Von der Idee zum Studiendesign
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- Elvira Knopp
- vor 8 Jahren
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1 Medizinische Fakultät, Bereich Allgemeinmedizin/Medizinische Klinik 3, Prof. Dr. Antje Bergmann Von der Idee zum Studiendesign Karen Voigt Bereich Allgemeinmedizin/Medizinische Klinik 3, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
2 Am Anfang steht eine Idee (oder mehrere) von beobachteten Ereignissen und vermuteten Zusammenhängen: subjektives geistiges Konstrukt, Konzept zu überprüfende Annahmen, Fragen Das Staunen ist der Köder, der Zweifel ist die grundlegende Methode der Wissenschaft. (Karl Popper 2005 [11. Aufl.])
3 Am Anfang steht eine Idee Kommunikation im eigenen Arbeitsteam und mit vertrauenswürdigen Externen: wie denken andere darüber, welche Lösungswege sehen sie? Wer bearbeitet ebenfalls dieses Thema? Möglichkeiten zur Kooperation? Ziel: Konkretisierung der zu untersuchenden Fragestellungen/Hypothesen und Eingrenzung des Kontext bzw. Präzision der Problemformulierung (Bortz/Döring 2006)
4 Forschungsfrage(n) präzisieren Forschungsthema erkannte(s) Problem(e) bisherige Forschung/ Erkenntnis Forschungslücke(n) Fragestellung(en) (nach Scherer 2010, Vortrag Lübeck)
5 Am Anfang steht eine Idee Who cares? interessierte Zielgruppen, wissenschaftliche Bedeutung/Tragweite? Innovativ? wenig untersuchtes Thema bzw. unerforschte Teilaspekte? Vermeidung von Me-too-Forschung! Empirische Untersuchbarkeit? Thema empirisch in konkreten Rahmenbedingungen erhebbar? Ressourcen? Zeit, Personal und Geld bzw. potentielle Finanzierungsmöglichkeiten? Permanent! Ideen in Frage stellen Kreativität braucht Dissenskultur! (Claes, Mutschler, Neugebauer 2011, S. 12)
6 Forschungsfrage gefunden, wie weiter? Idee Sammeln von Informationen und Literatur, weitere Vorarbeiten j a Diskussion der Idee Idee zurückstellen? nein Idee weiterverfolgen? Ethikantrag nein ja Tierversuchsantrag Ende Projektskizze ausarbeiten und ggf. Anträge stellen Projektskizze 2 1. Abb. 1.1 Flussdiagramm der Projektplanung (Claes, Mutschler, Neugebauer 2011)
7 (Vor-) Überlegungen zur Methodik Versorgungsforschung greift auf Theorien und Methoden der beteiligten Disziplinen ( ) zurück. Neben quantitativen Forschungsmethoden sind ebenso qualitative Ansätze relevant. Pfaff et al. 2009: Memorandum III (Teil 1), S. 507 Grundsatz: Die Fragestellung bestimmt die Methode, nicht umgekehrt. Zitiert in Neugebauer 2011, Kap. 7/Einführung S. 266 in: Pfaff et al. Lehrbuch Versorgungsforschung
8 (Vor-) Überlegungen zur Methodik Wissenschaftstheoretische Überlegungen* Wissenschaftsverständnis Datenmaterial Quantitative Forschung Deduktion (Ableitung): vom Allgemeinen zum Besonderen Erklären Qualitative Forschung Induktion (abstrahierender Schluss): vom Besonderen zum Allgemeinen Verstehen Quantitative Methoden Qualitative Methoden Numerisch beschriebene Erfahrungsrealität Erkenntnismethoden Forschungsmethoden Verbalisierte/nichtnumerische Erfahrungsrealität (* vgl. Bortz/Döring 2006, Schurz 2006)
9 Überlegungen zur Methodik Studiendesign (Gesamtheit der Vorgehensweisen im Rahmen einer Studie): experimentelle oder beobachtende Primärforschung oder Sekundärforschung Forschungsansätze zur Generierung von Daten: quantitativ qualitativ mixed-methods Erhebungsmethoden: Befragung Beobachtung nonreaktive Verfahren
