Food chain management in Österreich aus sicherheitspolitischer Sicht am Beispiel von Backwaren



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Transkript:

Food chain management in Österreich aus sicherheitspolitischer Sicht am Beispiel von Backwaren Food chain management in Austria from the security policy point of view by example of baker s ware Andreas FICHTINGER Zusammenfassung Ein Auftrag der wirtschaftlichen Landesverteidigung ist u. a. die ausreichende Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Lebensmitteln. Anhand der Beschreibung und der sicherheits-politischen Analyse des derzeitigen food chain managements am Beispiel von Backwaren wird dargestellt, welche Grundlagen für Konzepte und Strategien für die Bewältigung von Versorgungsproblemen das food chain management bietet. Die Analyse zeigt auf, dass heute Engpässe in der Versorgung nicht primär knappheitsbedingt, sondern vielmehr von Transportwegen und Kapazitäten vor allem auf der Straße sowie in diesem Zusammenhang von Informations- und Kommunikationstechnologien als auch von Energie abhängig sind. Schlagworte: food chain management, Versorgung, Transport. Summary The charge of Austrias so called economic national defence is among others to supply the Austrian people with food sufficiently. By means of the description and analysis of the actual food chain management by example of baker s ware from the security policy point of view it is shown, what information is given by the actual food management for concepts and strategies to cope with problems of supply. The analysis points out, that shortage of foodstuff today is primarily a question of existing means of transport and transport capacity in general on the road. In this connection it is also a question of information- and communication technology as well as of energy. Keywords: food chain management, supply, transport

190 1. Einleitung Fichtinger Der Auftrag der Wirtschaftlichen Landesverteidigung ist, für Krisenfälle vorzusorgen, ökonomische Störungen zu vermeiden und die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft zu sichern. Die Ziele dabei sind, die gesamte österreichische Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern, insbesondere mit Lebensmitteln ausreichend zu versorgen, die für die Verteidigung erforderlichen materiellen Mittel bereitzustellen und weitestgehend die Arbeitsplätze zu sichern (vgl. WINKELMAYER 1996, 43). Versorgungsengpässe können nicht nur durch militärische Auseinandersetzungen verursacht werden (vgl. ZEIDLER 1991, 1099). Viel wahrscheinlicher erscheinen uns Szenarien, in welchen durch großräumige Naturkatastrophen oder zivilisatorische Katastrophen (chemische oder radioaktive Verseuchung) Versorgungsengpässe, eher logistisch bedingt, auf Wochen bis Monate hinaus entstehen würden.... Auch denkbar sind Versorgungsengpässe, ausgelöst durch massive Wanderungen (Flüchtlingsströme aus Süd und Ost). [sic] Oder der weiträumige Ausfall von Ernten in Europa oder in den ehemaligen Sowjetrepubliken, sei dies wegen ausgedehnter Kriege, nuklearer Ereignisse oder wegen Unwettern (HÄTTENSCHWILER 1993, 14f). Daher muss die Ernährungssicherstellung auch Konzepte und Strategien für die Lösung von Versorgungsproblemen bei einer friedenszeitlichen Veränderung der Rahmenbedingungen schaffen (vgl. PREMSTALLER 1998, 404). Den Beitrag des food chain managements dazu darzustellen, stellen sich die folgenden Ausführungen am Beispiel der Wertschöpfungskette von Backwaren zur Aufgabe. 2. Food chain management und die Wertschöpfungskette von Backwaren 2.1 Die landwirtschaftliche Produktion Backwaren haben ihren Ursprung in der Produktion von Brotgetreide, daher will die Arbeit hier ihre Erörterungen anknüpfen. Getreide wird in Österreich zum größten Teil unmittelbar nach der Ernte von den Bauern an die Handelsbetriebe [Raiffeisenlagerhäuser, Landesproduktenhändler, Mühlen, d. Verf. ] angeliefert und verkauft. Die Handelsbetriebe reinigen die Ware und führen im Bedarfsfall die Trock-

