Skalen, Versicherungen, Vertrag?? Endlich Durchblick bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
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- Heini Koch
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1 Skalen, Versicherungen, Vertrag?? Endlich Durchblick bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall VPS-Verlag 1
2 Übersicht 1. Terminologie und Grundlagen 2. Lohnfortzahlung gemäss Gesetz 3. Versicherungslösungen 4. Ausgewählte Fragen VPS-Verlag 2
3 Terminologie Karenzfrist: Karenztage: Wartefrist: 3 Monate Mindestdauer Arbeitsverhältnis (AV) gemäss Art. 324a Abs. 1 OR Tage zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit (AUF), an denen keine Lohnfortzahlung geleistet wird Frist bis zum Einsetzen der Versicherungsleistung (meistens 30 oder 60 Tage) VPS-Verlag 3
4 Die wichtigen Weichenstellungen Lohnfortzahlungsanspruch Mit Versicherung? Ohne Versicherung? Ersatzlösung? Ergänzungslösung? Lohnfortzahlung gemäss Gesetz VPS-Verlag 4
5 Lohnfortzahlung gemäss Gesetz VPS-Verlag 5
6 Die Rechtsgrundlage Art. 324a 1 Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist. 2 Sind durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag nicht längere Zeitabschnitte bestimmt, so hat der Arbeitgeber im ersten Dienstjahr den Lohn für drei Wochen und nachher für eine angemessene längere Zeit zu entrichten, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den besonderen Umständen. 3 Bei Schwangerschaft der Arbeitnehmerin hat der Arbeitgeber den Lohn im gleichen Umfang zu entrichten. 4 Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den vorstehenden Bestimmungen abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist. VPS-Verlag 6
7 Anspruchsvoraussetzungen Der Arbeitnehmer muss vier Voraussetzungen erfüllen, um einen Anspruch auf Lohnfortzahlung zu haben: 1. Er muss an der Arbeit verhindert sein; 2. Die Gründe dafür müssen in seiner Person liegen; 3. Die Gründe für diese Arbeitsverhinderung müssen unverschuldet sein sowie 4. Das Arbeitsverhältnis muss bereits mehr als drei Monate gedauert haben oder auf mehr als drei Monate eingegangen worden sein. VPS-Verlag 7
8 Rechtsfolge: Lohnfortzahlungsanspruch Bei Erfüllung aller vier Voraussetzungen hat der Arbeitnehmer während einer beschränkten Zeit der Arbeitsverhinderung Anspruch auf den darauf entfallenden Lohn. Relativ zwingende Gesetzesbestimmung Abweichungen nur zu Gunsten des Arbeitnehmers möglich VPS-Verlag 8
9 Rechtsfolge: Lohnfortzahlungsanspruch «darauf entfallender Lohn» = Lohnausfallsprinzip Lohn soll gleich sein, wie wenn Arbeitnehmer gearbeitet hätte è Zulagen, Provisionen und Lohnbestandteile wie 13. Monatslohn sind einzurechnen è Lohn = alle Sozialversicherungsabgaben sind wie üblich abzuziehen è Geldminimum (nicht Zeitminimum) VPS-Verlag 9
10 Rechtsfolge: Lohnfortzahlungsanspruch Ø Keine vertragliche Regelung notwendig Ø Erst vom 1. Tag des 4. Anstellungsmonats an (Ausnahme: auf mehr als 3 Monate befristete Arbeitsverhältnisse) Ø Anspruch pro Dienstjahr Ø Keine Wartefristen, keine Karenztage Ø Lohn wird zu 100 % weiter bezahlt, keine Kürzung auf 80 % VPS-Verlag 10
