Newsletter-Arbeitsrecht II/2013

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Transkript:

Newsletter-Arbeitsrecht II/2013 Sehr geehrte Mandanten, liebe Leser, ich freue mich, Ihnen heute die zweite Ausgabe des Newsletter Arbeitsrecht im Jahr 2013 überreichen zu dürfen. In der Rechtssprechungsübersicht erhalten Sie in dieser Ausgabe Informationen über neue Tendenzen im Kündigungsschutzverfahren. Einzelne Aspekte der übrigen Rechtssprechung im Arbeitsrecht, hier insbesondere aus dem Bereich Mobbing, sollen ebensowenig unerwähnt bleiben wie einzelne Aspekte der Vertragsgestaltung von Arbeitsverträgen. Aber bitte beachten Sie: Newsletter Arbeitsrecht ersetzt keine rechtliche Beratung im Einzelfall. Es soll nur Tendenzen aufzeigen und Sie sensibilisieren. Für die gewohnte Qualität in der Rechtsberatung durch meine Kanzlei ist der persönliche Kontakt der Weg der Wahl und kann durch nichts ersetzt werden. Ich wünsche Ihnen auch bei dieser Ausgabe eine interessante Lektüre und stehe für Gespräche, Beratung und Anregungen gerne zu Verfügung. Ihr In dieser Ausgabe: Rechtsprechung zum Kündigungsschutz 1. Kündigungsschutz und Fehlverhalten 2. Telefonische Eigenkündigung wirksam 3. Kündigungsschutz und Krankheit 4. Außerordentliche Kündigung wegen Kirchenaustritt 5. Fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit 6. Die Vorbeschäftigung als Leiharbeitnehmer zählt nicht für die Wartefrist des KSchG Rechtsprechung und Vertragsgestaltung 7. Entschädigungsklage: Keine Mitteilungspflicht des Arbeitgebers 8. Verzicht auf Urlaubsabgeltung möglich 9. Freiwilligkeitsvorbehalte im Arbeitsvertrag Mobbing 11. Neue Tendenzen im Bereich Mobbing

Seite zwei Rechtsprechung Kündigungsschutz zum 1. Kündigungsschutz und Fehlverhalten (LAG Köln, Urteil vom 06.11.2012, 11 Sa 412/12; ArbG Mönchengladbach, Urteil vom 09.11.2012, 6 Ca 1749/12 und LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom20.02.2013, 2 Sa 168/12) Weil sich zwei Arbeitskollegen auf dem Heimweg prügelten und gegenseitig verletzten, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos auf. Eine körperliche Auseinandersetzung unter Arbeitnehmern kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber sein, und das auch, wenn die Auseinandersetzung außerhalb des Betriebsgeländes stattfindet, so die Richter des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG Köln, Urteil vom 06.11.2012, 11 Sa 412/12). In der zu beurteilenden Sache entschieden die Richter, dass das Bestandsschutzinteresse des Klägers hinter dem Beendigungsinteresse des Arbeitgebers zurücktritt, da der Kläger vorsätzlich die Auseinandersetzung mit dem Arbeitskollegen suchte, und das auch nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Jahren. Denn, so die Richter, sei der Arbeitgeber nicht nur allen anderen Arbeitnehmern gegenüber verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht durch Arbeitskollegen angegriffen werden. Der Arbeitgeber habe ferner ein eigenes Interesse daran, dass die Zusammenarbeit im Betrieb reibungslos abläuft, den täglichen Betriebsablauf nicht zu gefährden und durch Auseinandersetzungen gegebenenfalls entstehende Fehlzeiten verhindert werden. Die Bedrohung des Vorgesetzten mit den Worten ich hau dir auf die Fresse rechtfertigt ebenfalls eine fristlose Kündigung, so die Richter des Arbeitsgerichtes Mönchengladbach (ArbG Mönchengladbach, Urteil vom 09.11.2012, 6 Ca 1749/12). Die Richter achteten dabei die fristlose Kündigung als wirksam, weil sie im Verhalten des Klägers eine strafrechtlich relevante Bedrohung sahen, und ein ähnliches Verhalten bereits in der Vergangenheit abgemahnt worden war. Die Behauptung des Klägers, er sei durch seinen Vorgesetzten provoziert worden, ließen die Richter nicht gelten. Allerdings hatten die Richter des Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf, 7 Sa 1821/12) nunmehr über die Angelegenheit zu entscheiden. Der Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten. Ob ein Sachverhalt dazu geeignet ist, eine Verdachtskündigung auszusprechen, kann das Arbeitsgericht im Hinblick auf die festzustellende strafbare Handlung eigenständig beurteilen, und ist nicht an die Feststellungen im Strafurteil gebunden, so die Richter des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg- Vorpommern (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom20.02.2013, 2 Sa 168/12). Damit folgen die Richter im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.08.1997 (2 AZR 620/96). Die Richter sahen es als nicht erwiesen an, dass die Klägerin an der ihr vorgeworfenen Straftat in einer Weise beteiligt war, die die Kündigung begründet hätte. 