Fortbildung 2008. Nadelstichverletzungen im Rettungsdienst. und. Postexpositionsprophylaxe. Skript als Begleitunterlage



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Transkript:

Fortbildung 2008 Nadelstichverletzungen im Rettungsdienst und Postexpositionsprophylaxe Skript als Begleitunterlage

Inhaltsverzeichnis 1 Gefahr und Risiken Seite 3 1.1 Definition Nadelstichverletzung Seite 3 1.2 Infektionsrisiken im Gesundheitswesen Seite 3 1.2.1 Wo liegen die Gefahren? Seite 3 1.2.2 Wer ist gefährdet? Seite 3 1.2.3 Ist eine Infektion nicht sehr unwahrscheinlich? Seite 4 1.2.4 Wie viele Nadelstichverletzungen ereignen sich und was sind die Folgen? Seite 5 1.2.5 Was tun bei Nadelstichverletzungen? Seite 6 1.2.6 Wie kann man sich schützen? Seite 7 2 Präventionsmaßnahmen Seite 7 2.1 Technische Maßnahmen, sichere Instrumente Seite 7 2.1.1 Bestmöglicher Schutz vor Nadelstichverletzungen Seite 7 2.1.2 Effizienz Seite 8 2.1.3 Kriterien für sichere Instrumente Seite 8 2.1.4 Kosten und Nutzen der Einführung sicherer Instrumente Seite 9 2.1.4.1 Methode Seite 9 2.1.4.2 Ergebnisse Seite 10 2.1.4.3 Diskussion Seite 11 2.2 Organisatorische Maßnahmen Seite 11 2.3 Impfung Seite 11 2.4 PSA Persönliche Schutzausrüstung Seite 12 3 Kosten einer Nadelstichverletzung Seite 12 4 Arbeitschutzrechtliche Bestimmungen Seite 14 4.1 BioStoffV Seite 14 4.2 TRBA 250 Seite 14 4.3 Konkrete Schutzbestimmungen zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen Seite 16 Quellennachweis Seite 17 Impressum Seite 17 2

1. Gefahr und Risiken Zunächst soll auf die allgegenwärtige Gefahr durch unvorsichtigen Umgang mit kontaminierten Gegenständen hingewiesen werden. Nicht nur im Rettungsdienst, sondern überall im Gesundheitswesen, wo zeitkritisch und hektisch gearbeitet wird, werden Kompromisse auf Kosten des Arbeitsschutzes und der eigenen Sicherheit gemacht. Daher sollen hier explizit die Gefahren vorgestellt und Vemeidungstaktiken präsentiert werden. 1.1 Definition Nadelstichverletzung Jeglicher Stich-, Schnitt- und Kratzverletzungen der Haut durch Nadeln, Messer etc., die mit Patientenmaterial verunreinigt waren, unabhängig davon, ob die Wunde geblutet hat oder nicht. 1.2 Infektionsrisiken im Gesundheitswesen Welche Personengruppen und welche Arbeiten sind gefährdet? Gibt es allgemeine Regeln oder sieht jeder Arbeitsplatz anders aus. Was ist eine Nadelstichverletzung? Welche Infektionsrisiken gibt es? 1.2.1 Wo liegen die Gefahren? Neben Tröpfchen- und Schmierinfektionen spielen insbesondere Blutkontakte sowie Kontakte mit anderen Körperflüssigkeiten eine Rolle. Hierbei gelangt das Blut des infektiösen Patienten durch Nadelstich, aufgrund einer Stichverletzung an einem scharfen/ spitzen Instrument, oder durch Kontakt mit Auge, Haut sowie Nasen-, Mund- und anderen Schleimhäuten - Tröpfcheninfektion - Schmierinfektion - Direkter Kontakt mit Blut in den Organismus des Beschäftigten. Wichtigste Erreger in dieser Sparte der beruflichen Gefährdungen sind das Hepatitis B-Virus (HBV) das Hepatitis C-Virus (HCV) das Humane Immunodefizienz Virus (HIV) Wichtige Krankheitserreger 1.2.2. Wer ist gefährdet? Weit über 2 Million Beschäftigte im Gesundheitswesen sind generell aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit infektionsgefährdet. 3