Food chain management in Österreich aus sicherheitspolitischer Sicht 191 nung durch. Die Lagerung erfolgt überwiegend in Lagern der Aufkäufer. Zusätzlich haben die Mühlen erhebliche Lagerkapazitäten.... Darüber hinaus verfügen die Getreidegroßhändler über Lagerraum und schließlich existieren die Lagerkapazitäten von gewerblichen Lagereibetrieben, die überwiegend an der Donau liegen (RAAB 1994, 334). Diese Getreideübernahmestellen mit einem durchschnittlichen Lagerraum von 5.000 t (AMA 2000a) sind flächendeckend vorhanden. Österreichweit stehen mehr als drei Millionen t Getreidelagerkapazität zur Verfügung (vgl. GETREIDEWIRTSCHAFT-FONDS 1993a). Die Mühlen selbst verfügen über eine Lagerkapazität von rund 513.000 t (vgl. GETREIDE- WIRTSCHAFTSFONDS 1993b). Weichweizen, Hartweizen und Roggen fasst man zu den Brotgetreidearten zusammen. Der pro Kopf-Verbrauch beträgt 69,3/kg jährlich. Der gewichtete Selbstversorgungsgrad beläuft sich bei Brotgetreide auf 118 % (vgl. ÖSTZ 1999, 289). Brotgetreide wird fast ausschließlich in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark produziert. 2.2 Die Mühlenwirtschaft Aus den Lagern werden im Lauf des Jahres die Mühlen beliefert. Etwa 15 % des für den Inlandsbedarf produzierten Mehls wird als Haushaltsmehl (vgl. MAR 1994, 344) an die Konsumenten vermarktet. Der verbleibende Rest wird von Bäckereien verarbeitet. Je nach Größe und Vorwärtsintegration der Bäckerei und je nach Größe und Organisation derer Kunden können die Backwaren selbst an die Konsumenten verkauft, direkt in Lebensmitteleinzelhandelsbetriebe oder auf das Zentrallager eines sogenannten Filialisten oder einer freiwilligen Kette geliefert werden. In Österreich sind etwa 200 Mühlen mehr oder minder flächendeckend vorhanden, wobei die Vermahlungskapazitäten regional sehr unterschiedlich sind (vgl. FURTHNER 2000, 453; WKÖ 2000a; WKÖ 2000b). Diese hatten im Wirtschaftsjahr 1999/00 eine Vermahlungsleistung von 665.000 t (vgl. AMA 2000b). Sie sind in der Lage, etwa 75 % des Jahresbedarfes an Brotgetreide zu lagern, wobei die Mühlen in den westlichen Bundesländern ausreichend Lagerraum für das Getreide einer Jahresvermahlung haben (AMA 2000a).

192 Fichtinger 2.3 Die Bäckereien und der Lebensmitteleinzelhandel Bäckereien sind bundesweit flächendeckend vorhanden, wobei sich die Anzahl und die Kapazitäten der Betriebe an der regionalen Bevölkerungsdichte orientiert. Insgesamt gibt es in Österreich ca. 3.000 Bäkkereien (vgl. HEROLD 1999; ÖSTZ 1994, 8). Der Lebensmitteleinzelhandel ist ebenfalls in Österreich flächendeckend vertreten. Der Lebensmittelhandel wird von großen Einzelhandelsketten beherrscht (vgl. ACNIELSEN 1998, 47). Die Unternehmen verfügen entweder über ein Zentrallager für die Belieferung aller Filialen in Österreich. Oder sie betreiben darüber hinaus noch sogenannte Regionallager. Die Lager konzentrieren sich auf Ballungsräume bzw. auf Hauptverkehrsverbindungen (vgl. ADEG 2000; BILLA 2000; HOFER 2000; LIDL 2000; SPAR 2000; ZIELPUNKT 2000). 3. Sicherheitspolitische Beurteilung 3.1 Allgemeines Österreich ist in der Lage, sich selbst zu 100 % mit Brotgetreide zu versorgen. Lagerkapazitäten und Vermahlungskapazitäten für Brotgetreide sind bundesweit mit regionalen Unterschieden in genügender Zahl vorhanden. Bäckereien und Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte sind bundesweit ebenfalls ausreichend vorhanden. 80 % des Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel werden von sogenannten Filialisten erwirtschaftet, welche die Versorgung ihrer Filialen über Zentral- und Regionallager sicherstellen. Für eine weitere und detaillierte Analyse werden den Einwohnern jedes Verwaltungsbezirkes in Österreich deren jährlicher Brotgetreidebedarf, die Brotgetreideproduktion, die Lagerkapazitäten (vgl. GETREI- DEWIRTSCHAFTSFONDS 1993a) sowie die Vermahlung der Mühlen gegenübergestellt, um auf regionaler Ebene beurteilen zu können, ob ein Ausgleich der Güter auf der jeweiligen Wertschöpfungsebene notwendig ist. Der Brotgetreidebedarf errechnet sich aus der Zahl der Einwohner je Verwaltungsbezirk (vgl. ÖSTZ 1999, 42f.), multipliziert mit dem durchschnittlichen Verbrauch an Brotgetreide pro Kopf und Jahr von 69,3 kg (vgl. ÖSTZ 1999, 289).

