Gebäudesanierung und Artenschutz in Einklang bringen

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BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/1594 Landtag 19. Wahlperiode 20.03.18 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Gebäudesanierung und Artenschutz in Einklang bringen

Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 30. Januar 2018 Gebäudesanierung und Artenschutz in Einklang bringen Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet. In vielen Städten, speziell in den Innenstädten, nehmen seit Jahren die Bestände bei an Gebäuden brütenden Vogel- und Fledermausarten ab. Auch in Bremen und Bremerhaven gibt es spürbare Rückgänge, z.b. von Mauersegler und Haussperling. Die Gefährdungsursachen sind vielschichtig, aber die Verluste von Lebensraum durch Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zählen zu den Hauptursachen. Gebäudebewohnende Vogel- und Fledermausarten haben sich seit Jahrhunderten Städte und Gebäude als Lebensraum erschlossen und sind dadurch auf den Menschen angewiesen. Bekanntestes Beispiel hierfür ist die Mehlschwalbe. Vielfach unbekannt ist die Tatsache, dass nicht sanierte Gebäude wertvollen Lebensraum für Vögel und Fledermäuse bieten. Spalten, kleine Öffnungen und Hohlräume unter Dachziegeln werden oft von gebäudebrütenden Kulturfolgern wie Mauerseglern, Haussperlingen und auch von Fledermäusen genutzt. Genau solche Lücken werden aber bei einer energetischen Sanierung geschlossen. Durch die Dämmung gehen oftmals unbemerkt und ungewollt Lebensstätten für diese Tiere verloren. Dass dies gesetzlich verboten ist, wissen nur die wenigsten Bauherren und Bauherrinnen. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind europäische Vogelarten prinzipiell als besonders zu schützende Arten eingestuft. Alle Fledermausarten gelten lt. Anhang IV der FFH-Richtlinie als streng zu schützende Arten, deren Fortpflanzungsoder Ruhestätten besonders zu schützen sind. Bei Vogelarten, die ihre Niststätten regelmäßig im nächsten Jahr wieder nutzen, bedeutet dies, dass die Nester auch außerhalb der Brutsaison geschützt sind. Von diesen Verboten kann eine Befreiung erteilt werden, die vor Baubeginn oder Abriss bei der Naturschutzbehörde beantragt werden muss. In aller Regel sind mit der Erteilung einer Befreiung Auflagen verbunden, wie z.b. das Anbringen geeigneter Ersatznisthilfen. Der gesetzliche Schutz der Arten und ihrer Fortpflanzungsstätten läuft in der Praxis weitgehend ins Leere, da diese Rechtslage den allermeisten unbekannt ist und Erhalt und Ersatz nur in Ausnahmefällen begutachtet wird. Eine Begutachtung des Gebäudes im Zuge der Einrüstung ist jedoch die einzig zielführende Herangehensweise, da es praktisch unmöglich ist, vom Boden aus die Niststätten an einem Gebäude ausfindig zu machen. Energetische Gebäudesanierungen sind für den Klimaschutz unerlässlich und auch für den Wohnkomfort von großer Bedeutung. Um nun Gebäudesanierung und Artenschutz miteinander in Einklang zu bringen, kann auf zahlreiche, praxiserprobte Lösungen zurückgegriffen werden, die häufig kostengünstig und ästhetisch ansprechend 1

