Grundlagen der Leichten Sprache
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- Ferdinand Glöckner
- vor 5 Jahren
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1 Grundlagen der Leichten Sprache Mirka Schulz
2 2 Inhalt 1. Zielgruppen der Leichten Sprache Leichte Sprache, Leicht Lesen, Einfache Sprache Wörter Zahlen und Zeichen Sätze Texte Die Gestaltung Prüfen von Texten Gespräche, Vorträge, Seminare in Leichter Sprache Ursprünge und Entwicklung der Leichten Sprache... 13
3 3 1. Zielgruppen der Leichten Sprache Jeder Mensch versteht Texte in Leichter Sprache besser. Aber für einige Menschen ist die Leichte Sprache besonders wichtig. Zum Beispiel für: Menschen mit Lernschwierigkeiten Menschen, deren Muttersprache nicht die deutsche Sprache ist Menschen, die einen Schlaganfall hatten Menschen, deren Muttersprache die Gebärdensprache ist 2. Leichte Sprache, Leicht Lesen, Einfache Sprache Leichte Sprache Die folgenden Regeln für Leichte Sprache sind vom Netzwerk Leichte Sprache. Die Regeln der Leichten Sprache richten sich insbesondere an Menschen mit Lernschwierigkeiten. Möglichst viele Menschen sollen die Texte gut verstehen können. Hier finden Sie die Regeln der Leichten Sprache im Internet: LL Leicht Lesen LL ist die Abkürzung für Leicht Lesen. Leicht Lesen-Regeln wurden in Österreich zusammengefasst. Die Regeln für Leicht Lesen ähneln in weiten Teilen den Regeln der Leichten Sprache. Sie sind manchmal etwas weniger stark vereinfacht und legen Wert auf eine Orientierung an die jeweilige Zielgruppe. Auch hier prüfen Menschen mit Lernschwierigkeiten die Texte Hier finden Sie weitere Infos zum Thema Leicht Lesen: Signet von Inclusion Europe für Texte Einfache Sprache Vereinfachte Sprache, mit weniger strengen Regeln.
4 4 3. Wörter Kurze Wörter Omnibus Bus Einfache Wörter Dieses Gesetz gilt für alle Menschen. Dieses Gesetz ist für alle Menschen. Lange Wörter trennen Bundesgleichstellungsgesetz Bundes-Gleichstellungs-Gesetz Bekannte Wörter Workshop Arbeits-Gruppe Keine Abkürzungen d.h. das heißt Gleiche Wörter für gleiche Dinge Zum Beispiel: Wechseln Sie nicht zwischen Pille und Tablette. Schwere Wörter erklären Schwere Wörter ankündigen am Textende ein Wörterbuch machen Zum Beispiel: Herr Meier hatte einen schweren Unfall. Jetzt lernt er einen anderen Beruf. Das schwere Wort ist: Berufliche Rehabilitation. Verben benutzen Morgen ist die Wahl zum Heim-Beirat. Morgen wählen wir den Heim-Beirat. Aktive Wörter benutzen Morgen wird der Heim-Beirat gewählt. Morgen wählen wir den Heim-Beirat.
5 5 Genitiv vermeiden Dativ verwenden Das Haus des Lehrers. Des Lehrers Haus. Das Haus von dem Lehrer. Das Haus vom Lehrer. Konjunktiv vermeiden hätte, könnte, müsste, sollte, wäre, würde Morgen könnte es regnen. Morgen regnet es vielleicht. Negative Sprache vermeiden Positive Sprache verwenden Peter ist nicht krank. Peter ist gesund. Vorsicht mit bildlicher Sprache. Zum Beispiel: Das Wort Raben-Eltern ist bildliche Sprache. Raben-Eltern sind aber nicht die Eltern von Raben-Küken. 4. Zahlen und Zeichen Arabische Zahlen verwenden IX 9 Hohe Zahlen vermeiden Vergleiche sind gut Menschen Viele Menschen Prozent-Zahlen vermeiden Vergleiche sind gut. 14 % Einige oder wenige Alte Jahres-Zahlen vermeiden Vergleiche sind gut Vor langer Zeit
