Modell für den sozialen Wohnungsbau: Initiative zum Aufbau von Gemeinschaften Eine Praxis der Landeskasse für Familienbeihilfen (COMPENSAR)
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- Pamela Günther
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1 Gute Praxis in der sozialen Sicherheit Gute Praxis umgesetzt ab: 2013 Modell für den sozialen Wohnungsbau: Initiative zum Aufbau von Gemeinschaften Eine Praxis der Landeskasse für Familienbeihilfen (COMPENSAR) COMPENSAR - Landeskasse für Familienbeihilfen Kolumbien Erscheinungsjahr:
2 1 Zusammenfassung Compensar hat auf eigene Initiative im Rahmen der sozialen Transformation ein neuartiges Projekt für sozialen Wohnraum entworfen und umgesetzt, das Gemeinschaften aufbaut und weit über die Wohnungsübergabe hinausgeht. Die Familien der von Compensar geleiteten Projekte für sozialen Wohnraum erhalten eine Begleitung, damit sie soziale und bürgerliche Kompetenzen entwickeln können, die zur Aneignung der Umgebung, zur Verbesserung der Lebensqualität, zum Zusammenleben, zur Bestimmung von Führungsrollen und zur Schaffung von Räumen für ganzheitliches Wachstum motivieren. Die Schwerpunkte des Modells für gemeinschaftliche Sozialentwicklung sind: Rund um die Programme und Dienstleistungen der Regierungsstellen und der nahestehenden Nichtregierungsorganisationen werden Netzwerke aufgebaut. Die Ausbildung und Selbstverantwortung stärkt die persönliche, familiäre und gemeinschaftliche Entwicklung. Die Nutzung bereitgestellter Räume und Dienstleistungen kommt der Gemeinschaft und den Kommunen zugute. Die gemeinschaftliche Selbstbestimmung und Selbstverwaltung verhindert die Abhängigkeit von Institutionen und sichert die Tragfähigkeit. Das Modell für gemeinschaftliche Sozialentwicklung wurde drei Jahre lang in acht Projekten für sozialen Wohnraum angewendet und erreichte Familien. Insbesondere wurde die Deckung auf 700 Familien ausgeweitet, die Vertreibung, Armut, Gewalt des bewaffneten Konflikts (als Opfer oder Täter) ausgesetzt waren und nun vom kostenlosen staatlichen Wohnprogramm Vida Nueva profitieren. KRITERIUM 1 Auf welche Frage/Problematik/Herausforderung geht Ihre gute Praxis ein? Die Zuweisung kostenlosen Wohnraums erfolgt über ein Los aus Wartelisten von Regierungsstellen, wo Familien mit unterschiedlichem Gefährdungsgrad registriert sind (Kältewelle im Winter, extreme Armut, Vertreibung durch den bewaffneten Konflikt, frühere Angehörigkeit von Guerillas oder Paramilitärs usw.).
3 2 Durch dieses Programm werden Menschen mit historischen, nicht unbedingt gelösten Konflikten zusammengebracht. So sind zum Beispiel Gewaltopfer und Mörder ohne Vorbereitung auf einmal Nachbarn und müssen auf engem Raum miteinander zusammenleben. Hinzu kommt das große Nichtwissen über die rechtlichen Vorschriften für Wohnungseigentum und über die Rechte und Pflichten von Miteigentümern hinsichtlich Wartung, Nutzung und Pflege ihres Gebäudes gegenüber der Gemeinschaft. Bei der Wohnungsübergabe geben laut einer Umfrage von Compensar 63 Prozent der Eigentümer an, dass sie das Gesetz über Wohnungseigentum nicht kennen, und 83 Prozent der neuen Bewohner des Wohnkomplexes haben noch nie in einer solchen Form gewohnt. Angesichts dieser Situation bestand die Herausforderung für Compensar darin, die Gemeinschaft durch das Modell für Sozialentwicklung anhand von drei Maßnahmen zu verändern: 1) Wachstumsmöglichkeiten durch den erfüllten Traum einer eigenen angemessenen Wohnung; 2) Übergreifen der Vorteile der Programme und Dienstleistungen auf die Einrichtungen der Umgebung und des Stadtviertels Soacha von Bogotá (wo das Projekt Vida Nueva angesiedelt ist); 3) Unterstützung der Entwicklung von Führungsrollen und Selbstverantwortung der neuen Eigentümer, die so ihre von Armut, Gewalt und gesellschaftlichem Zerfall geprägte Vergangenheit hinter sich lassen können. KRITERIUM 2 Was waren die Hauptziele und die erwarteten Ergebnisse? Ziel Nr. 1 Einrichtung von Räumen für die Kommunikation und Bestimmung formeller und informeller Gemeinschaftsführer. Nach der Benachrichtigung der Bewohner von Vida Nueva begann im Oktober 2013 für 300 Familien der Prozess der Annäherung durch Kurse (Workshops zum Zusammenleben, Erkundung des Stadtviertels Soacha, Freizeit-Treffs und Kapazitätsbildungstage), so dass jede Familie vier Phasen durchlief: Wiederherstellung der Menschenwürde, Aufbau von Gemeinschaften, Aneignung der Umgebung, Bestimmung von Gemeinschaftsführern und Bildung von bürgerlichen Fähigkeiten und Kompetenzen für das Zusammenleben. 70 Personen meldeten sich für Führungsaufgaben und beteiligten sich daran. Gegenwärtig gibt es zehn formelle Gemeinschaftsführer in Verwaltungsrat und -organen sowie 15 informelle Leiter, welche die Selbstverwaltung und Mobilisierung von Sportschulen, Recycling, Kochkursen und Kurse für Sparen und Eigeninitiative leiten. 300 Familien nehmen nach wie vor an den Tätigkeiten zu den genannten Themen teil.
