Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz

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1 Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 841 Ein Kaiserdiplom Lothars I. von Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter erhältlich. Beilagen der Jahresberichte Anno Domini unter

2 Ein Kaiserdiplom Lothars I. von 841 Dr. Werner Vogler Terra Plana - Heft Nr Seite

3 - 3 - Dr. Werner Vogler, St. Gallen Ein Kaiserdiplom Lothars I. von 841 Erwähnung von Grabs und Gams. Grabs und Wangs werden in einer Kaiserurkunde erwähnt, die heute im Bischöflichen Archiv in Chur liegt. Die Urkunde wurde am 17. Oktober 841 in Diedenhofen, heute Thionville in Lothringen, ausgestellt. Hier war eine Residenz bzw. eine Pfalz von Kaiser Lothar I. ( ). Das 60 x 75 cm messende, grossformatige Pergament beeindruckt uns noch heute durch seinen Umfang, durch die fremde, ungewohnte Schrift und den lateinischen Text. Sie ist in der Form der damaligen Kaiserurkunden abgefasst und beginnt, so wie es üblich war, mit der Anrufung Christi. Inhaltlich handelt es sich um ein Schenkungsdiplom des Kaisers, in dem Güter für ein Klösterlein der Muttergottes in Serris bereitgestellt werden. Franz Perret ist es gelungen, dieses Klösterlein mit St. Maria in Serris ob Flums zu identifizieren. Es fällt auf, dass die dem Kloster geschenkten Güter weit voneinander entfernt liegen, dass nicht nur Güter und Boden in Grabs und Wangs geschenkt wurden, sondern auch Grundbesitz im heutigen Graubünden in Sur (oder Sufers?), im Schanfigg (St. Eusebius, Maladers), in Ilanz, Mons (St. Damian), Flims und Tschart. Ausdrücklich wird im Dokument darauf hingewiesen, dass es sich in Grabs und Wangs um Güter handle, die früher ein Mann namens Viktor als Lehen innegehabt hatte, und zwar verliehen vom Vater Kaiser Lothars, von Kaiser Ludwig dem Frommen, der am 20. Juni 840 gestorben war. Es kann also gut sein, dass diese neue Lehensverleihung mit dem Tod des Vaters einen Zusammenhang hat. Gewiss wollte Lothar seine Besitzes- und Machtansprüche im rätischen Raum mit diesem Diplom unterstreichen und festigen. Dieser Anspruch konnte jedoch nicht lange behauptet werden, denn 843 gelangte Rätien durch den Vertrag von Verdun an das ostfränkische Teilreich, unter die Herrschaft König Ludwigs des Deutschen ( ). Dies mag wohl der Grund sein, dass wir vom Kloster Serris in der Folge in den Dokumenten nichts mehr hören. Auf jeden Fall wird in dieser Urkunde auch Wangs als «Uuangas» genannt, wobei die Güter in Wangs genau wie jene in Grabs, «Quarauedes», nicht genauer spezifiziert werden.

4 - 4 - Für Grabs bedeutet dieses Dokument bloss die erste urkundliche Erwähnung, es wird nämlich bereits früher, in der Gallus-Vita von Wetti (um 820), jener von Walahfrid Strabo (833/34) und in einem der verlorenen Kapitel der Vetustissima (um 680) genannt, für Wangs ist es die erste schriftliche Erwähnung überhaupt. *** Über die Geschichte der Zelle in Serris bei Flums wissen wir nichts Weiteres, möglicherweise hat dieses Klösterlein, das, wie es der Urkundentext sagt, tatsächlich im Jahre 811 schon als Bau und geistliches Institut existierte, später seine Bedeutung wie der eingebüsst - oder ist gar untergegangen. Indes liegt das Original der Urkunde heute im Bischöflichen Archiv in Chur, ein Hinweis darauf, dass diese Zelle, die von Bischof Verendarius ( ) errichtet worden war, dem Bistum Chur gehörte. Tatsächlich besass der Bischof von Chur in Flums einen wichtigen Stützpunkt mit Kirche und Besitz. Diese Tatsache bedeutet für das Sarganserland insofern eine Ausnahme, als die meisten anderen Dörfer kirchlich und auch besitzesmässig stark mit dem Kloster Pfäfers verbunden waren. Es sei noch erwähnt, dass Bischof Verendarius als Parteigänger Lothars mit einer gewissen, nicht beweisbaren Wahrscheinlichkeit nach dessen Niederlage und dem damit verbundenen Übergang Rätiens an das ostfränkische Gebiet Ludwigs des Deutschen infolge der Verduner Reichsteilung von 843 seines Amtes verlustig ging. Der Ort Wangs kommt in der Form «Uuangas» vor, was uns nicht stören darf, da das Lateinische damals das W noch nicht kannte und es oft mit U (V) oder Doppel U (VV) wiedergab.

