Ausgestaltung der Schnittstelle Eingliederungshilfe und Pflege

Ähnliche Dokumente
Verhältnis von Pflege und Eingliederungshilfe aus rechtlicher Sicht. Dr. Edna Rasch

Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe, 13 Abs. 4 SGB XI

Fachtag zum Bundesteilhabegesetz am 30. Juni 2017

Eingliederungshilfe und Pflege

Reha vor Pflege? Zum Verhältnis Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege

(Drucksachen 18/10523 und 18/10510) Stand Nur zum internen Gebrauch -

Das Bundesteilhabegesetz: Was ändert sich für Menschen mit Behinderung?

Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe gemäß 13 Absatz 4 Satz 5 SGB XI

Schnittstelle Eingliederungshilfe und Pflege - Versuch einer Abgrenzung

Weiterentwicklung der stationären Hilfe für alt gewordene Menschen mit Behinderungen und zunehmendem Pflegebedarf

Empfehlung des GKV-Spitzenverbandes 1 und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe gemäß 13 Absatz 4 Satz 5 SGB XI

Das Bundesteilhabegesetz Chancen und Risiken

DRK Landesverband Brandenburg e.v. Wohlfahrts- und Sozialarbeit Teilhabe. Perspektive der freien Wohlfahrtspflege

Die Schnittstelle Eingliederungshilfe Pflege im Lichte der gesetzlichen Regelungen des Bundesteilhabegesetzes und des Pflegestärkungsgesetzes III 1

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Bundesteilhabegesetz Schnittstelle Eingliederungshilfe./.

Empfehlung des GKV-Spitzenverbandes 1 und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe gemäß 13 Absatz 4 Satz 5 SGB XI

Das Bundesteilhabegesetz und (erste) Schritte der Umsetzung

Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes 1 und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe gemäß 13 Absatz 4 Satz 5 SGB XI

Liga-Fachtag: Eingliederungshilfe, Teilhabe und Pflege Anspruch und Aussichten. Dr. Michael Konrad Ministerium f. Soziales und Integration Referat 35

Workshop Schnittstelle Eingliederungshilfe - Pflege

Bisherige Erfahrungen der Verwaltung zum Bundesteilhabegesetz, Anwendungspraxis des neuen Rechts

Schnittstellen Eingliederungshilfe/Pflege - Chancen und Risiken. Christoph Esser Justiziar Lebenshilfe NRW e.v.

Eckpunkte des Landkreistages Baden-Württemberg zur künftigen Versorgung von älter werdenden und pflegebedürftigen Menschen mit Behinderung

Abgrenzung Eingliederungshilfe und Pflege

BTHG. Das stationäre Wohnen 2020

Das Spannungsfeld von Pflege und Behinderung auf dem Weg zu einem Gesamtkonzept?

Bundesteilhabegesetz - Eine Chance für die Netzwerke Netzwerke Eine Chance für das BTHG. Dr. Michael Konrad Dachverband Gemeindepsychiatrie

Modellprojekt NePTun gem. Art. 25 Abs. 3 BTHG

Bundesteilhabesetz: Menschen mit seelischer Behinderung zwischen Teilhabe- und /oder Pflegeleistungen

Bethel zum BTHG. Pflege in der Eingliederungshilfe

In Trägerschaft von:

Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz Individuelle Soziale Teilhabe Die neuen Leistungen in der Eingliederungshilfe

19. September 2016, Berlin. Diskriminiert das Pflegeversicherungsrecht behinderte Menschen?

Geht die Rechnung auf?

Workshop Abgrenzung Eingliederungshilfe zur Pflege (SGB XII- SGB XI) 12. bis 14. April 2015 Bundeskongress für Führungskräfte im BeB, Berlin

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz BTHG)

Neuerungen und Änderungen im Pflegerecht nach dem PSG III

Die Pflegestärkungsgesetze

Ambulantisierung stationärer Wohnangebote für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich! (Art. 3, Abs. 1 GG)

Wohnen aus Sicht des BTHG. 29. Oktober 2017

Rechtsanwälte Hohage, May & Partner Hamburg, Hannover, München

Bundesteilhabegesetz und Pflegestärkungsgesetz III - was ändert sich im Bereich (selbstständiges) Wohnen

