Prof. Dr. Margrit Stamm Professorin em. Universität Freiburg Direktorin des Forschungsinstituts Swiss Education, Bern
U20 und Ü60 Andere Potenziale, neue Herausforderungen für die Berufsbildung Referat an der Tagung von OdASanté in Bern 4. November 2015 Prof. Dr. Margrit Stamm Professorin em. an der Universität Fribourg-CH Direktorin des Forschungsinstituts Swiss Education, Bern
Babyboomer *1948-1953 (Talent Scout 60+) Geprägt durch kollektivistische Werte Heute stark in Führungsebenen von Verwaltung und Unternehmen Generation Z *1990-2000 (MIRAGE-Studie; Frühleserstudie) Aufgewachsen mit Informationstechnologie Viele Wahlmöglichkeiten Geringere Loyalität zum Arbeitgeber
These Die Berufsbildung kann einen enormen Wertbeitrag für ihre Attraktivität leisten und auch dem Nachwuchs- und Fachkräftemangel begegnen. Aber die vielen Alltagsstereotype über junge Menschen* und über ältere Menschen** müssen über einen Perspektivenwechsel überwunden werden. Wir brauchen eine (Alters-)Kultur des Potenzials und der Innovation. * «ungenügende Ausbildungsreife»; «Generation Ich» ** «Pensionierung als Wartsaal des Todes»; Überalterung»; Obsession des Jugendwahns»
Junge und Alte: Problematik und Herausforderungen
Berufsbildung und globalisierte Welt: Technologische Neuerungen; Mobilität; Bedeutung von Innovationen; wissensintensives Wachstum; fehlende Hochqualifizierte; vielseitige und identitätsstiftende Berufsbildung). Eigenarten der Berufsbildung: Frühe und ungleiche Weichenstellung; unausgeschöpfte Begabungsreserven; hohe Integrationskraft; Alltagsstereotype: Skeptischer Blick auf die heutige Jugend: «Fehlende Ausbildungsreife»; skeptischer Blick auf Ältere: Pensionierung mit 65; Frühpensionierungen; geringe Produktivität; geringere Kompetenz und Flexibilität.
Die Generation Z oder: Die jungen Menschen gibt es nicht.
skeptisch Beständigkeit Sicherheit Bodenständigkeit Orientierung an Elternberufen nachdenklich-optimistisch Swiss Education Sinn / Selbstverwirklichung Sozi., päd., künstlerische Berufe Auslanderfahrung (Weiter-)Bildungsbereitschaft Konservativ Bürgerliche 18% Sozial- Ökologische 18% Adaptiv Pragmatische 21% abgeklärt-optimistisch Aufstieg Planungssicherheit Selbstdruck Berufsentscheidung Vereinbarkeit mit Familie Experimentell- Hedonistische 28% unbekümmert-optimistisch Coolness des Jobs Unkonventionalität keine Routinen Verschmelzung Freizeit - Beruf
Fazit Nachwuchskräfte gewinnen
Analyse des Berufsfeldes und der Zielgruppe (Einstellungsmuster, Informationsverhalten) Entwicklung von Kommunikationsmassnahmen Swiss Education Richtige Sprache und Stilistik? Modellverhalten? Veränderung der Selektionspraxen (geringere Gewichtung von Schulnoten, Multi-/Basic-Checktests, schriftlichen Bewerbungsunterlagen, stärkere Gewichtung der Persönlichkeitsmerkmale) Veränderung des Warteschlaufensystems
Die Babyboomer: Unausgeschöpfte Talent- und Expertisereserven
TalentExpertise* in 7 Bereichen (2014; N=306) Geringe Bedeutung der Intelligenz Keine Bedeutung von sozialer Herkunft Geschlecht finanzieller Situation Der ältere Mensch kann seine Entwicklung selbst in die Hände nehmen. Er ist nicht Opfer seiner Gene oder seiner Belastungssituation.
Nutzung? Swiss Education V.a. spontane, ungeplante und willkürliche Weitergabe und Nutzung Viel unausgeschöpftes Potenzial.
Fazit: Ein neuer Blick auf das kompetenzorientierte Alter
1 2 3 4 5 Alterskultur des Potenzials und der Innovation Angemessene Altersleitbilder Systematische, vernetzende Angebote Betriebliche Alterskulturen (Age-Management) Begünstigung der Neuentwicklungen von TalentExpertisen, auch geschlechterspezifisch
Und jetzt? Vier Empfehlungen für den Perspektivenwechsel
1. Ganzheitliche Erfassung des jungen Menschen je nach Berufsfeldern; Entwicklung praxisnaher Instrumente zur Begleitung ins Berufsleben (Trainingseinheiten, frühe Handreichungen für Eltern, Materialien für Lehrkräfte etc.) 2. Veränderungen in der Neuorganisation des Lebenslaufes durch eine Auflockerung der starren Sequenzen Ausbildung Erwerbsarbeit Ruhestand : Spätere Karrieren erwünscht! 3. Kontinuierliche Investitionen in Qualifizierung und Kompetenzentwicklung (auch zur Ermöglichung von Zweit- und Drittkarrieren) 4. Einschub regelmässiger Lernphasen zur Erhaltung von Lernfähigkeit, Flexibilität und zur Förderung des Wachstums kognitiver Kompetenzen sowie zur Vermeidung von Burnout und Boreout.
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit! margritstamm.ch Stamm, M. (2013). Entwicklung ohne Ende. Zürich/Chur: Rüegger. Stamm, M. (Hrsg.) (2014). Handbuch Talententwicklung. Bern: Huber. Stamm, M. (2014). Die Talente der Babyboomer. Dossier 14/4. Stamm, M. (2015). Talente im Alter(n). Unausgeschöpfte Talent- und Expertisereserven. Dossier 15/1.