EFTA (European Free Trade Association)



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Transkript:

EFTA (European Free Trade Association) I. Gründung, Vertragsgrundlage Die Europäische Freihandelsassoziation, zumeist Europäische Freihandelszone genannt, wurde nach dem Scheitern der Pläne für eine gesamt-(west-)europäische Freihandelszone am 4.1.1960 von Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden und der Schweiz in Stockholm gegründet. Das Abkommen über die Errichtung der EFTA (EFTA- Konvention oder Konvention von Stockholm ) trat am 3.5.1960 in Kraft. Island wurde 1970 Mitglied; Finnland, seit 1961 assoziiert, wurde 1986 Vollmitglied. Liechtenstein, zunächst von der Schweiz vertreten, ist seit 1991 Mitglied. Sechs der EFTA-Mitglieder sind mittlerweile zur EU übergewechselt (vgl. Ziff. 4). Seit 1995 besteht die EFTA nur mehr aus den vier Staaten Island (0,29 Mio. Einw.), Liechtenstein (0,03 Mio.), Norwegen (4,6 Mio.) und der Schweiz (7,3 Mio.). Für Island, Liechtenstein und Norwegen bildet die EFTA zugleich die Grundlage für die Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zwischen EFTA und EU. Die Schweiz gehört nicht zu den sog. EFTA- EWR-Staaten, hat allerdings mittlerweile verschiedene bilaterale sektorielle Abkommen mit der EU abgeschlossen, um eine mögliche Isolation zu verhindern (Schweiz EU). Am 21.6.2001 unterzeichneten die EFTA-Mitgliedstaaten in Vaduz ein Abkommen, mit dem die EFTA-Konvention aus dem Jahre 1960 vollständig überarbeitet wurde. Mit dem Abkommen von Vaduz wurden u. a. Regelungen zur Personenfreizügigkeit, für den Handel mit Dienstleistungen, den Kapitalverkehr und den Schutz des geistigen Eigentums in die EFTA- Konvention aufgenommen. Hintergrund dafür war die Anpassung der Konvention an die EWR-Vereinbarungen und die 1995 etablierte Welthandelsorganisation WTO. Das Abkommen zur Änderung der EFTA-Konvention ist am 1.6.2002 in Kraft getreten, zeitgleich mit den sieben sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU aus dem Jahre 1999. Die EFTA-Konvention wird seither regelmäßig angepasst, vor allem um den Entwicklungen bei den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU Rechnung zu tragen. Ziel ist eine möglichst parallele Weiterentwicklung der Vertragsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten untereinander und zwischen den EFTA-Staaten und der EU. II. Ziele, Arbeitsweise Nachdem es Ende der 1950er Jahre nicht möglich war, im Rahmen der OEEC eine gesamt- (west-)europäische Freihandelszone zu errichten (Maudling-Verhandlungen), und die an Wirtschaftsintegration interessierten Staaten die Römischen Verträge unterzeichnet hatten, entschieden sich die verbleibenden, lediglich an Freihandel interessierten Staaten, mit der EFTA ein Gegengewicht zur 1957 gegründeten EWG zu schaffen. Großbritannien wollte damals aus Rücksicht auf seine engen Bindungen mit den Commonwealth-Partnern nicht Mitglied der EWG werden; Österreich durfte wegen der im Staatsvertrag (1955) mit den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs enthaltenen Neutralitätsklausel nicht der EWG beitreten; Schweden und die Schweiz fürchteten, durch einen EWG-Beitritt ihr traditionelles Neutralitätsprinzip zu verletzen; andere Gründungsmitglieder der EFTA waren wegen ihrer engen wirtschaftlichen Bindungen an Großbritannien von dessen Verhalten abhängig. Ziel der EFTA war es u.a., durch den Abbau der Binnenzölle und anderer Handelshemmnisse zwischen den Mitgliedstaaten (Außenhandelspolitik, Binnenmarkt) den grenzüberschreiten-

