Reisekosten für ambulante Pflegedienste und Pflegekräfte



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Transkript:

Reisekosten für ambulante Pflegedienste und Pflegekräfte Auswirkungen der Reisekostenreform und der neuen BFH-Rechtsprechung Ivana Matković 1 2 Die Reisekostenreform sowie die neue BFH-Rechtsprechung bringen finanzielle Verbesserungen für Berufsgruppen, die vorwiegend auswärts tätig sind, wie beispielsweise die ambulanten Pflegekräfte. Nachfolgend wird zunächst aufgezeigt, warum diese keine erste Tätigkeitsstätte bzw. regelmäßige Arbeitsstätte haben und somit auswärts tätig sind. Des Weiteren werden die Vorteile der Reisekostenreform für die Arbeitgeber 3 und Arbeitnehmer dargestellt. Außerdem werden die Auswirkungen der neuen BFH- Rechtsprechung auf die Höhe der Werbungskosten für die ambulanten Pflegekräfte erläutert. I. Bisherige Rechtslage und Auswirkungen der neuen BFH-Rechtsprechung 4 Reisekosten können grundsätzlich nur dann geltend gemacht (vgl. 9 EStG ) bzw. steuerfrei vom Arbeitgeber erstattet werden (vgl. 3 Nr. 16 EStG ), wenn eine Auswärtstätigkeit vorliegt. Eine Auswärtstätigkeit wiederum ist nur dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer außerhalb der regelmäßigen Arbeitsstätte tätig ist. Die folgenden Ausführungen zu der bisherigen Rechtslage sowie den Auswirkungen der neuen BFH- Rechtsprechung beziehen sich in erster Linie auf die Möglichkeit, Reisekosten als Werbungskosten im Rahmen der Einkommensteuererklärung der ambulanten Pflegekräfte geltend zu machen. Soweit sich auch Auswirkungen für die Arbeitgeber ergeben, wird explizit darauf hingewiesen. 1. Regelmäßige Arbeitsstätte a) Kriterien für die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte 5 Nach der alten Rechtslage und ohne Berücksichtigung der neuen BFH-Rechtsprechung wurde die regelmäßige Arbeitsstätte als der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers definiert. Dieser ortsgebundene Mittelpunkt konnte jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sein, der der Arbeitnehmer zugeordnet war und die er mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer wieder aufsuchte. Art, Umfang und Inhalt der Tätigkeit waren nicht maßgebend für die Bestimmung als regelmäßige Arbeitsstätte. Von einer regelmäßigen Arbeitsstätte wurde bereits dann ausgegangen, wenn die betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer durchschnittlich an einem Arbeitstag je Arbeitswoche im Kalenderjahr aufgesucht wurde oder aufgrund der dienst- und arbeitsrechtlichen Vereinbarung aufzusuchen war. 6 Es war auch nicht ausgeschlossen, dass ein Arbeitnehmer innerhalb eines Arbeitsverhältnisses mehrere regelmäßige Arbeitsstätten hat (H 9.4 Regelmäßige Arbeitsstätte LStH ). Es wurde jedoch mindestens eine regelmäßige Arbeitsstätte verlangt. Die qualitativen Merkmale der Arbeitsleistung wurden bisher für die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte und damit des Mittelpunkts der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit nicht berücksichtigt. Insbesondere hatte der zeitliche Umfang der Arbeitsleistung an dieser Arbeitsstätte keine Relevanz für die Zuordnung zur regelmäßigen Arbeitsstätte. Der Betrieb oder eine ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers stellte auch dann eine regelmäßige Arbeitsstätte dar, wenn der Arbeitnehmer diesen Ort nur aufsuchte, um 1 Dipl.-Kauffrau, Steuerberaterin Ivana Matković arbeitet als Leitung der Finanzbuchhaltung in einem gemeinnützigen Verein. 2 Die Reform des steuerlichen Reisekostenrechts, Beilage zu NWB 9/2013 [TAAAE-30125] 3 Strohner/Gödtel, Reisekosten, NWB Verlag, Herne 2013. ISBN: 978-3-482-64511-2; Hillmoth, Reisekostenreform 2014 E-Training zum neuen Reisekostenrecht, NWB Verlag, Herne 2013. ISBN: 978-3- 482-62891-7 4 Ansatz der Reisekosten als Werbungskosten bei Auswärtstätigkeit 5 Definition der regelmäßigen Arbeitsstätte in R 9.4 Abs. 3 LStR 6 Mindestens eine regelmäßige Arbeitsstätte, aber auch mehrere 1