2. Telefonische Eigenkündigung wirksam (LAG Rehinland-Pfalz, Urteil vom 08.02.2012, 8 Sa 318/11) Eine Mitarbeiterin kündigte mehrfach in einem Telefonat mit ihrem Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos und kam der Bitte des Arbeitgebers auf Fortsetzung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist nicht nach. Nachdem der Arbeitgeber in der Folge von sich aus das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht kündigte, erhob die Mitarbeiterin Kündigungsschutzklage und begehrte die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung ihres Arbeitgebers beendet worden sei. Das Landesarbeitsgericht Rheinland- Pfalz bestätigte die Entscheidung des vorinstanzlich zuständigen Arbeitsgerichtes mit der Begründung, dass zum Zeitpunkt der Kündigung durch den Arbeitgeber zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden hätte. Zwar ergebe sich aus 623 Bürgerli-

Seite drei ches Gesetzbuch (BGB) seit dem Jahre 2000 ausdrücklich das Erfordernis der Schriftform einer Kündigung, jedoch bleibt es der Klägerin aufgrund ihres eigenen Verhaltens verwehrt, sich im Nachhinein auf fehlende Kündigungsgründen beziehungsweise den Mangel der Schriftform ihrer eigenen Kündigung zu berufen. Ein Berufen auf Rechtsvorschriften, deren Rechtsvorteile sie selbst missachtet habe, sei hier nicht möglich. Mit der Entscheidung stellt das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz erstmalig nach Inkrafttreten des neuen 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Wirksamkeit einer möglichen Kündigung fest. 3. Kündigungsschutz und Krankheit (Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 09.01.2013, 7 Ca 5063/12; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.03.2013, 10 Sa 2427/12 und LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 05.03.2013, 5 Sa 106/12) Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hatte über die Klage einer seit 16 Jahren im öffentlichen Dienst beschäftigten Mitarbeiterin gegen eine krankheitsbedingte Kündigung zu entscheiden (Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 09.01.2013, 7 Ca 5063/12). Die Mitarbeiterin war in den vergangenen zweieinhalb Jahren jährlich bis zu 81 Tage arbeitsunfähig gewesen. Dabei standen die Erkrankungen nicht in Zusammenhang mit ihrer betrieblichen Tätigkeit. Die Richter gaben der Klägerin Recht und erklärten die Kündigung für unwirksam. Sie sahen eine negative gesundheitliche Zukunftsprognose als Voraussetzung einer wirksamen Kündigung für nicht geben, denn aufgrund einer Betriebszugehörigkeit von über 16 Jahren reiche einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren für eine negative Gesundheitsprognose nicht aus. So sei bei einer langen Betriebszugehörigkeit der ernsthafte Versuch einer betrieblichen Wiedereingliederung zu unternehmen, so die Richter. Auch die vorherige Ankündigung einer Krankheit rechtfertigt nicht in jedem Fall eine Kündigung, so entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.03.2013, 10 Sa 2427/12). Ein Arbeitnehmer hatte an einem Freitag gegenüber seinen Kollegen angekündigt, er sei kaputt und benötige einige Tage frei. Nachdem er am darauffolgenden Montag nicht zur Arbeit erschienen war, kündigte der Arbeitgeber ihm das Arbeitsverhältnis. Zu unrecht, entschieden die Richter. Es sei zunächst zu differenzieren, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Ankündigung der Krankheit bereits objektiv erkrankt war oder nicht. Denn wenn eine solche Erkrankung zum Zeitpunkt der Ankündigung bereits vorlag, so kann nicht ohne weiteres von einer erheblichen Pflichtverletzung ausgegangen werden, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde. So sei insbesondere nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts derjenige, der die Kündigung ausspricht, für alle Umstände, die als wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeignet sein können, darlegungs- und beweispflichtig. So treffe den Arbeitgeber auch hier die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass einer Erkrankung nicht bereits am Freitag