den Warenverkehr mit gewerblichen Erzeugnissen zu erweitern, die Wirtschaftstätigkeit auszuweiten, Vollbeschäftigung zu sichern, die Produktivität zu steigern, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und zur harmonischen Entwicklung und Erweiterung des Welthandels beizutragen. Dahinter stand nicht zuletzt das Bestreben, den als Folge der EWG-Gründung befürchteten relativen Rückgang des Handels mit den EWG-Staaten auszugleichen. Im Gegensatz zu einer Zollunion, wie sie das Kernstück der EWG/EG/EU bildet, kennt eine Freihandelszone wie die EFTA keinen gemeinsamen Außenzolltarif, vielmehr liegt die Handelspolitik gegenüber Drittstaaten in der Hand der einzelnen Mitglieder. Jedes EFTA-Mitglied kann im Warenverkehr mit Drittstaaten Zölle und Mengenbeschränkungen individuell festlegen. Die EFTA-interne Liberalisierung erstreckt sich aber nur auf den grenzüberschreitenden Handel mit Industrie- und gewerblichen Produkten; wegen der großen Unterschiede in der Landwirtschaft zwischen den Mitgliedstaaten gilt sie mit Ausnahme bestimmter industriell verarbeiteter landwirtschaftlicher Erzeugnisse nicht für Agrarprodukte. Um zu verhindern, dass aus EFTA-Staaten mit niedrigen Außenzolltarifen Importgüter in andere EFTA-Staaten mit hohen Außenzöllen reexportiert werden, legt die EFTA-Konvention fest, dass für Waren, für welche die Zollfreiheit der EFTA in Anspruch genommen wird, ein mindestens 50-prozentiger Wertzuwachs in der Freihandelszone nachgewiesen werden muss. Folglich sind für den grenzüberschreitenden Warenverkehr innerhalb der EFTA Ursprungszeugnisse erforderlich. III. Organe und Institutionen Der EFTA-Rat ist das zentrale Entscheidungsorgan der Freihandelsorganisation. Der Vorsitz rotiert halbjährlich zwischen den Mitgliedstaaten. Der EFTA-Rat setzt sich aus je einem Vertreter pro Mitgliedstaat zusammen (je 1 Stimme). Er tagt in der Regel monatlich auf der Ebene ständiger Delegierter; zweimal jährlich finden Tagungen auf Ministerebene im Land des jeweiligen EFTA-Vorsitzes statt. Als oberstes Organ besitzt der EFTA-Rat uneingeschränkte politische Entscheidungsbefugnisse, jedoch müssen Beschlüsse in der Regel einstimmig erfolgen. Der Rat ist auch für die Beilegung von Streitfragen zwischen den Mitgliedstaaten zuständig. Zur Umsetzung der EWR-Verpflichtungen haben die EFTA-EWR-Staaten 1992 eine EFTA- Aufsichtsbehörde (EFTA Surveillance Authority, ESA, Sitz: Brüssel) und einen EFTA- Gerichtshof (Sitz: Luxemburg) eingerichtet. Jeder der daran teilnehmenden EFTA- Mitgliedstaaten entsendet einen Richter. Zur Durchführung der EFTA-Konvention und für Verwaltungsaufgaben wurden vom Rat verschiedene Ständige Komitees und Expertengruppen aus Beamten eingesetzt, die aber keine rechtlich bindenden Entscheidungen treffen können. Daneben besteht ein Konsultativkomitee (seit 1961), das sich aus Vertretern der Sozialpartner (Wirtschaft, Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Gruppierungen) zusammensetzt, sowie ein Parlamentarier-Komitee (seit 1977), das viermal jährlich tagt. Das EFTA-Sekretariat ist auf vier Orte verteilt: Am EFTA-Hauptsitz in Genf werden unter Leitung des Generalsekretärs vor allem institutionelle Fragen und Drittlandbeziehungen behandelt; das Brüsseler EFTA-Büro, in dem mittlerweile zwei Drittel der rund 90 Mitarbeiter beschäftigt sind (Stand 2010), bearbeitet die EWR-relevanten Arbeiten; zudem unterhält die EFTA in Luxemburg seit 1991 ein Büro zur statistischen Zusammenarbeit (ESO) mit Eurostat auf der Basis des EWR-Abkommens und in Paris eine Verbindungsstelle zu Eurocustoms.