dort die täglichen Aufträge entgegenzunehmen, abzurechnen 7 und Bericht zu erstatten, oder wenn er dort ein Dienstfahrzeug übernahm, um damit anschließend von der Arbeitsstätte aus eine Auswärtstätigkeit anzutreten (vgl. Geserich, NWB 42/2011 S. 3533 ). Entscheidend war, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder aufsuchte. Bisher hatten alle ambulanten Pflegekräfte eine regelmäßige Arbeitsstätte dort, wo die Leitung ihren Sitz hat und somit der Austausch mit der Pflegedienstleitung bzw. den Kollegen stattfand und die Pflegedokumentation verrichtet wurde. b) Änderung der BFH-Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte 8 Mit Urteilen vom 9. 6. 2011 - VI R 55/10 und VI R 58/09 hat der BFH seine Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte grundlegend fortentwickelt und u. a. entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte haben kann. 9 Der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers kann nur an einem Ort liegen. Nur insoweit kann sich der Arbeitnehmer auf immer gleiche Wege einstellen und so eine Minderung der Wegekosten erzielen (vgl. BFH-Urteil vom 9. 6. 2011 - VI R 55/10, BStBl 2012 II S. 38 ). Regelmäßige Arbeitsstätte in diesem Sinne ist deshalb nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat (vgl. BFH-Urteil vom 9. 6. 2011 - VI R 58/09, BStBl 2012 II S. 34 ). Dies ist üblicherweise der Betrieb oder die Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich aufsucht. Fehlt es an einer herausragenden Tätigkeitsstätte, übt der Arbeitnehmer eine Auswärtstätigkeit (ohne regelmäßige Arbeitsstätte) 10 aus. Der Mittelpunkt bestimmt sich somit nach dem qualitativen Schwerpunkt der beruflichen und betrieblichen Betätigung des Arbeitnehmers. Im BMF-Schreiben vom 15. 12. 2011 (BStBl 2012 I S. 57 ) findet die aktuelle BFH-Rechtsprechung bis zur gesetzlichen Neuregelung Berücksichtigung. Danach wird die regelmäßige Arbeitsstätte vorrangig nach den dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen bestimmt. Fehlt es an einer solchen eindeutigen Zuordnung zu einer bestimmen Tätigkeitsstätte, wird nach quantitativen Merkmalen entschieden, wo bzw. ob eine regelmäßige Arbeitsstätte gegeben ist. Danach liegt eine regelmäßige Arbeitsstätte dort, wo der Arbeitnehmer mindestens 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit oder mindestens einen ganzen Tag pro Woche tätig wird. 11 Ambulante Pflegekräfte haben somit auch für die Jahre vor 2014 keine regelmäßige Arbeitsstätte, sondern sind stets auswärts tätig. Sie können sich für die noch offenen Veranlagungsjahre auf die neue BFH- Rechtsprechung berufen und geltend machen, auswärts tätig gewesen zu sein. Dies gilt auch für die Arbeitgeber im Falle einer Lohnsteuerprüfung. 2. Fahrtkosten Bei beruflicher Auswärtstätigkeit können die tatsächlichen Fahrtkosten in voller Höhe in Ansatz gebracht bzw. steuerfrei vom Arbeitgeber erstattet werden. Bei Nutzung eines Privatfahrzeugs (ohne Fahrtenbuch) können für jeden gefahrenen Kilometer 0,30 angesetzt oder steuerfrei ausgezahlt werden. Bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte ist der Werbungskostenabzug dagegen beschränkt auf die Entfernungspauschale nach 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. 12 Werden Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte mit dem Dienstfahrzeug getätigt, ist nach 8 Abs. 2 Satz 3 EStG pauschal ein monatlicher Zuschlag von 0,03 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer zu versteuern. Der BFH stellt jedoch klar, dass dieser Zuschlag lediglich einen 7 Keine Beachtung der qualitativen Merkmale der Arbeitsleistung bei der Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte 8 Maximal eine regelmäßige Arbeitsstätte 9 Geserich, NWB 42/2011 S. 3533 10 Qualitativer Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers 11 Ambulante Pflegekräfte haben keine regelmäßige Arbeitsstätte 12 Nutzung des Dienstfahrzeugs für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte 2

