Fachhochschule Oberösterreich. Studiengang: Sozial- und Verwaltungsmanagement, Linz. Bachelorarbeit. zur Erlangung des akademischen Grades



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Transkript:

Fachhochschule Oberösterreich Studiengang: Sozial- und Verwaltungsmanagement, Linz Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts in Business im Studienzweig Sozialmanagement Marketing- und Vertriebskonzept auf Basis von Web 2.0-Anwendungen und unter Berücksichtigung neurobiologischer Erkenntnisse in Bezug auf gelingende Beziehungen Gutachter: Verfasser: Prof. (FH) Ing. Mag. Robert Füreder Martin Brazda Matrikel-Nr.: 0810562067 Linz, Mai 2011

Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre an Eides statt, dass ich die Bachelorarbeit mit dem Titel Marketing- und Vertriebskonzept auf Basis von Web 2.0-Anwendungen und unter Berücksichtigung neurobiologischer Erkenntnisse in Bezug auf gelingende Beziehungen selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, keine andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und alle aus den verwendeten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe. B

Danksagung An dieser Stelle möchte ich allen danken, die zur Entstehung dieser Arbeit beigetragen haben. Als erstes gilt mein Dank Herrn Professor Ing. Mag. Füreder, der mir die Möglichkeit zu dieser Arbeit gab, sie durch Anregungen und Gespräche förderte und mir gleichzeitig die nötige wissenschaftliche Freiheit gewährt hat. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Frau Mag. Dr. Margit Prömer, die meine Tippfehler korrigierte und für eine korrekte Ausdrucksweise sorgte. Einen ganz besonderen Dank möchte ich meiner Familie aussprechen. Besonders bei meiner Frau Antje, die durch ihr Verständnis mich in meinem Studium unterstützte. Auch bei meiner zehnjährigen Tochter Nina möchte ich mich bedanken die für ihren Papa so viel Geduld aufbrachte. C

Kurzfassung Der Autor geht der Frage nach, wie ein Marketing- und Vertriebskonzept auf Basis von Web 2.0-Anwendungen und unter Berücksichtigung von Erkenntnissen aus der Neurobiologie in Bezug auf gelingende Beziehungen gestaltet werden kann. Im wissenschaftlichen Teil geht der Verfasser zunächst auf die Entwicklung des Marketings und auf die Segmentierung von Zielgruppen ein und beschreibt ein Vertriebskonzept, das auf Social Networks im Internet basiert. Forschungserkenntnisse der Neurobiologie beschreiben die Funktionsweise der wesentlichen Botenstoffe des menschlichen Gehirns und erklären, dass das menschliche Verhalten grundsätzlich auf Kooperation und gelingende Beziehungen ausgerichtet ist. Im zweiten Teil befasst sich der Autor mit der praktischen Umsetzung des Marketing- und Vertriebskonzeptes für die Werkstätten des Evangelischen Diakoniewerkes Gallneukirchen. Weiters beschreibt er die Meilensteine des durchgeführten Projektes und stellt ein Businesskonzept vor, das als Grundlage für die weiteren Realisierungsschritte Verwendung finden kann. I

Abstract The author follows the question how a marketing and sales draft concerning succeeding relations can be formed on the basis of web applications 2.0 and the consideration of knowledge from the Neuro biology. In the scientific part the author gives attention the development of the marketing and segmentation of target groups and describes a sales conception, which is based on social networks in the internet. The results of the research in Neuro biology describe the functional way of the essential transmitters of the human brain and expresses that the human behavior is aimed fundamentally on cooperation and succeeding relations. In the second part the author concerns himself with the practical conversion of the marketing and sales draft for the workshops of the Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen. He moreover describes the cornerstones of the executed project and presents a business concept, which can find use (application) as a basis for a further realisation. II

Inhaltsverzeichnis Kurzfassung... I Abstract... II Inhaltsverzeichnis... III Abbildungsverzeichnis... VI Abkürzungsverzeichnis... VII Einleitung... 1 1. Marketing... 3 1.1 Begriff und Entwicklung des Marketings... 3 1.2 Die vier P`s des Marketings... 4 1.2.1. Erstes P - Produktpolitik... 5 1.2.2. Zweites P - Preispolitik... 6 1.2.3. Drittes P - Kommunikationspolitik... 7 1.2.4. Viertes P - Distributionspolitik... 8 1.3 Beziehungsmarketing... 8 1.3.1. Relationship Marketing... 9 1.3.2. Customer Relationship Marketing... 9 1.3.3. Customer Experience Management... 10 1.4 Neuromarketing... 11 2. Zielgruppensegmentierung... 14 2.1 Die Sinus-Milieus... 15 2.2 Die Milieugruppen... 17 3. Entwicklung und Potentiale des Web 2.0... 18 3.1 Von der Rechenmaschine zu Facebook... 18 3.2 Aktuelle und tendenzielle Internetnutzung... 20 4. Facebook als Marketinginstrument... 22 4.1 Gründungsidee... 22 4.2 Funktionsweise von Facebook... 23 4.3 Weitere Möglichkeiten von Facebook... 24 III

