Selbsterkundung und Beratung zur Eignungsüberprüfung und Entwicklung in der Lehrerausbildung Trends, Mindeststandards und Konsequenzen für die Hochschullehre und -didaktik Birgit Nieskens Duisburg, 22.07.2011
Definition und Ziele eines Self-Assessments Online-Self-Assessment (OSA) = internetbasierte Studien- oder Berufsorientierungsangebote Darstellung von Studien- und Berufsinformationen mit traditionellen textbasierten Elementen Interaktive Elemente: können psychodiagnostische Komponenten umfassen, die den Teilnehmern/innen eine Rückmeldung hinsichtlich der persönlichen Passung zu einem speziellen Bildungsangebot/Studienprogramm geben. können simulative Komponenten und Arbeitsproben anbieten, die eine möglichst realistische Vorschau (ähnlich dem Konzept des realistic job preview) auf das Studium bzw. den Beruf und dessen Anforderungen ermöglichen.
Definition und Ziele eines Self-Assessments Baustein zur Unterstützung einer willentlichen und wohlüberlegten Entscheidung (Studien- oder Berufswahl). Testverfahren, das eigenständig durchgeführt und teilweise auch selber ausgewertet wird. Erkundung eigener Interessen und Fertigkeiten. Was ist ein Self- Assessment? Gibt (auf unterhaltsame Art und Weise) einen Einblick in das zukünftige Arbeitsfeld und Berufsbild. Ermöglicht den Vergleich der eigenen Befähigung und Neigung mit den berufsbezogenen Anforderungen vor der Bewerbung. Rückmeldungen stehen zur persönlichen Weiterentwicklung zur Verfügung und sind für Dritte nicht oder nur anonymisiert zugänglich. Nicht-Teilnahme hat zumeist keine negativen Konsequenzen, z.b. auf die Zulassung zum Studium.
Klassifizierung von Self Assessments Nach Spezifität oder Reichweite 1. OSAs, die sich auf ein Fach an einer Hochschule beziehen (z.b. OSA Soziologie/Uni Bremen) 2. Verfahren, die sich auf mehrere Fächer an einer Hochschule beziehen (z.b. Borakel/RUB Bochum) 3. Verfahren, die sich hochschulübergreifend auf mehrere Fächer beziehen (z.b. OSA Verbund Norddeutscher Universitäten) 4. Verfahren, die sich hochschul- und länderübergreifend auf ein Berufsfeld beziehen (Fit für den Lehrerberuf, CCT)
Beispiele
Das Ziel: gute Lehrkräfte Selbsterkundung, (Eignungs)Beratung und Training im Lehrerberuf Teil I: Theorien und Prädiktoren
Angebots- Nutzungs- Modell Befinden t 3 Handeln t 3 Persönlichkeit t 1 Persönlichkeit t 3 Angebots- Wissen t 1 Wissen t Nutzung t 3 2 Können t 1 Können t 3 Lern- Angebot t 2 Kontex t
Eignung > Studieneignung < Berufseignung kognitiven und nicht-kognitiven Eignung = Vorliegen von Dispositionen, voraussichtlic h existierenden die erwarten lassen, dass eine Person nach Durchlaufen der Lehrerbildung den Lehrerberuf kompetent ausüben wird. unter den voraussichtlichen Bedingungen
Eignung Welche Mindestbedingungen sollten bereits vor Studienbeginn erfüllt sein? Im Hinblick auf die Persönlichkeitsmerkmale von Lehrpersonen kann festgestellt werden, dass gewisse Mindestbedingungen erfüllt sein müssen, damit sie langfristig beruflichen Erfolg haben: eine gewisse Kontaktbereitschaft, emotionale Stabilität und psychische Belastbarkeit, ein gewisses Maß an Selbstkontrolle und eine nicht zu geringe Selbstwirksamkeitserwartung. Sigrid Blömeke, 2006, Zusammenfassung von Forschungsergebnissen zu Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen von Lehrkräften
Das Ziel: gute Lehrkräfte Selbsterkundung, (Eignungs)Beratung und Training im Lehrerberuf Teil II: Ansätze und Trends
Trend: Attrahierung Migrantinnen und Migranten in den Lehrerberuf! Drei Tage Informationen über Studium und Beruf Inputs aus Wissenschaft und Praxis Begegnung mit Wissenschaftler/inne/n, Lehrer/inne/n und Schulleiter/inne/n Auseinandersetzung mit Berufsmotiven, Berufsinteressen und Vorstellungen guter geeigneter Lehrkräfte Hospitation an Schulen individuelle Beratung http://www.mehr-migranten-werden-lehrer.de/
Trend: Selektion
Trend: Beratung