Korrekturposten zum Werbungskostenabzug darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 22. 9. 2010 - VI R 57/09, BStBl 2011 II S. 359 ). Liegt die tatsächliche Nutzung unterhalb dieses Werts (Anzahl der Fahrten 0,002 % < 0,03 %), spricht sich der BFH für eine einzelne Bemessung der Fahrten nach der 0,002 %-Methode aus. Hiernach ist die Bewertung des geldwerten Vorteils mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer vorzunehmen. Mit BMF-Schreiben vom 1. 4. 2011 (BStBl 2011 I S. 301 ) erlaubt auch die Finanzverwaltung die Anwendung der 0,002 %-Regelung. 13 Die Anwendung der 0,002 %-Regelung ist mit Dokumentationspflichten verbunden. Der Arbeitnehmer hat kalendermonatlich fahrzeugbezogen schriftlich zu erklären, an welchen Tagen er das Dienstfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte genutzt hat (vgl. Hilbert, NWB 32/2011 S. 2722, 2734). Um die Auswirkungen auf die ambulanten Pflegedienste und die Pflegekräfte aufzuzeigen, wird zwischen folgenden Beispielen unterschieden: Beispiel 1 14 Die Pflegekräfte müssen sich täglich auf eigene Kosten beim Ort der Leitung einfinden. Dort übernehmen sie das Dienstfahrzeug und fahren zu den Patienten. Nach dem letzten Patienten wird das Fahrzeug am Ort der Leitung abgestellt und die Schlüssel abgegeben. Da die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (nach der alten Rechtsprechung) nicht mit dem Dienstwagen durchgeführt werden, hat der Arbeitgeber keinen geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer versteuert. Da nach der neuen BFH-Rechtsprechung aber keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt, kann der Arbeitnehmer die tatsächlichen Fahrtkosten bzw. 0,30 pro gefahrenen Kilometer und nicht nur 0,30 pro Entfernungskilometer als Werbungskosten ansetzen. Dies gilt für das Veranlagungsjahr 2013 sowie für frühere noch offene Jahre. Beispiel 2 15 Die Pflegekräfte fahren nach dem letzten Patienten mit dem Dienstfahrzeug nach Hause und am nächsten Tag von der Wohnung zum ersten Patienten. In regelmäßigen Abständen finden am Ort der Leitung Dienstbesprechungen statt, zu denen die Pflegekräfte mit dem Dienstfahrzeug fahren. Der Arbeitgeber muss keinen geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer versteuern, da keine Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (nach der alten Rechtsprechung) stattfanden. Beispiel 3 Wie Beispiel 2, aber es kommt auch vor, dass die Pflegekräfte vom Ort der Leitung direkt nach Hause fahren oder umgekehrt. Die Fahrten zwischen der Wohnung und dem Ort der Leitung musste der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer als geldwerten Vorteil versteuern (0,03 %- oder 0,002 %-Regelung). Der Arbeitnehmer hat wiederum die Entfernungspauschale als Werbungskosten in seiner Steuererklärung ansetzen können. Ist die Versteuerung durch den Arbeitgeber unterblieben bzw. wird erst zu einem späteren Zeitraum festgestellt, dass Fahrten zwischen Wohnung und Ort der Leitung stattgefunden haben, entfällt die Nachversteuerung. Im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung kann sich der Arbeitgeber auf die neue BFH- Rechtsprechung berufen. 3. Verpflegungspauschale Wird der Steuerpflichtige vorübergehend außerhalb seiner Wohnung oder seiner regelmäßigen Arbeitsstätte tätig, können für jeden Kalendertag der Abwesenheit Mehraufwendungen für die Verpflegung geltend gemacht werden. Diese können entweder vom Arbeitgeber steuerfrei ausbezahlt oder als Werbungskosten geltend gemacht werden. Für eine Abwesenheit von mindestens 8 aber weniger als 14 Stunden kann ein Pauschbetrag 13 Hilbert, NWB 32/2011 S. 2734 14 Pflegekräfte holen jeden Tag das Dienstfahrzeug ab 15 Pflegekräfte fahren mit dem Dienstfahrzeug nach Hause 3