Bundesteilhabegesetz Was wird sich ändern? Informationsveranstaltung des Kreisbehindertenrates im Landkreis Oldenburg im Kreishaus in Wildeshausen

Positionspapier zur Begleitung von Menschen mit Behinderungen in der Abgrenzung zwischen Eingliederungshilfe und Pflege - Schwerpunkt Wohnen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Eingliederungshilfe. Der garstig-breite Graben zwischen SGB XI und SGB XII. Reformbedarf und Perspektiven für

Maren Dieckmann Fachbereichsleiterin Fachbereich Soziales der Stadt Cottbus

Bundesteilhabegesetz Ein Überblick - Positive & negative Aspekte - Autorinnen: Julia Martini und Sonja Steinbach

Mitgliederversammlung

Bundesteilhabegesetz Grundsätze und Neuerungen unter besonderer Berücksichtigung der Orientierung an der ICF

Keynote: Sektorenübergreifende Versorgung vor Ort

Webinar zum Bundesteilhabegesetz

Landkreis Emmendingen Sozialdezernat Bundesteilhabegesetz BTHG

Gemeinsam mehr möglich machen Umsetzung des BTHG

GESETZENTWURF. der Regierung des Saarlandes

Teilhabe- und Gesamtplan Niedersachsen

BTHG Fachtag zur landesrechtlichen Umsetzung Existenzsichernde Leistungen

Projektpräsentation. Möglichkeiten der häuslichen Krankenpflege im Rahmen der stationären Eingliederungshilfe. Cornelia Jainta, Maurice Wiegel

Das BTHG - Auswirkungen für Nutzer*innen an der Schnittstelle Wohnungsnotfall- und der Eingliederungshilfe

Altern in Cottbus Fachtag des Gerontopsychiatrischen Verbundes am 21. September 2015

Koordinierung der Leistungen Die neuen BTHG-Spielregeln

Persönliches Budget 1

Was bringt die Pflegereform für Menschen mit Behinderung und was bringt sie nicht? Claudia Zinke

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Bundesteilhabegesetz Schnittstelle Eingliederungshilfe./.

Mit der Vorlage dieser Empfehlungen wollen der GKV-Spitzenverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft

Die Schnittstelle von Eingliederungshilfe und Pflege im ambulanten Bereich

Forum 2: Teilhabe und Gesamtplanung als Chance für Leistungen wie aus einer Hand Marc Nellen

Eingliederungshilfe für behinderte Menschen

Persönliches Budget. Sabine Gärtner Susanne Höhn 1. Dezember S. Höhn und S. Gärtner 5. Semester MIG - VWL - 1. Dezember 2008

Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e.v.

Teilhabe als Leistungsanspruch - Eingliederungshilfe im Land Brandenburg

Drittes Pflegestärkungsgesetz (PSG III) Gerlind Ahrens 23. und 24. November 2016

GKV-Spitzenverband 1. Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene

Rechtliche Grundlagen Ambulant betreuter Wohngemeinschaften. Fachtagung am Christina Lecke. Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.v.

Netzwerktagung des Deutschen Vereins in Hannover. Steuerung der EGH durch den Gesamtplan Umsetzungserfahrungen und Ausblick aus Hamburg

Status Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz

Teilhabeplan, Hilfeplan, Gesamtplan: Gemeinsamkeiten Unterschiede Anforderungen. Dr. Michael Schubert

Leistungen aus einer Hand!? Die Rolle der Bezirke im neuen BTHG. Stefanie Krüger Geschäftsführendes Präsidialmitglied des bayerischen Bezirketags

Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach den Kapiteln 5 bis 9 SGB XII

Das Hilfeplanverfahren im Rheinland im Lichte des Bundesteilhabegesetzes

Umsetzung des Koalitionsvertrages im Hinblick auf Menschen mit Behinderungen Kerstin Tack, MdB

Bundesteilhabegesetz ( 14-27) Koordination der Leistungen zur Teilhabe

Das Bundesteilhabegesetz und dessen Auswirkungen auf das Betreuungswesen

Insbesondere möchten wir zu folgenden Themen weiterführend anmerken:

