Virtuelles Doktorandenstudium Bologna- Stufe 3 in der e-learning Praxis



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Transkript:

Virtuelles Doktorandenstudium Bologna- Stufe 3 in der e-learning Praxis Prof. Dr. habil. Thorsten Claus Internationales Hochschulinstitut Zittau Markt 23 02763 Zittau Stephan Meyer Internationales Hochschulinstitut Zittau Markt 23 02763 Zittau Abstract: Das Internationale Hochschulinstitut Zittau (IHI Zittau) verfügt über langjährige Erfahrungen im Bereich der elektronisch- unterstützten Lehre, insbesondere beim Einsatz von Videokonferenzen und korrelierenden multimedialen Applikationen. Darüber hinaus ist eine weitgehende Integration von hochschulinternen Verwaltungs- und Gremienprozessen in die Lernplattform OPAL sowie die Nutzung der Lernplattform für die hochschulübergreifende Projektarbeit mit externen Partnern gelungen. Diese Erfahrungen gilt es beim Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums zu nutzen. Auf der dritten Stufe des Bologna-Prozesses wurde am Internationalen Hochschulinstitut Zittau ein Doktorandenstudium eingerichtet. Das Studium steht auch Fachhochschulstudenten offen, die kooperativ am IHI Zittau promovieren möchten. Das IHI Zittau kooperiert im Rahmen des Doktorandenstudiums mit der Hochschule Zittau-Görlitz (FH) sowie den Fachhochschulen Münster, Nordhausen und Emden, wodurch das Doktorandenstudium über die sächsischen Landesgrenzen hinaus einen Kompetenzgewinn erzielen kann. An diesem Punkt setzt das innovative Konzept des virtuellen Doktorandenstudiums an, welches auf Kolloquien, Videokonferenz-basierte Besprechungen, den Einsatz eines Application Sharing-Tools (Net Viewer) sowie das Dokumenten- und Leistungsnachweis-Management, gestützt auf das Lernmanagementsystem OPAL und dessen Arbeitsgruppenstrukturen, aufbaut. Das Ziel besteht in der Realisierung spezifischer Studienangebote auf Promotionsniveau mit dem Fokus auf fachbezogene Kompetenz-Multiplikation mit Hilfe der Einbindung hochschulpartnerschaftlicher Ressourcen und deren Integration in das virtuelle Studienangebot. Des Weiteren soll die gesamte Studienablaufplanung vom Einschreibeprozedere über die Verwaltungs- und Gremienarbeit bis hin zu den Studienangeboten konsistent auf dem Lernmanagementsystem OPAL basieren. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit erfolgt eine wissenschaftliche Aufarbeitung der gesammelten Erfahrungen in Form eines Leitfadens, welcher dem Transfer an andere Hochschulen gerecht werden soll.

Thorsten Claus, Stephan Meyer 1 Einleitung Das IHI Zittau hat in den letzten Jahren zahlreiche Erfahrungen im Bereich der virtuellen Universität gemacht. Ziel dieses Beitrages ist die Erfahrungen auf den Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums zu übertragen.1 Nach einer Einführung in das Thema der Virtuellen Universität werden deren notwendigen Bestandteile diskutiert. Im Anschluss wird ein Anforderungskatalog in Bezug auf ein virtuelles Doktorandenstudium erstellt. Das vierte Kapitel stellt das virtuelle Doktorandenstudium am IHI vor und bewertet es anhand eines Anforderungskatalogs. Der Beitrag endet mit einem Ausblick. 2 Die Virtuelle Universität Im Zeitalter der tatsächlich vernetzten Welt stellen sich auch die Hochschulen auf die veränderte Nachfrage nach Bildung ein und stehen ebenso unter Effizienzgesichtspunkten vor der Herausforderung die Qualität der Lehre und Forschung bei knapper werdender finanzieller Ausstattung, auch zukünftig, sicher zu stellen. Die kreative Nutzung der Möglichkeiten von Informations- und Kommunikationstechnik wird dabei eine entscheidende Rolle im Rahmen der Unterstützung der universitären Bereiche einnehmen. Dennoch wird man auch künftig nicht auf die Institution Hochschule verzichten können. Eine virtuelle Universität stellt demnach vielmehr eine Basis für das lebenslange Lernen, Technologietransfer sowie der Ausweitung von (freiwilligen) Kooperationen im Hochschulbereich, durch den Einsatz elektronischer Plattformen, der Nutzung von Standort vernetzender Kommunikationstechnik (Videokonferenzen, Lernplattformen, Application- Sharing-Tools, etc.) sowie der damit einhergehenden Konzipierung neuer Lehr-, Lern- und Forschungsmethoden. Das Ziel der Entwicklung besteht in der Nutzung der Möglichkeiten des Studierens und Forschens unabhängig von Ort und Zeit in institutionellem Rahmen. 1 Die vorliegende Arbeit basiert in Teilen auf einem Beitrag anlässlich des Workshop on e-learning am 09. und 10.Juli 2007 an der HTWK (FH) Leipzig.

Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums 2.1 Virtuelle Veranstaltungen E-Learning-Szenarien lassen sich hinsichtlich verschiedener Kriterien unterscheiden. Zur Einordnung des beschriebenen Szenarios werden die jeweiligen Ausprägungen von Zeit, Kriterien Zeit Raum Sozialform Funktion Rolle des Lehrenden Medieneinsatz Kommunikation Medieneinsatz Information Ausprägungen synchron asynchron hybrid an einem Ort an verschiedenen Orten Plenum Partner / Gruppenarbeit Einzelarbeit Information Kommunikation Kooperation Präsentieren Anleiten Arrangieren Moderieren Prüfen E-Mail Chat Forum Audiokonferenz Videokonferenz Shared Documents Text Bild Graphik Audio Video Simulation Abbildung 1 Virtuelle Veranstaltungen- Kategorisierung 2 Raum, Sozialform, Funktion und Rolle des Lehrenden in Form eines morphologischen Kastens dargestellt. Es wird deutlich, dass die Allokation der diversen Kriterien je nach Zielstellung der Veranstaltung vorgenommen werden muss und dabei unterschiedliche Medien zum Einsatz kommen können. Die in der Abbildung 1 hervorgehobenen Ausprägungen kennzeichnen die Merkmale einer Vorlesungsaufzeichnung, welche entsprechend an mehreren Standorten asynchron übertragen werden kann und im Wesentlichen informativen Charakter besitzt. Diese Methode bietet sich besonders im Bereich der Vermittlung von Grundlagenwissen an, wobei die Inhalte zur Nachbereitung und Wiederholung des Lehrstoffes oder zur Prüfungsvorbereitung verwendet werden und auf Veranstaltungen mit hohen Teilnehmerzahlen abzielen. Den Studierenden ermöglicht dies die intensivere, zeit- und ortsunabhängige Beschäftigung mit dem Vorlesungsstoff. Virtuelle Vorlesungen können sowohl traditionelle Präsenzveranstaltungen, als auch standortverteilte Veranstaltungen wirkungsvoll ergänzen. In den verschiedenen Einsatzszenarien der virtuellen Vorlesungen sind unterschiedliche Kombinationen von Online -und Präsenzphasen denkbar. Dabei spricht man vom blended learning-konzept (integriertes Lernen), welches sich durch den persönlicheren Kontakt von Dozenten und Studierenden, in Ergänzung zu virtuellen Einheiten, als eine zielführende Methodik 2 Vgl. Zentrum VirtuOs der Universität Osnabrück (2004), S. 3.

