RECHTSGRUNDLAGE ZIELE HINTERGRUND
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- Curt Rothbauer
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1 DIE ERWEITERUNG DER EUROPÄISCHEN UNION Am 1. Juli 2013 trat Kroatien der Europäischen Union als 28. Mitgliedstaat bei. Der Beitritt Kroatiens, der auf den Beitritt Rumäniens und Bulgariens vom 1. Januar 2007 folgte, stellte die sechste Erweiterung der Union dar. Mit Montenegro, Serbien und der Türkei werden Verhandlungen geführt. Weitere Bewerberländer sind Albanien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, während Bosnien und Herzegowina sowie der Kosovo potenzielle Bewerberländer sind. RECHTSGRUNDLAGE In Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) ist festgelegt, welche Staaten einen Antrag auf Mitgliedschaft stellen können. In Artikel 2 EUV sind die Werte niedergelegt, auf denen sich die EU gründet. ZIELE Ziel der EU-Erweiterungspolitik ist es, die europäischen Länder in einem gemeinsamen politischen und wirtschaftlichen Projekt zu vereinen. Die Erweiterungen der Union gründen sich auf ihren Werten und unterliegen strengen Auflagen. Dadurch haben sie sich als eines der erfolgreichsten Instrumente zur Förderung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Reformen und zur Konsolidierung von Frieden, Stabilität und Demokratie auf dem gesamten Kontinent erwiesen. Die Erweiterungspolitik stärkt zudem die Präsenz der EU auf internationaler Ebene. HINTERGRUND A. Beitrittsbedingungen Jeder europäische Staat kann unter der Bedingung, dass er die gemeinsamen Werte der Mitgliedstaaten achtet und sich für deren Förderung einsetzt (Artikel 49 EUV), beantragen, Mitglied der Union zu werden. Die vom Europäischen Rat 1993 in Kopenhagen festgelegten Kopenhagener Kriterien sind für den Prozess der Integration in die EU für alle Bewerberländer und potenziellen Bewerberländer von grundlegender Bedeutung. Dazu gehören: die institutionelle Stabilität als Garantie für die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten; eine funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU standzuhalten; die Fähigkeit, die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu übernehmen und sich die Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion zu eigen zu machen und den die gemeinsamen Vorschriften, Normen und Maßnahmen umfassenden gemeinschaftlichen Besitzstand ( Acquis communautaire ) zu übernehmen. Kurzdarstellungen über die Europäische Union
2 Im Dezember 2006 stimmte der Europäische Rat einem neuen Erweiterungskonsens zu, der auf Konsolidierung, Konditionalität und Kommunikation und auf der Fähigkeit der EU zur Integration neuer Mitglieder beruht. B. Die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union: Institutionelle Bestimmungen Die einzelnen Erweiterungen waren ein wesentlicher Bestandteil der institutionellen Verhandlungen, die zur Verabschiedung des Vertrags von Lissabon führten. Die EU musste ihre Institutionen und Beschlussfassungsverfahren für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten anpassen und sicherstellen, dass die Erweiterung nicht zulasten einer effizienten, rechenschaftspflichtigen Politikgestaltung erfolgen würde. Mit dem Vertrag von Lissabon wurden tiefgreifende Änderungen an der Zusammensetzung und der Arbeit der wichtigsten EU-Institutionen vorgenommen. Mit einigen dieser Änderungen wurde dem Bedarf an einem nachhaltigen Regelungsrahmen entsprochen, damit nicht bei jeder neuen Erweiterung neue Änderungen vorgenommen werden müssen. C. Ablauf Ein Land, das der EU beitreten möchte, übermittelt dem Rat einen Antrag, der wiederum die Kommission um eine Stellungnahme ersucht. Das Europäische Parlament wird über den Antrag unterrichtet. Wenn die Stellungnahme der Kommission positiv ausfällt, kann der Europäische Rat einstimmig entscheiden, dem Land den Status eines Bewerberlandes zu gewähren. Im Anschluss an eine Empfehlung der Kommission entscheidet der Rat einstimmig darüber, ob Verhandlungen aufgenommen werden sollen. Die gesamten Rechtsvorschriften der EU der gemeinschaftliche Besitzstand sind in über 30 Kapitel unterteilt. Vor Beginn der eigentlichen Verhandlungen legt die Kommission einen Bericht über eine Vorprüfung ( Screening ) für jeden Bereich vor. Auf der Grundlage der Empfehlung der Kommission entscheidet der Rat einstimmig, ob das jeweils nächste Verhandlungskapitel eröffnet wird. Wenn der Fortschritt als zufriedenstellend eingestuft wird, kann die Kommission die vorläufige Schließung des Verhandlungskapitels empfehlen. Auch hierbei entscheidet