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Otto Baum
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1 Wettbewerbskommission WEKO Commission de la concurence COMCO Commissione della concorrenza COMCO Swiss Competition Commission COMCO Aktuelle Herausforderungen in Recht und Praxis des Wettbewerbs Prof. Dr. Vincent Martenet, Präsident der WEKO Universität Bern Studienvereinigung Kartellrecht E.V. 21. Juni 2013

2 Übersicht I. Kooperationsabkommen CH-EU II. KG-Revision III. Abreden IV. Missbrauch von Marktbeherrschung V. Zusammenschlusskontrolle VI. Kartellzivilrecht 2

3 I. Kooperationsabkommen / 1 Formeller Verhandlungsabschluss im April 2012 Interne Konsultationen in CH/EU Unterschrift erfolgt am 17. Mai 2013 Botschaft BR verabschiedet am 22. Mai 2013 Bevorstehend: Genehmigungs- und Ratifikationsverfahren in CH/EU 3

4 I. Kooperationsabkommen / 2 Zweckbestimmung/Definitionen (Art. I/II) Gegenseitige Zustellungen (Art. III) Koordination von Verfahren (Art. IV) Negative/Positive Comity (Art. V/VI) Austausch sch von Informationen (Art. VII) Verwendung und Schutz ausgetauschter Informationen (Art. VIII-X) Konsultationen/Kommunikation (Art. XI/XII) 4

5 I. Kooperationsabkommen / 3 Zustellung Dokumente mit Zustimmung Ohne Zustimmung, Zustellung nur auf Gesuch hin bei gleichem Untersuchungsgegenstand Inhalt des Gesuchs vorgegeben (Art. VII Abs. 4 lit. b) Angefragte Behörde entscheidet über Zustellung Keine Pflicht zum Informationsaustausch Kein Informationsaustausch bei Bonusmeldung/einv. Regelung (Zustimmung) Verletzung von Verfahrensrechten 5

6 I. Kooperationsabkommen / 4 Verwendung ausgetauschter Informationen (Art. VIII) Nur zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts Bei Art. VII nur bei gleichem Untersuchungsgegenstand Bei Art. VII Abs. 4 nur gemäss Gesuch Keine Verwendung in Strafverfahren Behörde kann Verwendung zusätzlich regeln Schutz der Informationen (Art. IX) Grundsätzlich vertrauliche Behandlung Herausgabe nur in vier Konstellationen (Art. VIII Abs. 1 lit. a-d) Information nationaler Behörden und ESA (Art. X) 6

7 I. Kooperationsabkommen / 5 Regelt nicht die Kooperation mit Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten Kein Rechtshilfeabkommen bzw. keine Vornahme von Ermittlungshandlungen durch die jeweils andere Wettbewerbsbehörde Keine Harmonisierung des materiellen Rechts bzw. kein acquis communautaire Keine gemeinsamen Institutionen 7

8 II. KG-Revision / 1 Institutionelles Setting Lage in Europa Administrativmodell (unabhängige Behörde mit Entscheidkompetenz) EFTA-Mitgliedstaaten mit Wettbewerbsbehörden (Island, Norwegen und Schweiz) EU + etwa 3/4 der EU-Mitgliedstaaten Trend: Administrativmodell Administrativmodell (EMRK-kompatibel) Bundesverwaltungsgericht: Entscheid Publigroupe, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Entscheid Menarini, EFTA-Gerichtshof: Entscheid Posten Norge AS, Bundesgericht: Entscheid Publigroupe,

9 II. KG-Revision / 2 Entscheid des Ständerats: Entscheidgremium: 5 unabhängige Mitglieder Revision von Art. 23 Abs. 1 KG Falls vom Nationalrat gewünscht: stärkere Trennung Sekretariat/Kommission Viele Anpassungen bereits infolge der KG-Evaluation Mögliche KG-Änderungen: Eröffnung einer Untersuchung, Hausdurchsuchungen und schriftliche Umsetzung der Kommissionsentscheide Aber: keine absolute Trennung z.b. Bestätigung gemäss Art. 8 Abs. 3 SVKG (vollständiger Erlass einer Sanktion) 9

10 II. KG-Revision / 3 Unzulässige Wettbewerbsabreden (neuer Art. 5 KG gemäss Entscheid des Ständerats) Verbot von nur 5 Typen von Abreden Rechtfertigungsmöglichkeit Differenzierte Behandlung von horizontalen und vertikalen Abreden Verordnung und Praxis Neuer Art. 27 Abs. 1 bis KG ( vernachlässigbarer Einfluss auf den Wettbewerb ) Beweislastverteilung: Behörde weist Abrede nach (und bei Abs. 1 zudem Erheblichkeit) Unternehmen machen die Rechtfertigungsgründe geltend und tragen die Folgen der Beweislosigkeit 10