Thorsten Claus, Stephan Meyer erwiesen hat. 3 Besonders wichtig ist, dass das eine ohne das andere nicht funktioniert - die Präsenzphasen und Online Phasen also optimal aufeinander abgestimmt sind. Das Gleiche gilt für die Durchführung virtueller Seminare, wobei nach einer Einführung in den Seminarinhalt sowie der Mediendidaktischen Schulung der Seminarteilnehmer ein essentielles Live-Treffen zur erfolgreichen Zusammenarbeit in der Seminargruppe beiträgt. 2.2 Virtuelle Organisation und Verwaltungsprozesse Durch die Nutzung der Lernplattform OPAL bietet sich die Möglichkeit einer Effizienzsteigerung im Bereich der Verwaltungsaufgaben, in dem die Studentenverwaltung sowie die Hochschulgremien dieses Werkzeug nutzen und eine erfolgreiche Etablierung am IHI Zittau bereits stattgefunden hat. Konkret werden die Anmeldungen zu Prüfungen, die Bekanntgabe von Terminverschiebungen im Vorlesungsplan sowie die Bereitstellung von verschiedenartigen Informationen mit Hilfe der Lernplattform durchgeführt. Insbesondere die Einschreibung zu Lehrveranstaltungen und die Anmeldung zu Prüfungen über die Lernplattform erleichtern den Verwaltungsmitarbeitern die Arbeit, indem halbautomatisch Prüfungslisten durch das System generiert werden. In der Arbeit der Gremien, d.h. Prüfungsausschuss und Graduiertenkommission, wird die Informationsaktualität erhöht, da Dokumente immer in aktuellster Fassung für alle Mitglieder zur Verfügung stehen, global verfügbar und somit auch die Flexibilität bzgl. der Vorbereitung auf die Sitzungen der Gremien erhöhen. Gleichzeitig zeigen sich hierbei auch Effizienzsteigerungen und eine Reduktion der Druckkosten, wodurch die Umwelt entlastet wird - ein Aspekt, der am IHI Zittau nicht nur wegen der Umweltorientierung in Lehre und Forschung eine besondere Funktion einnimmt. Die aktuelle Entwicklung zeigt allerdings auch die Schwierigkeiten, welche sich in der Akzeptanzerhöhung des Einsatzes der neuen Medien im Bereich der Verwaltung ergeben. Dabei stellen die fachkundige Veränderung von Verfahrensabläufen und die Kommunikation des Nutzengewinns einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar. Gleichzeitig erweist sich die rechtliche Unsicherheit als ein Kriterium für die verzögerte flächendeckende Einführung, insbesondere im Bereich der Studentenverwaltung und dem Umgang mit sensitiven Personaldaten und geistigem Eigentum 4. 3 Gabi Reinmann-Rothmeier: Didaktische Innovation durch Blended Learning. Leitlinien anhand eines Beispiels aus der Hochschule. Unter Mitarbeit von Frank Vohle, Frederic Adler und Heidi Faust, Bern 2003. 4 Vgl. Pfeffer, T.: Neue Medien in der Lehre; in Günther, Johann: Virtuelle Kommunikation und Kollaboration. Tagungsband zum 10. Business Meeting des Vereins Neue Medien Austria. Wien, Graz 2005.

Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums 3 Anforderungen an ein virtuelles Doktorandenstudium 3.1 Überblick Im Gegensatz zu Master- und Diplomstudiengängen ist die Doktorandenausbildung 5 dadurch geprägt, dass die Studenten neben ihrem Studium weitere Tätigkeiten ausüben. Hierzu zählen Projektarbeiten an Hochschulen sowie die Aufnahme von Aufgaben in der Wirtschaft. Folglich verteilen sich die Doktoranden räumlich über ein weites Gebiet. Daneben müssen die Strukturen und Prozesse verändert werden. In der ersten Spalte der Tabelle 1 sind die einzelnen Anforderungselemente aufgeführt. Die nächsten drei Spalten stellen die Akteure eines Doktorandenstudiums dar. Tabelle 1 Anforderungskatalog Dozenten Studenten Verwaltung Technik Hardware Videokonferenztechnologie x x PC-Ausstattung x x x Präsentationstechnik x x Software Lernmanagementsystem (LMS OPAL) Server x Client x x x Application Sharing-Tools (AST - Netviewer) Server x Client x x Organisation Anpassung der Prozesse passiv x x x aktiv x x x Motivation passiv x x x aktiv x x x Schulung passiv x x x aktiv x x x Ein Kreuz in der Tabelle weist darauf hin, dass der Akteur das Anforderungselement erfüllen muss. 5 Die Diskussion bezieht sich im Folgenden nur auf Doktoranden der Geisteswissenschaften. Ingenieur- und naturwissenschaftliche Promotionen sind häufig durch zahlreiche Labortätigkeiten geprägt, die nur im Präsenzstudium durchgeführt werden können.