Grundsätzliche Anmerkungen

Neue Wohnformen. Selbstbestimmtes Leben im Alter Sozialer Kreis Plön. Preetz, 26. Februar 2014

Ergebnis / Empfehlung Bogen D

Ambulante Wohnformen eine kritische Würdigung

Schnittstelle BTHG und WTG Passt das? Abteilung Pflege, Alter, Demographische Entwicklung

III (BT-

Fachtag zum Bundesteilhabegesetz am Schwerpunkthema Block 1 Einheitliche Bedarfsfeststellung in Mecklenburg-Vorpommern Philipp Regge,

Strukturierte Zusammenarbeit der örtlichen Beratungsstellen der Pflegeberatung, Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege

ICF in der Hilfeplanung

Alles wird gut oder?

Erster Überblick über wesentliche Korrekturen des Bundesteilhabegesetzes i. V. mit dem dritten Pflegestärkungsgesetz

Finanzierung des Wohnens im Alter. Selbstbestimmtes Wohnen im Alter

Umsetzung BTHG. Beteiligungsgespräche. Magdalena Garrecht

Die neuen Leistungen aus Sicht der Leistungserbringer

Transkript:

Fachtag Eingliederungshilfe, Teilhabe und Pflege am 25.04.2018 Ausgestaltung der Schnittstelle Eingliederungshilfe und Pflege Sicht der kommunalen Träger Ulrich Allmendinger, KVJS 1

Inhalt 1. Gesetzliche Vorgaben 2. Thesen 3. Lösungsansätze 4. Fazit 2

1. Gesetzliche Vorgaben Leistungsrecht Pflege und Schnittstelle zur Eingliederungshilfe In drei Gesetzen geregelt: SGB IX ( 91 Abs. 3) SGB XI ( 13 Abs. 3+4, 43a, 71) SGB XII ( 61ff) Pauschalabgeltung nach 43a SGB XI in Behinderteneinrichtungen mit monatlich 266 gilt weiterhin. 3

1. Gesetzliche Vorgaben Leistungsrecht Vollstationäre Pflegeeinrichtung Ständige Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft ( 71 Abs. 2 SGB XI) Volle Leistungen der Pflegeversicherung ( 43 SGB XI) 4

1. Gesetzliche Vorgaben Leistungsrecht Vollstationäre Einrichtung für behinderte Menschen in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszweckes stehen 10% der Leistungen, maximal 266 mtl. ( 43a SGB XI) 5

1. Gesetzliche Vorgaben Leistungsrecht bis 2020 2017 2019: Gleichrangigkeit Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe Pflegeversicherungsleistungen gehen Hilfe zur Pflege vor, aber weitergehende Leistungen sind zu gewähren Eingliederungshilfeleistungen sind im Verhältnis zur Pflegeversicherungsleistungen nicht nachrangig ( 13 Abs. 3 SGB XI) Bei Zusammentreffen ambulanter Pflegeversicherungsleistungen und Eingliederungshilfeleistungen: Vereinbarung nach 13 Abs. 4 SGB XI abzuschließen. 6

1. Gesetzliche Vorgaben Leistungsrecht bis 2020 Vereinbarung zwischen Sozialhilfe-/EGH-Träger und Pflegekasse nach 13 Abs. 4 SGB XI mit Zustimmung Leistungsberechtigter, d.h. Eingliederungshilfe übernimmt ambulante Pflege, Pflegekasse erstattet dem EGH-Träger die Kosten Modalitäten: Empfehlung vom 10.04.2018 des GKV-Spitzenverbandes (Pflegekassen) und der Bundesarbeitsgemeinschaft überörtlicher Träger der Sozialhilfe (BAGüS) mit Zustimmung des BMAS 7

1. Gesetzliche Vorgaben Empfehlung Bundesebene Modalitäten Pflegekasse entscheidet über ambulante Leistungen nach SGB XI und erlässt Bescheid. Teilhabe-/Gesamtplanverfahren (EGH-Träger): Zeitraum der Pflegeleistungen nach SGB XI Mit leistungsberechtigter Person abgestimmt Träger der Hilfe zur Pflege ggf. einbezogen Träger der Eingliederungshilfe übernimmt auf Grundlage des Bescheides der Pflegekasse Leistungen nach SGB XI, direkte Leistungen der Pflegekasse können entfallen. 8