Hierzu zählen insbesondere folgende Berufsgruppen: Ärztliches Personal Pflegepersonal Beschäftigte im Rettungsdienst Laborpersonal Funktionspersonal wie z.b. MTA/ BTA/ PTA Reinigungspersonal (auch von Fremd- Dienstleistern) Hilfspersonal (z.b. Zivildienstleistende, Pflegehilfen) Wichtige gefährdete Berufsgruppen Seit Inkrafttreten der Biostoffverordnung im Jahre 1999 müssen auf der Basis des Arbeitsschutzgesetzes Gefährdungsbeurteilungen vorgenommen werden. Darüber hinaus muss ein System entwickelt werden, mit dessen Hilfe Unfälle an den Betriebsarzt (oder an die dafür verantwortliche Stelle) gemeldet werden können, damit eine Risikoanalyse durchgeführt werden kann, Präventionsstrategien (z.b. Schutzimpfungen) entwickelt, und Sofortmaßnahmen für die postexpositionelle Prophylaxe ergriffen werden können. 1.2.3. Ist eine Infektion nicht sehr unwahrscheinlich? Das Risiko einer solchen tätigkeitsbedingten Infektion durch blutübertragene Erreger hängt davon ab, wie viele infektiöse Patienten in der entsprechenden Einrichtung vorhanden sind, mit welchen Erregern die Patienten infiziert sind, und wie häufig die Blutkontakte aufgrund der Arbeitsbedingungen sein können. Natürlich hängt das Infektionsrisiko auch von der Art der Verletzung ab - allerdings ist hier größte Vorsicht geboten, denn selbst kleinste, oft als Bagatelle eingestufte Verletzungen können bereits zu einer schwerwiegenden Infektion bis hin zu einer Berufskrankheit führen! Das Risiko einer Infektion nach einer Nadelstichverletzung setzt sich aus zwei Faktoren zusammen: Infektiöser Quellpatient (Prävalenz) Übertragungswahrscheinlichkeit gegeben (Serokonversionsrate) Wie hoch ist das Infektionsrisiko? Nadelstichverletzung en dürfen nicht bagatellisiert werden Wahrscheinlichkeit einer Infektion bei NSV Infektionsrisiko = Prävalenz x Serokonversionsrate 4

Der Anteil der infektiösen Personen (Prävalenz) in Deutschland liegt bei ca.: 1,3 % Hepatitis B (1.000.000 Personen) 0,5 % Hepatitis C (400.000 Personen) 0,05 % HIV/AIDS (40.000 Personen) Zu einer Übertragung (Serokonversion) nach einer Nadelstichverletzung kommt es bei HBV in 300 von 1000 Fällen bei HCV in 30 von 1000 Fällen bei HIV in 3 von 1.000 Fällen Damit beträgt das rechnerische Infektionsrisiko für die jeweiligen Erreger ca.: 1 : 250 für Hepatitis B 1 : 6500 für Hepatitis C 1 : 650000 für HIV/AIDS Rechnerisches Infektionsrisiko für eine Infektion Dieses Risiko erhöht sich drastisch, je schwerer die Verletzung (Tiefe des Einstichs) ist. Zum Vergleich: Wahrscheinlichkeit eines 3ers beim Lotto: 1 : 61 Wahrscheinlichkeit von 1 : 6500 für Hepatitis C Wahrscheinlichkeit eines 4ers beim Lotto: 1 : 1032 1.2.4. Wie viele NSV ereignen sich und was sind die Folgen? Studien zufolge ereignen sich allein im stationären Versorgungsbereich bei 750.000 Beschäftigten über 500.000 NSV pro Jahr. Das Risiko einer NSV ist allgegenwärtig, somit ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Beschäftigter eine NSV zuzieht. Nur in der stationären Pflege allein ereignen sich jährlich 500.000 NSV Statistisch gesehen ergeben sich daraus jährlich mindestens: 400 HBV-Serokonversionen (bei einer Durchimpfungsrate von 80 %) 75 HCV-Serokonversionen 1 HIV-Serokonversion Tatsächlich ist mit einer wesentlich höheren Zahl von Infektionen bzw. Serokonversionen zu rechnen, da beim Patientengut im Krankenhaus von deutlich höheren Prävalenzen auszugehen ist. Mindestens erfolgen hieraus 400 Hepatitis Infektion und 1 HIV Infektion Dunkelziffer sehr hoch! Überdies verbirgt sich hinter jedem so genannten»einzelfall«ein tragisches menschliches Schicksal. Über die gesundheitlichen Belastungen hinaus bedeutet eine Infektion in vielen Fällen Berufsunfähigkeit - mit allen ökonomischen und sozialen Konsequenzen. 5