Thorsten Claus, Stephan Meyer Die 3. Stufe des Bologna-Prozesses sieht vor, dass das Promotionsverfahren um eine postgraduale Doktorandenausbildung ergänzt wird. Unter den eben genannten Bedingungen folgt zunächst die Konsequenz, dass die Doktorandenausbildung entweder zeitlich oder räumlich gebündelt werden muss. Die zeitliche Bündelung kann in Form von Blockveranstaltungen realisiert werden. Nachteilig wirken sich hier die schubweise Ausbildung und der geringe persönliche Kontakt unter den Doktoranden aus. Eine räumliche Bündelung ist die ideale Lösung für Universitäten in Ballungsräumen. Die zentrale Lage dieser Einrichtungen gewährleistet, dass die Studenten regelmäßig unter vertretbarem Aufwand ihre Hochschule aufsuchen können. Aus der Abbildung 2 wird ersichtlich, dass von einer räumlichen Bündelung des Doktorandenstudiums am IHI Zittau keine Rede sein kann und daher andere Lösungen gefunden werden müssen. FH Münster Doktorandenstudium IHI Zittau - Kooperationsbeziehungen FH Nordhausen HS Zittau IHI Zittau FH Ludwigshafen Abbildung 2 Kooperationsbeziehungen IHI Zittau i.r. d. virtuellen Doktorandenstudiums Neben der räumlichen und zeitlichen Bündelung etabliert sich eine weitere Form der Ausbildung. Ein virtuelles Doktorandenstudium verknüpft die Doktorandenausbildung mit den Eigenschaften einer virtuellen Universität. Vorlesungen und Seminare werden virtuell durchgeführt. Die Organisation, Information sowie Kommunikation erfolgen über die Lernplattform OPAL. Im nachfolgenden Abschnitt sollen die vielfältigen Anforderungen an ein Doktorandenstudium im Einzelnen diskutiert werden.

Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums 3.2 Technische Aspekte Eine gute technische Ausstattung ist die Voraussetzung für ein funktionierendes virtuelles Studium. Der Einsatz einer Lernplattform setzt voraus, dass alle Beteiligten über eine vollständige PC-Ausstattung verfügen. Hierzu zählen neben einem handelsüblichen PC der schnelle Internetzugriff, ein Mikrophon und eine Kamera. Diese Bedingungen sind in der Regel an den meisten Hochschulen erfüllt. Eine Übersicht zum Einsatz diverser E-Learning-Werkzeuge stellt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. dar. Doktorandenstudium IHI Zittau E-Learning Werkzeug Netviewer Skype Videokonferenz Netviewer Dateidiskussion Gruppenbesprechung Referate Dokumentenmanagement Application Sharing Terminabstimmung Studium Studiumverwaltung Projektbesprechung Abbildung 3 technische Umsetzung d. Doktorandenstudiums am IHI Zittau Virtuelle Vorlesungen und Seminare werden mittels der Videokonferenztechnologie übertragen. Während Hochschulen häufig über die Technologie verfügen, haben Studenten in ihren Privatwohnungen keine entsprechenden Geräte. Hierfür sollten kooperierende Einrichtungen aufgesucht werden. Eng verbunden mit der Videokonferenztechnologie ist die Präsentationstechnik. Sie umfasst zwei Beamer für die Darstellung der Inhalte und der Videobilder. Beamer werden aber nur benötigt, wenn mehrere Personen von einem Standort einer Präsentation folgen. Bei zwei bis drei Personen erfüllt ein konventioneller Monitor die gleiche Aufgabe.