IV. Erste Erfolge Das Kernziel der EFTA-Konvention, der vollständige Abbau der Handelszölle zwischen den Mitgliedstaaten, wurde schrittweise bereits am 31.12.1966, drei Jahre früher als geplant, erreicht. In Anlehnung an die EWG nahm auch die EFTA eine Fristverkürzung vor. Mit dem Beitritt Islands 1970 als 8. Vollmitglied erreichte die EFTA ihre größte Ausdehnung. Ende 1972 schieden Großbritannien und Dänemark aus der EFTA aus und traten zusammen mit Irland der EG bei. Nach einer Phase der relativen Distanz in den 1960er Jahren (vergeblicher Versuch eines Brückenschlags der EFTA zur EG) entwickelte sich seit Beginn der 1970er Jahre eine immer stärkere Annäherung an die EG, wodurch die verbliebenen EFTA-Staaten zunehmend wirtschaftliche Wachstumsimpulse erhielten. Seit 1970 wurde auch der Abbau technischer Handelshemmnisse betrieben. Er führte in vielen Bereichen zur Anerkennung von Normen und zur Vereinfachung von Prüfungen und Inspektionen. Die Verstärkung des Freihandels innerhalb der EFTA blieb trotz leichter Verbesserungen schon wegen deren geographischer Zersplitterung begrenzt. Dagegen nahm der Verflechtungsgrad zwischen EFTA und EG im Lauf der Jahrzehnte deutlich zu. Der Austritt Großbritanniens und Dänemarks (1972) aus der EFTA war ebenso wie der Wechsel von Portugal (1985) und Schweden, Finnland und Österreich (1994) zur EG bzw. EU von der Erwartung getragen, an deren Wachstumsdynamik teilhaben zu können. Der zweimal angestrebte Beitritt Norwegens scheiterte hingegen zweimal (1972 und 1994) in einer Volksabstimmung. Mittlerweile bemüht sich auch Island (seit 2009) um einen Wechsel zur EU. V. Beziehungen EFTA EU Aus den ursprünglich distanzierten Beziehungen zwischen EFTA und EU hat sich seit Anfang der 1970er Jahre ein immer enger werdendes Verflechtungsverhältnis entwickelt: 1. Freihandelsabkommen Um keine neuen Handelsschranken in Europa zu errichten, schloss die EG nach dem Wechsel Großbritanniens und Dänemarks mit den verbleibenden EFTA-Staaten 1972 bzw. 1973 (bilaterale) Freihandelsabkommen ab, die für alle EFTA-Mitglieder die gleichen Grundelemente aufweisen. Sie erstrecken sich auf alle industriellen und gewerblichen Erzeugnisse, die im Bereich von EFTA bzw. EG ihren Ursprung haben. Agrarprodukte sind dabei, ähnlich wie innerhalb der EFTA, prinzipiell vom Freihandel ausgenommen. Über diese sektoriellen und bilateralen Vereinbarungen hinausgehend gelang den EFTA- Staaten zunächst keine weitere Annäherung an die Europäische Gemeinschaft. Größere Vereinbarungen, wie ein erhofftes Rahmenabkommen im Forschungsbereich, stießen damals bei der EG auf kein entsprechendes Interesse. 2. Zusatzvereinbarungen Erst in der Folge einer EG-EFTA-Ministerkonferenz im April 1984 in Luxemburg anlässlich des Abbaus letzter Zollschranken, bei der erstmals vom Ziel eines Europäischen Wirtschaftsraums zwischen EG und EFTA gesprochen wurde, intensivierten beide Staatengruppen ihre Zusammenarbeit. Es begann eine intensive, pragmatische Zusammenarbeit mit über zwan-