Trend: Beratung/Impuls zur persönlichen Weiterentwicklung im Studium Psychosoziale Basiskompetenzen als Kernelement von Lehrerprofessionalität Vier Handlungssituationen, die jeweils verschiedene Aspekte psychosozialer Kompetenzen ansprechen 1. Teamarbeit: Kooperation, Gestaltung von aufgabenorientierten Interaktionssituationen 2. Auftritt: verbaler und nonverbaler Ausdruck, Kommunikation, Beziehungsaufbau 3. Reflexion bedeutsamer Erfahrungs- und Handlungsmuster: Selbstwahrnehmung, Selbstreflexion, Empathie 4. Kollegiale Fallarbeit: soziales Verständnis, soziale Unterstützung, Perspektivenübernahme Elke Döring-Seipel, Timo Nolle und Heinrich Dauber
Trend: Laufbahnberatung
Trend: Verknüpfung der Angebote/Ansätze Mindeststandards der Zeitstiftung Expertentagung der Zeitstiftung im November 2008 1. Selbstreflexion vor Aufnahme des Studiums 2. Austausch über Selbst- und Fremdeinschätzung im Anschluss an Praxisphasen 3. Trainingsangebote mit Lerngelegenheiten
Evaluation: Was bewirken die Verfahren bei den Nutzerinnen und Nutzern? Beispiel CCT
Wirkungen trifft (in hohem Maße) Birgit zu Nieskens, Duisburg, 22.07.2011
Reflexionen Ich erkannte, dass auch die Zusammenarbeit mit den anderen Lehrern der Schule sehr wichtig ist, daran habe ich zuvor aus welchem Grund auch immer nicht gedacht. Auch habe ich gemerkt, wie viel Verantwortung es erfordert, die Schüler zu benoten, sie zu bewerten und ihre Leistungen einzuschätzen. Problem der Diskrepanz zwischen Anforderungen an einen Lehrer und meiner eigenen Persönlichkeit (Stichwort Labilität) war mir zwar vorher bewusst, die Auswertung durch CCT hat mir aber noch mal klar gemacht, dass ich in diesem Punkt an mir arbeiten sollte. Die CCT Website hat mich in meiner Entscheidung Lehrerin zu werden sehr bestärkt! Ich habe Mut bekommen und jetzt richtig Lust bekommen mein Studium zu beginnen und mich auf etwas ganz Neues einzulassen.
Trend: Institutionalisierung und Verrechtlichung am Beispiel Eignungspraktikum in NRW
Das Eignungspraktikum in Nordrhein-Westfalen 20 Tage Praktikum vor Aufnahme des Lehrerstudiums strukturierte Erstbegegnung mit der Schule als Arbeitsplatz begleitet durch Mentor/in Portfolio Eignungsberatung Webbasierte Selbsterkundung mit dem Laufbahnberatungsprogramm CCT www.nrw.cct-germany.de Vor dem Praktikum Surfen in den Angeboten des CCT, Nutzung der Selbsterkundungs- Verfahren, eigene Impulse ins Praktikum einbringen CCT Nutzung (freiwillig) Im Praktikum Arbeit am Portfolio, Beratung und Begleitung durch geschulte Mentor/innen Am Ende des Praktikums Eignungsberatung durch die Mentor/innen: Selbsteinschätzung mit CCT, Fremdeinschätzung mit CCT durch die Mentor/innen, Reflexionsbögen als Impulsgeber für das Studium CCT Nutzung (freiwillig) CCT Nutzung verpflichtend 24
Trends im Überblick frühzeitiges Zugehen auf potenzielle Studieninteressierte Kombination von Beratung und Auswahl Klar trennen! Nutzung von Diagnosen für die Ausbildung stärkere Gewichtung von Praxiselementen phasenübergreifende Perspektive Institutionalisierung und Verrechtlichung Vielfalt bewahren!
(mögliche) Qualitätskriterien für die Gestaltung des Übergangs in das Lehramtsstudium Transparenz in der Perspektive: Welches Bild von Studierenden haben Hochschulen? Systematische inhaltliche und curriculare Verknüpfung einzelner Bausteine Mentoren-Systeme, Einbeziehung aller an der Lehrerbildung Beteiligten (Verständigung über Beratung, Fortbildungen, Phasenverschränkung) Lernende Systeme : Transfer von Evaluationsergebnissen in die Lehrerbildung und Schulen Gemeinsame Standards für Forschung und Evaluation
Zur Diskussion: Fragen für die Hochschuldidaktik Welches Personal benötigen wir an den Hochschulen? Welche Kompetenzen und Erfahrungen bei den Lehrenden? Wie steht es um das Beratungsverständnis/um Beratungskonzepte? Rolle des Portfolios? Seminarformate: Wie können Seminare die Entwicklungsimpulse der Eignungspraktikant/innen aufgreifen? Vor- und Nachbereitung der Praxisphasen?