von 6 pro Tag (bis einschließlich 2013) angesetzt bzw. steuerfrei ausbezahlt werden. Gemäß 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG gilt dies auch für Steuerpflichtige, die nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten tätig sind. Die Abwesenheitszeiten bestimmen sich in diesen Fällen nach der Abwesenheit von der Wohnung. Bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt sich der pauschale Abzug auf die ersten drei Monate. 16 Für die ambulanten Pflegekräfte kommt die Dreimonatsfrist bei Verpflegungspauschalen nicht zur Anwendung, da diese nicht an derselben Tätigkeitsstätte tätig sind. Auch bisher hatte der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Verpflegungspauschale von 6 an die ambulanten Pflegekräfte auszuzahlen, wenn die Arbeitszeit mindestens acht Stunden betrug und es keinen Zwischenhalt am Ort der Leitung gab. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber von der Möglichkeit, die Verpflegungspauschale steuer- und sozialversicherungsfrei auszuzahlen, keinen Gebrauch gemacht hat. Dies liegt vor allem an den damit verbundenen Dokumentationspflichten. 17 Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Verpflegungspauschale steuerfrei ausgezahlt, kann der Arbeitnehmer diese als Werbungskosten geltend machen. Für das Veranlagungsjahr 2013 sowie frühere noch offene Jahre ist aufgrund des Fehlens einer regelmäßigen Arbeitsstätte nicht länger erforderlich, dass keine Arbeitstätigkeit z. B. in Form einer Besprechung am Ort der Leitung stattgefunden hat. Die ambulanten Pflegekräfte können sich für die noch offenen Veranlagungsjahre auf die neue BFH- Rechtsprechung berufen und die Verpflegungspauschale von 6 für jeden Arbeitstag mit einer Abwesenheit von der Wohnung von mindestens acht Arbeitsstunden geltend machen. II. Auswirkungen der Reisekostenreform 18 Durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. 2. 2013 (BGBl 2013 I S. 285 ) wird das steuerliche Reisekostenrecht mit Wirkung ab 1. 1. 2014 vereinfacht und in weiten Teilen vereinheitlicht. Die neuen gesetzlichen Regelungen zu den Reisekosten setzen im Wesentlichen die neue BFH-Rechtsprechung um. Trotz der gesetzlichen Definitionen bleiben Gesetzeslücken bzw. unbestimmte Rechtsbegriffe, die aller Voraussicht nach wieder vom BFH geschlossen bzw. konkretisiert werden müssen. 1. Erste Tätigkeitsstätte Die wichtigste Änderung im Rahmen der Reisekostenreform ist die Definition der ersten Tätigkeitsstätte. Der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte ersetzt damit den unbestimmten Rechtsbegriff regelmäßige Arbeitsstätte. Die Frage, ob ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat oder auswärts tätig ist, hat einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der abziehbaren Werbungskosten sowie auf die Frage, ob die Aufwendungen steuerfrei durch den Arbeitgeber erstattet werden können. 19 Aufgrund des neuen Reisekostenrechts kann ein Arbeitnehmer ab dem Veranlagungsjahr 2014 höchstens eine erste Tätigkeitsstätte haben. Entscheidende Neuerung durch die Reisekostenreform ist somit, dass der Arbeitnehmer nicht zwingend eine erste Tätigkeitsstätte haben muss. a) Dienst- und arbeitsvertragliche Festlegung 20 In 9 Abs. 4 EStG n. F. findet sich das neue zentrale Tatbestandsmerkmal, die erste Tätigkeitsstätte. Die 16 Keine Dreimonatsfrist bei ambulanten Pflegekräften 17 Verpflegungspauschale von 6 im VZ 2013 als Werbungskosten abziehbar 18 Die Reform des steuerlichen Reisekostenrechts, Beilage zu NWB 9/2013 [TAAAE-30125] 19 Arbeitnehmer muss nicht mehr zwingend eine erste Tätigkeitsstätte haben 20 BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts vom 30. 9. 2013 [HAAAE-42824] 4

erste Tätigkeitsstätte wird definiert als eine ortsfeste betriebliche Einrichtung, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Diese Zuordnung wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen bestimmt. Zu den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen/Verfügungen zählen dabei alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen (BMF, Schreiben vom 30. 9. 2013 [HAAAE-42824], Rn. 5). 21 Wird der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeits- oder dienstrechtlich als erste Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet, ist es unerheblich, in welchem Umfang er seine berufliche Tätigkeit an dieser Tätigkeitsstätte ausüben soll. Auch die Frage, ob dort ein qualitativer Schwerpunkt der Tätigkeit liegt, ist, ebenso wie die Bezeichnung als erste Tätigkeitsstätte, nicht entscheidend (BMF, Schreiben vom 30. 9. 