vorgelegen habe. Ein Indiz könne jedoch nicht sein, dass der Arbeitnehmer bis zum Ende seiner täglichen Arbeitszeit am Freitag weitergearbeitet habe. Nimmt ein Mitarbeiter während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit an einem Vorstellungsgespräch teil, so rechtfertigt dies wieder eine außerordentliche, noch eine ordentliche Kündigung. So urteilten die Richter des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 05.03.2013, 5 Sa 106/12). Denn der Mitarbeiter hat sich durch die Vorstellung während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht pflichtwidrig seinem Arbeitgeber gegenüber verhalten. Er war im konkreten Fall aufgrund einer Bewegungsunfähigkeit seines rechten Arms krankgeschrieben. Die Richter sahen kein Verbot, sich für einen anderen Posten vorzustellen, dass eine Pflichtverletzung darstellen konnte. Auch hatte der Arbeitgeber keinen Nachweis dafür erbracht, dass eine

Seite vier Arbeitsunfähigkeit nicht vorlag. Weiterhin stellten die Richter klar, dass ein vom Arbeitnehmer gezeigter Abkehrwille nicht ohne weiteres eine Kündigung rechtfertige. Solange der Arbeitnehmer seinen vertraglichen Pflichten nachkomme, stelle die Suche nach einem neuen Arbeitsumfeld keine Pflichtverletzung dar. 4. Außerordentliche Kündigung wegen Kirchenaustritt (BAG, Urteil vom 25.04.2013, 2 AZR 579/12) Weil ein unkündbarer Mitarbeiter des katholischen Caritasverband aus der Kirche ausgetreten war, kündigte ihm der Arbeitgeber außerordentlich mit einer entsprechenden Auslauffrist das Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber berief sich dabei auf 4 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des deutschen Caritasverbandes, in dem es unter anderem heißt:...erfordert der Dienst in der katholischen Kirche vom katholischen Mitarbeiter, dass er seine persönliche Lebensführung nach der Glaubens- und Sittenlehre sowie den übrigen Normen der katholischen Kirche einrichtet. Die Richter des Bundesarbeitsgerichtes urteilten, dass der Arbeitnehmer durch seinen Kirchenaustritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten verstoßen habe, und es dem Arbeitgeber somit nicht zumutbar sei, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Da der Arbeitnehmer nach dem Selbstverständnis der Kirche im Dienst am Menschen stehe, und die Werte des katholischen Glaubens zu leben habe, könne der Arbeitgeber nicht gezwungen werden, einen den Loyalitätsanforderungen nicht genügenden Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Dabei stellt das Gericht klar, dass auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers Gewicht hat, nach Auffassung des Gerichts trete diese jedoch hinter das Selbstbestimmungsrecht des Arbeitgebers zurück. Auch sei der Kläger nicht im Sinne der 1, 7 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert, denn die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion sei nach 9 Abs. 1 in Verbindung mit 9 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gerechtfertigt, so die Richter. 5. Fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit (Hessisches LAG, Urteil vom 28.01.2013, 16 Sa 593/12) Der Arbeitnehmer inspizierte im Auftrag seines Arbeitgebers einen Rohrleitungsschaden bei einem Kunden. Wenige Tage, nachdem der Schaden durch den Arbeitnehmer festgestellt worden war, reparierte dieser den Schaden beim Kunden seines Arbeitgebers, forderte den Rechnungsbetrag in Bar, lieferte diesen jedoch nicht bei seinem Arbeitgeber ab. Nach der Beweisaufnahme sahen die Richter in dem Verhalten des Arbeitnehmers eine Tätigkeit auf eigene Rechnung und bestätigten die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber. Denn durch die Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers auf eigene Rechnung hat dieser nach Ansicht der Richter seine arbeitsvertraglichen Pflichten massiv verletzt. Ein Arbeitnehmer darf, so die Richter, im Tätigkeitsbereich seines Arbeitgebers keine eigenen Dienste anbieten. Dem Arbeitgeber soll nach Ansicht der Richter uneingeschränkt und ohne die Gefahr eines Nachteils für ihn sein eigener Handlungsbereich offen stehen. 