Genetische Beratung bei hereditären Mammakarzinomen



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Transkript:

Genetische Beratung bei hereditären Mammakarzinomen 13. Onkologiepflegekongress 24.03.11 Susanna Stoll, Universitätsspital Zürich

Uebersicht Genetische Beratung Hereditäres Mamma-und Ovarialkarzinomsyndrom - Genetische Grundlagen - Klinische Präsentation - Abklärung - Management

Genetische Beratung

Tumoren Sporadisch 65-85% Familiär 10-30% Hereditär 5-10%

Genetische Beratung Zweck? Sammeln von Daten aus PA und FA Analyse Testung ja oder nein Information Verminderung von Aengsten und Unsicherheit

Genetische Beratung Ablauf: Mehrere Schritte Erstgespräch/Beratung vor Testung Risikobeurteilung Beratung nach Testung

Testung wann? Wunsch nach Information Bei akzeptabler Wahrscheinlichkeit für pathogene Mutation Verlässliches Testverfahren verfügbar Ergebnis therapeutische Konsequenzen

Vorteile einer Testung Klärung Anlageträgerschaft Ja:Erhöhtes Krebsrisiko: Angepasste präventive Massnahmen Lebens- und Familienplanung Nein: Krebsrisiko der Normalbevölkerung

Nachteile einer Testung Psychologische Belastung Soziale Stigmatisierung Bisher nur wenige Testverfahren, Limitationen der Methodik negatives Testergebnis fehlende Prädisposition zu hereditären Malignomen

Auffälligkeiten in der Anamnese

Anamnese Dieselben Neoplasien / mit dem Syndrom assoziierte Tumoren bei 2 nahe verwandten Personen 2 Generationen in Folge von typischen Malignomen betroffen Frühes Erkrankungsalter

Anamnese Meta- oder synchrones Auftreten von mehreren Tumoren bei derselben Person Multiple Tumoren in einem Organ Bilaterale Tumorentwicklung in doppelt angelegten Organen

Anamnese Tumor bei Personen oder in Familie mit kongenitalen Anomalien Charakteristische Tumorhistologie, -- - lokalisation Ethnische Zugehörigkeit zu Risikopopulation

Genetische Merkmale

Autosomal dominante Vererbung 1 Kopie eines Allels Expression des Phänotyps Gene auf Autosomen Frauen und Männer betroffen Weitervererbungsrisiko: 50% Vertikales Vererbungsmuster

Hereditäre Mammakarzinome

Mammakarzinome Defekt in 1 Hochrisiko-Gen 5% Defekt in mehreren Genen 20-25%

Hereditäres Mamma- und Ovarialkarzinom-Syndrom (BRCA1- und BRCA2- Mutationen)

BRCA1-Gen-Defekt Lifetime risk: - Mammakarzinom: 40-85% - Mammakarzinom bilateral: 40-60% - Ovarialkarzinom: 15-50%

BRCA1-Gen-Defekt Mittleres Erkrankungsalter: - Mammakarzinom: 38-43 Jahre - Ovarialkarzinom: 48-51 Jahre Tumorhistologie: 80% ER neg., PR neg., HER2 neg., 70% G3

BRCA1-Gen-Defekt Zusätzlich: Leicht erhöhtes Risiko für Kolonkarzinom

BRCA2-Gen-Defekt Lifetime risk: - Mammakarzinom: 40-85% - Mammakarzinom bilateral: 40-60% - Ovarialkarzinom: 10-20%

BRCA2-Gen-Defekt Mittleres Erkrankungsalter: - Mammakarzinom: 41-45 Jahre - Ovarialkarzinom: 48-51 Jahre Tumorhistologie: Meist ER positiv

BRCA2-Gen-Defekt Zusätzlich: Erhöhtes Risiko für - Magenkarzinom - Cholangiokarzinom - Pankreaskarzinom - Larynx-/Pharynxkarzinom - Melanom (?) - Männer: Prostata- (4x) und Mammakarzinom (60x)

Was für ein Testverfahren wird angewendet?

Testverfahren Sequenzierung der DNA des BRCA1- und BRCA2- Gens Testmaterial: 5ml EDTA-Blut Dauer: Ca. 4 Monate Kosten: - Komplette Analyse beider Gene: 7600 Fr. - Testung auf bekannte Mutation: 300 Fr.

Management von Mutationsträgerinnen

Vorgehen bei Mutationsnachweis 3 Möglichkeiten: Ueberwachung Prophylaktische chirurgische Eingriffe Chemoprävention?

Ueberwachungsschema bei pathogener BRCA1- oder BRCA2-Mutation Untersuchung Mammographie und Brust-MRI Brustuntersuchung (ev. plus Ultraschall) bei Aerztin/Arzt Selbstkontrolle der Brust Gynäkologische Untersuchung plus Vaginalschall mit Doppler, CA125 (1. Zyklushälfte) Bei BRCA1-Mutation: Koloskopie Häufigkeit 1x pro Jahr 2x pro Jahr 1x pro Monat 1x pro Jahr 1-2x pro Jahr Alle 5-10 Jahre Ab Alter * 25-35 Jahre 18-20 Jahre 18-20 Jahre 18-20 Jahre Ca. 35 Jahre 50 Jahre * Oder 5 Jahre vor dem frühesten bekannten Erkrankungsalter eines Familienmitglieds

Prophylaktische Mastektomie Indikation: Wunsch der Patientin Intervention: - Totale bds. Mastektomie - Skin sparing Mastektomie - Keine subkutane Mastektomie (Erhaltung Mamille)

Prophylaktische Mastektomie Effizienz: Risikoreduktion Mammakarzinome 90-95% Rebbeck JCO 2004; Meijers-Heijboer NEJM 2001

Prophylaktische Salpingo- Oophorektomie Indikation: Wunsch der Patientin Intervention: Bilaterale Salpingo-Ovarektomie +/- Hysterektomie Zeitpunkt: Nach Abschluss der Familienplanung

Prophylaktische Salpingo- Oophorektomie Effizienz: Risikoreduktion Ovarialkarzinom bis 96% Mammakarzinom bei prämenopausalen Frauen 50% Rebbeck NEJM 2002, Kauff NEJM 2002

Chemoprävention Nur im Rahmen kontrollierter Studien

Take Home Message

Anamnese: Hereditäres Mamma- und Ovarialkarzinomsyndrom Mehrere Mamma- und/oder Ovarialkarzinome in mehreren aufeinander folgenden Generationen Junges Erkrankungsalter Metachrone Tumoren Histologische Merkmale

Hereditäres Mamma- und Ovarialkarzinomsyndrom Testung: DNA-Analyse mittels Blutprobe

Hereditäres Mamma- und Ovarialkarzinomsyndrom Management von Mutationträgerinnen/ern: Tumorvorsorgeuntersuchungen Prophylaktische bds. Mastektomie und/oder Salpingo-Oophorektomie