Nadelstichverletzungen passieren! Das hat nichts mit persönlichem Fehlverhalten zu tun, sondern ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit, der Arbeitsbedingungen und Arbeitstechniken, sowie der Technologie und anderer Faktoren, die vom einzelnen Beschäftigten nicht immer kontrolliert werden können. Die resultierenden Gesundheitsrisiken gehen uns alle an. Vor ihnen sollten wir unsere Augen nicht verschließen. 1.2.5. Was tun bei einer NSV? Jede NSV muss umgehend der zuständigen Stelle gemeldet werden. Nur so kann der Mitarbeiter sichergehen, dass alles Erforderliche getan wird, um ihn vor schlimmen gesundheitlichen Folgen zu bewahren. Hierzu gehört in erster Linie die Entscheidung über die Durchführung einer postexpositionellen Prophylaxe. Auch versicherungsrechtlich ist die umgehende Meldung von größter Bedeutung. Nur wenn das auslösende Ereignis sorgfältig dokumentiert ist, kann etwa im Falle eines Berufskrankheitenverfahren der so wichtige Beweis für eine berufliche Ursache der Infektion oder Folgeerkrankung erbracht werden. Meldung Betriebsarzt Blutuntersuchung Ggf. Postexpositionsproph ylaxe Wichtig für die Beweisführung der NSV als berufliche Ursache NSV sind niemals Bagatellfälle Jeder Fall kann schlimme Folgen haben. Mit einer Meldung kann jeder Mitarbeiter dazu beitragen, dass geeignete Präventionsmaßnahmen ergriffen werden können. Denn nur wenn exakte Informationen über Art, Vorkommen, Verletzten und Infektionsquelle vorliegen, können Risiken systematisch verringert werden. Durch umgehende Meldung jeder NSV leistet der Mitarbeiter deshalb einen wichtigen Beitrag zu besseren und sichereren Arbeitsbedingungen und hilft dadurch auch seinen KollegInnen. Deshalb: Jede Nadelstichverletzung muss umgehend der zuständigen Stelle gemeldet werden! 6

1.2.6. Wie kann man sich schützen? Einen 100%igen Schutz gegenüber Infektionen gibt es leider nicht. Schutzimpfungen sind derzeit nur gegen das Hepatitis B-Virus möglich, gegen HCV und HIV gibt es keine Impfmöglichkeit! Deshalb muss die Vermeidung von NSV im Vordergrund stehen! Nadelstichverletzungen können in einer Vielzahl von Arbeitssituationen auftreten, z.b. wenn nach einer Blutentnahme oder einer Injektion die Spritze mit der Kanüle beidhändig in die Schutzkappe gesteckt wird (»recapping«). Eine weitere Risikoquelle liegt im Entsorgungsbereich: achtlos liegen gelassene Instrumente, in Anzahl und Qualität unzureichende Entsorgungsbehältnisse überfüllte Entsorgungsbehältnisse Um ein höheres Maß an Sicherheit für die Beschäftigten im Gesundheitswesen zu erreichen, sollten grundsätzlich nur Arbeitsmittel mit integrierten Sicherheitsvorrichtungen verwendet werden. Dies hilft, Verletzungen weitestgehend auszuschließen. Die üblichen Schutzausrüstungen wie Körper-, Augen-, Gesichts- und Handschutz sollten immer verwendet werden. Gerade zur generellen Vermeidung von Kontakten mit Blut- und Körperflüssigkeiten sollten immer Handschuhe getragen werden. Es gibt keinen 100%igen Schutz Schutzimpfung: Hepatitis A, B Vermeidungsstrategien Ordnung & Sauberkeit Sichere Instrumente Persönliche Schutzausrüstung 2. Präventionsmaßnahmen Gegen Nadelstichverletzungen lassen sich viele wirksame Maßnahmen ergreifen. Im Folgenden werden die vier wichtigsten Maßnahmengruppen vorgestellt. 2.1 Technische Maßnahmen, sichere Instrumente Eine der größten Errungenschaften für die Reduktion von NSV ist die Einführung von Safety Produkten. 2.1.1 Bestmöglicher Schutz vor Nadelstichverletzungen Arbeitsmittel mit integrierten Sicherheitsvorrichtungen bieten den besten Schutz vor Nadelstichverletzungen. Heutzutage gibt es für nahezu alle Bereiche (Injektion, Infusion, Blutentnahme, etc.) Instrumente mit Sicherheitsvorrichtungen zum Schutz vor NSV und den damit verbundenen Infektionsrisiken. Höchste Qualität zur Vermeidung von NSV haben sichere Instrumente Der besondere Vorteil dieser sicheren Instrumente liegt darin, dass durch die integrierte Schutzvorrichtung jederzeit, 7