Thorsten Claus, Stephan Meyer Im Bereich der Software muss zwischen Server- und Client-Programmen differenziert werden. Studenten und Verwaltungsangestellte müssen auf bereitgestellte Programme, wie das LMS und AST zugreifen können. Idealerweise sollten derartige Client-Programme über Browserlösungen bereitstehen, so dass ein Zugriff unproblematisch ist. Ein LMS muss zentral, in Verantwortung der jeweiligen Dozenten, bereitgestellt werden. Die Sicherstellung einer redundanzfreien Datenhaltung lässt keine Alternativen zu. AST müssen ebenfalls zentral installiert werden, da im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung nur einer Regie führen kann, um ein organisatorisches Chaos zu vermeiden. 3.3 Organisation Während die technischen Neuerungen in der Regel dankbar aufgenommen werden, stellen die Veränderungen der organisatorischen Abläufe alle Akteure vor eine Herausforderung. Unverständnis, Ängste und massive Ablehnung seitens der Kritiker sind an der Tagesordnung 6. Die konsequente Umstellung eines Präsenzstudiums auf ein virtuelles Studium betrifft beinahe sämtliche Studienprozesse. Abbildung 4 vermittelt einen Eindruck über den Umfang. Die Prozesse, wie die Im- und Exmatrikulation, sind von der Umstellung ausgenommen. Prüfungsabläufe können mittels eines Lernmanagementsystems abgewickelt werden. Alle Beteiligten pflegen die notwendigen Informationen und Dokumente in das LMS ein. Das LMS wird auf diese Weise zu einem umfangreichen, konsistenten und vollständigen Dokumentationssystem des Doktorandenstudiums, insbesondere der Leistungen der Doktoranden. 6 Vgl. Claus, T.: Analyse der Nutzungshemmnisse neuer Medien; in Claus, T., Helling, K., Knaden, A. et al.: Virtuelle Netze, Frankfurt a. M. 2005, S. 65 76.

Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums Tabelle 2 Betroffene Prozesse Prüfungsprozesse o Anmeldung o Notenbekanntgabe o. Informationsprozesse o Veranstaltungen o Lehrmaterialien o Kommunikationsprozesse o Student - Prüfungsamt o Student - Student o Dozent - Student Dokumentationsprozesse o Absprachen zwischen Dozenten und Studenten o Protokolle o Studienfortschritte o Veröffentlichungen o Vorträge o Promotionsschrift o Lehrprozesse o Vorlesungen o Seminare o Projektarbeit o Arbeitsgruppen o Aufgrund des Einsatzes Neuer Medien müssen zusätzliche Lehrmethoden von den Dozenten erlernt und umgesetzt werden. Liebgewonnene Gewohnheiten müssen abgelegt werden. Die Erstellung von Skripten und Arbeitsmaterialien ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung. Vorlesungen, die per Videokonferenz übertragen werden, erfordern ein neues Verhalten der Dozenten. So sollte der Auftritt Kamera tauglich sein, d. h. die Position des Lehrenden vor den Studenten muss vom Fotoobjektiv erfassbar und die Stimme muss in akzeptabler Qualität übertragbar sein. Großer Bewegungsdrang und starke Schwankungen in der Lautstärke sind zu vermeiden. Veranstaltungen, an denen mehrere Standorte beteiligt sind, müssen exakt geplant und koordiniert werden. Der Ablauf muss anhand eines detaillierten Drehbuchs erfolgen. Die Veränderung der Prozesse kann nur erfolgreich sein, wenn die Akteure geschult und motiviert sind. Dabei ist zwischen aktivier und passiver Nutzung zu unterscheiden. Die passive Nutzung meint die Verwendung der neuen technischen Möglichkeiten, ohne selber Inhalte zu erstellen oder Abläufe zu verändern. Eine aktive Nutzung geht erheblich weiter, wobei Kenntnisse über die Möglichkeiten und der geschulte Umgang mit den technischen Einrichtungen vorausgesetzt werden. Bei einer reinen passiven Verwendung werden die althergebrachten Abläufe kaum verändert. Studenten sind sehr aufgeschlossen gegenüber einer aktiven Nutzung. Sie fordern teilweise sogar die Umstellung bei anderen Akteuren ein. Zwei Gründe sind hierfür ausschlaggebend. Erstens liegen die Vorteile eines virtuellen Doktorandenstudiums klar auf der Seite der