10 Überlegungen zur Methodik Studiendesigns in der Medizinischen Forschung Dieses Schema zielt auf eine möglichst klare Einteilung von Studientypen ab. Auf die Nennung der klinischen Epidemiologie, einem Fach im Grenzbereich zwischen klinischer und epidemiologischer Forschung wurde zugunsten der Übersichtlichkeit bewusst verzichtet (3). Die Studientypen aus diesem Bereich können aber den Bereichen Klinische Forschung und Epidemiologie entnommen werden. Einteilung verschiedener Studientypen *1 häufig synonym verwendet: Experimentelle Forschung; *2 analoger Begriff: interventionell; *3 analoger Begriff: nicht interventionell/nicht experimentell (Quelle: Röhrig et al. 2009)
11 Überlegungen zur Methodik Studiendesigns in der Medizinischen Forschung Dieses Schema zielt auf eine möglichst klare Einteilung von Studientypen ab. Auf die Nennung der klinischen Epidemiologie, einem Fach im Grenzbereich zwischen klinischer und epidemiologischer Forschung wurde zugunsten der Übersichtlichkeit bewusst verzichtet (3). Die Studientypen aus diesem Bereich können aber den Bereichen Klinische Forschung und Epidemiologie entnommen werden. Einteilung verschiedener Studientypen *1 häufig synonym verwendet: Experimentelle Forschung; *2 analoger Begriff: interventionell; *3 analoger Begriff: nicht interventionell/nicht experimentell (Quelle: Röhrig et al. 2009)
12 Von der Idee zum Studiendesigns 1. Idee: Ärztliches Verordnungsverhalten potentiell inadäquater Medikationen (PIM) bei älteren Patienten Ausmaß: welche Medikamente wie häufig? zugrundeliegendes Entscheidungsverhalten bei Medikation: Verschreibungsmotive PIM? Hintergrundwissen Seit 2010 PRISCUS-Liste ( systematische Zusammenstellung von PIM (83 Wirkstoffe) für Patienten 65 Jahre/Deutschland) Welche Methodik?
13 Von der Idee zum Studiendesigns 1. Idee: Ärztliches Verordnungsverhalten potentiell inadäquater Medikationen (PIM) bei älteren Patienten Ausmaß: welche PIM wie häufig? VO-Verhalten: Verschreibungsmotive PIM? Erkenntnismethode Setting Population Zeitraum mögliche Erhebungsmethoden Studientyp
14 Von der Idee zum Studiendesigns 1. Idee: Ärztliches Verordnungsverhalten potentiell inadäquater Medikationen (PIM) bei älteren Patienten Ausmaß: welche PIM wie häufig? VO-Verhalten: Verschreibungsmotive PIM? Erkenntnismethode Beschreiben (Erklären) Verstehen Setting stationär, ambulant? stationär, ambulant? Population Patienten 65 Jahre div. Fachärzte Zeitraum 12 Monate Aktuell mögliche Erhebungsmethoden Sekundäranalyse Abrechnungsdaten GKV, Krankenakten Qualitative Interviews (Einzel, Gruppe) Studientyp Querschnittstudie Fallanalysen
15 Von der Idee zum Studiendesigns 2. Idee: Inhalte und Organisation von Hausbesuchen im hausärztlichen Setting Inhalte: Beratungsanlässe, behandelte Diagnosen, durchgeführte Maßnahmen bei Routine- und akut angeforderten HB Organisation: wer macht was wann bei wem? Hintergrundwissen Strukturelle Rahmenbedingungen in Primärversorgung Keine Evidenz zu Inhalten von HB und aktuelles Delegationsausmaß Welche Methodik?
16 Von der Idee zum Studiendesigns 2. Idee: Inhalte und Organisation von Hausbesuchen im hausärztlichen Setting Erkenntnismethode Setting Population Zeitraum mögliche Erhebungsmethoden Studientyp Inhalte von HB Organisation: wer macht was wann bei wem?