unabhängig von der jeweiligen Arbeitssituation und derer besonderen Umstände (wie z.b. Stress, unübersichtliches Arbeitsfeld, schwer kontrollierbare Situation usw.), ein bestmöglicher Schutz vor Nadelstichverletzungen gegeben ist. In Ländern, in denen der Einsatz dieser sicheren Instrumente bereits gesetzlich vorgeschrieben ist, wurde durch Studien klar belegt, dass die Anzahl der NSV um bis zu 90% reduziert werden konnte. Eine Einführung sicherer Instrumente reduziert NSV um ca. 90% 2.1.2 Effizienz Bei einem typischen Nadelstich mit einer blutgefüllten Hohlnadel wird eine Blutmenge von ca. 1 Mikroliter übertragen. 1 ml Blut eines Hepatitis-B-Infizierten enthält bis zu 10 14 Viruskopien. Selbst wenn nur jede zehnte Viruskopie vermehrungsfähig ist, enthält ein Mikroliter immerhin 10 10 potentiell infektiöse Erreger. Für die Infektion einer ungeimpften Person sind aber nur ca. 100 vermehrungsfähige Viruskopien notwendig. Das bedeutet, dass ein Mikroliter immer noch genug Erreger erhält, um 10 8 Menschen zu infizieren! Daher ist kein Nadelstich eine Bagatellverletzung! Blutmenge bei NSV reicht aus, um 10 8 Menschen mit Hepatitis B anzustecken 2.1.3 Kriterien für sichere Instrumente Internationale Richtlinien sehen vor, dass Sicherheitsprodukte zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen (NSV) so beschaffen sein müssen, dass das Risiko einer NSV für den Anwender und anderes Personal, sowohl während und nach dem Gebrauch als auch während und nach der Entsorgung ausgeschlossen werden kann. Um als effektives Sicherheitsprodukt eingestuft werden zu können, müssen folgende Leistungsmerkmale erfüllt sein: Der Sicherheitsmechanismus ist integraler Bestandteil des Produktes und somit kein Zubehör Die Aktivierung muss intuitiv erfolgen können Die Aktivierung muss sofort nach dem Entfernen aus der Vene/Arterie möglich sein. Die Aktivierung des Sicherheitsmechanismus kann mit einer Hand erfolgen (die andere Hand sollte für die Kompression der Punktionsstelle einsetzbar sein) Der Gebrauch des Sicherheitsproduktes erfordert nicht eine prinzipielle Änderung der Anwendungstechnik Der Sicherheitsmechanismus darf nicht reversibel (reaktivierbar) sein Das Sicherheitsprodukt muss völlig kompatibel mit anderem Zubehör sein Das Sicherheitsprodukt darf nicht die Sicherheit des Patienten gefährden Die erfolgte Aktivierung des Sicherheitsmechanismus muss durch ein deutliches Signal (fühlbar oder hörbar) erkennbar sein Internationale Standards legen folgende Kriterien für die Bezeichnung als sichere Instrumente fest 8