6. Die Vorbeschäftigung als Leiharbeitnehmer zählt nicht für die Wartefrist des KSchG (LAG Niedersachsen, Urteil vom 05.04.2013, 12 Sa 50/13) Ein Arbeitnehmer war zunächst für über einem Jahr von einem Leiharbeitsunternehmen in einem Betrieb eingesetzt worden und danach unter Beibehaltung des identischen Arbeitsplatzes in ein reguläres Arbeitsverhältnis beim Entleiher übernommen worden. Noch vor Ablauf der nunmehr mit dem neuen Arbeitgeber vereinbarten Probezeit kündigte dieser das Arbeitsverhältnis. Die darauf erhobene Kündigungsschutzklage wurden nunmehr in der zweiten Instanz zurückgewiesen. Die Richter des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen argumentieren, dass gemäß dem Wortlaut des 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) dieses vorliegend keine Anwendung finden würde. Denn eine Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sei nur dann gegeben, wenn dessen Arbeitsver-

Seite fünf hältnis in dem selben Betrieb länger als sechs Monate bestanden hat. Auch habe der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zunächst nur aus der Perspektive des Entleihers kennen gelernt. So sei ab dem Zeitpunkt der Übernahme das Arbeitsverhältnis neu gestaltet. Daher beginne in jedem Fall die sechsmonatige Wartefrist mit dem Zeitpunkt der Einstellung, so die Richter. Rechtsprechung Vertragsgestaltung und 7. Entschädigungsklage: Keine Mitteilungspflicht des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 25.04.2013, 8 AZR 287/08) Eine bereits über 50 Jahre alte Frau mit Migrationshintergrund hatte sich auf eine offene Stelle beworben. Da der potentielle Arbeitgeber ihr die Auskunft verweigerte, ob die Stelle besetzt sei und mit wem sie besetzt sei, vermutete die Frau eine Benachteiligung wegen ihres Alters, ihres Geschlechts und ihrer Herkunft, und verlangte wegen eines Verstoßes gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine angemessene Entschädigung in Geld. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Vorinstanzen und lehnte einen Anspruch ab. Denn ein Anspruch auf Auskunft bestehen wieder nach nationalem, noch nach europäischen Recht. Zwar hatte der EuGH mit Urteil vom 19.04.2012 (C-415/10) entschieden, dass die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen, die im Zusammenhang mit der Ablehnung und der zu besetzenden Stelle stehen, unter Umständen einen Gesichtspunkt darstellen, der eine Diskriminierung vermuten lässt. Allerdings hat die Klägerin keine ausreichenden Indizien dafür dargelegt, die eine Benachteiligung nach 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vermuten lassen, und zu einer Beweislast des potentiellen Arbeitgebers nach 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) führen würden. Die Klägerin habe nur auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre Herkunft hingewiesen. Im übrigen, so die Richter, begründe die Verweigerung jeglicher Auskunft nicht die Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung nach 7 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). 8. Verzicht auf Urlaubsabgeltung möglich (BAG, Urteil vom 14.05.2013, 9 AZR 844/11) Nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristgemäß gekündigt hatte, und der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben hatte, einigten sich die Parteien im Rahmen eines Prozessvergleichs auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Kündigungszeitpunkt, zur Zahlung einer Abfindung sowie einer Ausgleichsklausel. Mit der Erfüllung des Vergleichs sollten wechselseitige Ansprüche finanzieller Art aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sein. Einen Monat nach dem Vergleichsschluss forderte der Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung für drei Urlaubsjahre. Nachdem das Arbeitsgericht die darauf folgende Klage abgewiesen hatte, verurteilte das zuständige Landesarbeitsgericht den Arbeitgeber auf Zahlung der Urlaubsabgeltung. Die darauf folgende Revision des Arbeitgebers vor dem Bundesarbeitsgericht hatte Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichtes wurde wieder hergestellt. Die Richter urteilten, dass die im Vergleich enthaltene Ausgleichsklausel auch den mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruch erfasse. Ist ein Arbeitsverhältnis beendet, und ein Urlaubsabgeltungsanspruch nach 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) entstanden, so kann ein Arbeitnehmer grundsätzlich darauf verzichten. Dem steht, so die Richter, auch die Regelung des 13 Abs. 1 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht entgegen, wonach eine Abweichung von der Regelung des 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht zu Ungunsten eines Arbeitnehmers möglich ist. Denn die Regelung erfasse nur einzelne vertragliche Abreden, die das Entstehen des Urlaubsabgeltungsanspruchs ausschließen, jedoch nicht den Verzicht auf bereits entstandenen Ansprüche. 9. Freiwilligkeitsvorbehalte im Arbeitsvertrag (BAG, Urteil vom 20.02.2013, 10 AZR 177/12) Kürzlich entschieden die Richter des