Thorsten Claus, Stephan Meyer Studenten, da sich deren Reiseaufwand erheblich reduziert. Zweitens sind Personen in der Ausbildung selbstredend in Lernprozesse eingebunden und daher gegenüber neuen Möglichkeiten aufgeschlossen. Dozenten und Verwaltungsangestellte lassen sich sehr leicht zu einer passiven Nutzung bewegen, da diese klare Vorteile mit sich bringt, ohne dass ein zusätzlicher Aufwand für sie anfällt. Bei der aktiven Nutzung sind die Vorbehalte sehr groß, da ein gewisser Trainingsaufwand aufgebracht werden muss. Außerdem sind während der Umstellungsphase Kinderkrankheiten, wie technische Probleme, nicht ausgeschlossen, so dass Frust und Ablehnung entsteht. Dozenten und Verwaltungsangestellte müssen bei der Umstellung mitgenommen werden. Hierfür ist Überzeugungs- und Schulungsarbeit eine essentielle Voraussetzung. Ein gewisser konstruktiver Druck kann von Seiten der Studenten erzeugt werden. Darüber hinaus müssen kompetente Ansprechpartner zur Verfügung stehen, die schnell bei Problemen weiterhelfen können. Das Vorhandensein von e-learning- Kompetenzzentren ist dabei sehr hilfreich. In der Anfangsphase kann Dozenten auch nicht zugemutet werden, dass sie gleichzeitig ihre Lehrprozesse verändern und die Technik bedienen. Kurzfristig können Mitarbeiter eines Kompetenzzentrums unterstützend wirken. Langfristig können die Studenten die technische Umsetzung selbst übernehmen. 4 Das virtuelle Doktorandenstudium am IHI Am IHI Zittau wird derzeit getestet, das Doktorandenstudium mit virtuellen Komponenten durchzuführen. Tabelle 3 spiegelt wider, inwiefern das Studium die zuvor aufgestellten Anforderungen erfüllt. Ein hell schattiertes Feld deutet darauf hin, dass die Anforderungen weitestgehend erfüllt sind. Dunkel schattierte Bereiche zeigen Handlungsfelder auf. Hier sind die Anforderungen nur teilweise erfüllt. Die technische Ausstattung aller Akteure ist sehr zufrieden stellend. Im Bereich der Videokonferenztechnologie besteht noch ein zu lösendes Problem. Studenten, die nicht über eine andere Hochschule mit dem IHI kooperieren, haben in der Regel keinen Zugriff auf die Videokonferenztechnologie. Einige Studenten sind zwar bereit, sich eine entsprechende Anlage7 anzuschaffen, der Zugriff auf das Hochschulnetz fehlt aber weiterhin. Außerdem sollten bei einer Videokonferenz die Anzahl der Standorte überschaubar sein, wenn sich alle Beteiligten aktiv in den Veranstaltungsablauf einschalten sollen. Eine Anzahl größer fünf scheint aus heutiger Sicht nicht sinnvoll. Schließlich sollten alle Standorte mittels eines Beamers auf einer Leinwand dargestellt werden, wodurch die Grenzen sehr deutlich werden. 7 Kompaktanlagen (Videokonferenzsystem, Monitor, Mikrophon) sind bereits unter 3.000 beschaffbar.

Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums Der reine Konsum von Veranstaltungen stellt keine Herausforderung dar, weil hier nur eine unidirektionale Darstellung der Teilnehmer erforderlich ist. Tabelle 3 Anforderungskatalog Erfüllungsgrad am IHI Technik Hardware Videokonferenztechnologie PC-Ausstattung Präsentationstechnik Software Lernmanagementsystem Server Client Application Sharing-Tools Server Client Organisation Anpassung der Prozesse passiv aktiv Motivation passiv aktiv Schulung passiv aktiv Dozenten Studenten Verwaltung Im Bereich der Organisation sind die Erwartungen eingetreten. Die passive Nutzung stellt keine Herausforderung dar. Wenn Neue Medien Vorteile bringen und kein zusätzlicher Aufwand betrieben werden muss, sind alle Beteiligten bereit, diese Technologien auch zu nutzen. Im Bereich der aktiven Nutzung treten dagegen die bereits erwähnten Probleme auf. Personen, die in der Vergangenheit Neue Medien nur sehr eingeschränkt oder mit personeller Unterstützung genutzt haben, stehen den veränderten Prozessen sehr skeptisch gegenüber. Hier wird deutlich, dass der Wissensabstand im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie teilweise sehr erheblich ist. Das Kompetenzzentrum für e-learning, welches gemeinsam mit der Hochschule Zittau/Görlitz betrieben wird, hilft derartige Defizite auszugleichen. Dieses Zentrum motiviert und schult Mitarbeiter der beiden Hochschulen bezüglich des Einsatzes Neuer Medien. Veränderte Prozesse müssen teilweise noch von Spezialisten des Kompetenzzentrums durchgeführt bzw. Überwacht werden. Mittelfristig können diese Prozesse aber in die Verantwortung der entsprechenden Dozenten gegeben werden.