2013, Rn. 7 und 8). b) Konsequenzen bei organisatorischer Zuordnung Die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung allein aus tariflichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen, ohne dass der Arbeitnehmer in dieser Einrichtung tätig werden soll, ist keine Zuordnung i. S. des 9 Abs. 4 EStG (BMF, Schreiben vom 30. 9. 2013, Rn. 6). Es bleibt jedoch die Frage, wann eine Zuordnung zu einer bestimmten ersten Tätigkeitsstätte angenommen werden kann bzw. muss. Kann beispielsweise von einer Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte ausgegangen werden, wenn im Arbeitsvertrag eine Betriebsstätte des Arbeitgebers genannt wird ohne nähere Angaben? M. E. liegt dann keine Zuordnung im Sinne einer ersten Tätigkeitsstätte vor, da es sich um eine rein organisatorische Zuordnung handelt. Es bleibt aber noch zu klären, wie es sich verhält, wenn diese organisatorische Betriebsstätte regelmäßig aufzusuchen ist und dort Hilfs- und Nebentätigkeiten (Dienstbesprechungen, Stundenzettel, Krank- und Urlaubsmeldungen abgeben) auszuführen sind. In diesen Fällen kann zwar der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dieser Tätigkeitsstätte 22 zuordnen, er muss es aber nicht. M. E. kann von der organisatorischen Zuordnung nicht darauf geschlossen werden, dass der Arbeitgeber eine Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte gewollt hat, auch wenn Hilfs- und Nebentätigkeiten dort ausgeführt werden sollen. Bei derartigen Unklarheiten ist stets der zweite Prüfungsschritt zu vollziehen. c) Quantitative Kriterien 23 Nur dann, wenn eine solche Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte durch den Arbeitgeber nicht vorhanden oder nicht eindeutig ist, wird eine weitere Prüfung notwendig. Bei dieser weiteren Prüfung sind allein die quantitativen Kriterien maßgeblich. Eine erste Tätigkeitsstätte befindet sich danach dort, wo der Arbeitnehmer typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder wo der Arbeitnehmer je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Damit die Tätigkeit der ambulanten Pflegekräfte als Auswärtstätigkeit gilt, ist es in erster Linie notwendig, keine Festlegungen bezüglich einer Arbeitsstätte im Arbeitsvertrag zu treffen. Es wird empfohlen, die Arbeitsverträge zu prüfen und ggf. Änderungen vorzunehmen. Da sich die gesetzliche Reglung nicht nur auf Arbeitsverträge bezieht, 24 sind auch schriftliche oder mündliche Anweisungen in die Beurteilung einzubeziehen. Um einen Nachweis gegenüber der Finanzverwaltung zu haben, ist es empfehlenswert, eine schriftliche Dienstanweisung zu erlassen, die die Regelungen bezüglich der Tätigkeitsstätte festhält. Bezüglich der Frage, ob eine ambulante Pflegekraft eine erste Tätigkeitsstätte hat, sind die Antworten auf zwei Fragen ausschlaggebend: Hat der Arbeitgeber für die Pflegemitarbeiter eine bestimmte ortsfeste betriebliche Einrichtung dauerhaft als erste Tätigkeitsstätte arbeits- oder dienstrechtlich festgelegt? Soll der Arbeitnehmer dauerhaft an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden? 21 Arbeitsvertragliche Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte ist entscheidend 22 Zu den Prüfstufen s. Harder-Buschner/Schramm, Beilage zu NWB 9/2013 [DAAAE-29372] 23 Fehlende und nicht eindeutige Zuordnung 24 Prüfung der Arbeitsverträge 5

Ist dienst- oder arbeitsrechtlich nichts bezüglich einer Tätigkeitsstätte geregelt, haben ambulante Pflegekräfte keine erste Tätigkeitsstätte. 2. Fahrtkosten Bei Auswärtstätigkeit kann der Arbeitgeber grundsätzlich die tatsächlichen Fahrtkosten bzw. bei Benutzung des eigenen Fahrzeugs des Arbeitnehmers pauschal 0,30 pro gefahrenen Kilometer steuerfrei erstatten. 25 Bei ambulanten Pflegediensten wird in der Regel ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt. Unter der Annahme, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat und anhand ordnungsgemäßer Fahrtenbücher eine Privatnutzung ausgeschlossen werden kann, entsteht kein geldwerter Vorteil, der bei den Arbeitnehmern zu versteuern wäre. a) Sammelpunkt Bei Arbeitnehmern, die zwar keine erste Tätigkeitsstätte haben, für die aber ein Sammelpunkt arbeits- oder dienstvertraglich festgelegt ist, werden die Fahrten des Arbeitnehmers von der Wohnung zu diesem Sammelpunkt wie Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt ( 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG n. F.). 