Kurzgutachten: Modelle der Anrechnung von Erwerbseinkommen auf den Anspruch auf ergänzende Leistungen nach dem SGB II



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Transkript:

Kurzgutachten: Modelle der Anrechnung von Erwerbseinkommen auf den Anspruch auf ergänzende Leistungen nach dem SGB II 1: 100 Euro Grundfreibetrag 40 Prozent Freibetrag bis 1.000 Euro brutto danach Anrechnung wie Status quo 2: 40 Euro Grundfreibetrag Vollanrechnung bis 200 Euro 40 Prozent Freibetrag bis 400 Euro brutto 50 Prozent Freibetrag bis 1.000 Euro brutto danach Anrechnung wie Status quo alle n: der Kindergeldzuschlag gilt zunächst weiter, es wird jedoch eine Günstigerprüfung eingeführt: Es wird der jeweils höchste Zuschlag zwischen den Alternativen Kindergeldzuschlag und Wohngeld bzw. ergänzendes ALG II gezahlt. Wirkungen auf die Brutto/Nettoposition der Haushalte 1 kombiniert den bestehenden Grundfreibetrag mit einem höheren Freibetrag. Dies resultiert in einer mutmaßlich erheblichen Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten. So steigt das Bruttoeinkommen, bis zu dem ergänzend ALG II gezahlt wird, bei den Alleinstehenden von 1.200 auf 1.600 Euro. Trotz der Ausweitung sind die Arbeitsanreize kaum besser als in den n 2 und 3. 2 setzt den Gedanken um, den Freibetrag bei Beschäftigungsverhältnissen in geringem Umfang den Freibetrag zu kürzen, um in bei umfangreicheren Beschäftigungsverhältnissen auszuweiten. Die Freibetragsausdehnung fällt allerdings äußerst großzügig aus, so dass auch in diesem Modell mit einer nicht unerheblichen Ausweitung der ALG II-Empfängerzahlen zu rechnen wäre.

Arbeitslosengeld II-Anspruch Alleinstehende

Arbeitslosengeld II-Anspruch Alleinerziehende, 1 Kind unter 7 Jahren

Arbeitslosengeld II-Anspruch Verheiratete, 2 Kinder unter 7 Jahren

Verfügbares Einkommen: Alleinstehende

Verfügbares Einkommen: Alleinerziehende, 1 Kind unter 7 Jahre

Verfügbares Einkommen: Verheiratete, 2 Kinder unter 7 Jahren

Fallbeispiele Alleinstehend Alleinerziehend mit einem Kind unter sieben Jahren Verheiratet mit zwei Kindern unter sieben Jahren Bruttoeinkommen Status quo 1 2 Status quo 1 2 Status quo 1 2 400 Euro 853 913 813 1.305 1.365 1.265 1.808 1.868 1.768 700 Euro 913 1.033 963 1.365 1.485 1.415 1.868 1.988 1.918 1.000 Euro 953 1.153 1.113 1.405 1.605 1.565 1.908 2.108 2.068 1.300 Euro 973 1.173 1.133 1.484 1.635 1.595 2.024 2.138 2.098

Fiskalische Wirkungen Für die Berechnung der statischen fiskalischen Wirkungen einer Reform der Anrechnungsregeln wäre es erforderlich, für jede Bedarfsgemeinschaft mit erwerbstätigen Leistungsbeziehern den Anspruch auf ergänzendes ALG II im Status quo mit dem hypothetischen Anspruch in den jeweiligen Reformmodellen zu vergleichen und die Unterschiede der jeweiligen Erwerbseinkommenshöhen aufzusummieren. Eine solche Rechnung ist angesichts der Vielzahl verschiedener Bedarfsgemeinschaftstypen und der speziellen Merkmale jeder einzelnen Bedarfsgemeinschaft nicht möglich. Darum wurde für die folgende Kostenabschätzung ein vereinfachter Ansatz gewählt. Es wurden die Ansprüche auf ergänzendes ALG II in drei Bedarfsgemeinschaftstypen (Alleinstehende, Alleinerziehende mit 1 Kind, Paare mit 2 Kindern) in den Reformvarianten mit dem Status quo verglichen. Diese 3 Bedarfsgemeinschaftstypen repräsentieren über die Hälfte aller erwerbstätigen Leistungsbezieher. Die Unterschiede wurden mit der Häufigkeit der jeweiligen Erwerbseinkommenshöhe aller erwerbstätigen Leistungsbezieher und mit dem Anteil des Bedarfsgemeinschaftstyps gewichtet. Die resultierende Höhe der Summe der Aufstockungsbeträge ist somit zwar unvollständig, weil nur ein Teil der Bedarfsgemeinschaftstypen berücksichtigt wurden. Es kann aber die Höhe der Kosten in den einzelnen n untereinander verglichen werden. Wird die Ausgabenhöhe im Status quo auf den Indexwert 100 normiert, ergibt sich für die 1 ein Kostenniveau von 110 und für 2 von 101. 1 hätte mithin zusätzlich zu dem Problem der steigenden Leistungsbezieherzahlen das Problem von nicht unerheblichen Zusatzkosten. Die 2 wäre annähernd kostenneutral. Zusätzlich zu den rein statistischen Wirkungen müssen Verhaltensänderungen erwartet werden. Wirken die Modelle wie intendiert, so dass geringfügig Beschäftigte ihre Arbeitszeit ausdehnen, dann ergeben sich zusätzliche Einsparungen für den Grundsicherungsträger. Zwar ist der Aufstockungsbetrag in den Reformmodellen höher als im Status quo. Aber der Aufstockungsbetrag für einen geringfügig Beschäftigten ist in allen n höher als der für Beschäftigte mit höherer Stundenzahl. Ein fiskalisches Risiko ergibt sich aus der Möglichkeit, dass geringfügig Beschäftigte aufgrund der verringerten Anreize ihre Erwerbstätigkeit aufgeben. Würden alle Aufstocker, die unter 400 Euro brutto verdienen, ihre Erwerbstätigkeit aufgeben und ausschließlich von Transfers leben, müssten etwa 850 Millionen Euro mehr an Transferleistungen aufgewendet werden. Dies dürfte allerdings ein eher hypothetisches Szenario sein, da die Grundsicherungsträger dieser Verhaltensreaktion entgegen wirken können.