der Rat einstimmig. Nach dem Abschluss der Verhandlungen über sämtliche Kapitel werden die Bedingungen einschließlich etwaiger Ausnahmeregelungen und Übergangsmaßnahmen in einen Beitrittsvertrag zwischen den EU-Mitgliedstaaten und dem Bewerberland aufgenommen. Erst, wenn das Parlament seine Zustimmung erteilt und der Rat ihn einstimmig gebilligt hat, kann der Beitrittsvertrag unterzeichnet werden. Anschließend wird er allen Vertragsstaaten in Übereinstimmung mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung vorgelegt (d. h. Ratifizierung durch das Parlament oder im Rahmen eines Referendums). BISHERIGE ERWEITERUNGEN Land Mitglied seit Besonderheiten Belgien Frankreich Deutschland Italien Luxemburg Niederlande Dänemark Irland Vereinigtes Königreich Ursprüngliche Unterzeichnerstaaten der Römischen Verträge von 1957 Kurzdarstellungen über die Europäische Union
3 Griechenland 1981 Portugal Spanien Österreich Finnland Schweden Zypern Tschechische Republik Estland Ungarn Lettland Litauen Malta Polen Slowakei Slowenien Bulgarien Rumänien Kroatien 2013 Mit dieser Erweiterung wurde die Demokratie in Griechenland gefestigt. Mit dieser Erweiterung wurde die Demokratie in Portugal und Spanien gefestigt. Diese Erweiterung sollte der Wiedervereinigung des Kontinents nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Zusammenbruch der Sowjetunion dienen; sie wurde im Dezember 1997 vom Europäischen Rat eingeleitet. Die Verhandlungen wurden auf der Grundlage eines einheitlichen Verhandlungsrahmens mit jedem Land getrennt geführt. Aufgrund der Geschwindigkeit ihres Reformprozesses konnten Bulgarien und Rumänien 2004 noch nicht beitreten. Mit einem Kooperations- und Überprüfungsmechanismus für Schlüsselbereiche (Reform des Justizwesens, Korruptionsbekämpfung und im Fall Bulgariens Bekämpfung des organisierten Verbrechens) werden die Fortschritte in diesen Bereichen auch nach dem Beitritt überwacht. Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien unterlagen den strengeren Bedingungen, welche im Dezember 2006 mit dem neuen Erweiterungskonsens des Europäischen Rates eingeführt wurden. KÜNFTIGE ERWEITERUNGEN A. Westlicher Balkan Die Beziehungen zu den Ländern des westlichen Balkans fallen in den Rahmen des 1999 eingeleiteten Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses, der sich auf bilaterale Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen gründet. Der EU-Beitritt Kroatiens am 1. Juli 2013 stellt einen wichtigen Anreiz für andere Länder der Region dar. Aufbauend auf der Erfahrung mit Kroatien schlug die Kommission in ihrer Erweiterungsstrategie weitere Verbesserungen ihres Verhandlungsansatzes vor; unter anderem schlug sie vor, den Schwerpunkt vermehrt auf Fragen der Rechtsstaatlichkeit zu legen. Dies bedeutet, dass die Verhandlungskapitel über Judikative und Grundrechte (Kapitel 23) und über Justiz, Freiheit und Sicherheit (Kapitel 24) in allen künftigen Verhandlungen bereits in einem frühen Stadium behandelt werden. Im Einklang mit diesem neuen Ansatz hatte die Eröffnung der Kapitel 23 und 24 im Rahmen der Verhandlungen mit Montenegro und im Anschluss daran mit Serbien oberste Priorität. Beide Kapitel sowie weitere Kapitel wurden im Rahmen der Verhandlungen mit Montenegro am 18. Dezember 2013 eröffnet. Nachdem die Verhandlungen mit Serbien am 21. Januar Kurzdarstellungen über die Europäische Union
4 2014 offiziell eröffnet worden waren, wurden die Kapitel 23 und 24 am 18. Juli 2016 eröffnet. Im Februar 2018 veröffentlichte die Kommission eine neue Westbalkan-Strategie, die besagt, dass Montenegro und Serbien als Vorreiter der EU bis 2025 beitreten könnten, wobei sie anerkennt, dass diese Perspektive sehr ambitioniert ist und dass alles von den jeweiligen objektiven Leistungen und Ergebnissen jedes der beiden Länder" abhängen wird. Die anderen Länder in der Region können je nach Fortschritt im Beitrittsprozess zu den anderen aufschließen oder sie überholen. Mit den anderen beiden Bewerberländern des westlichen Balkans wurden bislang noch keine Verhandlungen aufgenommen. Im Fall der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der 2005 der Status eines Bewerberlandes gewährt wurde, liegt dies vor allem an dem Konflikt mit Griechenland über die Landesbezeichnung Mazedonien. Seit 2009 empfiehlt die Kommission beständig, dass Verhandlungen mit dem Land eröffnet werden. Albanien hat im Juni 2014 den Status eines Bewerberlandes erhalten. Angesichts der im Land erzielten Fortschritte empfahl die Kommission in ihren Berichten von 2016 und 2018 die Aufnahme