26 Als Sammelpunkt wird ein Ort angesehen, den der Arbeitgeber arbeitsvertraglich festlegt und an dem sich der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich einfinden soll, um von dort seine unterschiedlichen eigentlichen Einsatzorte aufzusuchen oder dort die Arbeit zu beginnen (BMF, Schreiben vom 30. 9. 2013 [HAAAE-42824], Rn. 37). 27 Es wird somit keine erste Tätigkeitsstätte fingiert, sondern lediglich die Anwendung der Entfernungspauschale für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Sammelpunkt festgelegt. Im Hinblick auf die Fahrtkosten erfolgt eine Gleichbehandlung mit Arbeitnehmern, die an einer ersten Tätigkeitsstätte tätig sind. Auf die Geltendmachung von Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten hat diese Festlegung keinen Einfluss, da die Arbeitnehmer außerhalb einer ersten Tätigkeitsstätte und somit auswärts tätig werden. Ambulante Pflegekräfte haben grundsätzlich keine erste Tätigkeitsstätte, aber ein Sammelpunkt kann grundsätzlich vorkommen und ist nicht unüblich. Aber auch hier folgt das Steuerrecht den Festlegungen des Arbeitgebers. Ist ein Sammelpunkt aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten notwendig, sollte der Arbeitgeber festlegen, dass es sich beim Sammelpunkt nicht um eine erste Tätigkeitsstätte handelt. Diese Festlegungen müssen nicht nur im Arbeitsvertrag zu finden sein. Beispiel 4 28 Die ambulanten Pflegekräfte müssen sich täglich auf eigene Kosten beim Ort der Leitung einfinden. Dort übernehmen sie das Dienstfahrzeug und fahren zu den Patienten. Nach dem letzten Patienten wird der Wagen am Ort der Leitung abgestellt und die Schlüssel abgegeben. Sammelpunkt Im Hinblick auf die bisherigen Regelungen zum Reisekostenrecht haben die ambulanten Pflegedienste in der Regel einen Sammelort arbeits- oder dienstvertraglich festgelegt. Mit der Bestimmung eines Sammelorts sollte vermieden werden, dass geldwerte Vorteile aufgrund der Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte entstehen. Um keinen geldwerten Vorteil entstehen zu lassen, ist die Regelung aus dem Beispiel 4 jetzt nicht mehr erforderlich, da eine ambulante Pflegekraft keine erste Tätigkeitsstätte mehr hat. Die Festlegung eines Sammelpunkts führt zum einen dazu, dass der Arbeitnehmer nur die Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend machen kann und zum anderen, dass der Arbeitgeber ggf. 0,03 % des Listenpreises für Fahrten zwischen dem Sammelort und der Wohnung (auch wenn sie nur in Ausnahmefällen vorkommen) des Arbeitnehmers als geldwerten Vorteil versteuern muss. 25 Berechnungsprogramm Kfz-Rechner [ZAAAD-37232] 26 Sammelpunkt = Ort, an dem sich der Arbeitnehmer täglich einfinden soll 27 Bei Sammelpunkt Anwendung der Entfernungspauschale 28 Pflegekräfte holen jeden Tag das Dienstfahrzeug ab 6

Die Festlegung eines Sammelorts seitens des Arbeitgebers ist aus steuerlicher Sicht nicht zu empfehlen. Beispiel 5 29 Die Pflegekräfte fahren nach dem letzten Patienten mit dem Dienstwagen nach Hause und am nächsten Tag von dort aus zum ersten Patienten. In regelmäßigen Abständen finden am Ort der Leitung Dienstbesprechungen statt, zu denen die Pflegekräfte mit dem Dienstwagen fahren. kein Sammelpunkt Liegt kein Sammelpunkt vor, bedeutet dies, dass der Arbeitgeber keinen geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und der Betriebsstätte des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer zu versteuern hat. Zugleich können beim Arbeitnehmer keine Fahrtkosten als Werbungskosten zum Ansatz kommen, da alle beruflich veranlassten Fahrten mit dem Dienstfahrzeug getätigt werden. b) Fahrtenbücher/Poolfahrzeuge 30 Liegt keine erste Tätigkeitsstätte für die Pflegekräfte vor und wird kein Sammelpunkt festgelegt, müssen die mit dem Dienstfahrzeug gefahrenen Strecken zwischen Wohnung und der Betriebsstätte nicht versteuert werden. Nichtsdestotrotz sind ordnungsgemäße