11 Rechtsfolge: Lohnfortzahlungsanspruch Ø Keine Vorbehalte oder Ausschlüsse möglich Ø Maximale Dauer richtet sich (grundsätzlich) nach der lokal anwendbaren Skala Ø Weitere Lohnfortzahlungsansprüche gemäss Art. 324a OR im selben Dienstjahr (Feuerwehr etc.) werden ebenfalls an die eine angemessene Dauer angerechnet (ein «Bezugskredit» total pro Jahr) Ø Neues Dienstjahr neuer Anspruch (Wiederaufleben) VPS-Verlag 11
12 Für eine beschränkt Zeit VPS-Verlag 12
13 Versicherungslösungen VPS-Verlag 13
14 Versicherungslösungen Art. 324a Abs. 4 OR 4 Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den vorstehenden Bestimmungen abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist. Ø Relativ-zwingende Gesetzesbestimmung Ø Nur schriftlich und nur zugunsten des Arbeitnehmers abänderbar VPS-Verlag 14
15 Versicherungslösungen Mit Versicherung? Ersatzlösung? Ergänzungslösung? VPS-Verlag 15
16 Ersatzlösung? Ergänzungslösung? Versicherungslösung tritt nach Ablauf der Wartefrist vollständig an Stelle der arbeitgeberischen Pflicht zur Lohnfortzahlung. Arbeitgeber ist draussen. Bei Leistungsverweigerungen durch Versicherung kann der Arbeitnehmer nicht auf den Arbeitgeber zurückgreifen. Versicherungslösung ergänzt die arbeitgeberische Pflicht zur Lohnfortzahlung. Arbeitgeber ist nicht draussen. Bei Leistungsverweigerungen durch Versicherung kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch (pro Dienstjahr) unter Umständen gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. VPS-Verlag 16
17 Versicherungslösungen Zwei Voraussetzungen für Ersatzlösung: 1. Schriftliche Vereinbarung 2. Gleichwertigkeit zu gesetzlicher Lösung è Fehlt es an einem dieser Kriterien, wird die Versicherungslösung als Ergänzungslösung betrachtet, welche die gesetzliche Lösung zugunsten des Arbeitnehmers verbessert, aber nicht ersetzt. VPS-Verlag 17
18 Versicherungslösungen Anforderung an die Schriftlichkeit I Ø Handschriftlich unterzeichnete vertragliche Vereinbarung Ø Verweis auf Reglemente nur ausreichend, wenn im Arbeitsvertrag ein klarer Hinweis auf die abweichenden Vereinbarungen im Reglement besteht und Ø das Reglement dem Arbeitnehmer abgegeben wird. Ø Verweis auf Versicherungsbedingungen unzureichend! Ø Nennung der Eckwerte der Versicherungslösung VPS-Verlag 18
19 Versicherungslösungen Anforderung an die Schriftlichkeit II Wieso Eckwerte? Prüfung Gleichwertigkeit Mindestens zu nennen: ü Gedecktes Risiko ü Dauer und Höhe Versicherungsleistung ü Wartefrist (Dauer und Höhe Lohn) ü Karenztage ü Prämientragung VPS-Verlag 19
20 Versicherungslösungen Gleichwertigkeit Viele Unklarheiten Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Einzelfallbeurteilung Prämienteilung zulässig, max. 50 % zulasten Arbeitnehmer (h.l.) Leistungsdauer 720/730 Tage innerhalb 900 Tagen (h.l.) Lohnhöhe 80 % (h.l.) Leistungspflicht Versicherung über Beendigung AV hinaus Maximal drei Karenztage (Vorsicht, umstritten!) Keine Belastung von fiktiven Prämien Keine Vorbehalte und Leistungsausschlüsse VPS-Verlag 20