4.4 Finanzierung und wirtschaftliche Nutzung von Facebook... 25 4.5 Zielgruppensegmentierungstool von Facebook... 26 4.6 Kritik an Facebook... 31 5. Gelingende Geschäftsbeziehungen aus Sicht der Neurobiologie.. 32 5.1 Die wesentlichen Botenstoffe des menschlichen Gehirns... 32 5.2 Darwinistische Aussagen sind widerlegt... 35 5.3 Warum wir kooperieren... 37 6. Zusammenfassung... 38 7. Praxisrelevanter Teil... 40 7.1 Ausgangssituation... 40 7.2 Auftraggeber... 43 7.3 Projektziele und Ergebnisse... 46 7.3.1. Marketing- und Vertriebskonzept... 46 7.3.2. Markenname und Internetauftritt... 48 7.3.3. Qualitäts- und Designstandards... 50 8. Businesskonzept... 51 8.1 Kurzübersicht der Geschäftsidee... 52 8.2 Produkt: Vase, mit wöchentlich frischen Blumen... 53 8.3 Preis... 54 8.4 Vertriebskonzept und Kommunikation... 55 8.5 Konkurrenzanalyse... 56 8.6 Bedarfsanalyse - Blitzumfrage... 58 8.7 Standort und Rechtsform... 59 8.8 Finanzielles... 60 8.9 Break-Even-Point... 61 8.10 Stufenplan... 63 8.11 Noch offene Themenfelder... 64 9. Resümee... 65 Literaturverzeichnis... 67 IV

Internetquellen... 73 Anhang... 75 I. Workshop I... 75 II. Workshop II... 75 III. Qualitätsrichtlinien... 76 IV. Vertriebskanal Facebook... 77 V. Produkte / Dienstleistungen... 78 VI. Blumenarten und Dekorationsmaterialien... 80 VII. Blitzumfrage... 81 VIII. Reaktionsgeschwindigkeit... 83 IX. Modellbeispiele von Vasen... 83 X. Kostenaufstellung... 84 V

Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Entwicklung des Marketingbegriffs im Zeitablauf...4 Abb. 2: Regelmäßige Nutzung von Internet-Plattformen...21 Abb. 3: Erstes Fenster zur Erstellung einer Werbeanzeige bei Facebook....28 Abb. 4: Zweites Fenster zur Erstellung einer Werbeanzeige bei Facebook...29 Abb. 5: Drittes Fenster zur Erstellung einer Werbeanzeige bei Facebook...30 Abb. 6: Viertes Fenster zur Erstellung einer Werbeanzeige bei Facebook....31 Abb. 7: Einrichtungen des Evangelischen Diakoniewerkes Österreich...44 Abb. 8: Entwicklungsprozess der Produkte...45 Abb. 9: Matrix mit Markennamen DerArt, den Eigenschaften sowie den jeweiligen KünstlerInnen....49 Abb. 10: Break-Even-Point...62 Abb. 11: Stufenplan zur Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen...63 Abb. 12: Schematische Darstellung der drei Verkaufsschienen....78 Abb. 13: Kaffeetasse 1 - Freche Franziska...79 Abb. 14: Grillanzünder...80 Abb. 15: Erfassung der Nennungen im Verhältnis zur Uhrzeit...83 Abb. 16: Modellbeispiele von Vasen...83 Abb. 17: Einmalige Gründungskosten...84 Abb. 18: Jährliche Personalkosten...85 Abb. 19: Monatliche Betriebskosten...85 VI

Abkürzungsverzeichnis App... Applikation CEM... Customer Experience - Management CPC... Cost per Click CPM... Cost per Thousand CRM... Customer Relationship Marketing EEG... Elektroenzephalografie FB... Facebook fmri... functional Magnetic Resonance Imaging MR... Magnetresonanztomographie NIRS... Nahinfrarotspektroskopie VII

