Verantwortlichkeit im Internet

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Transkript:

Verantwortlichkeit im Internet Haftung der Access-Provider Frieder Backu FA IT-Recht, FA Steuerrecht 5. Karlsruher IT-Tag

Gliederung I. Rechtsrahmen II. Verantwortlichkeit für Inhalte allgemein III. Haftung der Access-Provider IV. Ausblick Seite 2

I. Rechtsrahmen 1. Deutschland IuKDG 1997 2. Europa E-Commerce-RL 2000 3. Deutschland TDG und TMG 2001 4. Störerhaftung einschließlich der Mitstörer 5. Exkurs: 101 UrhG nf Seite 3

I. Rechtsrahmen 1. Deutschland: 1.8.1997 IuKDG mit TDG und Mediendienstestaatsvertrag 5 Verantwortlichkeit (1) Diensteanbieter sind für eigene Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. (2) Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. (3) Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Eine automatische und kurzzeitige Vorhaltung fremder Inhalte auf Grund Nutzerabfrage gilt als Zugangsvermittlung. (4) Verpflichtungen zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen bleiben unberührt, wenn der Diensteanbieter unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses gemäß 85 des Telekommunikationsgesetzes von diesen Inhalten Kenntnis erlangt und eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist. Seite 4

I. Rechtsrahmen 2. Europa: 8.6.2000: Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt. Erwägungsgründe 47 und 60 (47) Die Mitgliedstaaten sind nur dann gehindert, den Diensteanbietern Überwachungspflichten aufzuerlegen, wenn diese allgemeiner Art sind. Dies betrifft nicht Überwachungspflichten in spezifischen Fällen und berührt insbesondere nicht Anordnungen, die von einzelstaatlichen Behörden nach innerstaatlichem Recht getroffen werden. (60) Im Sinne der ungehinderten Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs muß dieser Rechtsrahmen klar, unkompliziert und vorhersehbar sowie vereinbar mit den auf internationaler Ebene geltenden Regeln sein, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie nicht zu beeinträchtigen und innovative Maßnahmen in diesem Sektor nicht zu behindern. Seite 5

I. Rechtsrahmen 2. Europa: 8.6.2000: Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt. Artikel 12 - Reine Durchleitung (1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der darin besteht, von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln oder Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln, der Diensteanbieter nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich ist, sofern er a) die Übermittlung nicht veranlaßt, b) den Adressaten der übermittelten Informationen nicht auswählt und c) die übermittelten Informationen nicht auswählt oder verändert. (2) Die Übermittlung von Informationen und die Vermittlung des Zugangs im Sinne von Absatz 1 umfassen auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung der übermittelten Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Information nicht länger gespeichert wird, als es für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist. (3) Dieser Artikel läßt die Möglichkeit unberührt, daß ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern. Seite 6

I. Rechtsrahmen 2. Europa: 8.6.2000 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt. Artikel 15 - Keine allgemeine Überwachungspflicht (1) Die Mitgliedstaaten erlegen Anbietern von Diensten im Sinne der Artikel 12, 13 und 14 keine allgemeine Verpflichtung auf, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. (2) Die Mitgliedstaaten können Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft dazu verpflichten, die zuständigen Behörden unverzüglich über mutmaßliche rechtswidrige Tätigkeiten oder Informationen der Nutzer ihres Dienstes zu unterrichten, oder dazu verpflichten, den zuständigen Behörden auf Verlangen Informationen zu übermitteln, anhand deren die Nutzer ihres Dienstes, mit denen sie Vereinbarungen über die Speicherung geschlossen haben, ermittelt werden können. Seite 7

I. Rechtsrahmen 3. Deutschland: Umsetzung der E-Commerce-RL durch EGG (2001) und Elektronischer-Geschäftsverkehr-VereinheitlichungsG v. 26.2.2007 7 Allgemeine Grundsätze (1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. (2) Diensteanbieter im Sinne der 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach 88 des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren. Seite 8

I. Rechtsrahmen 3. Deutschland: Umsetzung der E-Commerce-RL durch EGG (2001) und Elektronischer- Geschäftsverkehr-VereinheitlichungsG v. 26.2.2007 8 Durchleitung von Informationen (1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie 1. die Übermittlung nicht veranlasst, 2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und 3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen. (2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist. Seite 9