umzusetzen sind. So können auch an sanierten Gebäuden Lebensstätten für Mauersegler, Zwergfledermaus und andere im Rückgang begriffene Arten erhalten bzw. ersetzt werden. Generell gilt: Je sanierungsbedürftiger die Immobilie ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass Spalten und Hohlräume vorhanden sind und Vögel und Fledermäuse diese nutzen. Häufig werden z.b. Mauersegler und insbesondere Fledermäuse selbst von den Nutzerinnen und Nutzern des Gebäudes und den mit der Sanierung beauftragten Handwerksbetrieben gar nicht oder erst viel zu spät im Zuge der Baumaßnahme bemerkt. Einige gebäudebrütende Arten leben sehr heimlich und sind nur schwer zu entdecken In Bremen gibt es bereits positive Beispiele auch im Bereich der privaten Wohnungsbaugesellschaften. Seit 2015 lässt u.a. die GEWOBA alle Gebäude, die sie modernisiert bzw. Instand setzt, vorab artenschutzfachlich von der Karl Kaus Stiftung für Tier und Natur bzw. ab 2016 vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Bremen, begutachten. Die dabei gefundenen Quartiere erhält die GEWOBA oder schafft Ersatz. Seit 2015 wurden insgesamt über 140 Gebäude(abschnitte) begutachtet, 350 Vogelniststätten und 430 Fledermausquartiere ausfindig gemacht und insgesamt 1.060 Ersatzmaßnahmen umgesetzt. Die GEWOBA hat überdies in enger Kooperation mit der Naturschutzbehörde Bremen und der Karl Kaus Stiftung für Tier und Natur einen internen Leitfaden zum Artenschutz am Gebäude entwickelt. In 2017 hat auch die Vonovia 14 Gebäude begutachten lassen und insgesamt 240 Ersatzniststätten für Vögel geschaffen. Diese Zahlen verdeutlichen, welche Bedeutung Gebäudesanierungen für die gebäudebrütenden Arten in der Stadt haben. Dieses Vorgehen dient aber nicht nur der Artenvielfalt, sondern bietet auch Rechtssicherheit. Wir fragen den Senat: 1. Wie viele Hinweise aus der Bevölkerung, von Handwerksbetrieben, Gebäudenutzerinnen und -nutzern bzgl. vorhandener Gebäudebrüter an öffentlichen Gebäuden sind in den vergangenen 10 Jahren bei Immobilien Bremen bzw. den Naturschutzbehörden in Bremen und Bremerhaven eingegangen? 2. Falls es Hinweise gegeben hat, wie wurde damit umgegangen und welche Maßnahmen wurden infolgedessen durchgeführt? 3. Wie viele Begutachtungen zum Gebäudebrüterschutz sind in den vergangenen 10 Jahren bei Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen im Auftrage des Landes Bremen erstellt worden? 4. Wie viele Ersatzmaßnahmen für Vögel und Fledermäuse sind in den vergangenen 10 Jahren bei Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen von öffentlichen Gebäuden umgesetzt worden? Wie ist dies kontrolliert bzw. dokumentiert worden? 5. Wie gewährleistet das Land Bremen, dass bei der Sanierung oder Modernisierung von öffentlichen Immobilien dem Artenschutz Rechnung 2

getragen wird und gebäudebrütende Vögel und Fledermäuse gem. 44 BNatSchG geschützt werden? 6. Werden bei öffentlichen Gebäuden im Rahmen von Neubauten neue geeignete Brutmöglichkeiten geschaffen? 7. Wie setzt sich das Land Bremen für den Erhalt von Niststätten für Gebäudebrüter (mit Ausnahme von Straßentauben) bei privaten Bauträgerinnen und Bauträgern ein? Wie werden private Bauträgerinnen und Bauträger, Architektinnen und Architekten und am Bau Beteiligte über die Rechtslage bzgl. des Gebäudebrüterschutzes und die Möglichkeiten der Schaffung von Nistgelegenheiten informiert? Gibt es einen Leitfaden oder Informationsmaterialien, die als Hilfestellung für die praktische Umsetzung des Gebäudebrüterschutzes herausgegeben werden können? 8. Welche Auflagen/Hinweise werden bei der Erteilung von Baugenehmigungen bzgl. des Gebäudebrüterschutzes gegeben? Wie werden hierzu die Naturschutzbehörden bei der Erteilung von Baugenehmigungen einbezogen? Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: In den Jahren 2014-2016 hat der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr (SUBV) das in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage genannte Projekt Vogelartenschutz bei Gebäudesanierungen in Bremen der Karl-Kaus-Stiftung finanziell gefördert. Seit 2017 ist dieser Inhalt Teil des vom SUBV geförderten Projektes Mehr Natur in die Stadt des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Landesverband Bremen. Im Rahmen dieser Projekte wurden einerseits die genannten Kooperationen mit Baugesellschaften in Bremen eingegangen, andererseits auch Informationsmaterialien für die bremische Bevölkerung erarbeitet und Beratungen von Privatpersonen zum Thema Gebäudesanierung und Artenschutz durchgeführt. Die Immobilien Bremen AöR beachtet die Belange des Artenschutzes im Rahmen ihrer Zuständigkeit für Baumaßnahmen an öffentlichen Gebäuden. In Bremerhaven wird die Beratung durch die untere Naturschutzbehörde durchgeführt. 1. Wie viele Hinweise aus der Bevölkerung, von Handwerksbetrieben, Gebäudenutzerinnen und -nutzern bzgl. vorhandener Gebäudebrüter an öffentlichen Gebäuden sind in den vergangenen 10 Jahren bei Immobilien Bremen bzw. den Naturschutzbehörden in Bremen und Bremerhaven eingegangen? Eine genaue Zahl zu Hinweisen auf Gebäudebrüter kann nicht genannt werden. Hinweise der genannten Personengruppen zu öffentlichen Gebäuden gab es keine. Meistens sind es Mieterinnen oder Mieter privater Gebäude, die sich diesbezüglich an die Naturschutzbehörden wenden. In den allermeisten Fällen wurden Handwerksarbeiten an Gebäuden/Gebäudeteilen gemeldet, an denen ein Brutgeschehen von Vögeln beobachtet werden konnte. Von Handwerksbetrieben oder Gebäudeeigentümer*innen erreichen die Naturschutzbehörden derartige Anfragen selten. 3

2. Falls es Hinweise gegeben hat, wie wurde damit umgegangen und welche Maßnahmen wurden infolgedessen durchgeführt? Nach Hinweisen wurden die Verantwortlichen kontaktiert und ggfl. eine Ortsbesichtigung durch die Stiftung/BUND oder die Naturschutzbehörde bzw. beauftragte Gutachter durchgeführt. Meistens konnte dabei eine Einigung mit den Bauträgern erreicht werden oder es wurden Befreiungen erteilt. Im Falle von festgestellten Verstößen gegen das Artenschutzrecht wurden die Bauarbeiten eingestellt und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. 3. Wie viele Begutachtungen zum Gebäudebrüterschutz sind in den vergangenen 10 Jahren bei Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen im Auftrage des Landes Bremen erstellt worden? Darüber liegen bei den Naturschutzbehörden bzw. Immobilien Bremen keine Zahlen vor. 4. Wie viele Ersatzmaßnahmen für Vögel und Fledermäuse sind in den vergangenen 10 Jahren bei Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen von öffentlichen Gebäuden umgesetzt worden? Wie ist dies kontrolliert bzw. dokumentiert worden? Seitens der Naturschutzbehörde Bremen sind in den letzten Jahren folgende Genehmigungen erteilt worden, bei denen in der Regel auch Ersatzmaßnahmen festgelegt wurden: Jahr Anzahl der Genehmigungen 2010 3 2011 4 2012 6 2013 2 2014 4 2015 12 2016 23 2017 33 Ca. 95 Prozent dieser Genehmigungen beziehen sich auf Maßnahmen von GEWOBA und VONOVIA, bei denen der BUND die fachliche Beratung gegen Entgelt übernommen hat. Die Naturschutzbehörde Bremerhaven hat in den Jahren 2015 bis 2018 18 Genehmigungen erteilt. Auch in Bremerhaven geht ein Großteil der Genehmigungen auf Anträge der GEWOBA zurück. 5. Wie gewährleistet das Land Bremen, dass bei der Sanierung oder Modernisierung von öffentlichen Immobilien dem Artenschutz Rechnung getragen wird und gebäudebrütende Vögel und Fledermäuse gem. 44 BNatSchG geschützt werden? Die Zuständigkeit dafür liegt nicht bei einem Landesministerium oder der Naturschutzbehörde, sondern bei den Verwalterinnen der öffentlichen Gebäude. 4