Food chain management in Österreich aus sicherheitspolitischer Sicht 193 Für die Berechnung der Brotgetreideproduktion konnte nur auf Statistiken unterschiedlicher Jahrgänge zurückgegriffen werden. Die Anbauflächen für Weizen und Roggen wurden mit Hilfe der Land- und Forstwirtschaftlichen Betriebszählung 1990 (vgl. ÖSTZ 1992a,b,e,g,h, 48; ÖSTZ 1992c,d,f,i, 54) berechnet. Die Fläche in den einzelnen Verwaltungsbezirken wurde mit dem durchschnittlichen Ertrag im Jahr 1998 des entsprechenden Bundeslandes multipliziert. Die errechnete Summe je Bundesland wurde anschließend mit der statistischen Brotgetreideernte aus 1998 des jeweiligen Bundeslandes verglichen (vgl. ÖSTZ 1999, 291) und bei Bedarf meist proportional und in einigen Fällen auf Grund der Erfahrungen des Autors korrigiert. Für die Vermahlungskapazität konnten nur Daten auf Bundeslandebene erhoben werden. Es war jedoch möglich je Verwaltungsbezirk die Zahl der Mühlen zu erheben. Daher wurde die Annahme getroffen, dass jede Mühle im Durchschnitt die gleiche Vermahlungsmenge aufweist, und entsprechend der Zahl der Mühlen die Vermahlung nach Verwaltungsbezirken berechnet (vgl. AMA 2000b; WKÖ 2000a,b). 3.2 Zur Brotgetreideproduktion Brotgetreide wird vor allem in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Oberösterreich sowie im südlichen und östlichen Teil der Steiermark angebaut. Das übrige Bundesgebiet muss aus den genannten Bundesländern mit Brotgetreide versorgt werden, wobei fast die Hälfte des Brotgetreidebedarfs zwischen den Bundesländern ausgeglichen werden muss. Auffallend ist, dass die Geographie Österreichs Ost-West-Bewegungen auf eigenem Staatsgebiet im Raum Salzburg deutlich einschränkt, was insofern Bedeutung hat, als nach eigenen Berechnungen 70.000 t (=2.800 LKW-Ladungen bzw. Eisenbahnwaggons á 25 t oder ca. 70 Eisenbahn-Ganzzüge) jährlich nach Vorarlberg und Tirol transportiert werden müssen. 3.3 Zu den Lagerkapazitäten der Getreideübernahmestellen und Mühlen Die Lagerkapazitäten sind bundesweit so ausreichend vorhanden, dass die gesamte Ernte in den Überschussgebieten übernommen werden kann. In den Brotgetreidezuschussregionen findet man in den Regionen um Ballungsräume, welche im wesentlichen den Landeshauptstäd-

194 Fichtinger ten mit ihrem Umland entsprechen, genügend Lagerraum, der sowohl die Bedarfsmenge für die dort ansässige Bevölkerung als auch jene für weitere Bevölkerungsteile aufnehmen kann (vgl. Karte 1). Unmittelbar nach Beginn der Ernte beginnen die Lieferungen an die Mühlen. In den Sommermonaten gelangt der überwiegende Teil des Brotgetreides zur Anlieferung. Da die Mühlen in den westlichen Bundesländern in der Lage sind, die Gesamtjahresvermahlung zu lagern, können in den östlichen Bundesländern nur etwa 60 % der Jahresvermahlung eingelagert werden. Das bedeutet, dass in den östlichen Bundesländern sich die Anlieferung über einen längeren Zeitraum erstreckt als in den westlichen, sodass die möglichen Risken im Zusammenhang mit den Transporten im westlichen und östlichen Teil Österreichs mit Blick auf den Zeitbedarf unterschiedlich zu beurteilen sind. Karte 1: Die regionale Getreidelagerkapazität in Österreich, verglichen mit dem Bedarf 3.4 Zu den Vermahlungskapazitäten Karte 2 zeigt, wieweit die Vermahlung in den einzelnen Verwaltungsbezirken dem Bedarf der Bevölkerung gerecht wird. Es zeigt sich, dass über Österreich ein weitmaschiges Netz gespannt ist, welches die Versorgung bundesweit sicherstellt. Man kann davon ausgehen, dass