1. Gesetzliche Vorgaben Empfehlung Bundesebene Vorgehensweise Vereinbarung nach 13 Abs. 4 Satz 1 SGB XI zwischen Träger EGH und Pflegekasse wird abgeschlossen. Zustimmung der leistungsberechtigten Person wird eingeholt. Vom Träger EGH erbrachte Pflegeleistungen werden von der Pflegekasse erstattet. 9

1. Gesetzliche Vorgaben ab 2020: Personenzentrierung infolge BTHG Nicht mehr stationär Trennung Fachleistung/EGH Pflegeversicherungs- Leistungen Hilfe zur Pflege 10

1. Gesetzliche Vorgaben Leistungsrecht ab 2020 Ab 2020: Lebenslagen-Modell ( 91 Abs. 3 SGB IX, 13 Abs. 3 und 43a SGB XI) In Räumlichkeiten (vorher Behinderteneinrichtungen): Eingliederungshilfe umfasst Pflegeleistungen Außerhalb von Räumlichkeiten: Träger der Eingliederungshilfe bezahlt auch häusliche Pflege, - solange Teilhabeziele (lt. Gesamtplan) erreichbar - sofern die leistungsberechtige Person vor Erreichen der Regelaltersgrenze bereits im Leistungsbezug (EGH) 11

Teilhabe-/ Gesamtplanverfahren in der Eingliederungshilfe ab 2018 12

1. Gesetzliche Vorgaben Teilhabe-/Gesamtplanung Der Sozialhilfeträger bzw. Träger der Eingliederungshilfe führt für alle Personen ein Teilhabeplan-/Gesamtplanverfahren durch Pflegekassen werden einbezogen ( 13 Abs. 4a). Träger der EGH bezahlt Leistungen der Eingliederungshilfe und der Pflege wie aus einer Hand (ambulant, wenn nach 13 Abs. 4 SGB XI vereinbart). 13

1. Gesetzliche Vorgaben Teilhabe-/Gesamtplanung Teilhabeplan ermöglicht Getrennte Leistungserbringung wie aus einer Hand ( 15 Abs. 3 SGB IX) Idealer Prozessablauf um komplizierte Erstattungsansprüche zu vermeiden. 14

2. Thesen Menschen mit Behinderung sollen bis ins hohe Alter und trotz etwaiger Pflegebedürftigkeit in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können Geeignete Wohnformen für Menschen mit Behinderung notwendig! 15

2. Thesen Inklusion behinderter Menschen = gleichberechtigte Teilhabe an adäquater pflegerischer Versorgung Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung (i.d.r. wurden Pflegeversicherungsbeiträge entrichtet) 16

2. Thesen Binnendifferenzierung = Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung und der Eingliederungshilfe bestandssichernde Vereinbarungen! Rechtssicherheit für behinderte Menschen und Angehörige! 17

3. Lösungsansätze Spezialabteilungen oder spezielle Leistungstypen für pflegebedürftige Menschen in Behinderteneinrichtungen Pflegeeinrichtungen für pflegebedürftige Menschen mit Behinderung (mit Eingliederungszuschlag) 18

3. Lösungsansätze Wohngemeinschaften für volljährige Menschen gelten als teilweise selbstverantwortete ambulant betreute WG nach 6 Abs. 1 WTPG ( Fiktionsregelung 6 Abs. 2 WTPG) solche WGs + bish. Außenwohngruppen der EGH: kein Wohnraum nach 43a SGB XI (?) Volle Leistungen der Pflegeversicherung 19

3. Lösungsansätze PiWo Pflegeintensive Wohn- und Lebensräume für pflegebedürftige Menschen mit Behinderung personenzentrierte Versorgung variabler Versorgungsgrad modulare Leistungserbringung 20

4. Fazit Pflegebedürftige Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an adäquater pflegerischer Versorgung! Personenzentrierte Versorgung pflegebedürftiger Menschen mit Behinderung (auch für die Zeit nach dem 01.01.2020) nicht verpassen! Neue Ideen sind gefragt! 21

22

DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT 23