Diese haben bei den Baumaßnahmen an öffentlichen Gebäuden die Belange des Artenschutzes eigenständig zu beachten. Die Unteren Naturschutzbehörden erteilen auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung nach 45 BNatSchG mit entsprechenden Auflagen. 6. Werden bei öffentlichen Gebäuden im Rahmen von Neubauten neue geeignete Brutmöglichkeiten geschaffen? Immobilien Bremen AöR teilt mit, dass es im Genehmigungsverfahren naturschutzfachlich begutachtet werde, sofern es Hinweise gibt, dass ein Neubauvorhaben Auswirkungen auf zu schützende Tiere haben könnte. Bislang habe sich noch kein Bedarf ergeben, hierbei neue Brutmöglichkeiten zu schaffen. 7. Wie setzt sich das Land Bremen für den Erhalt von Niststätten für Gebäudebrüter (mit Ausnahme von Straßentauben) bei privaten Bauträgerinnen und Bauträgern ein? Wie werden private Bauträgerinnen und Bauträger, Architektinnen und Architekten und am Bau Beteiligte über die Rechtslage bzgl. des Gebäudebrüterschutzes und die Möglichkeiten der Schaffung von Nistgelegenheiten informiert? Gibt es einen Leitfaden oder Informationsmaterialien, die als Hilfestellung für die praktische Umsetzung des Gebäudebrüterschutzes herausgegeben werden können? An Baumaßnahmen Beteiligte werden für das Thema beispielsweise auf Baubesprechungen, zu den die jeweilige Naturschutzbehörde eingeladen ist, sensibilisiert. Entscheidend ist allerdings der vorgeschaltete Planungsprozess, in dem geklärt werden muss, ob Tierarten bzw. deren Lebensstätten durch Bauarbeiten beeinträchtigt werden können und daher der Bauablauf eventuell angepasst werden muss. Die Naturschutzbehörden fordern beispielsweise bei Abriss von Gebäuden eine entsprechende gutachterliche Einschätzung. Zudem wird die Zusammenarbeit mit Fachgutachtern oder z.b. der Karl-Kaus-Stiftung bzw. dem BUND empfohlen. Die Naturschutzbehörde Bremen fördert zu dem Zweck die entsprechenden in der Vorbemerkung genannten Projekte und beide Naturschutzbehörden geben auch selbst fachliche Beratung. Außerdem wird auf vorhandene Angebote der Naturschutzverbände (Faltblätter, Internetauftritte) verwiesen. Ein gemeinsames Faltblatt der Naturschutzbehörden Bremen und Bremerhaven Schutz von Gebäudebrütern bei Renovierung und Abriss ist in Arbeit. 8. Welche Auflagen/Hinweise werden bei der Erteilung von Baugenehmigungen bzgl. des Gebäudebrüterschutzes gegeben? Wie werden hierzu die Naturschutzbehörden bei der Erteilung von Baugenehmigungen einbezogen? Die Naturschutzbehörden werden ggfl. im Baugenehmigungsverfahren durch die Bauordnung beteiligt. Auflagen betreffen meist die Begutachtung durch zu beauftragende Sachverständige, den Bauablauf zur Umgehung von störempfindlichen Zeiten (z.b. Brutzeiten von Vögeln, Winterquartiersnutzung von Fledermäusen) sowie (ggf. vorgezogene) Ausgleichsmaßnahmen. Soweit ein Bebauungsplan aufgestellt wird, erfolgt die Beteiligung bereits bei dessen Vorbereitung, so dass auch flächenbezogene Vermeidungsmaßnahmen möglich sind. Der Hinweis im Bebauungsplan auf das beim Vollzug zu beachtende Artenschutzrecht nach BNatSchG ist obligatorisch. 5