I. Rechtsrahmen 4. Störerhaftung Derjenige, der unabhängig von Art und Umfang seines eigenen Tatbeitrags in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, kann als Störer in Anspruch genommen werden (zb BGHZ 148, 13, 17 ambiente.de oder BGH 18.10.2001 Meißner Dekor). Einer pflichtwidrigen Mitwirkung steht ein Unterlassen gleich, wenn der in Anspruch genommene das eigenverantwortliche Handeln eines Dritten unterstützt oder ausnutzt, sofern er die zumutbare Möglichkeit der Verhinderung dieses Handelns hatte. Seite 10

I. Rechtsrahmen 4. Störerhaftung - Im Falle von absoluten Rechten im Sinne von 823 I BGB, 1004 BGB sind die Grundsätze der Störerhaftung uneingeschränkt anzuwenden. - Die Störerhaftung eröffnet Unterlassungs- nicht jedoch Schadensersatzansprüche. - Es kommt auf Kenntnis und Nähe zur Tat an. Seite 11

I. Rechtsrahmen 5. UrhG, 97 ff. nf - 11.4.2008: Verabschiedung des Gesetzes zum Schutz geistigen Eigentums durch den Bundestag - Umsetzung der EU-Durchsetzungsrichtlinie - Kampf gegen Produktpiraterie - Begrenzung der Kostenerstattungsansprüche auf 100 EUR bei Verbrauchern - Auskunftsanspruch gegen Dritte nach 101 UrhG nf: Voraussetzung ist die Glaubhaftmachung, dass in gewerbsmäßiger Weise unter einer bestimmten IP-Adresse verletzt wurde. Seite 12

II. Verantwortlichkeit für Inhalte allgemein 1. Rechtsprechung BGH 2. Rechtsprechung Instanzgerichte 3. Sonderproblem Links und Suchmaschinen 4. Sonderproblem fliegender Gerichtsstand Seite 13

II. Verantwortlichkeit für Inhalte allgemein 1. Rechtsprechung BGH a) 11.3.2004 I ZR 304/01 Internet-Versteigerung I Haftung von ricardo für Markenverletzungen (Rolex-Uhren) - Die Haftungsprivilegierung nach 11 TDG gilt nicht für Unterlassungsansprüche. - ricardo ist weder Täter noch Teilnehmer einer Markenverletzung. Die Inanspruchnahme als Teilnehmer setzt bedingten Vorsatz voraus. - Nach Kenntnis einer Markenverletzung besteht die Verpflichtung, das konkrete Angebot zu sperren. - Darüber hinaus müssen alle technisch möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen werden, um Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt. Seite 14

II. Verantwortlichkeit für Inhalte allgemein 1. Rechtsprechung BGH b) 19.4.2007 I ZR 35/04 Internet-Versteigerung II Haftung von ebay für Markenverletzungen (Rolex) - Die Haftungsprivilegierung des 10 TMG gilt auch nicht für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch. Ein Störer kann auch vorbeugend auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn es noch nicht zu einer Verletzung des geschützten Rechts gekommen ist, eine Verletzung in der Zukunft aber aufgrund der Umstände zu befürchten ist. - Voraussetzung dafür ist, dass der potentielle Störer eine Erstbegehungsgefahr begründet. - Es dürfen keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt werden, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. - Die Störerhaftung entspricht der Enforcement-RL 2004/48/EG vom 29.4.2004 Seite 15

II. Verantwortlichkeit für Inhalte allgemein 1. Rechtsprechung BGH c) 12.7.2007 I ZR 18/04 Jugendgefährdende Medien bei ebay Haftung von ebay für Handel mit jugendgefährdenden Medien - Wer im geschäftlichen Verkehr die ernsthafte Gefahr begründet, dass Dritte wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, ist aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht dazu verpflichtet, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen, 3 UWG. - Die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht eines Telediensteanbieters hinsichtlich rechtsverletzender fremder Inhalte konkretisiert sich als Prüfungspflicht. Voraussetzung einer Haftung des Telediensteanbieters ist daher eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Seite 16