Einleitung In Zeiten erhöhten Kostendrucks, von Einsparungen und Streichungen bei bestehenden sozialen Diensten, wird den Aspekten der Wirtschaftlichkeit und der Professionalisierung immer höhere Bedeutung zugemessen. Im Sozialbereich, speziell in sozialökonomischen Betrieben und Beschäftigungsprojekten, werden zunehmend Qualitätssicherungssysteme, wie z.b. das EFQM-Model 1 oder das Gütesiegel von Quality Austria 2, eingeführt und Kooperationen mit kommerziellen Unternehmungen geschlossen. Die Lebenshilfe Salzburg beispielsweise kooperiert mit dem Porsche Design Studio in Zell am See und gewann 2009 den 1. Preis der SozialMarie für die innovative Projektidee lebensdesign. 3 Der Trend zur Professionalisierung von Produkten und Dienstleistungen in der Sozialwirtschaft wird in der vorliegenden Arbeit mit folgender Forschungsfrage aufgegriffen: Wie kann ein Marketing- und Vertriebskonzept auf Basis von Web 2.0- Anwendungen und unter Berücksichtigung neurobiologischer Erkenntnisse in Bezug auf gelingende Beziehungen konzipiert sein, das neue KundInnen anspricht? Hauptaugenmerk legt der Verfasser auf das Beziehungsmarketing und geht auf die Frage ein, wie eine langfristige KundInnenbeziehung aufgebaut werden kann, die auf einem positiven Grundgefühl basiert. Die Erkenntnisse aus den jüngsten Forschungsergebnissen der Neurobiologie fießen ein und darwinistischen Aussagen wird widersprochen. In der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich der Autor mit den Methoden der Zielgruppensegmentierung. Am Modell der Sinus-Milieus werden jene Zielgruppen hervorgehoben, die das Internet und Web 2.0 Anwendungen, 1 Vgl. Hohmann, 2009. 2 Quality Austria, 2011. 3 Vgl. Lebensdesign, 2011. 1

im Speziellen die Social-Networks, wie z.b. Facebook, regelmäßig nützen. In Kapitel 2 wird auf diese Thematik näher eingegangen. In Kapitel 3 wird auf die Entwicklung des Internets und auf die Potentiale moderner Web 2.0-Anwendungen hingewiesen, gefolgt von der Nutzung von Facebook als Marketinginstrument in Kapitel 4. In Kapitel 5 geht der Autor den Wirkungsweisen von Botenstoffen des menschlichen Nervensystems nach und beschreibt die Prinzipien menschlichen Verhaltens. Der Verfasser widerspricht darwinistischen Aussagen und stellt ein Menschenbild vor, das als Grundlage dem, im praxisrelevanten Teil der Arbeit beschriebenen Marketing- und Vertriebskonzepst dient. In Kapitel 7 werden, die wesentlichen Erkenntnisse aus dem theoretischen Teil der Arbeit, aus den Bereichen des Marketings, der Neurobiologie und den Anwendungen des Web 2.0 für ein innovatives Marketing- und Vertriebskonzept zusammen gefasst. Der praxisrelevante Teil der vorliegenden Arbeit bezieht sich auf die konkrete Umsetzung der theoretischen Ausführungen. Der Autor beschreibt am Beispiel der Werkstätten des Evangelischen Diakoniewerkes Gallneukirchen 4 ein Marketing- und Vertriebskonzept auf Basis von Web 2.0-Anwendungen und unter Berücksichtigung neurobiologischer Erkenntnisse in Bezug auf gelingende Beziehungen. 4 Das Evangelische Diakoniewerk Gallneukirchen ist ein kirchennaher Verein, der Menschen mit schweren und schwersten Beeinträchtigungen in verschiedenen Werkstätten bzw. Förderprojekten eine sinnstiftende Beschäftigung ermöglicht. 2

1. Marketing Das erste Kapitel der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit den vier P`s (Product, Price, Promotion, Place) des Marketingmixes und führt die LeserInnen in die geschichtliche Entwicklung des Marketings ein. Das Kapitel wird durch Aspekte des Beziehungsmarketings ergänzt und endet mit den Ausführungen zum Neuromarketing, welche erste Hinweise auf die Beantwortung der Forschungsfrage liefern. 1.1 Begriff und Entwicklung des Marketings Der Grundgedanke des Marketings beschäftigt sich mit der Frage, wie ein Unternehmen bestmöglich die Bedürfnisse seiner KundInnen befriedigen und somit die eigenen Unternehmensziele durch Optimierung der Geschäftsprozesse verbessern kann. 5 Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt, welche Waren erzeugt werden und zu welchem Preis sie verkauft bzw. gekauft werden. Erst am Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich neben dieser Verkaufspolitik eine breitere Definition des Begriffs Marketing. Ab den 1920er Jahren wurde das Verständnis für den Verkauf von Waren durch den Aspekt der Werbung erweitert. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Wirtschaftswachstum der 1950er und 1960er Jahre wurden neue Impulse gesetzt. 6 McCarthy und McKitterick 7 integrierten das bestehende Marketing in ein umfassenderes System, das heute als die vier P`s bezeichnet wird. Ab den 1980er Jahren entwickelte sich das Verständnis dahingehend, dass ein Unternehmen als Ganzes marktorientiert geführt werden muss und dass die Beziehung zum Kunden ausschlaggebend für dessen Erfolg ist. Die vier P`s wurden durch die Aspekte Marketingimplementierung, marktorientierte Unternehmensführung und Relationship Marketing auf sieben Perspektiven erweitert. In dieser Arbeit wird In Kapitel 1.3 näher darauf eingegangen. 5 Vgl. Bruhn, 2004, S. 13. 6 Vgl. Bruhn, 2009a, S. 15. 7 Vgl. Homburg / Krohmer, 2006, S. 7. 3