Seite sechs Bundesarbeitsgerichtes, dass trotz einer arbeitsvertraglichen Regelung, die das Weihnachts- beziehungsweise Urlaubsgeld unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit stellte, ein unbedingter Rechtsanspruch besteht. Ausschließlich die Bezeichnung als Freiwillige soziale Leistungen genüge für sich alleine nicht, um einen rechtlichen Anspruch auszuschließen, entschieden die Richter. Denn wenn diese Leistungen in einem Formulararbeitsvertrag exakt nach deren Voraussetzungen und Höhe präzisiert werden, liege das Bestehen eines vertraglichen Anspruchs nahe. In der Kombination mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt sei ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegeben, der zur Unwirksamkeit des Vorbehaltes gemäß 306 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) führe. Mobbing 10. Neue Tendenzen im Bereich Mobbing (LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2013, 17 Sa 602/12 und Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 11.10.2012, 1 Ca 1310/12) Die Richter des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf stellten kürzlich in einer Entscheidung klar, dass nicht jede Kritik durch den Arbeitgeber eine Persönlichkeitsverletzung des Arbeitnehmers darstellen muss. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitnehmer wegen Mobbings auf Wiedergutmachung in Form eines Schmerzensgeldes in Höhe von 893.000,00 geklagt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2013, 17 Sa 602/12). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte Mobbing bereits in seiner Entscheidung vom 15.01.1997 (BAG, Beschluss vom 15.01.1997, 7 ABR 14/96) als systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte bezeichnet. Allerdings ist hierfür der Betroffene darlegungs- und beweispflichtig. Die Richter stellten in ihrer Entscheidung klar, dass auch länger andauernde Konfliktsituationen im Arbeitsleben normal sind und der Arbeitgeber so langsam Direktionsrecht ausüben darf, solange nicht eindeutig eine Tendenz zur Schikane erkennbar ist. Auch zu berücksichtigen sei, so die Richter, das Verhältnis von Aktion und Reaktion im Arbeitsleben. So stelle nicht jeder berechtigte oder gar überzogene Kritik durch den Arbeitgeber eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. So konnten die Richter kein Gesamtverhalten feststellen, dass in deren Augen als Mobbing zu werten war. In einer weiteren Entscheidung hatte das Arbeitsgericht Siegburg über ein Schmerzensgeld wegen Mobbings zu entscheiden und sprachen den Arbeitnehmer ein Schmerzensgeld in Höhe von 7000,00 zu (Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 11.10.2012, 1 Ca 1310/12). Die Richter argumentierten, dass eine Gesamtschau der Handlungen des Arbeitgebers den Schluss zulasse, dass eine klare Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Arbeitgeber vorliege. Einzelne Handlungen hätten mit Systemen die Ausgrenzung des Arbeitnehmers bewirkt. So hatte der Arbeitnehmer aufgrund seiner Unterbeschäftigung als Bereichsleiter tägliche Arbeitsberichte zu verfassen und Schrott zu sortieren. Auch kamen die Richter zu der Auffassung, dass der Arbeitgeber die Arbeitsplatzbedingungen ungünstig gestaltete. Durch das Verhalten des Arbeitgebers sei dem Arbeitnehmer suggeriert worden, dass er fachlich und persönlich ungeeignet und sogar minderwertig sei. Dies habe ihn in seiner Würde angegriffen, so die Richter. HAFTUNGSAUSSCHLUSS: Dieser Newsletter Arbeitsrecht ersetzt keine rechtliche Beratung im Einzelfall, er dient als allgemeine Information über aktuelle Rechtsentwicklungen. Eine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Ausführungen im Einzelfall übernehme ich mit der Herausgabe des Newsletter Arbeitsrecht nicht. Verantwortlich für den Inhalt:, Ehringshausen. Wenn Sie diese Informationen nicht länger erhalten möchten, senden Sie bitte eine Email an info@d-h-p.de. Copyright 2013. All rights reserved.