5 - 5 - Das Wort geht mit einer nicht althochdeutschen -as-endung aus, wobei wir indes die etymologische, bedeutungsmässige Herkunft des Ortsnamens Wangs nicht mit letzter Gewissheit klären können. Schön zeigt die Urkunde, wie der churrätische Raum damals noch romanisch war und eine Einheit bildete, die von Werdenberg bis in Gebiete jenseits des Alpenkammes reichte. Es war jene Zeit des Übergangs des Bistums Chur vom mailändischen Metropolitanverband in jenen des Erzbistums Mainz. Zuvor hatte es zu Mailand im Süden der Alpen gehört. *** Der Beginn des 9. Jahrhunderts hatte für Churrätien entscheidende Veränderungen gebracht mit der «Divisio», der strikten Trennung der geistlichen und weltlichen Gewalt, der politischen und kirchlichen Neuaufteilung und der vollen Eingliederung Churrätiens in das fränkische Imperium Karls des Grossen. Es war dabei nicht ohne Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen abgegangen. Der Vorbereitung einer Neustrukturierung des kaiserlichen Besitzes und der kirchlichen Verhältnisse diente auch ein offenbar wenige Jahre später, um 843, aufgenommenes Inventar des Reichsgutes in Rätien. Es handelt sich da bei um das sogenannte churrätische Reichsgutsurbar, das indes nur noch in einer Abschrift Gilg Tschudis aus dem 16. Jahrhundert in der St. Galler Stiftsbibliothek (Cod. Sang. 609, S. 93 bis 105) erhalten geblieben ist. *** S. 36: Wir können davon ausgehen, dass das Reichsgutsurbar von ca. 843 möglicher weise nicht vollständig erhalten ist. So fehlt auffälligerweise dort die ausdrückliche Erwähnung von Wangs, immerhin könnten wir überlegen, ob der Ort nicht allenfalls unter dem Besitz in Mels mit einer der vier Kirchen anonym aufgeführt ist. Doch schätzen wir uns glücklich, dass die Urkunde von 841 in Chur überliefert blieb, worin Wangser und Grabser Besitz an die Marienzelle in Serris geschenkt wurde. So ist Wangs in einem urkundlichen Original früher erwähnt als etwa Mels, Vilters, Sargans und Ragaz. Zwar kommen Mels und Sargans, letzteres indirekt, bereits im Tello-Testament von 765 vor, in welchem dem Kloster Disentis Güter geschenkt wurde. Doch dieses Dokument ist nur noch in einer ganz späten Abschrift des 17. Jahrhunderts (1628) im Stiftsarchiv St. Gallen (Cod. Fab. XXVI, fol. 177ff erhalten geblieben.

6 -6Vilters und Ragaz hingegen sind im nur wenig später zu datierenden, kopial überlieferten, bereits genannten Reichsurbar zu finden. Anmerkung: Dir Grundlage der vorliegenden Arbeit entspricht weitgehend der der Publikation «Wangs Zu seiner urkundlichen Ersterwähnung vor 1150 Jahren», Wangs 1991, von Dr. Werner Vogler. S. 37: Deutsche Übersetzung der Urkunde Im Namen unseres Herrn Jesus Christus, des ewigen Gottes. Lothar, durch göttliche Vorsehung hehrer Kaiser. Wenn wir den dem kirchlichen Kult geweihten Orten gegenüber unsere Grosszügigkeit zeigen, folgen wir dem Brauch unserer Vorgänger und glauben im Sinne Gottes zu handeln sowie zum grösseren Glück in der Gegenwart und zur Erreichung der zukünftigen ewigen Seligkeit einen Beitrag zu leisten, indem wir die gebotene Sorge zu den Kirchen tragen.