11 II. KG-Revision / 4 Unternehmenszusammenschlüsse SIEC-Test Standard in Europa Kommt auch in Deutschland (8. GWB-Novelle) OECD Studie, Auch im Interesse der betroffenen Unternehmen 11

12 II. KG-Revision / 5 Unzulässige Behinderung des Einkaufs im Ausland (neuer Art. 7a KG gemäss Entscheid des Ständerats) Votum Hans Hess (AB 2013 S. 341): Wenn ein Unternehmen auf die Lieferung angewiesen ist, ist es vom Lieferanten abhängig. Zu denken ist an Software, Originalersatzteile oder Wartung. In solchen Fällen ist der Anbieter marktbeherrschend. Viel Verständnis für die Problematik Hochpreisinsel Schweiz / vertiefte Prüfung aber nötig: Anwendungsherausforderungen Risiko einer Instrumentalisierung der Behörde Symbolgesetzgebung unbedingt vermeiden 12

13 III. Abreden / 1 Prioritäten der WEKO Zwei Beispiele: Spediteure + IFPI Spediteure hatten sich 2003 bis 2007 betreffend bestimmten Gebühren und Zuschlägen bei der Luftfrachtspedition abgesprochen Unzulässige horizontale Preisabrede Abschluss einer einvernehmlichen Regelung; Sanktionen von insgesamt CHF 6.2 Mio. (rechtskräftig) 13

14 III. Abreden / 2 Spediteure Erkenntnisse: Internationales Kartell mit Auswirkungen in der Schweiz Unternehmen wurden auch in anderen Ländern sanktioniert EU-Abkommen wäre hilfreichi h gewesen 14

15 III. Abreden / 3 IFPI Schweiz, Dachverband der Ton- und Tonbildträgerhersteller (z.b. CDs) Aufnahme in Verband nur bei Unterzeichnung Verpflichtung, keine Parallelimporte zu tätigen Unzulässige horizontale Abrede mit Gebietsabschottung b tt Sanktion gegen die Mitglieder von IFPI Schweiz CHF 3.5 Mio. (rechtskräftig, einvernehmliche Regelung) 15

16 III. Abreden / 4 IFPI Schweiz Erkenntnisse: Behinderung von Parallelimporten auch mittels Horizontalabrede möglich Händler dürfen nicht untereinander vereinbaren, wo sie ihre Produkte beziehen Einvernehmliche h Regelung führte zu raschem Verfahrensabschluss und Akzept Entscheid/ Verzicht auf Beschwerde 16

17 III. Abreden / 5 Aktuellste Beispiele 2013: Grosshändler von französischsprachigen Büchern Marktabschottungsfall (Verbot von Passivverkäufen) Gewährleistung von offenen und freien Märkten Strassen- und Tiefbau im Kanton Zürich Horizontale harte Abreden Rz. 12: Solange ARGE gebildet werden, weil die ARGE-Partner ein bestimmtes Projekt nur gemeinsam realisieren können, ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nichts dagegen einzuwenden; im Gegenteil, erhöht sich dadurch doch der Wettbewerb um einen andernfalls nicht bestehenden Konkurrenten. 17

18 IV. Missbrauch von Marktbeherrschung Publigroupe Entscheid des Bundesgerichts Bundesgericht bestätigt Entscheid der WEKO Marktabgrenzung Marktbeherrschung Publigroupe Missbrauch der Marktbeherrschung Sanktionsbemessung Entscheid der WEKO (Sanktion CHF 2.5 Mio) damit rechtskräftig. 18

19 V. Zusammenschlusskontrolle Wer ist zuständig bei Fusionen zum Gläubigerschutz? Meldepflichtiger Zusammenschluss/Art. 9 KG stets Wettbewerbsbehörden zu melden Meldung bei der FINMA entbindet nicht von dieser Pflicht Information der FINMA (Art. 10 VKU) FINMA kann materielle Prüfung an sich ziehen; diesfalls Konsultationspflicht (FINMA lädt WEKO zur Stellungnahme ein) Interessen sowohl des Gläubigerschutzes als auch des wirksamen Wettbewerbs sind Rechnung zu tragen Fall Wegelin bringt Klärung (RPW 2012/1, 7) 19

20 VI. Kartellzivilrecht Entscheid des Bundesgerichts im Fall Etivaz, 4A_449/2012 (23. Mai 2013, BGE-Publikation) Geschützte Ursprungsbezeichnung: Erw. 5.5: Dans la délimitation du marché matériellement déterminant, il s'impose de prendre en considération la nature de l'appellation d'origine protégée, soit un instrument de la lutte économique entre concurrents, créé, géré et soutenu par la Confédération dans le but de stimuler l'écoulement de produits agricoles. Là où un concurrent se prétend illicitement empêché d'accéder à une appellation, le marché déterminant est nécessairement restreint à celui, réel ou supposé, de l'appellation en cause. (offizielle Website von Schweiz Tourismus): Etivaz, der kleine Bruder des weltberühmten Gruyères. 20

21 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 21

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