Fahrtenbücher zu führen, in denen auch diese Streckenabschnitte dokumentiert und eingetragen werden. Sind die Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß geführt, nutzt auch die Tatsache nichts, dass die Pflegekräfte keine erste Tätigkeitsstätte haben. Fahrtenbücher müssen nur dann nicht geführt werden, wenn es sich bei den im Einsatz befindlichen Fahrzeugen um Poolfahrzeuge handelt, die Privatnutzung untersagt ist und das Verbot tatsächlich überwacht wird. Von einem typischen Fahrzeugpool ist auszugehen, wenn die Zahl der Nutzungsberechtigten die Zahl der Fahrzeuge übersteigt und einem Arbeitnehmer kein bestimmtes Fahrzeug zugeordnet werden kann. 31 Aus der Praxiserfahrung lässt sich sagen, dass die Finanzverwaltung bei ambulanten Pflegediensten nicht von einem Fahrzeugpool ausgeht. Die Zuordnung eines Fahrzeugs zu einer bestimmten Pflegekraft ist faktisch möglich, wenn das Fahrzeug einer bestimmten Tour zugewiesen ist und die Pflegekraft weitgehend immer dieselbe Tour fährt. 32 Aus steuerlicher Sicht sind Überwachungsmaßnahmen des Arbeitgebers erforderlich, um die private Nutzung der Fahrzeuge ausschließen zu können, vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen das Fahrzeug nach Beendigung der Tätigkeit nicht auf dem Sammelplatz abstellt, sondern mit nach Hause nehmen darf. Für die Fahrzeuge, die regelmäßig mit nach Hause genommen werden dürfen, sind grundsätzlich Fahrtenbücher zu führen. 33 Für Fahrzeuge, die regelmäßig nach Beendigung der Tätigkeit auf den Sammelplätzen abgestellt werden, können sog. Schlüsselausgabebücher geführt werden, aus denen ersichtlich ist, dass die Fahrzeuge abends abgestellt und morgens am Sammelplatz abgeholt werden. Regelmäßig am Sammelplatz abgestellt bedeutet, dass die Fahrzeuge nur gelegentlich mit nach Hause genommen werden dürfen. Ambulante Pflegedienste haben ordnungsgemäße Fahrtenbücher zu führen. Sollen keine Privatfahrten mit dem Dienstfahrzeug getätigt werden, ist dies im Rahmen einer Dienstvereinbarung festzulegen. Dies alleine reicht jedoch nicht aus, um die Besteuerung der Privatnutzung zu vermeiden. Der Arbeitgeber hat die Fahrtenbücher regelmäßig zu kontrollieren. Soll ein Sammelpunkt festgelegt und keine Fahrtenbücher geführt werden, wird empfohlen, eine Anrufungsauskunft nach 42e EStG zu stellen. c) Weiträumiges Tätigkeitsgebiet 34 Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet unterscheidet sich vom Bestehen einer ersten Tätigkeitsstätte dadurch, 29 Pflegekräfte fahren mit dem Dienstfahrzeug nach Hause 30 Kein Verzicht auf ordnungsgemäß geführte Fahrtenbücher 31 Keine Poolfahrzeuge bei ambulanten Pflegediensten 32 Kein Sammelplatz Fahrtenbücher 33 Sammelplatz Schlüsselausgabe- oder Fahrtenbücher 34 Weiträumiges Tätigkeitsgebiet = festgelegte Fläche, z. B. Zusteller oder Forstarbeiter 7

dass beim weiträumigen Tätigkeitsgebiet die Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche zu erbringen ist (BMF, Schreiben vom 30. 9. 2013 [HAAAE-42824], Rn. 41). Ist die Arbeitsleistung auf einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet auszuüben, findet für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Tätigkeitsgebiet die Entfernungspauschale Anwendung ( 9 Abs. 1 Satz 3 EStG n. F.). Von dieser Vorschrift sind in der Regel Zusteller oder Forstarbeiter betroffen, jedoch keine ambulanten Pflegekräfte. Ambulante Pflegekräfte sind nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet tätig. 3. Verpflegungsmehraufwendungen 35 Die gesetzliche Vorschrift bezüglich der Abzugsfähigkeit von Verpflegungspauschalen hat sich hinsichtlich der Höhe dieser Pauschalen geändert. Bei einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden beträgt die Pauschale 12 (bisher 6 bei mindestens acht Stunden Abwesenheit). a) Eintägige Auswärtstätigkeiten Haben die ambulanten Pflegekräfte keine erste Tätigkeitsstätte, liegt an jedem Arbeitstag eine eintägige Auswärtstätigkeit vor. Bei Abwesenheit (von der Wohnung) von mehr als acht Stunden kann der Arbeitgeber einen Pauschbetrag von 12 steuerfrei an die betroffenen Arbeitnehmer