Die Abb. 1 stellt die Entwicklung des Marketingbegriffes graphisch dar. Marktorientierte Unternehmensführung Relationship Marketing Abb. 1: Entwicklung des Marketingbegriffs im Zeitablauf. 8 1.2 Die vier P`s des Marketings Die vier P`s sind ein Marketingmix und setzen sich aus den Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnungen für Produkt, Preis, Kommunikation und Distribution (Product, Price, Promotion, Place) zusammen. Jedes Element ist für sich ein Marketinginstrument. 9 Durch die technologischen Möglichkeiten der Kommunikation 10 und der Etablierung unterschiedlicher Managementströmungen haben sich im Laufe der Zeit weitere P`s entwickelt. Gegenwärtig befinden sich 10 P`s in Verwendung. (Processes, Packaging, People oder Persons, Politics, Physics, Physical Evidence, Personal Politics, Physical Facilities, Public Voice, Product Positioning, Pamper). 11 In dieser Arbeit beschränkt sich der Autor auf die 8 Abbildung: In Anlehnung an: Homburg / Krohmer, 2006, S. 8. 9 Vgl. Harting, 2002, S. 82f. 10 Damit sind beispielsweise Telefon, Handy, Internet, Mail, etc. gemeint. 11 Vgl. Schaller, 2005, S. 26f. 4

Beschreibung der vier P`s und ergänzt in den Kapiteln 1.3 bis 1.4 die Instrumente des Marketings mit dem Beziehungsmarketing, dem Relationship Marketing, dem Customer Relationship Marketing sowie mit dem Neuromarketing. 1.2.1. Erstes P - Produktpolitik Ein Produkt ist ein Gegenstand oder eine Dienstleistung, das die Bedürfnisse der KundInnen befriedigt. In erster Linie handelt es sich um ein Kernprodukt, das einen grundlegenden, funktionalen Nutzen erfüllt. Darüber hinaus gibt es noch weitere Nutzenkategorien, den so genannten Mehrwert oder Zusatznutzen. 12 Sie bestehen beispielsweise aus einem emotionellen oder einem sozialen Nutzen, die für Kaufentscheidungen ausschlaggebend sind. 13 Ein Zusatznutzen wird von den KäuferInnen sehr persönlich und individuell empfunden. 14 Vermarktet wird ein Produkt ausschließlich über den Zusatznutzen, da die eigentliche Zweckerfüllung durch die KundInnen vorausgesetzt wird und viele Produkte miteinander vergleichbar sind. 15 Zur Produktpolitik gehören auch die Beachtung des Produktlebenszyklus, die Produktinnovation und Produktvariation. Hier geht es darum, wie lange ein bestimmtes Produkt am Markt nachgefragt wird und inwieweit das Unternehmen die Nachfrage durch den Innovationsgrad und durch Variantenvielfalt verlängern kann. 16 Für das in dieser Arbeit vorgestellte Konzept und in Bezug auf die aktuellen und künftigen Produkte der Diakonie Gallneukirchen 17 sind vor allem ideologische und soziale Bedürfnisbefriedigung der KundInnen zu 12 Vgl. Busch / Fuchs / Unger, 2008, S. 952. 13 Vgl. Homburg / Krohmer, 2006, S. 563. 14 Vgl. Weis, 2004, S. 225. 15 Vgl. Schmidt, 2004, S. 56f. 16 Vgl. Bruhn, 2010, S. 63ff. 17 Das Evangelische Diakoniewerk ist Auftraggeber eines Marketing- und Vertriebskonzeptes für eine neue Produktlinie, welches im Rahmen des Studiums vom Autor bearbeitet wurde. Der Verfasser wird im praxisrelevanten Teil der vorliegenden Bachelorarbeit detailliert auf die Konzipierung eingehen. 5