2.1.4 Kosten und Nutzen der Einführung für Sichere Instrumente Häufig scheitert die Einführung sicherer Instrumente an den vermeintlich hohen Kosten für den Einkauf sicherer Produkte. Diese falsche Einschätzung der Situation wurde in einer Studie untersucht und herausgefunden, dass tatsächlich keine Mehrkosten entstehen. Einführung sicherer Produkte ist mit Mehrkosten verbunden. Daran scheitert häufig die Umsetzung 2.1.4.1 Methode Zunächst wurden die durchschnittlichen Kosten einer Nadelstichverletzung bestimmt. Hierfür wurde ein Krankenhaus der maximalen Versorgungsstufe als Modell gewählt. Alle Maßnahmen und Kostenfaktoren, die bei der Meldung und Nachsorge einer Nadelstichverletzung entstehen, wurden in die Berechnungen miteinbezogen. Die Mehrkosten durch Sichere Instrumente wurden im Rahmen einer Herstellerbefragung für die konkrete Bezugssituation des Modellkrankenhauses von 1000 Betten erhoben. Folgende Situation stellte sich beim Vergleich der Zahlen dar. Den eingesparten Kosten innerhalb des Hauses und für den Unfallversicherungsträger stehen die Mehrkosten für die Einführung der Sicherheitsprodukte gegenüber. Studienergebnisse: Mehrkosten der Einführung von SI steht Kostenminimierung bei den Unfallkassen gegenüber In Abhängigkeit von der Anzahl der tatsächlich gemeldeten Kanülenstichverletzungen und einem angenommenen Rückgang der Stichverletzungen um 85% ergeben sich verschiedene Kosten-Nutzen- Konstellationen. 9

2.1.4.2 Ergebnisse Es ergab sich, dass die Einführung von sicheren Instrumenten mit großen Mehrkosten verbunden ist. Gleichzeitig zeigte sich jedoch, dass die Kosten einer Nadelstichverletzung sehr hoch sind. In Abhängigkeit von der Anzahl der gemeldeten Stichverletzungen (Langjähriger Durchschnitt des Hauses = 166) kann sich die Einführung sicherer Instrumente schon bei deren derzeitigen Kostenniveau rentieren. Allerdings erfolgt der größte Nutzen auf Seiten des Unfallversicherungsträgers während das Haus die Mehrkosten durch die sicheren Instrumente (abzüglich der Kosten durch Kanülenstichverletzung für das Haus) zu tragen hat. Einführung sicherer Instrumente ist mit erheblichen Mehrkosten verbunden. Aber diese Kosten stehen einer immensen Ersparnis bei den Unfallkassen gegenüber Mehrkosten durch die Einführung Sicherer Instrumente; Krankenhaus: 1006 Betten, Maximalversorgung, 2477 Mitarbeiter 2.1.4.3 Diskussion Die Dunkelziffer bei Nadelstichverletzungen ist sehr hoch. Die gemeldeten Fälle bilden das eigentliche Unfallgeschehen nur unzureichend ab. Die Kosten für nicht gemeldete Kanülenstiche sind schwer zu erfassen, die volkswirtschaftlichen Kosten für die daraus resultierenden Krankheiten sehr hoch. Setzt man die Kosten durch gemeldete Nadelstichverletzungen denen der sicheren Instrumente gegenüber und nimmt einen Rückgang des Unfallgeschehens nach deren Einführung um 85% an, so zeigt sich, dass die Mehrkosten der sicheren Instrumente einer erheblichen Einsparung durch Vermeidung von Folgekosten gegenüberstehen. Hierbei stehen Einsparungen auf Seiten des Unfallversicherungsträgers den Mehrkosten des Krankenhauses gegenüber. Für das gewählte Haus bedeutet das, dass für den Fall, es würden vor der Einführung der sicheren Instrumente 500 Kanülenstiche gemeldet, Mehrkosten durch die Einführung von 92.898 einer Ersparnis von 146.217 auf Seite der Unfallversicherung (UV) gegenüberstünden. Ein Anreiz zur Einführung sicherer Instrumente könnte also eine Prämie der Unfallversicherung für die jeweiligen Institutionen sein, die sicherere Instrumente einführen, um sie an der Kostenreduktion der Unfallkassen teilhaben zu lassen. 10