17 Von der Idee zum Studiendesigns 2. Idee: Inhalte und Organisation von Hausbesuchen im hausärztlichen Setting Erkenntnismethode Setting Inhalte von HB Beschreiben (Erklären) Primärversorgung: Privathaushalte und/oder Pflegeheime Organisation: wer macht was wann bei wem? Beschreiben, Verstehen Primärversorgung: Privathaushalte und/oder Pflegeheime Population Hausbesuchspatienten Hausarztpraxenteams Zeitraum 12 Monate aktuell mögliche Erhebungsmethoden Sekundäranalyse Abrechnungsdaten, Primärdatenerhebung Dokumentation HB Qualitative Interviews (Einzel, Gruppe) Studientyp Querschnittstudie Fallanalysen
18 Von der Idee zum Studiendesigns 3. Idee: Wirksamkeit osteopathischer Therapie bei Migräne? verbessert zusätzliches (zur medikamentösen Standardbehandlung) Angebot von osteopathischer Therapie Schmerzintensität und Lebensqualität? Hintergrundwissen Prävalenz 15%, Lebensqualität/Arbeitsfähigkeit stark limitiert Therapie (gemäß LL der DGN 2008): medikamentöse Therapie bei akuter Migräne sowie prophylaktisch bei schwer beeinträchtigender Migräne begleitend nichtmedikamentöse Verfahren evidenzbasiert empfohlen: Verhaltenstherapie, Biofeedback, PMR, Akupunktur Keine Evidenz zur Wirksamkeit osteopathischer Therapie Welche Methodik?
19 Von der Idee zum Studiendesigns 3. Idee: Wirksamkeit osteopathischer Therapie bei Migräne? Erkenntnismethode Setting Population Zeitraum Wirksamkeit osteop. Therapie auf LQ und Schmerzintensität mögliche Erhebungsmethoden Studientyp
20 Von der Idee zum Studiendesigns 3. Idee: Wirksamkeit osteopathischer Therapie bei Migräne? Erkenntnismethode Setting Population Zeitraum mögliche Erhebungsmethoden Studientyp Wirksamkeit osteop. Therapie auf LQ und Schmerzintensität Beschreiben/Erklären osteopathische Versorgung Patienten mit Migräne mind Monate standardisierte Instrumente: VAS Schmerz, Schmerzfragebogen, SF-12, -36 (u.ä.) RCT (Fall-Kontroll-Vergleich)
21 Von der Idee zum Studiendesigns in Abhängigkeit von zu untersuchender Fragestellung/zu überprüfenden Hypothesen: potentielle mögliche Studiendesigns/Erhebungsmethoden kritisch abwägen, deren Vor- und Nachteile diskutieren (Quelle: Röhrig et al. 2009)
22 Studiendesign entschieden und nun? (Claes, Mutschler, Neugebauer 2011)
23 Take Home Messages Ideen kritisch hinterfragen, mit anderen diskutieren: Kreativität braucht Dissenskultur! prozessbegleitend Literaturrecherchen Die Fragestellung bestimmt die Methode, nicht umgekehrt. aber auch pragmatische Faktoren: Personal, Ressourcen, bereits vorliegende Datensätze (Register, Abrechnungsdaten, Populationsstudien) Während des gesamten Prozesses von Ideenfindung über Studiendesignplanung bis Erkenntnisgewinn kritisch bleiben: Erkenntnis der Realität ist grundsätzlich fehlbar (Fallibilistisches Erkenntnisprogramm/K. Popper)
24 Literatur Bortz J/Döring N. Forschungsmethoden und Evaluation. Heidelberg: 2006 (4. überarb. Aufl.) Claes L/Mutschler W/Neugebauer E. Projektplanung. In: dies. (Hg.). Von der Idee zur Publikation. Erfolgreiches wissenschaftliches Arbeiten in der medizinischen Forschung. Heidelberg: 2011 Donner-Banzhoff N/Bösner S. Innovationen verbreiten, optimieren und evaluieren. Ein Leitfaden zur interventionellen Versorgungsforschung. Heidelberg: 2013 Lamnek S. Qualitative Sozialforschung. Basel: 2010 (5. Aufl.) Pfaff H/Neugebauer EAM/Glaeske G/Schrappe M. Lehrbuch Versorgungsforschung. Stuttgart: 2011 Pfaff H/Glaeske G/Neugebauer EAM/Schrappe M. Memorandum III: Methoden für die Versorgungsforschung (Teil 1). Gesundheitswesen 2009; 71: Popper K. Logik der Forschung. Tübingen: 2005 (11. Aufl.) Röhrig B/du Prel J-P/Wachtlin D/Blettner M. Studientypen in der medizinischen Forschung. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(15): Schurz G. Einführung in die Wissenschaftstheorie. Darmstadt: 2006
25 Medizinische Fakultät, Bereich Allgemeinmedizin/Medizinische Klinik 3 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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