text abzulesen sind).

Textualität und ihre Korrespondenz mit der Stilistik 6. Informativität (jeder Text trägt eine informative Komponente inne). Nicht in allen Texten ist dieses Textualitätsmerkmal gleich relevant. 7. Intertextualität (man kann zwischen der Textualität im engeren Sinne und breiteren Sinne des Wotes unterscheiden: a) lntertextualität aus der Sicht der Literaturwissenschaft: Hinweis auf ein anderes literarisches Werk, literarische Figur etc. b) Intertextualität als Wissen über die Grenzen des Textes hinaus. Mann kann über textzentrierte (textgrammatische) Textualitätsmerkmale (Kohärenz und Kohäsion) und textverwenderorientirete (kommunikativ-pragmatische) Textualitätsmerkmale sprechen. In allen Texten sollten alle Textualitätsmerkmale präsent sein, aber nicht in allen Texten sind sie gleich relevant. In manchen Fällen weisen einige der Textmerkmalen sogar fast einen Null-Wert auf.

Paradigmatik und Syntagmatik im grammatischen Aufbau der Texte

Paradigmatik in Bezug auf Stilistik: Textarchitektonik Auch jede Buchpublikation sollte ein Paradigma inne tragen, das mit dem Erwartungen seitens des Lesers (die als Präsupposition zu bezeichnen ist) verbunden wird. Die Paradigmatik wird in die Buchstruktur projiziert, ihr Ausdruck findet man schon in dem Buchinhalt, das die Gedankenkonzeption widerspielgelt. Als Beispiel wird eine der wichtigen Quelle der Fachliteratur aus dem Gebiet der Germanistik (mit den Schwerpunkten Kultur, Linguistik, Literaturwissenschaft, Realien, Didaktik) aufgeführt: WIELACHER, A., BOGNER, Andrea (Hrsg.) Handbuch Interkulturelle Germanistik. Stuttgart, 2003. http://www.wierlacher.de/publikationen.handbuch.htm

Thematik und Buchparadigma Thematik und ihr konzeptionelles Paradigma darf auch auf die ganzen Buchkomplette (und in einem extremen Fall auch auf das Gebiet unterschiedlicher Medien) übertragen werden!

Syntagmatik und Kohäsion in den Texten, ihr Bezug auf Stilistik (1) Es war einmal ein König. (2) Der König regierte in einem großen Königsreich und hatte drei Söhne. (3) Sie hießen Jakob, Johann und Jürgen. (4) Alle liebten den alten König und wollten für ihn alles tun, worum er sie bat und was für das Reich wichtig war. Kohäsionsmittel bilden einer Art sprachlicher Konsistenz des Textes. Es handelt sich um diejenigen Sprachmittel, die die einzelnen Satzelemente und Sätze vertexten. Die im Text verwendeten Kohäsionsmittel Rekkurenz/Wiederholung (Man unterscheidet totale und partielle Rekurrenz.) Substitution/Ersatz Junktion (Elemente, die die Satzteile oder Sätze dadurch verbinden, dass sie auf das inhaltliche Verhältnis zwischen den Satzteilen oder Sätzen zeigen. In diesem Fall Konnektore/Konjunktionen. Tempus Kohäsionsmittel sind aus der Sicht der Stilistik als Stilelemente (syntaktische, morphologische und lexikalische Elemente zu interpretieren). Das Stilelement als die kleinste Stileinheit zu betrachten. Im Falle häufigen Vorkommens werden die Stilelemente zu den Stilzügen.

Ihre Text- und Stilanalyse? DER AUFBRUCH Franz Kafka Ich befahl mein Pferd aus dem Stahl zu holen. Der Diener verstand mich nicht. Ich ging selbst in den Stall, sattelte mein Pferd und bestieg es. In der Ferne hörte ich eine Trompete blasen, ich fragte ihn, was es bedeutete. Er wusste nichts und hatte nichts gehört. Beim Tore hielt er mich auf und fragte: Wohin reist Du, Herr? Ich weiß es nicht, sagte ich, nur weg von hier, nur weg von hier. Immer fort von hier, nur so kann ich mein Ziel erreichen. Du kennst also Dein Ziel? fragte er. Ja, antwortete ich, ich sagte es doch. Weg-von-hier, das ist mein Ziel. Du hast keinen Essvorrat mit, sagte er. Ich brauche keinen, sagte er. Ich brauche keinen, sagte ich, die Reise ist so lang, dass ich verhungern muss, wenn ich auf dem Weg nichts bekomme. Kein Eßrat kann mich retten. Es ist zum Glück eine wahrhaft ungeheurere Reise. KAFKA, Franz. Die Erzählungen. Frankfurt am Main, 1996. S. 384.

Literatur 1. SAUSSURE, Ferdinand. Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. Berlin, 1967. 2. BÜHLER, Karl. Sprachtheorie: Die Darstellungsfunktion der Sprache. Stuttgart, 1999. 3. SCHULZ VON THUN, Friedemann. Miteinander reden: 1. Berlin, 2010. 4. BEST, Otto F. Handbuch literarischer Fachbegriffe. Frankfurt am Main, 1973. 5. MALÁ, Jiřina. Textstilistische Analyse. Brno, 2016.