2.2 Organisatorische Maßnahmen Leider sind immer noch Verhaltensweisen im klinischen Alltag zu beobachten, die als hochriskant zu betrachten sind und deshalb oft zu NSV führen. Hierzu gehören insbesondere: Recapping (Zurückstecken der Schutzkappe auf gebrauchte Kanülen) Unzureichende Entsorgung von gebrauchten Instrumenten Mangelhafte Entsorgungsbehältnisse Überfüllte Entsorgungsbehälter Unzureichende Anzahl und Ausstattung mit geeigneten Entsorgungsbehältern Das Injizieren von Blut in Blutkulturflaschen Das Entnehmen von Blut aus Blutkulturflaschen mittels Spritzenkanülen Manuelles Entfernen der Kanüle von der Spritze Fremdverschulden (z.b. durch Patientenbewegung/achtlose Übergabe von Instrumenten) Blutentnahme mittels Spritzenkanüle aus einer liegenden Leitung (z. B. Katheter) Einspritzen von Materialien in einen Probenbehälter (z. B. In ein Labor- Röhrchen) Kontinuierliche Schulungs- und Trainingsmaßnahmen, sowie konkrete Arbeitsanweisungen können die Sicherheit des Personals gewährleisten. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann, nicht zuletzt durch Faktoren wie z.b. steigendem Arbeitsaufkommen, zunehmende Komplexität der Arbeit oder gesteigerter Zeitdruck menschliches Fehlverhalten nie ausgeschlossen werden. Im klinischen Alltag werden wichtige Verhaltensregeln häufig nicht eingehalten Wichtige Verhaltensregeln zur Vermeidung von NSV Schulungen und praktische Übungen und korrekte Arbeitsanweisungen sollen menschliches Fehlverhalten reduzieren 2.3 Impfung Hundertprozentige Sicherheit gegenüber einer Infektion gibt es in keiner Sparte des Gesundheitswesens. Deshalb sollten unabhängig vom Schweregrad der Gefährdung grundsätzlich alle Präventionsmaßnahmen ausgeschöpft werden, die derzeit zu Verfügung stehen. Dazu gehört als eine der wichtigsten Maßnahmen die Durchführung der Hepatitis B-Schutzimpfung. Vor der Schutzimpfung wird ein Antikörpertest gemacht, damit man feststellen kann, Impfung: der beste Schutz! Leider nur für Hepatitis A und B erhältlich ob eine Impfung überhaupt notwendig ist, weil beispielsweise ein Schutz aufgrund einer natürlichen Infektion gegeben ist, oder ob sogar eine chronische Infektion mit dem Erreger der Hepatitis B besteht, was dann zur medikamentösen Behandlung Anlass geben sollte. Während der 80er Jahre, d.h. nach Einführung der Schutzimpfung gegen Hepatitis B, ging die Zahl der berufsbedingten Erkrankungen in Deutschland zunächst stetig 11

zurück. Seit Ende der 80er Jahre verharrt sie allerdings bei der immer noch beunruhigend großen Zahl von ca. 500 Fällen im Jahr. Die Hepatitis B Impfung ist hocheffizient, gut verträglich und muss lt. Biostoffverordnung vom Arbeitgeber kostenlos angeboten werden und sollte von daher immer in die Präventionserwägungen einbezogen werden. Allerdings gibt es noch keine Schutzimpfungen gegen Hepatitis C sowie HIV/AIDS und ist auch in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. 2.4 PSA Persönliche Schutzausrüstung Generell sollten immer entsprechende Schutzausrüstungen, wie Körper-, Augen-, Gesichts- und Handschutz verwendet werden. Bei chirurgischen Eingriffen empfiehlt es sich, doppelte Handschuhe anzuwenden, da diese das Risiko eines Blutkontakts nachgewiesenermaßen wesentlich (bis zu 10-mal seltener) vermindern können. Persönliche Schutzausrüstung sollte stets getragen werden. Reduktion des Risikos um den Faktor 10! Handschuhe bieten zwar einen guten Schutz vor Blut und Körperflüssigkeitskontakten, sie können allerdings kaum einen Schutz vor Verletzungen mit scharfen und spitzen Gegenständen bieten. 3. Kosten einer Kanülenstichverletzung Fast alle Nadelstichverletzungen im nicht-chirurgischen Bereich lassen sich durch den Einsatz von Sicherheitsprodukten verhindern. Die flächendeckende Einführung dieser sicheren Instrumente scheitert momentan an den Mehrkosten. Dabei werden durch die drei wichtigsten blutübertragbaren Infektionserreger (HBV, HBV, HIV) den Unfallversicherern und der Gesellschaft jährlich Kosten in zweistelliger Millionenhöhe zugefügt. Eine Studie zeigt, wie viel Kosten durch einen Stich mit einer potenziell infizierten Kanüle entstehen. Was kostet ein Stich mit einer infizierten Kanüle? Die Unfallversicherer zahlen jährlich mehrere Millionen Als Basis für die Berechnungen dienten die in einem Krankenhaus der maximalen Versorgungsstufe gemeldeten Daten über Nadelstichverletzungen 12