berücksichtigen. Der Produktlebenszyklus kann durch innovative Dienstleistungsangebote, durch vielfältige und unterschiedliche Produkte so verlängert werden, dass die Nachfrage nahezu konstant bleibt bzw. stetig steigt. 1.2.2. Zweites P - Preispolitik Für den Verkaufs- bzw. Kaufpreis ausschlaggebend ist letztlich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage eines Produktes oder einer Dienstleistung. Allerdings gibt es zahlreiche preispolitische Möglichkeiten, wie z.b. Rabatte, Liefer- und Zahlungsbedingungen, Preisregulation über Absatzmengen, Sonderangebote oder regionale Gewichtungen. Wie der Preis festgelegt wird, ist eine Entscheidung des strategischen Managements. 18 Markt- und Konkurrenzanalysen sind dabei Orientierungshilfen. Für das Marketing- und Vertriebskonzept, wie es im praxisrelevanten Teil der vorliegenden Arbeit beschrieben wird, sind zwei ausschlaggebende Faktoren zu berücksichtigen, die eine Besonderheit in der Sozialwirtschaft darstellen. Zum einen können die Preise zunächst nur durch eine Marktrecherche vergleichbarer Produkte ermittelt werden. Dabei ist zu beachten, dass der Zusatznutzen der Produkte auch einen höheren Wert darstellt, der ebenso durch einen höheren Preis subsumiert werden muss. (Siehe dazu Kapitel 7). Der zweite wesentliche Faktor ist die Tatsache, dass die Diakonie Gallneukirchen in erster Linie den Auftrag hat, Menschen mit Behinderungen einen Arbeits- oder Beschäftigungsplatz zu ermöglichen. Ein gewinnorientiertes Wirtschaften ist, z.b. in einer eigenständigen Vertriebsgesellschaft, möglich. Ein diesbezüglicher Vorschlag wird im Kapitel 7.1 beschrieben. Eine Ausgliederung des Vertriebes in eine eigene Gesellschaftsform ermöglicht ein wesentlich flexibleres Agieren am Markt und die Thesaurierung der Gewinne und somit eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Produktpalette. 18 Vgl. Weis, 2004, S. 324f. 6

1.2.3. Drittes P - Kommunikationspolitik Die Kommunikationspolitik legt fest, wie potentielle KäuferInnen über Produkte informiert werden sollen. Wie bereits in Kapitel 1.1 erwähnt, ist die KundInnenbeziehung für den Erfolg eines Unternehmens ausschlaggebend. Wie lässt sich eine dauerhafte Beziehung zu Interessierten aufbauen und halten? Homburg und Krohmer 19 beschreiben mehrere Ansätze, wobei die Lebensstiltypen gemäß der Sinus-Typologie eine Segmentierung der Zielgruppe ermöglichen. 20 Die Zielgruppensegmentierung anhand der Sinus- Milieus wird vom Autor in Kapitel 2.1 näher erörtert. Die Kommunikationspolitik hat sich mit den Möglichkeiten der Internettechnologie stark verändert. Das Weiterempfehlungsverhalten 21 der KundInnen ist beispielsweise ein Instrument, das von Unternehmen, die ihre Leistungen im Internet vermarkten, gezielt eingesetzt werden kann. 22 Ziel der Kommunikation ist es, Überzeugungsarbeit für die Leistungsfähigkeit eines Produktes und die seines Nebennutzens, abzugeben. 23 Eine wichtige Unterstützung kann dabei ein Markenname sein, der im Idealfall mit positiven Assoziationen besetzt ist. 24 (Siehe dazu Kapitel 7.3.2). Die Kommunikationspolitik wird dann als Mehrwert für die Organisation verstanden, wenn die KundInnenbeziehung auf einer persönlichen Ebene statt findet und die Gesprächspartner echte Wertschätzung erfahren. 25 19 Vgl. Homburg / Krohmer, 2006. 20 Vgl. Homburg / Krohmer, 2006, S. 768ff; S. 1096. 21 Vgl. Bruhn, 2009b, S. 180. 22 Beispielsweise ermöglicht Amazon (ein weltweit tätiger Händler, dessen Waren im Internet bestellt werden können und mittels Paketdiensten versandt werden) die Verfassung von KundInnenrezensionen. So kann über das Produkt eine individuelle Meinung abgegeben werden, die von anderen InteressentInnen gelesen werden kann. Dadurch wird das Ansehen von Amazon als fairer Partner mit empfehlenswerter Ware vermittelt. 23 Vgl. Bruhn, 2009b, S. 193. 24 Vgl. Bruhn, 2009b, S. 177ff. 25 Vgl. Bruhn, 2009b, S. 206. 7