II. Verantwortlichkeit für Inhalte allgemein 2. Rechtsprechung Instanzgerichte - Breit gefächerte Kasuistik - Konsolidierung und Übernahme der Wertung des Bundesgerichtshofes - Teilweise weitgehend 3. Sonderproblem Links und Suchmaschinen 4. Sonderproblem fliegender Gerichtsstand Seite 17

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung 2. Technik 3. Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei Host- und Access-Providern 4. Blick auf andere Rechtsordnungen Seite 18

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung zu Access-Providern a) Entwicklungen bis zur Youporn-Sperrung durch Arcor b) LG Frankfurt am v. 17.10.2007 (6. Kammer) c) LG Kiel v. 23.11.2007 d) LG Frankfurt am v. 5.12.2007 (3. Kammer), LG Düsseldorf v. 13.12.2007, LG Düsseldorf v. 15.1.2008, OLG Frankfurt v. 22.1.2008 e) OLG Düsseldorf v. 15.1.2008 Usenet f) Interfamiliäre Zugangsgewährung g) W-LAN Seite 19

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung b) LG Frankfurt am v. 17.10.2007 (6. Kammer) Den Antragsgegnern wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,--EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, bzgl. Der Antragsgegnerin zu 1) zu vollstrecken am Vorstand ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin - für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt -,im geschäftlichen Verkehr Nutzern den Zugang zum Internet zu ermöglichen ohne gleichzeitig den Zugang dieser Nutzer zu folgender Webseite zu sperren: 1. www.y.com, solange auf dieser a. pornografische Darbietungen ohne jegliche Zugangsbeschränkung verbreitet werden oder. Die Schutzschrift vom 25.9.07 lag vor. Gründe: Dieser Beschluß beruht auf den 3, 4, 8, 12 ff. UWG, soweit dem Antrag stattgegeben wurde. Seite 20

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung c) LG Kiel 23.11.2007 14-O 125/07 Ein Erotikversand verlangt von einem Zugangsprovider die Sperrung des Zugangs zu zwei Erotikseiten über dessen eigenen DNS-Server. Beanstandet wird der unzureichende Schutz von Jugendlichen vor pornografischen Inhalten, die sich auch an den deutschen Markt richten. Nach Auffassung des Klägers sei die Sperrung der Webseiten über den DNS-Server der Beklagten geeignet und angemessen. Diese haften ab Kenntniserlangung verschuldensunabhängig als Mitstörer. Das LG Kiel verneint einen Verfügungsanspruch. - Die Beklagten seien weder Täter noch Teilnehmer von Zuwiderhandlungen, da die fraglichen Internetseiten nicht von den Beklagten betrieben werden und keine vertragliche Verbindung zu den Betreibern bestehe. Die Beklagten stellen lediglich den Zugang zum Internet und somit auch zu den beanstandeten Seiten zur Verfügung. Die reine Telekommunikationsleistung sei inhaltsneutral. Die Beklagten profitieren in keiner Weise von den beanstandeten Seiten. Seite 21

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung c) LG Kiel 23.11.2007 14-O 125/07 - Darüber hinaus könne kein Verstoß gegen eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht der Beklagten angenommen werden. Die Beklagten haben nicht in zurechenbarer Weise eine ernst zu nehmende Gefahr einer Interessenverletzung der Kläger begründet. Die Gefahren aus den beanstandeten Seiten liegen nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten. - Auch scheide eine Störerhaftung analog 1004 BGB aus. Als Störer hafte nur derjenige, der auch ohne Verschulden willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Rechtsbeeinträchtigung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten mitwirkt, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hat. - 7 Abs. 2 Satz 1 TMG stehe einer Inanspruchnahme zwar nicht entgegen, da die Verpflichtung zur Entfernung oder Sperrung von Informationen nach allgemeinen Gesetzen alle Diensteanbieter treffe. Allerdings könne die beantragte Sperrung rechtswidrige Darbietungen weder verhindern noch in geeigneter Weise einschränken. Der DNS-Server könne geändert werden. Außerdem gebe es viele weitere Provider. Seite 22