von Verhandlungen mit Albanien. Bosnien und Herzegowina und der Kosovo sind potenzielle Kandidatenländer. Dank dem sogenannten neuen Ansatz für Bosnien und Herzegowina, bei dem der Schwerpunkt insbesondere auf die wirtschaftspolitische Steuerung gelegt wurde, konnte das Stabilisierungsund Assoziierungsabkommen (SAA) mit der EU am 1. Juni 2015 in Kraft treten. Am 15. Februar 2016 stellte Bosnien und Herzegowina einen Antrag auf Mitgliedschaft. Am 20. September 2016 ersuchte der Rat die Kommission, auf der Grundlage der Antworten zu einem umfassenden Fragenkatalog, den die Kommission den Behörden am 9. Dezember 2016 übermittelte, eine Stellungnahme zu diesem Antrag vorzulegen. Am 28. Februar 2018 gingen die Antworten bei der Kommission ein, die nun an der Ausarbeitung ihrer Stellungnahme arbeitet. Ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und dem Kosovo, der von fünf Mitgliedstaaten nicht als eigenständiger Staat anerkannt wird, trat am 1. April 2016 in Kraft. Zudem führt der Kosovo einen Dialog mit Serbien. Dies soll zu einem umfassenden, rechtsverbindlichen Normalisierungsabkommen führen. B. Türkei Die Türkei stellte 1987 einen Antrag auf Mitgliedschaft und wurde 1999 zum Bewerberland erklärt wurden Verhandlungen aufgenommen. Acht Kapitel sind derzeit blockiert, und solange die Türkei das Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen von Ankara nicht auf Zypern anwendet, wird kein Kapitel vorläufig abgeschlossen. Einzelne Mitgliedstaaten haben sich gegen die Eröffnung weiterer Kapitel ausgesprochen. Nach mehr als drei Jahren des Stillstands wurde im November 2013 ein neues Verhandlungskapitel eröffnet, und zwar das Kapitel Regionalpolitik und Koordinierung der strukturellen Instrumente. Am 14. Dezember 2015 wurde ein weiteres Kapitel (Wirtschafts- und Währungspolitik) eröffnet. Am 18. März 2016 bekräftigten die Türkei und die EU ihren Willen, den gemeinsamen Aktionsplan zur Eindämmung des Zustroms irregulärer Migranten in die EU umzusetzen und den Beitrittsprozess wiederzubeleben. Zudem wurde vereinbart, den Prozess der Visaliberalisierung zu beschleunigen. Am 30. Juni 2016 wurde ein weiteres Verhandlungskapitel (Finanzund Haushaltsvorschriften) eröffnet. In Anbetracht dessen, dass sich die Lage im Bereich der Rechtsstaatlichkeit insbesondere in Folge des Putschversuchs im Juli 2016 dramatisch verschlechtert hat, kann man mit Fug und Recht sagen, dass der Beitrittsprozess mit der Türkei derzeit de facto auf Eis liegt. Kurzdarstellungen über die Europäische Union
5 C. Island Island stellte im Juli 2009 einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft, und die Verhandlungen wurden im Juni 2010 aufgenommen. Als gut etablierte Demokratie und Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) machte Island bei den Verhandlungen mit der EU rasche Fortschritte. Allerdings kam nach den Parlamentswahlen 2013 eine neue Regierung ins Amt, die ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen beschloss. Im März 2015 ersuchte die Regierung die EU, Island nicht länger als Bewerberland zu betrachten; sie zog allerdings den Antrag des Landes auf Beitritt zur Union nicht offiziell zurück. ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS Laut Artikel 49 EUV muss das Parlament seine Zustimmung zu jedem neuen EU-Beitritt erteilen. Das Parlament spielt zudem eine wichtige Rolle in Bezug auf die finanziellen Aspekte des Beitritts: Gemäß dem Vertrag von Lissabon ist für die Annahme des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) die Zustimmung des Parlaments erforderlich. Durch seine Haushaltsbefugnisse hat das Parlament direkten Einfluss auf die Beträge, die dem Instrument für Heranführungshilfe (IPA) zugewiesen werden. Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Parlaments benennt ständige Berichterstatter für alle Bewerberländer und potenziellen Bewerberländer. Das Parlament legt seinen Standpunkt zur Erweiterung in Form von jährlichen Entschließungen zu den neuesten jährlichen Länderberichten der Kommission dar. Auch seine Entschließungen zu der Erweiterungsstrategie der Union sind politisch prägend. Nicht zuletzt pflegt das Parlament durch seine Delegationen, in deren Rahmen die entsprechenden Mitglieder mit ihren Amtskollegen Fragen erörtern, die für den Prozess des Beitritts zur EU von Bedeutung sind, regelmäßige bilaterale Beziehungen mit den Parlamenten der Bewerber- und potenziellen Bewerberländer. André De Munter 10/2018 Kurzdarstellungen über die Europäische Union
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