1.2.4. Viertes P - Distributionspolitik Die Distributionspolitik oder auch Vertriebspolitik beschäftigt sich mit allen Wegen eines Produktes oder einer Dienstleistung, von der Erzeugung bis zum Endverbraucher. 26 Welche Wege und Mittel verwendet werden, hängt einerseits stark vom Produkt selbst ab, andererseits steht auch dieses vierte P mit seinen drei Geschwistern in enger Abhängigkeit. Bei der Wahl des Distributionsweges ist darauf zu achten, dass ein Bezug der Produkte für die KundInnen einfach und bequem möglich ist. 27 Neben dem Weg der Ware vom Unternehmen zur Kundschaft zählen zur Distributionspolitik auch die Lagerhaltung, Kommissionierung und Verpackung sowie die Auftragsabwicklung. 28 Eine detaillierte Beschreibung, wie der Distributionsweg der Waren aus den Werkstätten der Diakonie Gallneukirchen im Vertriebskonzept vorgesehen ist, beschreibt der Autor im praxisrelevanten Teil der vorliegenden Arbeit. (Siehe dazu Kapitel 8). 1.3 Beziehungsmarketing Wie bereits in Kapitel 1.1 erwähnt, wurde der Marketingmix in den 1990er Jahren durch die Aspekte Marketingimplementierung, marktorientierte Unternehmensführung und Relationship 29 Marketing erweitert. Die Ergänzung durch ein sowohl nach außen als auch nach innen gerichtetes Marketingverständnis hatte zur Folge, dass unternehmensinterne Fachbereiche stärker miteinander vernetzt wurden. Es stellte sich die Frage, inwieweit das gesamte Unternehmen marktorientiert geführt wurde. 30 Ebenso wurde deutlich, dass die Art der Beziehung zu den KundInnen ein Ausgangspunkt für ein entsprechendes Marketing sein muss. 31 In Kapitel 5.3 26 Vgl. Berndt, 2005, S. 201. 27 Vgl. Bruhn, 2009b S. 182. 28 Vgl. Wirtz, 2008, S. 256. 29 Relationship wird aus dem Englisch als Beziehung übersetzt. 30 Vgl. Homburg / Krohmer, 2006, S. 8. 31 Vgl. Bruhn, 2004, S. 31f. 8

wird durch den Autor auf die ursächlichen Gründe menschlicher Motivation näher eingegangen. In den folgenden Unterkapiteln (1.3.1 bis 1.3.3) geht der Autor auf bekannte Methoden des Beziehungsmarketings ein. Auf eine ausführliche Beschreibung wird zu Gunsten einer besseren Übersichtlichkeit der Arbeit verzichtet. 1.3.1. Relationship Marketing Das Relationship Marketing widmet sich dem Aufbau und der Pflege der Beziehung zu den KundInnen. Nicht der Preis oder das Produkt steht im Mittelpunkt, sondern ein langfristiger guter Kontakt, das Vertrauen, das Interesse und die Bildung eines positiven Unternehmensimages. 32 Wie bereits in Kapitel 1.2.3 erwähnt, ermöglicht die aktuelle Internettechnologie eine neue Kommunikation mit den KundInnen. Das hatte zur Folge, dass sich auch die Reaktionsgeschwindigkeit in Bezug auf die KundInnenzufriedenheit, und die Erwartungshaltungen im Vergleich zu den späten Jahren des vorherigen Jahrhunderts stark erhöhten und sich somit auch veränderte Formen der Beziehung zwischen Kundschaft und Unternehmen ergaben. (Siehe dazu Blitzumfrage in Kapitel 8). Mit dem Relationship Marketing werden dauerhafte Geschäftsbeziehungen mit den KundInnen angestrebt, die auf ausgeglichenen und partnerschaftlichen Win-Win-Lösungen beruhen. 33 1.3.2. Customer Relationship Marketing Mit dem Ausbau der Informationstechnologien (Das Kapitel 3 sowie das Kapitel 4 beschäftigen sich mit dieser Thematik ausführlich) wurde das Customer Relationship Marketing (CRM) entwickelt, um so die Kundenbindung zu erhöhen. 34 Nicht die Qualität der Produkte löst ein 32 Vgl. Bruhn, 2005b, S. 753. 33 Vgl. Jonas, 2008, S. 56. 34 Vgl. Griese / Bröring, 2011, S. 14f. 9