Testkosten/Behandlungskosten nach Rote Liste/GOÄ Es wurden einerseits die Kosten für notwendige Tests und für ärztliche Leistungen ermittelt und andererseits die Kosten für den Arbeitsausfall anhand der im öffentlichen Dienst üblichen Besoldung gemittelt. Die Berechnungen für ein Musterkrankenhaus ergaben durchschnittliche Gesamtkosten für eine Nadelstichverletzung in Höhe von 413 ; die anteiligen Kosten durch die einzelnen Infektionserreger betrugen für HIV 307,18, für HCV 46,46, und für HBV 59,20. Ein Stich kostet ca. 413 Euro Resultiert aus dem Stich eine HIV Infektion, kostet sie das Leben. Kosten einer Kanülenstichverletzung in Abhängigkeit von Prävalenz und Durchimpfungsrate Kostensenkend wirkte sich vor allem die hohe Durchimpfungsrate von 90% gegen HBV und die Möglichkeit, bei 90% der Spender deren serologische Daten im Bezug auf HBV und HCV zu ermitteln aus. Die hohe Impfrate im Gesundheitsdienst reduziert deutlich die Kosten Die unterschiedliche Prävalenz der einzelnen Infektionserreger in der Allgemeinbevölkerung und in der Krankenhausbevölkerung hatte nur geringen Einfluss auf die entstehenden Kosten. 13

4. Arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen In den USA gibt es bereits seit 2001 arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen, die den Einsatz sicherer Instrumente zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen eindeutig vorschreiben. Im Zuge der europäischen Gesetzgebung wurden Richtlinien geschaffen, deren Ergebnisse in der in Deutschland gültigen Biostoffverordnung festegelegt sind. Wichtige arbeitschutzrechtliche Bestimmungen sind: 4.1 Biostoffverordnung Seit Inkrafttreten der Biostoffverordnung im Jahre 1999 müssen auf Basis des Arbeitsschutzgesetzes Gefährdungsbeurteilungen vorgenommen werden. Die Gefährdungsbeurteilung, die das Arbeitsschutzgesetz für alle Arbeitgeber vorschreibt, soll eine systematische betriebliche Analyse in Bezug auf Tätigkeiten und den damit verbundenen potenziellen Gefahren ermöglichen und somit die Ausgangsbasis für die Festlegung von vorbeugenden, systematischen und umfassenden Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer bilden. Eine weitere Konkretisierung der Schutzmaßnahmen wird in den Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) vorgenommen, auf die im Folgenden besonderes Augenmerk gerichtet werden soll, da hier erstmals konkrete Schutzbestimmungen zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen gefordert werden. Verordnung über den Umgang mit biologischen Stoffen. Biostoffverordnung TRBA 250 4.1 TRBA 250 Die TRBA 250 wurden vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe in Kooperation mit dem Fachausschuss Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) aufgestellt und sind am 1. August 2006 durch Bekanntmachung im Bundesarbeitsblatt durch das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft in Kraft getreten. Die TRBA 250 sind mit gleichem Wortlaut in vollem Umfang in den entsprechenden Teil der BGR 250 (Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit) integriert. Zum 1. August 2006 wurde der Paragraph 4.2.4 verschärft. 14