4 3 Ziel Nr. 2 Kenntnisse der Eigentümer, Aneignung der rectlichen Vorschriften über Wohnungseigentum, Aufbau und Konsolidierung gemeinschaftlicher Gruppen, welche tragfähige und langfristige Prozesse entwickeln sollen. 720 Familien haben in 15 Workshops eine Einführung und Ausbildung über Wohnungseigentum erhalten, wo sie einander kennenlernen konnten, Mechanismen der Teilnahme, Leitung und gemeinschaftlichen Kontrolle bestimmten sowie über Rechte und Pflichten bei Wohnungseigentum und Beschwerdeverfahren nach dem Kauf aufgeklärt wurden. Es wurden 670 Begleitungen bei Wohnungsübergaben durchgeführt, wobei Informationen über die Aneignung der Umgebung vermittelt wurden. Ziel Nr. 3 Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Institutionen, um Netzwerke zu bilden, die den Zugang zu sozialen Dienstleistungen und zu Sozialprogrammen erleichtern, welche die Lebensqualität der Bewohner verbessern sollen. Eine Zusammenarbeit mit zehn Institutionen fand statt: Nationale Ausbildungsorganisation, Kolumbianisches Institut für Familienwohl, Nationalpolizei, Nationales Departement für soziale Wohlfahrt, Sekretariat für Sozialentwicklung, Sekretariat für Bildung und Kultur des Stadtviertels Soacha, Ministerium für Wohnen, Ministerium für Kultur, Ministerium für Inneres und Stiftung für Spiel- und Umweltstrategien. Gemeinsam mit diesen Instanzen wurden Anstrengungen unternommen, um Überschneidungen zu vermeiden und die Ressourcen für die Entwicklung von 13 Programmen für verschiedene Bevölkerungsgruppen zu optimieren. Fünf davon laufen bereits: Alphabetisierung für Erwachsene, Sportschulen, Spielothek, Tanz und Freizeitaktivitäten. Ziel Nr. 4 Bildung von Selbstverwaltungsgruppen und von sozialen Initiativen. Zwei gemeinschaftliche Initiativen wurden eingeleitet: eine Gruppe mit 15 Leitern in Aktion und 70 sparenden Frauen, die Eigeninitiativen selbst verwalten.
5 4 KRITERIUM 3 Welche/r innovative Ansatz/Strategie wurde zum Erreichen der Ziele verfolgt? Einerseits beruht die Strategie auf der Beteiligung, Aneignung und Teilhabe der Bewohner, und andererseits beruht sie auf der Umsetzung der vier unter dem zweiten Kriterium genannten Ziele. Das Modell für gemeinschaftliche Sozialentwicklung setzt folgende theoretische Schwerpunkte: Systemisch: Durch die ganzheitliche Betrachtung des Menschen in seinen unterschiedlichen Sphären und seinen individuellen, familiären und gemeinschaftlichen Beziehungen. Differentiell: Durch die Wertschätzung von Unterschieden (bei Alter, Geschlecht, Glauben, Lebensgeschichten, Bedürfnissen, Erwartungen usw.). Netzwerke: Durch die Verknüpfung der Programme und Dienstleistungen der Institutionen, die es erlauben, transversal und effizient auf die gemeinschaftlichen Realitäten einzugehen. Das Modell für Sozialintervention kann nur mithilfe der Gemeinschaft umgesetzt werden, ohne ihre Überzeugungen zu überrumpeln, und mittels Dynamiken und Workshops zur Ermittlung der Erwartungen, der Vor- und Nachteile des Zusammenlebens gemäß Gesetz für Wohnungseigentum sowie der von den Teilnehmern wahrgenommenen Bedürfnisse mit der Methode der Fokusgruppen. Im Gebäudekomplex Vida Nueva wurden 32 Fokusgruppen gebildet, eine für jedes Hochhaus, in denen Mitglieder der Gemeinschaft aller Altersgruppen einsitzen und die eine gemeinschaftliche Analyse mittels Baumdiagramm der Probleme und Ziele erstellten, worauf Aktionspläne erarbeitet wurden und koordinierte gemeinschaftliche und soziale Tätigkeiten durch die Gemeinschaftsführer umgesetzt wurden. KRITERIUM 4 Wurden Ressourcen und Inputs optimal eingesetzt, um die Ziele und erwarteten Ergebnisse zu erreichen? Bitte geben Sie an, welche internen oder externen Evaluationen der guten Praxis durchgeführt wurden und welche Auswirkungen/Resultate bisher erkannt/erzielt wurden. Die eigenen Ressourcen und diejenigen öffentlicher und privater Institutionen wurden optimal eingesetzt mit guten Resultaten hinsichtlich Zufriedenheit, Beteiligung und Lernen durch die Gemeinschaft.