7 - 7 - Daher soll es der grossen Zahl der Gläubigen der heiligen Kirche Gottes und auch unseren gegenwärtigen und zukünftigen Gläubigen bekannt sein, dass wir zur Vermehrung unseres Verdienstes einen Teil der uns rechtlich zugehörenden Güter im Churwalchengau an ein Klösterlein übertragen, dessen Namen Serras(ris) ist und das erbaut wurde zu Ehren der heiligen Gottesmutter und immerwährenden Jungfrau Maria und der anderen Heiligen, an die Zelle nämlich, die der ehr würdige Mann Verendarius von Grund auf erbaut hat. Es handelt sich um die (folgenden) Güter: In Sur (Oberhalbstein) eine Kirche zu Ehren unseres Herrn Jesus Christus erbaut, mit einem Gut und mit dem übrigen der Kirche dort Eigenen oder Zugehörigen; in Igis (bzw. evtl. Duagn, Gemeinde Mons) ein Stück gerodeten Landes aus dem Gut des heiligen Damian mit Weingärten und anderem Zugehörigem; im Schanfigg die Kirche zu Ehren des heiligen Eusebius (in Maladers?) mit allem Zugehörigen sowie Güter in Wangs und Grabs, alles, was in den Zeiten unseres hehren Vaters Ludwig seligen Gedächtnisses Viktor als Lehen innehatte; in Ilanz eine Hube mit Dazugehörigem, in Flims eben falls eine Hube mit dem dazugehörigen Land; in Tschart (vielleicht in der Gemeinde Rhäzüns) einen kleinen Hof mit sieben Huben und mit den dort gelegenen dazugehörigen Weingärten.

8 - 8 - Daher haben wir diesen unseren Autoritätsbrief(Urkunde) für jene Kirche machen lassen, durch den wir all das verfügen und auf jede mögliche Art und Weise bekräftigen, dass wir das, was immer an den genannten und beschriebenen Orten (Wangs und Grabs) der erwähnte Viktor, wie wir oben angeführt haben, zur Zeit unseres Vaters als Lehen innehatte, der erwähnten Kirche für immer übertragen mit all ihrem Zugehörigen und Zugezählten, alles, was an Land, bebauten und unbebauten Feldern, Weinbergen, Wäldern, Wiesen, Weiden, stehenden und fliessenden Gewässern, Mühlen, Zu- und Abgängen und auch an jeglichen Leibeigenen beiden Geschlechtes zu Recht und nach dem Gesetz der schon genannten Kirche gehören soll. Und ebenso übertragen wir das, was weiter oben erwähnt ist, aus unserer Rechtskompetenz für immer in die rechtliche Verfügungsgewalt und Herrschaft jener Kirche und übergeben es ihr zum Besitz, damit, wer auch immer der Vorsteher des Ortes sei, er es zu Recht und mit Vernunft besitze und die freie Verfügungsgewalt habe zu handeln, wie es die Notwendigkeit erfordert, von jedem Widerspruch, jeder Rückforderung oder an derer Widersetzlichkeit frei. Und damit die Autorität dieser unserer Schenkung fest und unanfechtbar für die zukünftigen Zeiten bleibe, haben wir sie mit der eigenen Hand unterzeichnet und mit dem Auf druck unseres Ringes zu siegeln befohlen. Zeichen des erhabenen Kaisers Lothar. Ich, Erkambold, Notar, habe es in Vertretung von Agilmar beglaubigt. Gegeben an den 16. Kalenden des Novembers zur Zeit der Herrschaft des durch den gnädigen Christus regierenden Herrn Lothar, des frommen Kaisers in Italien und in Franzien (17. Oktober 841), in der vierten Indiktion; ausgefertigt in der königlichen Pfalz Diedenhofen; glücklich im Namen Gottes. Amen. Internet-Bearbeitung: K. J. Version 12/