21 Take Away Versicherungslösung Ø Ersatzlösung ja, wenn sorgfältige Vertragsredaktion unter Berücksichtigung von: ü ü Schriftlichkeit (Unterschriftlichkeit) Gleichwertigkeit Ø Vorsicht mit Verweisen auf Reglemente Ø Keine Verweise auf Versicherungsbedingungen Ø Ansonsten Interpretation als Ergänzungslösung (mit u.u. einschneidenden finanziellen Folgen). VPS-Verlag 21
22 Praktisches Vorgehen Drei Varianten: 1. Gesetzliche Lösung ohne Versicherung gemäss Art. 324a OR 2. Reine Ersatzlösung mit Versicherung (Schriftlichkeit, Gleichwertigkeit) 3. Mischlösung = Art. 324a OR gilt als Minimalanspruch, on top aber die Versicherung zugunsten Arbeitnehmer Immer zuerst bestimmen, mit welcher Variante man es zu tun hat, erst danach Ansprüche bestimmbar VPS-Verlag 22
23 Ausgewählte Fragen VPS-Verlag 23
24 Versicherung bezahlt nicht Ø Bei Ersatzlösungen: AN kann nicht auf AG zurückgreifen Ø Bei Ergänzungslösungen: AG hat Lohnfortzahlung aus eigener Tasche zu finanzieren (vorausgesetzt, Versicherung verweigert die Leistung zu Unrecht bzw. aufgrund eines Vorbehalts/ Leistungsausschlusses. Bei fehlenden Anspruchsvoraussetzungen kein Lohnfortzahlungsganspruch) VPS-Verlag 24
25 Versicherung bezahlt nicht Ø Bei Ergänzungslösungen UND Dienstjahreswechsel während andauernder Arbeitsunfähigkeit UND bestehendem Arbeitsverhältnis: Wiederaufleben des gesetzlichen Lohnfortzahlungspanspruch gemäss Art. 324a OR pro Dienstjahr! Lohn 100 % Lohnfortzahlung beschränkte Zeit gemäss Skala 100 % Keine Lohnfortzahlung Erneute Lohnfortzahlung beschränkte Zeit gemäss Skala 100 % Arbeitsunfähigkeit Arbeitsunfähigkeit Neues Dienstjahr VPS-Verlag 25
26 KVG und VVG Versicherungen Ø Ø Ø Krankentaggeldversicherungen können nach KVG oder nach VVG abgeschlossen werden grosse Unterschiede! VVG-Versicherungen flexibler, günstiger und viel beliebter Immer Rechtsgrundlage prüfen VPS-Verlag 26
27 Vertragliche Anpassungsklauseln? Problem: Wechsel der Taggeldversicherung neue Bedingungen Vertragsänderung? Erfordernis der Änderungskündigung Vorsicht Massenentlassung, Vorsicht Mitwirkungsrechte (Art. 10 lit. b Mitwirkungsgesetz) Einseitige Vertragsanpassungsklausel im EAV zulässig? VPS-Verlag 27
28 Vertragliche Anpassungsklauseln? BGE 135 III 1, E.2.5: Anpassungsklauseln sind nur gültig, wenn sowohl das erwartete Ereignis als auch der Umfang der Anpassung vertraglich bestimmt werden; denn ein Vertrag kommt nur zustande, wenn Leistungsinhalte sowie -umfang mindestens bestimmbar sind und so auch erfüllt werden können. VPS-Verlag 28
29 Bitte nicht... Ø Bitte nicht... Zusicherung abgeben im Stil von Im Krankheitsfall wird der Lohn in der Höhe von 80 % für die Dauer von 720 Tage ausgerichtet Ø Bitte nicht... in den Austrittsinformationen Leistungen (der Versicherung) versprechen VPS-Verlag 29
30 Achtung Gesamtarbeitsvertrag Ø Untersteht die Branche einem Gesamtarbeitsvertrag? Ø Vorschriften zu Lohnfortzahlung beachten! Ø Oft besteht Versicherungspflicht! Ø Bei Nicht-Versicherung muss Arbeitgeber Versicherungsleistungen aus eigener Tasche bezahlen! VPS-Verlag 30
31 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! RA lic.iur. HSG Astrid Lienhart Fachanwältin SAV Arbeitsrecht Rechtskraft Advokatur & Business Coaching Badenerstrasse Zürich VPS-Verlag 31
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