In den TRBA 250 heißt es: Diese TRBA findet Anwendung auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Arbeitsbereichen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege, in denen Menschen medizinisch untersucht, behandelt oder gepflegt werden, Tiere medizinisch untersucht, behandelt oder gepflegt werden. Zu den Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zählt der berufliche Umgang mit Menschen, Tieren, biologischen Produkten, Gegenständen oder Materialien, wenn bei diesen Tätigkeiten biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können, z.b. auch durch Bioaerosole oder Blutspritzer, und dabei Beschäftigte mit diesen direkt in Kontakt kommen können, z.b. durch Einatmen, Haut-/Schleimhautkontakt oder Kanülenstichverletzungen. Dies sind nicht gezielte Tätigkeiten nach der Biostoffverordnung. Gefährdungsbeurteilung und Festlegung der Schutzmaßnahmen nach der Biostoffverordnung sind Tätigkeiten in Abhängigkeit der von ihnen ausgehenden Gefährdungen einer Schutzstufe zuzuordnen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Die TRBA 250 konkretisiert eben diese Schutzmaßnahmen und verschafft so dem Arbeitgeber Rechtssicherheit. 4.2 Haftungsaspekte Geltungsbereich der TRBA 250 Insbesondere Arbeiten mit Körperflüssigkeiten fallen unter die TRBA 250 und Biostoffverordnung für jeden Betrieb muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Diese Forderung wird in der TRBA 250 konkretisiert In erster Linie ist hier der 10 BioStoffV zu beachten. Hier heißt es: 10 Schutzmaßnahmen (1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Schutzmaßnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und nach den sonstigen Vorschriften dieser Verordnung einschließlich der Anhänge zu treffen. Dabei sind die vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe ermittelten und vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse (TRBA) zu berücksichtigen. Sie müssen nicht berücksichtigt werden, wenn gleichwertige Schutzmaßnahmen getroffen werden; dies ist auf Verlangen der zuständigen Behörde im Einzelfall nachzuweisen. Der Arbeitgeber hat Art und Umfang von Schutzmaßnahmen zu evaluieren und anzubieten 15

Der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik kommentiert wie folgt: Über die Anwendung von Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe trifft die TRBA 001 Aussagen. Die TRBA beschreiben den Stand der Technik für bestimmte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Werden sie eingehalten, kann davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen der BioStoffV erfüllt sind. Wenn von diesem Technischen Regelwerk abgewichen wird, muss von Seiten des Arbeitgebers die Gleichwertigkeit der durchgeführten Maßnahmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sichergestellt und auf Verlangen der zuständigen Behörde nachgewiesen werden. Wird von den Forderungen der TRBA 250 und Biostoffverordnung abgewichen, muss das der Arbeitgeber begründen. 4.3 Konkrete Schutzbestimmungen zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen In Bezug auf die Vermeidung von Nadelstichverletzungen werden in den TRBA 250 erstmals konkrete Schutzbestimmungen getroffen: So wird im 4.1.1.4 der TRBA 250 die Bereitstellung und Verwendung von stich- und bruchfesten Abfallbehältnissen gefordert. In 4.2.4 wird u. a. der Einsatz von Arbeitsgeräten gefordert, bei denen keine oder eine geringere Gefahr von Stich- oder Schnittverletzungen besteht. Forderung: Bereitstellung von stich- und bruchfesten Abfallbehältnissen Einsatz von sicheren Instrumenten 16

Quellennachweis 1. Technische Regeln für den Umgang mit Biologischen Arbeitsstoffen 250 2. Biostoffverordnung 3. Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin Band 1 5 4. www.bode.de 5. Unterlagen zu Nadelstichverletzungen und Postexpositionsprophylaxe der Firma Bode. 6. Skripte der Aktion SAFTY FIRST Impressum Skript und Präsentation wurden im Auftrag des Bildungsinstitutes des Deutschen Roten Kreuzes, Landesverband Rheinland Pfalz erstellt. Für Redaktion, Layout und Inhalt ist Dirk Biersbach verantwortlich. Das Skript und die anhängige Präsentation sind zur Durchführung von Schulungsmaßnahmen des Bildungsinstitutes erstellt worden. Ein Einsatz außerhalb dieses Rahmens ist nicht vorgesehen. Skript und Präsentation sind Eigentum des Bildungsinstitutes. 17