Food chain management in Österreich aus sicherheitspolitischer Sicht 195 in Krisenzeiten die Vermahlungsleistungen durch organisatorische Maßnahmen in den einzelnen Mühlen erhöht werden können (vgl. ÖGZFDLV 1974, 10). Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und die Steiermark können sich selbst mit Mehl versorgen. Das Burgenland und Wien können von Niederösterreich mitversorgt werden. Tirol und Vorarlberg können sich gemeinsam mit Brotmehl versorgen. Nur Kärnten grenzt an kein Bundesland, von dem es theoretisch mitversorgt werden kann. Karte 2: Die regionale Brotgetreidevermahlung in Österreich, verglichen mit dem Bedarf 3.5 Zum logistischen Aufwand Denkt man daran, wie viel Tonnen Brotgetreide aus dem Überschussgebiet Ostösterreichs in die alpinen Regionen des Bundesgebietes transportiert werden müssen, wird die logistische Dimension deutlich. Eine wesentlich komplexere Aufgabe ist hingegen die Versorgung der Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte aus den Zentral- und Regionallagern der Unternehmen. Obwohl oder gerade weil die Logistik sehr gut organisiert ist, ist diese Logistik extrem abhängig von Transportwegen und kapazitäten auf der Straße, Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationstechnologien und Energie.

196 Fichtinger Aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen sind Lagerkapazitäten auf allen Distributionsebenen minimal, sodass bei Ausfall der Transportmöglichkeiten die Versorgung der Bevölkerung mit gewissen Produktgruppen in den Endverbrauchermärkten nur für wenige Stunden bis einige Tage sichergestellt werden kann (vgl. FRITZ 1998, 68; GOECKL 1996, 23). Eine Lebensmitteleinzelhandelskette in der Steiermark beispielsweise betreibt für die Belieferung ihrer Filialen 19 LKW mit 13 Anhängern und legt damit jährlich etwa zwei Millionen Kilometer zurück. Der gesamte Gütertransport findet nur auf der Straße statt. Würde die Versorgung aus irgendeinem Grund gänzlich ausfallen, und orientiert man sich an der Umschlagshäufigkeit, ist eine Filiale vermutlich spätestens nach einer Woche ausverkauft. (vgl. FRITZ 1998, 67). 4. Zusammenfassung Die Analyse zeigte auf, dass heute Engpässe in der Versorgung am Beispiel von Backwaren nicht primär knappheitsbedingt, sondern vielmehr wegen der Störanfälligkeit komplexer, vernetzter Systeme entstehen können. Denn die Wirtschaft ist in zunehmenden Maß von Transportwegen und kapazitäten vor allem auf der Straße sowie von Informations- und Kommunikationstechnologien und von Energie abhängig. Die gegenwärtige und zukünftige Herausforderung ist weniger in der Bereitstellung von Produktionsstätten, Lagerraum und Verkaufsflächen zu sehen, sondern, bedingt durch die Geographie des Landes, vielmehr im räumlichen Ausgleich der Güter. Literatur ACNIELSEN GES.M.B.H. (1998): Statistisches Jahrbuch 1998 Österreich. Wien. ADEG ÖSTERREICH HANDELS AG (ADEG) (2000): Zentrallager. Wien (mündliche Mitteilung). AGRARMARKT AUSTRIA (AMA) (2000a): Durchschnittliche Lagerkapazität der Getreideübernahmebetriebe. Wien (mündliche Mitteilung). AGRARMARKT AUSTRIA (AMA) (2000b): Bericht Vermahlung in den Mühlen. Wien (schriftliche Mitteilung). BILLA (2000): Homepage. s.l. (http://www.billa.at). FRITZ, W. (1998): Vom Führungssystem des BmwA-W-KIS. In: Neuorientierung der wirtschaftlichen Krisenvorsorgemaßnahmen. Hrsg.: Österreichische Gesellschaft für Landesverteidigung und Sicherheitspolitik. Wien: Selbstverlag. S. 60-74 (Heft 60).

