Anforderungen an die öffentliche Pflegeberatung vor dem Hintergrund der aktuellen pflegepolitischen Entwicklungen Evaluierungsergebnisse und Schlussfolgerungen Prof. Dr. habil Thomas Klie Freiburg 10.10.2014 AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 1
Herzlichen Glückwunsch zum 40. jährigen AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 2
Case Management in der Pflege Als Versorgungsmanagement nach Klinikaufenthalt Im Rahmen (spezialisierter) ambulanter palliativ Versorgung In der häuslichen Pflege Zur Vermeidung von stationären Aufenthalten AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 3
Zielgruppen von alten, chronisch kranken und insbesondere multimorbiden Menschen; von Menschen in Spätphasen chronischer Krankheiten und am Lebensende; von Menschen mit (geronto-)psychiatrischen Krankheitsbildern / Problemlagen; bei komplexen Medikamentenregimen / technikintensivem Unterstützungsbedarf von vulnerablen Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Pflegebedarf (z.b. Migranten) im Falle der Kumulation gesundheitlicher, psychosozialer, ökonomischer Problemlagen AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 4
Case Management und Pflege Case Management aus der Pflege Welche Beiträge hat die Pflege als Disziplin zur Auseinandersetzung mit und Weiterentwicklung von Case Management geleistet? Case Management durch die Pflege Welche Rollen und Funktionen übernehmen Pflegende beim Case Management und von welchem Verständnis lassen sie sich leiten? Case Management in der Pflege Welche Bedeutung hat Case Management für die pflegerische Versorgung und wo wird es wie mit welchen Ergebnissen eingesetzt? (Ewers 2011) AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 5
Pflege als Case Manager «Pflegende sind überall» und können so eine sektorenübergreifende Versorgung realisieren Pflegende agieren als kompetente Mittler zwischen medizinischen und sozialen Belangen Pflegende begleiten Patienten auf ihrem Weg durch das Versorgungsgeschehen Pflegende unterstützen Patienten im Alltag im Umgang mit Krankheits- und Therapiefolgen Pflegende binden familiale Hilfe und soziale Netzwerke in das Versorgungsgeschehen ein Pflegende setzen sich anwaltschaftlich für die Interessen von Patienten und Angehörigen ein AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 6
Case Management in der Verantwortung der Pflege Übernahme der Lotsenfunktionen für Patienten und Angehörige im Gesundheits- und Sozialsystem Gewährleistung der richtigen Versorgung am richtigen Ort im richtigen Umfang zur richtigen Zeit Überwachung eines kontrollierten Einsatzes materieller und immaterieller Ressourcen Sicherstellung einer engen Kooperation mit allen beteiligten Akteuren («Collaborative Care») Beförderung gemeinschaftlich angestrebter Ergebnisse durch vorausschauendes Handeln AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 7
Unterstützung bei Pflegebedarf im Focus Erweitertes Pflegeverständnis: Pflege impliziert über pflegerische Verrichtungen hinaus Lebensbewältigung und Alltagsbesorgung in jeder gesundheitlichen und sozialen Hinsicht Bewirtschaftung der dafür nötigen Kräfte, Mittel und Möglichkeiten Alle Beteiligten finden sich in einem komplexen Zusammenhang, daher ist begeleitende Unterstützung, wenn sie effektiv sein soll, nur managerial d.h. organisierend, steuernd, vernetzend möglich AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 8
Kriterien für Case Management Partner- (bzw. Kunden) Paradigma Ressourcen- Orientierung Kontraktgebundenheit Indikation: Problemkomplexität/ Hohe Akteursdichte Case Management - Essentials- Kontinuität in der Fallintervention und -verantwortlichkeit Zeitliche Begrenztheit der Case Management- Intervention Querintervention zu segmentierten Dienst- Leistungen u. Strukturen Pragmatisches Dienstleistungs- Paradigma (nach Wißmann 2003) Konsequente Realisierung der CM-Phasen/ des CM-Regelkreises Priorität von Advocacy- und Support-Funktion AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 9
Wirkungen des Case Managements Für den Klienten Für die Kostenträger Für den Dienst/ die Klinik Für die Infrastruktur Für die Kooperation AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 10
Beispiele Ahlen: Case Management und Reduzierung der Heimunterbringung Pflegebudget: individuellere, kosteneffizientere Arrangements AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 11
Case Management und öffentliche Pflegeberatung Rechtsanspruch auf Pflegeberatung i.s.d. Case Management Gegenüber Pflegekassen Ggf. in Pflegestützpunkten Seit 2008 AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 12
Regelungen des SGB XI Pflegeberatung Vorgehensweise nach CM Prinzipien Angesiedelt bei Pflegekassen Durchgeführt durch Sofa, Pflegefachkräfte u.a. Fachkräfte (Sozialarbeit) Kooperation möglich Fallsteuerung (Versorgungsplan) Sozialleistung Pflegestützpunkte Obligatorische Partner: Pflegeund Krankenkassen Hinwirkungspflicht: Kommunen, Anbieter Kooperationspartner: Freiwilligendienste Ziel: Integrierte Versorgung Aufgabe: Koordination, Kooperation, Vernetzung, Nur, wenn die Länder wollen AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 13