6 5 In jedem Ausbildungsprozess werden Bewertungsinstrumente eingesetzt, welche die Zufriedenheit, das Interesse für den Prozess, die Lernerfolge und die Aneignung des Wissens messen, um die Inhalte anzupassen, zu ergänzen und auszubauen, indem je nach Alter, Interessen und Entwicklungsstand der Gruppe verschiedene Dynamiken gewählt wurden. Laut Umfrage von Compensar betrug der Anteil derjenigen, welche das Programm mit gut bis ausgezeichnet beurteilten, 84 Prozent. Der Prozess der Intervention und Begleitung für Wohnungseigentum ist innovativ. Es gibt daher noch keine externen Evaluationen, aber immerhin Beobachtungen und eine Anerkennung durch Regierungsstellen wie das Departement für soziales Wohl und das Kolumbianische Institut für Familienwohl, welche die begleitenden Akten einsehen konnten. Ebenso macht die Gemeinschaft laufend Vergleiche und hebt Unterschiede bei Dynamiken ähnlicher Wohnprojekte hervor, die oft über keine soziale Begleitung verfügen. KRITERIUM 5 Welche Lehren wurden gezogen? Inwieweit eignet sich Ihre gute Praxis für die Replikation durch andere Institutionen der sozialen Sicherheit? Das Zugehörigkeitsgefühl und die Einbindung in die Gemeinschaft vor dem Wohnungsbezug erlaubt einen Prozess der Verinnerlichung der Pflichten, Rechte und Motivationen für eine gemeinschaftliche Beteiligung und eine Kenntnisnahme der Umgebung und der vorhandenen sozialen Dienstleistungen, was sich letztlich positiv auf die Lebensqualität der neuen Eigentümer auswirkt. Die Verinnerlichung der sozialen, bürgerlichen und gemeinschaftlichen Instrumente zum Aufbau eines gemeinschaftlichen Netzwerks verstärkt sich mit der Kenntnis der Rechte und Pflichten und der möglichen Räume für ein Zusammenleben in der Gemeinschaft sowie mit der Aneignung der Dynamiken und Mechanismen der aktiven Beteiligung. Die Gemeinschaftsprozesse, Erwartungen und Dynamiken der Teilnahme müssen eine generationenübergreifende Perspektive aufweisen, für jede einzelne Bevölkerungsgruppe angepasst und aufgebaut werden, Kinder und Senioren lernen und beteiligen sich auf unterschiedliche Art. Der Erfolg bedeutet, den Aufbau von Strategien und Mechanismen, um alle zu beteiligen und Räume für Begegnungen der Gemeinschaft zu fördern. Wenn Programme von verschiedenen Institutionen gemeinsam für die gleiche Zielgruppe formuliert werden, können transversale Ziele erreicht werden, und die Erfolge mehren sich, indem die Vorteile verbunden und auf ganze Bevölkerungsgruppen ausgeweitet werden. Die finanziellen und fachlichen Ressourcen werden von der Gemeinschaft aufgenommen und effizienter gemacht.
7 6 Die soziale Verantwortung der Organisationen beruht nicht lediglich auf der strikten Einhaltung des Gesetzes, sondern auf der Überzeugung, dass nach Erreichen dieses Ziels mehr getan werden muss. Das Modell für gemeinschaftliche Sozialentwicklung von Compensar kann im Rahmen der Verwaltung von Wohnraum in Stadtvierteln, von Baugemeinschaften, Kassen für Familienleistungen, Organisationen der Zusammenarbeit und öffentlichen und privaten Institutionen angewendet werden, um strategisch quantitative und qualitative Lücken zu füllen und die Lebensqualität unbegrenzt vieler Familien durch den Erwerb von angemessenem Wohnungseigentum zu verbessern und damit den Aufbau von Gemeinschaften zu fördern.
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