Thorsten Claus, Stephan Meyer Im Bereich der Doktorandenbetreuung wird das Lernmanagementsystem OPAL sehr intensiv genutzt. Es existiert eine Lernressource, in der für jeden Doktoranden ein individueller Ablageordner vorhanden ist. Sämtliche Absprachen zwischen den Dozenten und dem Doktoranden werden in diesem Ordner protokolliert. Daneben werden alle Seminararbeiten, Vorträge und Veröffentlichungen abgelegt. Der Arbeitsfortschrift in Bezug auf die Promotionsschrift ist jederzeit ablesbar. Das LMS wird hier zu einem Projektmanagementtool weiterentwickelt. Das Veranstaltungsprogramm setzt sich aus Präsenz-, Block- und virtuellen Veranstaltungen zusammen. Seminare sind die bevorzugte Lehrform. Virtuelle Arbeitsgruppen arbeiten gemeinsam an der Ausarbeitung einer Seminararbeit. Die Kommunikation erfolgt mittels der Videokonferenztechnologie. Dozenten anderer Hochschulen bringen sich in dieses Lehrnetzwerk ein und gleichen damit die strukturellen Mängel des IHI Zittau aus. Auf diese Weise ist ein attraktives Angebot entstanden, welches sich einem regen Zulauf erfreut. Der Zutritt zum Studium wird mittlerweile über einen Auswahlprozess reglementiert. 5 Ausblick Die Umsetzung eines virtuellen Doktorandenstudiums am IHI Zittau ist sehr weit gediehen. Viele Prozesse sind bereits vollständig implementiert. Der Zufriedenheitsgrad der Studenten mit dem Studium ist erheblich angestiegen. Mehrere Dozenten, die anfangs den Neuerungen sehr skeptisch gegenüberstanden, zeigen sich nunmehr überzeugt bis begeistert. Das virtuelle Doktorandenstudium zeigt aber auch, dass in Zukunft der Standort einer Hochschuleinrichtung von sekundärer Bedeutung ist. Räumliche Grenzen können durch neue Technologien überwunden werden. Der Bologna-Prozess wollte die Mobilität der Studenten und die Vernetzung von Hochschulen fördern. Hierzu leisten neue Medien einen erheblichen Beitrag.

Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums Literaturverzeichnis Claus, T. Analyse der Nutzungshemmnisse neuer Medien; in Claus, T., Helling, K., Knaden, A. et al.: Virtuelle Netze, Frankfurt a. M. 2005, S. 65 76. Pfeffer, T.(2005) Neue Medien in der Lehre; in Günther, Johann: Virtuelle Kommunikation und Kollaboration. Tagungsband zum 10. Business Meeting des Vereins Neue Medien Austria. Wien, Graz. Reinmann-Rothmeier, G.(2003) unter Mitarbeit von Vohle, F., Adler, F. und Faust, H., Bern. Didaktische Innovation durch Blended Learning. Leitlinien anhand eines Beispiels aus der Hochschule. Claus, T., Meyer. St. (2007) Aufbau eines virtuellen Doktorandenstudiums, Beitrag anlässlich des Workshop on e-learning am 09. und 10.Juli 2007 an der HTWK (FH) Leipzig. Zentrum VirtuOs der Universität Osnabrück (2004); Referenzmodell E-Learning Szenario: Virtual Collaborative Learning WWW-Adressen Internationales Hochschulinstitut Zittau www.ihi-zittau.de Zentrum für e-learning; Hochschule Zittau Görlitz www.hs-zigr.de/zfe