6 6 Fragen Sie die Prüfer und Prüferinnen: Wie sollen Sie Zahlen schreiben? Meistens sind Ziffern leichter als Worte. eine Orange oder 1 Orange. fünf Frauen oder 5 Frauen. erstens oder 1. Fragen Sie die Prüfer und Prüferinnen: Wie sollen Sie ein Datum schreiben? 23. Oktober 2008 oder Fragen Sie die Prüfer und Prüferinnen: Wie sollen Sie Uhr-Zeiten schreiben? Uhr oder 11:00 Uhr oder 11 Uhr Uhr oder 11 Uhr 45 oder 11 Uhr 45 Minuten 6 Uhr abends oder Uhr Fragen Sie die Prüfer und Prüferinnen: Wie sollen Sie Zeit-Angaben schreiben? Am Ende vom Monat Am 31. Dezember Zum Monats-Ende Telefon-Nummern mit Leer-Zeichen und ohne Sonderzeichen. Tel.: (05544) Telefon: Sonder-Zeichen vermeiden Wenn Sie ein Sonder-Zeichen benutzen, dann erklären Sie das Zeichen. Sie können auch das Wort und das Zeichen schreiben: Paragraf 1 (zu den Anführungszeichen gibt es verschiedene Meinungen die Regeln von Leicht Lesen erlauben Anführungszeichen) % ; & ()
7 7 5. Sätze Nur eine Aussage pro Satz. Wenn Sie mir sagen, was Sie wünschen, kann ich Ihnen helfen. Ich kann Ihnen helfen. Bitte sagen Sie mir: Was wünschen Sie? Ein Satz kann auch mit: Oder, Wenn, Weil, Und beginnen. Beispiel: Bitte rufen Sie mich an. Oder schreiben Sie mir. 6. Texte Leser und Leserinnen persönlich ansprechen. Morgen ist die Wahl. Sie dürfen morgen wählen. Leser und Leserinnen mit Anrede Sie ansprechen Ausnahmen: - Kinder - Sie kennen die Leser und Leserinnen persönlich - Sie sagen auch sonst du. Fragen im Text vermeiden Fragen als Überschrift sind gut Manche Menschen: - fühlen sich dadurch belehrt, - denken, sie müssen darauf antworten Quer-Verweise vermeiden Wenn Sie doch einen Quer-Verweis machen: Heben Sie ihn gut hervor. Erklären Sie ihn genau. (siehe: Kapitel 13) In Kapitel 13 finden Sie mehr dazu.
8 8 Sie dürfen einen Text beim Übersetzen in Leichte Sprache verändern. Inhalt und Sinn müssen aber stimmen. Zum Beispiel dürfen Sie: Erklärungen oder Hinweise schreiben. Reihenfolge und Aussehen ändern. Text-Teile weg lassen 7. Die Gestaltung Für jeden neuen Satz eine neue Zeile. Das Spiel ist ab Uhr und geht bis Uhr. Die Halle öffnet um 16.00Uhr Die Halle öffnet um Uhr. Das Spiel ist ab Uhr. Es geht bis Uhr. Keine Wörter am Ende einer Zeile trennen Der letzte Urlaub auf Mallorca war ein Erlebnis. Der letzte Urlaub auf Mallorca war ein Erlebnis. Den Satz zusammen Wenn der Satz nicht mehr auf die Seite passt, den Satz auf die nächste Seite. Viele Absätze machen Im Winter fällt Schnee. Und es ist kalt. Im Sommer scheint die Sonne. Dann ist es wärmer. Winter Im Winter fällt Schnee. Und es ist kalt. Sommer Im Sommer scheint die Sonne. Dann ist es wärmer.
9 9 Die Adresse wie auf einem Brief Tanja Muster Alte Mustergasse Musterstadt Musterland Große Schrift verwenden Schrift-Größe 14 oder größer. Dieser Satz hat Schrift-Größe 14. Größerer Zeilenabstand Dieser Satz hat einen Zeilen-Abstand von 1. Man sagt auch: Einfacher Zeilen-Abstand. Das ist sehr eng. Dieser Satz hat einen Zeilen-Abstand von 1,5. Man sagt auch: Eineinhalbfacher Zeilen-Abstand. Das ist besser. Einfache und gerade Schrift verwenden. Time New Roman David Brush Script Arial Lucida Sans Unicode Tahoma Verdana Century Gothic Am besten nur eine Schrift-Art verwenden Zu viele Schrift-Arten verwirren. Linksbündig schreiben Dieser Text ist ein Beispiel für linksbündig. Das bedeutet: auf der linken Seite ist der Rand gerade.