zig Expertengruppen. Durch das Binnenmarktprojekt der EG, gegenüber dem die EFTA nicht zurückfallen wollte, erhielt der Luxemburger (Folge-)Prozess zusätzliche Impulse. In den 1980er Jahren wurden mehr als 280 bilaterale und multilaterale Vereinbarungen zwischen der EG und den EFTA-Staaten getroffen. Über den Bereich des Abbaus der Zölle und der mengenmäßigen Beschränkungen hinaus erstrecken sich die Beziehungen zwischen EFTA und EG so auch auf die Abschaffung nichttarifärer Handelshemmnisse, auf die Vereinheitlichung technischer Normen und die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit. 3. EWR-Abkommen Die konsequente Weiterentwicklung der engen handels-, wissenschafts- und technologiepolitischen Zusammenarbeit zwischen EFTA und EG/EU ist schließlich in die Schaffung des einheitlichen Europäischen Wirtschaftsraumes (1994) eingemündet. VI. Veränderte Rolle der EFTA Durch den Wegfall des Ost-West-Konflikts und die Beitrittswünsche der mittel- und osteuropäischen Staaten zur EG/EU zeichnete sich spätestens zu Beginn der 1990er Jahre eine deutliche Relativierung der bisher herausgehobenen Stellung der EFTA-Staaten zur EG ab. Sie galt in der Folge allenfalls noch als EU-Wartezimmer für die verbleibenden Staaten, für Drittstaaten mit EU-Beitrittsperspektive hat sie keine erkennbare Attraktivität entfalten können: Eine allfällige EFTA-Mitgliedschaft oder eine EWR-Beteiligung bietet diesen nur geringe Perspektiven und ist daher kein erstrebenswertes Modell für eine Integration in europäische Strukturen. Die EU ist das Kraftzentrum der europäischen Integration. VII. Drittstaatsbeziehungen Nach 1990 schlossen die EFTA-Staaten mit den meisten mittel- und osteuropäischen Staaten Kooperationsabkommen (Zusammenarbeitserklärungen) und Freihandelsabkommen, allerdings konnten diese durch die Erweiterung der EU 2004 und 2007 wieder aufgehoben werden. Die Freihandelsabkommen mit Kroatien, Mazedonien und weiteren südosteuropäischen Staaten bestehen bis auf weiteres fort. Im Kontext des Barcelona-Prozesses hat die EFTA zur Förderung der euro-mediterranen Wirtschaftszusammenarbeit mit acht Staaten des Mittelmeerraums Freihandelsabkommen abgeschlossen; mit weiteren Staaten wird darüber verhandelt bzw. es bestehen Zusammenarbeitserklärungen. Vor dem Hintergrund der weltweit zunehmenden Tendenz zum Abschluss von regionalen bzw. regionenübergreifenden Freihandelsabkommen haben die EFTA-Staaten in den letzten Jahren begonnen, ihre Freihandelspolitik auch auf andere Partner auszudehnen. So bestehen inzwischen Abkommen mit Mexiko, Kanada, Kolumbien, Chile, Singapur, Südkorea, den SACU-Staaten (Southern African Customs Union: Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika und Swaziland) und dem Golf-Kooperationsrat (GCC); mit Rußland, Indien, Indonesien, Thailand und den Mercosur-Staaten wird verhandelt bzw. exploratorische Gespräche aufgenommen.

Die EFTA-Abkommen mit Mexiko, Singapur, Chile und Südkorea sind umfassende Freihandelsabkommen (sog. Freihandelsabkommen der 2. Generation ). Sie enthalten über die Bereiche Warenverkehr und geistiges Eigentum hinaus zusätzlich substantielle Verpflichtungen für den Handel mit Dienstleistungen, für Investitionen und für das öffentliche Beschaffungswesen. Wegen der unklaren Erfolgsaussichten weiterer WTO-Liberalisierungen sind Freihandelsabkommen mit ausgewählten Handelspartnern für die EFTA-Staaten auch weiterhin ein unverzichtbares Instrument zur Erhaltung und Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität. Allerdings kommt die EFTA bei selbstbewussten Handelspartnern wie China, Japan, USA, aber auch angesichts der intern gelegentlich heterogenen Positionen, hier nur langsam voran. Quelle: Burkard Steppacher. In: Bergmann (Hg.), Handlexikon der Europäischen Union. Baden-Baden 2012