auszahlen. Verzichtet der Arbeitgeber auf die Auszahlung des Pauschbetrags, kann der Arbeitnehmer diesen als Werbungskosten geltend machen. b) Dreimonatsfrist 36 Entscheidend bei ambulanten Pflegekräften ist, dass die Dreimonatsfrist nicht greift. Die Dreimonatsfrist gilt nur bei einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte. Dies wäre der Fall, wenn der Arbeitnehmer länger als drei Monate beim selben Kunden tätig wird. Dies kann bei ambulanten Pflegekräften grundsätzlich ausgeschlossen werden, da sie täglich von einem Patienten zum nächsten fahren und somit nie an derselben Tätigkeitsstätte tätig sein können. c) Ansatz der Verpflegungspauschale als Werbungskosten beim Arbeitnehmer 37 Zahlt der Arbeitgeber grundsätzlich keine Verpflegungspauschale an die Pflegekräfte, können die Arbeitnehmer diese als Werbungskosten ansetzen. Beispiel 6 Eine ambulante Pflegekraft hat eine Vollzeitbeschäftigung. Arbeitstage Urlaubstage Krankheitstage Tage der Auswärtstätigkeit 250 Tage 30 Tage 16 Tage* 204 Tage max. Pauschale (12 204 Tage) 2.448 *Durchschnittliche Anzahl der Krankheitstage für 2012 lt. Studie des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen (www.zeit.de ). 35 12 Verpflegungspauschale pro Arbeitstag 36 Dreimonatsfrist bei ambulanten Pflegekräften nicht relevant 37 Zusätzliche Werbungskosten in Höhe von ca. 2.448 geltend machen 8

Es ist zu berücksichtigen, dass im Pflegebereich eine nicht unerhebliche Anzahl von Teilzeitkräften tätig ist. Teilzeitkräfte, die täglich weniger als acht Stunden von ihrer Wohnung abwesend sind, können grundsätzlich keine Verpflegungspauschalen ansetzen. Bei Teilzeitkräften ist es aus steuerlicher Sicht sinnvoll, volle Arbeitstage zu vereinbaren. Beispiel 7 Eine ambulante Pflegekraft arbeitet wöchentlich an drei vollen Arbeitstagen. NWB Nr. 45 vom 04.11.2013-3535 - Arbeitstage Urlaubstage Krankheitstage Abwesenheitstage 150 Tage 18 Tage 9 Tage 123 Tage max. Pauschale (12 123 Tage) 1.476 d) Auszahlung der Verpflegungspauschale durch den Arbeitgeber 38 Damit der Mitarbeiter netto 1.800 erhält, muss der Arbeitgeber ca. 3.500 pro Arbeitnehmer aufwenden. Der Arbeitgeber kann für Verpflegungsmehraufwendungen pro Arbeitnehmer und pro Jahr einen Betrag in Höhe von 2.448 steuer- und sozialversicherungsfrei auszahlen. Damit der Arbeitnehmer einen Nettobetrag in Höhe von 1.800 erhält, entstehen für den Arbeitgeber dann nur noch Aufwendungen in Höhe von ca. 3.200 pro Arbeitnehmer, wenn die Verpflegungspauschalen ausbezahlt werden und in dem Nettobetrag enthalten sind. Durch die Auszahlung der Verpflegungspauschale an die ambulanten Pflegekräfte kann der Arbeitgeber bis zu 10 % der Personalkosten sparen. Es ist zu berücksichtigen, dass bei tarifgebundenen ambulanten Pflegediensten eine freie Lohngestaltung nicht möglich ist. In solchen Fällen bleibt aber der Vorteil, den die Arbeitnehmer durch den Ansatz der Verpflegungspauschalen als Werbungskosten haben. FAZIT Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Reisekostenreform sowie die neue BFH- Rechtsprechung finanzielle Vorteile für ambulante Pflegedienste bzw. ihre Arbeitnehmer bringen. Die wesentliche Neuerung ist, dass die ambulanten Pflegekräfte in der Regel keine erste Tätigkeitsstätte haben und damit auswärts tätig sind. Aufgrund dessen können Reisekosten vom Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt oder vom 38 Verpflegungspauschale steuerfrei an den Arbeitnehmer auszahlen 9

Arbeitnehmer im Rahmen der persönlichen Veranlagung als Werbungskosten geltend gemacht werden. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Verpflegungspauschalen, die vom Arbeitgeber ausgezahlt bzw. vom Arbeitnehmer als Werbungskosten angesetzt werden können (bei einer Abwesenheit von der Wohnung von mehr als acht Stunden). Autorin Ivana Matković, Dipl.-Kauffrau, Steuerberaterin, arbeitet als Leitung der Finanzbuchhaltung in einem gemeinnützigen Verein. Seit 2013 ist sie in München auch als selbständige Steuerberaterin nebenberuflich tätig. Zuvor war sie in einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft tätig. 10