Food chain management in Österreich aus sicherheitspolitischer Sicht 197 FURTHNER, H. (2000): Getreide- und Mühlenwirtschaft Österreichs aktuell. Mühle + Mischfutter, Detmold, 137, 14, S. 453-454. GETREIDEWIRTSCHAFTSFONDS (1993a): Lagerkapazität nach Bezirkshauptmannschaften. Wien (Manuskript). GETREIDEWIRTSCHAFTSFONDS (1993b): Lagerkapazität nach Lagerart. Wien (Manuskript). GOECKL (1996): Grundlagen der Wirtschaftssicherstellung. In: Die Österreichischen Wirtschaftslenkungsgesetze im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft. Hrsg.: Österreichische Gesellschaft für Landesverteidigung und Sicherheitspolitik. Wien: Selbstverlag. S. 20-34 (Heft 54). HÄTTENSCHWILER, P. (1993):Ernährungssicherung in der Schweiz. Wirkt sie sich auf die Landwirtschaftspolitik der Schweiz aus? Die Grüne, s.l., 129/49, S. 13-16. HEROLD (1999): Standard marketing. Mödling (CD-Rom). HOFER (2000): Homepage. s.l. (http://www.hofer.at) LIDL (2000): Zentrallager. Wien (mündliche Mitteilung). MAR, A. (1994): Brot, Back- und Teigwaren. Hrsg.: Gattermayer, F. u. a. 2. akt. Aufl. Wien: Service Fachverlag. S. 343-357. ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER LANDESVERTEIDIGUNG (=ÖGZFDLV) (HRSG.) (1974): Sicherung der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln für die Bevölkerung der Bundeshauptstadt Wien in einer Krisensituation. Wien: Selbstverlag. (Heft 18). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992a): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Burgenland. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/1). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992b): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Kärnten. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/2). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992c): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Niederösterreich. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/3). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992d): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Oberösterreich. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/4). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992e): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Salzburg. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/5). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992f): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Steiermark. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/6). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992g): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Tirol. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/7).

198 Fichtinger ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992h): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Vorarlberg. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/8). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1992i): Land- und Forstwirtschaftliche Betriebszählung 1990. Länderheft Wien. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.060/9). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (ÖSTZ) (1994): Arbeitsstättenzählung 1991. Hauptergebnisse Österreich. Wien: Selbstverlag (Beiträge zur österreichischen Statistik, 1.050/10). ÖSTERREICHISCHES STATISTISCHES ZENTRALAMT (=ÖSTZ) (1999): Statistisches Jahrbuch für die Republik Österreich. Wien: Selbstverlag. PREMSTALLER, O. (1998): Gefahren für die Nahrungsvorsorge und die Landwirtschaft in Krisen- und Katastrophenfällen. Der Förderungsdienst, Wien, 46/11, S. 403-404. RAAB, F. (1994): Getreide und Mahlprodukte. In: Agrarvermarktung in Österreich. Hrsg.: Gattermayer, F. u. a. 2. akt. Aufl. Wien: Service Fachverlag. S. 325-342. SPAR (2000): Homepage. S.l. (http://www.spar.at). WINKELMAYER, H. (1996): WLV. Basis der Durchhaltefähigkeit des ÖBH im Mob- Fall. In: Die Österreichischen Wirtschaftslenkungsgesetze im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft. Hrsg.: Österreichische Gesellschaft für Landesverteidigung und Sicherheitspolitik. Wien: Selbstverlag. S. 43-46 (Heft 54). WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (WKÖ) (2000a): Liste der Mitglieder des Verbandes der Mühlenindustrie. Wien (schriftliche Mitteilung). WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (WKÖ) (2000b): Liste der Mitglieder Getreide- Müller. Wien: (schriftliche Mitteilung). ZEIDLER, S. (1991): Lebensmittelvorräte in Haushalten. Ergebnisse des Mikrozensus Juni 1990. Statistische Nachrichten, Wien, 46/12, S. 1099-1102. ZIELPUNKT, INH. LÖWA WARENHANDEL GES.M.B.H. (ZIELPUNKT) (2000): Zentrallager. Wien (mündliche Mitteilung). Anschrift des Verfassers Andreas Fichtinger A-2170 Poysdorf, Schulstraße 8 Tel.:+43 2552 20 140 email: fichtinger.andreas@utanet.at