Kaufverhalten aus, sie wird als selbstverständlich vorausgesetzt, sondern das Vertrauen der KundInnen zum Unternehmen ist beim CRM ausschlaggebend. 35 Hier werden unterschiedliche Informationen über die KundInnen gesammelt und systematisch in den Geschäftsprozess integriert. Beispielsweise Wohnort, Interessen, Kaufintervalle, Einkommen, Hobbys, etc. Damit auf die individuellen Kundenwünsche eingegangen werden kann, ist neben dieser Datenfülle auch die zeitgerechte Bereitstellung dieser erforderlich. 36 Das bedeutet einen hohen administrativen und EDVtechnischen Aufwand. Aus Sicht des Autors geht beim CRM der Fokus auf die beziehungsfähigen Produkte und Dienstleistungen verloren und konzentriert sich auf die Verhaltensebene zwischen Organisation und Kundenebene. Kritisch ist zudem die Gefahr von missbräuchlicher Verwendung kundenspezifischer Daten zu sehen. 1.3.3. Customer Experience Management Das Customer Experience Management (CEM) fokussiert die Schaffung positiver KundInnenerfahrungen zum Aufbau einer emotionalen Bindung, damit diese zu begeisterten Botschaftern der Marke bzw. des Produktes werden. Insofern kann das CEM als Weiterentwicklung zu CRM gesehen werden, weil als Ziel nicht der unmittelbare Umsatzerfolg, sondern die Mundpropaganda im Vordergrund steht. Diesen Effekt nutzen die bekannten Online-Unternehmen wie beispielsweise Amazon, ebay, Facebook, Google, Wikipedia, etc. Zum einen gibt es Bewertungssysteme der KundInnen über die Geschäftsgebarung und Aussagen der NutzerInnen über ihre Zufriedenheit, zum anderen werden durch Empfehlungen und durch Postings 37 Millionen von Menschen zum Mitmachen animiert. Der Gewinn der Community durch diese Form der KundInnenbindung besteht darin, dass 35 Vgl. Holland, 2004, S. 10. 36 Vgl. Albach, 2003, S.141. 37 Unter posten wird das Schreiben an einer öffentlich sichtbaren Stelle einer Homepage im Internet verstanden. 10

sich das Angebot stetig erweitert. 38 So wird ein sehr enger Synergieeffekt erzeugt, der den Erfolg der Unternehmen bestätigt. 1.4 Neuromarketing Neben den bisher beschriebenen klassischen (vier P`s) und den jüngeren Marketingansätzen (Relationship-Marketing, Customer Relationship Marketing und Customer Experience Marketing) befasst sich die Neurowissenschaft mit den Funktionseinheiten der Nervensysteme und der Funktionalität des menschlichen Gehirns. Im folgenden Kapitel wird der Autor auf diesen Aspekt näher eingehen und die Relevanz zu Marketingstrategien erläutern. Die wissenschaftlichen Ergebnisse sind ein wichtiges Argument für das Marketing- und Vertriebskonzept, wie es vom Autor im praxisrelevanten Teil der vorliegenden Arbeit, beschrieben wird. (Siehe dazu Kapitel 7). Mit der Entwicklung neuer bildgebender Verfahren in der Gehirnforschung wurde das Interesse von Marketingexperten geweckt. Die functional Magnetic Resonance Imaging (fmri) wurde 2002 bei Probanden 39 erstmals angewandt, um die Hirnaktivität beim Genuss von Coca Cola und Pepsi zu messen. 40 Andere Verfahren, wie beispielsweise die Magnetresonanztomographie (MR) und die Elektroenzephalografie (EEG) sind bekannte Verfahren, die in der Medizin seit den 1970er Jahren angewandt werden. 41 In der Marketingpraxis sind hingegen neuere Verfahren der Hirnforschung, wie die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) derzeit kaum eingesetzt. 42 Die ständigen Fortschritte in der Hirnforschung und die Entwicklung neuer, leistungsstarker Verfahren ermöglichen die Aktivitäten des Gehirns exakt abzubilden. Dank dieser technischen Entwicklung wurden zunehmend neue 38 Vgl. Friedmann, 2007, S. 38. 39 Vgl. Häusel, 2007, S. 7. 40 Erst nach der Nennung der Marke vor dem Genuss, konnte eine Hirnaktivität an unterschiedlichen Stellen nachgewiesen werden. 41 Vgl. Schmidt, 2001, S. 60. 42 Vgl. Häusel, 2007, S. 10. 11