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung d) ähnlich: Anspruch auf Sperrung wird abgelehnt aus folgenden Gründen: - Kein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG - Kein Verstoß gegen eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht - Keine Störerhaftung - Keine zurechenbare Erhöhung der Gefahr - Keine rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Verhinderung - Keine Teilnahme des Access-Providers am wirtschaftlichen Erfolg - Keine Angemessenheit der Sperrungsverfügung Seite 23

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung e) OLG Düsseldorf v. 15.1.2008 I 20 U 95/07 Usenet - Kein Unterlassungsanspruch gegen Usenet-Betreiber - Der Betreiber sei zwar an der Verbreitung urheberrechtsverletzender Informationen beteiligt, sobald diese über den Newsserver abgerufen werden. Diese bloße Kausalität der Zugangsvermittlung und Rechtsverletzung sei aber nicht ausreichend. Zusätzlich erfordere sie die Verletzung einer Prüfpflicht, deren Einhaltung dem Cache-Provider im Einzelfall auch möglich und zumutbar sein müsse. - Auch gehe es nicht an, das erstrebte Verbot erst einmal zu erlassen und die Entscheidung, ob der Schuldner alles ihm Zumutbare tut, aus dem Erkenntnisverfahren in künftige Vollstreckungsverfahren zu verlagern. - Schließlich hätte der Rechtsinhaber es selbst in der Hand gehabt über ein sog. Fremdcancel die streitgegenständlichen Musiktitel von den Servern des Betreibers zu entfernen. Seite 24

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung f) Interfamiliäre Zugangsgewährung - z. B. LG Hamburg 21.4.2006 Unterlassungsanspruch des Familienvaters Seit Herbst 1999 sei es nicht ungewöhnlich, das Kinder den Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchten, weshalb die Überlassung des Anschlusses eine adäquate Mitwirkung darstelle. Die sich hieraus ergebenden Prüfungspflichten seien umso stärker, je gefährlicher die Nutzung des Internet einerseits und die nutzende Person mangels Unrechtsbewusstsein und Minderjährigkeit andererseits sei. - oder LG Mannheim 29.9.2006 abgestufter Verantwortungsmaßstab. Eine dauerhafte Überprüfung des Verhaltens von Kindern sei unzumutbar. Seite 25

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 1. Rechtsprechung g) W-LAN - zb LG Hamburg 26.7.2006 Ungeschützte Netze begründen Störerhaftung - oder LG Mannheim 25.1.2007 - Passwortsicherung WEP WPA Seite 26

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 2. Technik - Hauptmöglichkeiten der Sperrung: - The Net interprets censorship as damage and routes around it (John Gilmore, 1993) - Änderung des Eintrags im DNS-Server Der Eintrag des eigenen DNS-Servers des Access-Providers wird geändert. Dies führt dazu, dass bei Eingabe einer Domainbezeichnung wie www.google.de keine Verbindung mehr zur zutreffenden IP-Nummer hergestellt wird, sofern diese Sperre nicht umgangen wird. - IP-Blocking Die Verbindung zur angefragten IP-Nummer wird nicht hergestellt, sofern die Sperre nicht umgangen wird. Es besteht die Gefahr, dass auch andere Inhalte gesperrt werden. Seite 27

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III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 2. Technik - Umgehungsmöglichkeiten: - Direkte Eingabe der IP-Adresse - Wechsel des DNS-Servers - Einsatz von Proxyservern - Firmennetzwerke, VPN-Verbindungen etc. - Wechsel des Providers - etc. Seite 30

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 3. Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei Host- und Access-Providern Host-Provider Access-Provider Vertragliche Bindung mit Verursacher Einfluss auf Inhalt Ja Eingeschränkt Nein Nein Partizipation am wirtschaftlichen Erfolg Ja Nein Technische Möglichkeit der Verhinderung Ja Eingeschränkt Schadensersatz bei rechtswidriger Sperrung Ja Ja Seite 31

III. Verantwortlichkeit der Access-Provider 4. Blick in andere Rechtsordnungen - EU-Parlament votiert gegen Internetzugangssperren als Mittel im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen (10.4.2008) - Europarat: Diskussionen über Filter - Kommission: Content Online-Strategie - England - Italien - Frankreich - Arabische Länder Seite 32

Noch Fragen? Sie erreichen mich auch unter: frieder.backu@ssw-muc.de Seite 33

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und ein schönes Restwochenende Seite 34