Pflegestützpunkte Gerichte gesetzliche Pflegekassen Staat Krankenkassen Kommunen Sozialhilfeträger Private Krankenkassen Markt Ärzte Krankenhäuser TherapeutInnen andere Anbieter zugelassene Dienste und Einrichtungen Pflegekassen Pflegestützpunkte Kommunen Träger von Einrichtungen und Diensten Nachbarschaft Angehörige Familie Informeller Sektor Apotheken Selbsthilfe Betreuungsverein Bürgerschaft-liches Engagement Dritter Sektor Seniorenbeirat Nachbarschaftshilfe Legende: Verträge Absprachen über Kooperation werden einbezogen AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 14
Effekte der Pflegeberatung AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 15
Hilfreich AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 16
Ergebnisse der Evaluation Anreize für die Implementation von Pflegeberatung Kundenbindung der Kassen DAK: wir sind auch dort die besten AOK: die örtlichen Kassen mit Sozialraumbezug Effizienz/ Integration der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung Desease management Prävention One Stopp agency Vorbeugung von Konflikten/Widersprüchen Arbeitseinsparung Überbringung von negativ Bescheiden Informelles Widerspruchsverfahren Kostensteuerung HKP Überprüfung Hilfsmittelüberprüfung Notwendigkeit von Wohnungsanpassungsmaßnahmen Qualitätssicherung häuslicher Pflege Pflegeberatungsbesuche Persönliche Qualifikation und Motivation Beteiligt an Fachdiskurs Aufstiegsoption AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 17
Ergebnisse der Evaluation Konterkarierend / Fehlanreize Fiskalische Logik der Abrechnung von Pflegeberatung über Versorgungspläne Der zweite Besuch lohnt sich nicht Integration der Pflegeberatung in PSP Keine kassenspezifische Steuerungsmöglichkeiten Kein Zugriff auf GKV Daten Fehlende Anreize für Folgeberatungen und die Einbeziehung dritter Akteure AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 18
Ergebnisse der Evaluation Steuerungsdefizite auf Kassenebene Unterschiedliche Logiken je Kassen (Art) Kleine Kassen kein strukturelles Interesse an eigener Beratung Unterschiedliche strategische Interessen an Pflegeberatung Kassenart Bundes- /Landesebene Keine einheitlichen Standards Kein fiskalisches Interesse an Einsparungen in den SGB XI Leistungen Steuerungsebene Land/Kassen Strukturen garantieren noch keine qualifizierte Aufgabenwahrnehmung Vergabeverfahren gefährdet Kontinuität Konflikte unter den Verbänden Es fehlt an strategischer Implementation Qualitätsvorgaben Teambildung Tools Kollegiale Beratung AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 19
Schlussfolgerungen AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 20
Strukturreform gefragt AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 21
Aufgaben in der Langzeitpflege Pilotfunktion Cure Steuerung und Management des gesamten Cure-Bereichs, z. B. SAPV Case Management Gesamt-Steuerung und Management in komplexen Fallkonstellationen Pilotfunktion Care Steuerung und Management der gesamten Lebens- und Haushaltsituation Steuerung des Pflegeprozesses Reha-Maßnahmen Extended nursing / Primary nursing ( kleine Heilbehandlungen ) Professionelle Interaktion Cure Fachpflege Medizin Therapie Pflege Care Familie Assistenz Hauswirtsch aft Alltagsgestaltung Hauswirtschaft Teilhabe Anamnese Vereinbarung Pflegeziele Krankenbeobachtung > professionelle Hermeneutik Assistenz Kooperation: Profession Planung Aushandlung (Qualität) Lebensqualität Hilfskräfte (funktional orientiert) Persönliche Assistenz (subjektorientiert) AGP Alter. Sozialforschung Gesellschaft. Freiburg Partizipation i.br. Institut für angewandte Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 22
Kommunale Rolle Fachkoord. SGB V +XI Richtlinien Qualitätssicherung Kommunale Sozialplanung Bauleitplanung Nahverkehr Fachkoord. EH Zivile Netzwerke Koordinierung der flächendeckenden Versorgung Sozialräumliche Koordinierung Schnittstelle Servicestelle Pflege + Teilhabe Fallsteuerung AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 23
Hilfeplanung Gemeinsame Hilfeplanung (Beauftragter) Akteure Cure Assessmentfunktion Gemeinsame Assessment Agentur (aus MDK und anderen Begutachtungsstellen) Akteure Care Hausarzt Therapeuten Apotheken Krankenhäuser Pflegedienst Rehabilitationseinrichtungen Servicestelle Pflege & Teilhabe Kommunaler Sozialdienst Gesundheitsamt Quartiermanager/ Wohnbaugesellschaft Nachbarn Angehörige Hoberg, Künzel, Klie Aufmerksamkeit Einzelfall 25. Januar 2013 24 AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 24
Befund: Ziele Reformperspektive: Beratung und Case Management Sektoren übergreifende Beratung nicht flächendeckend verfügbar selten Welfare Mix orientiert Case Management wirkt, Bei Ortsbezug Bei qualifiziertem CM nur von wenigen Kassen praktiziert Wohnortnahe, sozialräumliche Beratungsangebote, ggf. zugehend Case und Care Management flächendeckend implementieren Gesetzliche Regelungen Bund Option für Kommunen auf Dauer Federführung für Beratung und CM, 8a SGB XI Pflicht zur Einbringung von Ressourcen bzw. Anteilsfinanzierung durch Kassen für CM Modellvorhaben im SGB IX: PSP/SS in Trägerschaft von Kommunen, Ermächtigung zur Hilfeplanung, Beauftragtenrolle, 13 Abs. 3 SGB IX, übergreifendes Assessment Effekte von Pflegeberatung AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 25
Herzlichen Dank AGP Sozialforschung Freiburg i.br. 10.10.2014 26