Erkenntnisse gewonnen. Es konnten verhaltensabhängige, einer Gehirnregion zuordenbare Aktivitäten identifiziert werden. Die Medizin analysierte die anatomischen Merkmale des menschlichen Gehirns und unterteilte sie in Lappen. 43 Bei Emotionen, wie etwa Angst, Wut, Traurigkeit, Freude, Zufriedenheit und bei Glücksgefühlen, konnten spezielle Hirnregionen lokalisiert werden, die in den jeweiligen Situationen besonders aktiv sind. 44 Mit diesem Wissen befasst sich das Neuromarketing und erhofft sich daraus Vermarktungsvorteile wie beispielsweise die Klärung der Frage, wie Werbung im Gehirn wirkt. Bei der Beantwortung durch NeurologInnen wird das Ziel verfolgt, sichtbares Handeln von Menschen damit zu erklären, welche Hirnregionen durch äußere Reize so aktiviert wurden, dass das Individuum sein entsprechendes Handeln umsetzte. So könnte eine optische Darstellung von Produkten eine gezielte Hirnaktivität auslösen, die letztlich zum Kaufverhalten bzw. zu weiteren Kaufanreizen führen könnte. Eine Kombination von visuellen, auditiven und sensitiven Reizen könnte die Kauflust potenzieren und in der Werbewirtschaft gezielt eingesetzt werden. 45 Trotz des enormen Erkenntniszuwachses in den einschlägigen wissenschaftlichen Disziplinen der vergangenen Jahre befindet sich die Erforschung der Gehirnaktivität nach wie vor in den Anfängen. Das Wissen darüber, wie das menschliche Gehirn arbeitet und welche Zusammenhänge damit verbunden sind, ist weitgehend unbekannt. 46 Der Autor möchte an dieser Stelle kritisch bemerken, dass ethische Aspekte in der Neuromedizin und besonders im Neuromarketing mitzuberücksichtigen sind. Moralische Handlungen beruhen auf einer Entscheidungsmöglichkeit zwischen unterschiedlichen Alternativen. Sobald eine Alternative faktisch nicht eigenverantwortlich wählbar ist, wird die individuelle Freiheit 43 Die Lappen des Großhirns bestehen aus dem Frontallappen, Temporallappen, Parietallappen, Okzipitallappen, Temporallappen und dem Kleinhirn. Die Trennlinie zwischen den Lappen wird Sylvische Fissur bzw. Zentralfurche genannt. 44 Vgl. Bear / Connos / Paradiso, 2009, S. 636ff. 45 Vgl. Schenk, 2007, S.33. 46 Aussagen aus einem, am 14.02.2011 vom Autor mit NeurologInnen geführten Interview. 12

beschränkt. 47 Das könnte aus Sicht des Autors dann der Fall sein, wenn das menschliche Gehirn durch gezielte Reize von außen beeinflusst werden würde. In der vorliegenden Arbeit wird aus Gründen der zu knappen Ressourcen für die vorliegende Arbeit nicht näher darauf eingegangen. Der neurobiologische Aspekt dieser Arbeit bezieht sich auf die Frage, wie Beziehungen zwischen KundInnen und einem Unternehmen gestaltet werden müssen, damit sie als gelungene Beziehung von beiden Parteien wahrgenommen werden kann. Motivation und Verhalten spielen dabei eine wichtige Rolle. Ebenso die neurobiologischen Prozesse (Botenstoffe, endogene Opioide, etc.) im gesamten Nervensystem, die vor allem im Gehirn ihren Ursprung haben. Die so genannte Social-Brain-Forschung konnte aufzeigen, dass durch Imitation und durch die Orientierung an Vorbildern eine wesentlich höhere Motivation entsteht als durch klassische Werbung. 48 In Kapitel 5 geht der Autor näher auf diese Thematik ein und beschreibt die wesentlichsten Botenstoffe und was sie im Menschen auslösen. Hier sei bereits erwähnt, dass das Verhalten des Individuums und seiner Umwelt maßgeblich dafür verantwortlich sind, wie gelingende Beziehungen generell - und gelingende Geschäftsbeziehungen speziell - funktionieren können. Die vier P s (oder die 10 P s wie oben erwähnt) sind für sich alleine jeweils Instrumentarien des Marketings. Sie stehen in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zueinander und beeinflussen sich gegenseitig. Das Beziehungsmarketing mit seinen verschiedenen Ansätzen beruht immer auf dem Ziel, die Bindung zu seinen KundInnen zu ermöglichen, dauerhaft zu gestalten und stetig zu intensivieren. Die vom Autor beschriebenen Methoden stellen einen Auszug aus einer Vielzahl von Möglichkeiten dar. Eine differenzierte Betrachtung wäre aus Sicht des Autors eine eigenständige Thematik, die in einer weiteren Bachelorarbeit betrachtenswert wäre. Aus Sicht des Verfassers ist die Thematik rund um das Neuromarketing - neben den In Kapitel 1.4 erwähnten Gründen - auch eine 47 Vgl. Gehmilch, 2009, S. 38. 48 Vgl. Hütter / Unkel, 2011, S. 42. 13