10 10 Wichtige Sachen hervorheben BLOCKSCHRIF Kursive oder schräg gestellte Schrift Gute Beispiele: Aufzählungs-Punkte Fett-Druck Andere Schrift-Farbe Wichtige Sachen mit Farbe hinterlegen. Man soll die Schrift aber gut lesen können. Um wichtige Sachen einen Rahmen machen Dieser Satz hat einen Rahmen. Wenig unterstreichen Das können viele Menschen nicht so gut lesen. Denn der Text schmilzt dann zusammen und das macht das Lesen schwerer. Dunkle Schrift und helles Papier benutzen Das können die meisten Menschen am besten lesen. Dickes Papier benutzen Stärke von 80 Gramm oder mehr. Bei dünnem Papier kann die Schrift durchdrucken. Mattes Papier benutzen Glänzendes Papier spiegelt. Das macht das Lesen schwer. Bilder benutzen Bilder helfen Texte zu verstehen. Die Bilder müssen zum Text passen.
11 11 Scharfe und klare Bilder verwenden Man muss die Bilder nach dem Kopieren gut erkennen Bilder nicht als Hintergrund. Das macht das Lesen schwer. 8. Prüfen von Texten Zum Beispiel: Ist der Text für Menschen mit Lernschwierigkeiten? Dann lassen Sie den Text von Menschen mit Lernschwierigkeiten prüfen. Menschen mit Lernschwierigkeiten sind dann die Experten im Verstehen. Sie sind die Prüferinnen und Prüfer für die Leichte Sprache. Verstehen die Prüferinnen und Prüfer den Text? Dann ist der Text gut. Verstehen die Prüferinnen und Prüfer etwas nicht? Dann ist der Text nicht gut. 9. Gespräche, Vorträge, Seminare in Leichter Sprache Alle Regeln der Leichten Sprache treffen auch auf das Sprechen zu. Zum Beispiel: Nur einen Gedanken pro Satz Einfache und bekannte Worte benutzen Inhalte wiederholen Unterstützung durch Abbildungen Außerdem: Langsam und deutlich sprechen Kontrolle über Blickkontakt Zeit geben für Nachfragen/Antworten Schwere Wörter im Vorfeld erklären
12 12 Das Gegenüber bitten, das Verstandene zusammenzufassen Vorsicht: Vermitteln Sie nicht den Eindruck von Kontrolle oder Test. Wenn etwas nicht verstanden wurde, sich den Ball selbst zuspielen: "dann habe ich das nicht gut genug erklärt..." Bei Vorträgen und größeren Gruppen Klären Sie die Rahmenbedingungen im Vorfeld (Dauer des Vortrages, Pausen). Verteilen Sie rote Karten, und bitten Sie um das Hochheben der roten Karten, wenn der Text zu schwierig ist oder aus anderen Gründen nicht verstanden werden kann. Verteilen Sie Schulungsunterlagen in Leichter Sprache wenn möglich schon vorher. Gliedern Sie den Vortrag gut und geben Sie am Anfang eine Übersicht. Am Ende die wichtigsten Punkte noch einmal zusammenfassen. Unterstützen Sie den Vortrag mit Bildern. Verwenden Sie bei einer Powerpoint-Präsentation nur 3 (max. 5) Punkte/Stichworte pro Folie.
13 Ursprünge und Entwicklung der Leichten Sprache 1994 Fachtag der Lebenshilfe mit der Feststellung/Forderung: Es muss leichte Sprache geben! 1995 Erstes Buch in leichter Sprache: Wir vertreten uns selbst. Buch für Selbsthilfegruppen von Menschen mit Behinderungen Modellprojekt Wir vertreten uns selbst Mensch zuerst, Netzwerk People First Deutschland e.v Unter-Gruppe von Inclusion Europe Erste deutsche Regeln für Leichte Sprache 2001 Gründung: Mensch zuerst-netzwerk People First in Deutschland e.v. Einige Ziele des Vereins: gerechter Arbeitslohn, selbstbestimmtes Wohnen, die Verwendung von leichter Sprache Büro für Leichte Sprache, Lebenshilfe Bremen Übersetzungen,Schulungen, Vorträge, Bilder 2006 Gründung Netzwerk Leichte Sprache Ziel: Vereinfachung von schweren Texten Mitglieder aus Deutschland und Österreich Entwicklung der Regeln für Leichte Sprache September 2009 Übergabe einer Petition mit Unterschriften an den Deutschen Bundestages Forderung: Recht auf Leichte Sprache! 2010 Studie leo. Level-One Ziel: Untersuchen des Analphabetismus unter der erwerbsfähigen Bevölkerung (18-64 Jahre) Ergebnis: 14% (7,5 Millionen Menschen) sind funktionale Analphabeten Konsequenz: Im Oktober 2012 hat der Bundestag entschieden, dass es ein Recht auf Leichte Sprache geben soll. Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) Regelt die Verwendung von Leichter Sprache in Webauftritten von Bundesbehörden
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