Herrmann Kutscher Weidinger Arbeitszeitberatung. Lars Herrmann / Jana Jelenski / Marcus Proff / Gerd Fruchtmann 1 04/2006
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- Dirk Meinhardt
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1 Lars Herrmann / Jana Jelenski / Marcus Proff / Gerd Fruchtmann 1 04/2006 Rechtskonforme Bereitschaftsdienste einführen Projektmanagement am Beispiel des Caritas- Verbundprojektes CAT (erschienen in überarbeiteter Form in: Das Krankenhaus Heft 5/2006 ) In einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld und gegen Widerstände insbesondere der Betroffenen müssen die Krankenhäuser derzeit die Entwicklung rechtskonformer Bereitschaftsdienste voranbringen. Der Gesetzgeber hat mit der Verlängerung der gesetzlichen Übergangsfrist gemäß 25 ArbZG bis zum den zeitlichen Umsetzungsdruck gemildert; die Umsetzung in den Häusern, in denen noch keine neuen Tarifverträge gelten, ist hierdurch hinausgezögert worden. 2 Hierzu gehören insbesondere die katholischen Krankenhäuser, die den AVR Caritas unterliegen, aber auch die Universitätskliniken und teilweise Häuser, in denen Mitarbeiter auf ei-nen Tarifvertrag mit dem Marburger Bund spekulieren. Ohne externen rechtlichen Druck sehen sich aber viele Krankenhäuser und Ausnahmen bestätigen diese Regel nicht befähigt, grundlegende Veränderungen der Bereitschaftsdienstorganisation durchzusetzen. Umso interessanter ist die Frage, unter welchen Bedingungen Arbeitszeit- Innovationen dennoch gelingen können. Mit der Entwicklung und Umsetzung rechts-konformer Bereitschaftsdienstmodelle haben 10 Krankenhäuser des Diözesan-Caritas-Verbandes des Erzbistums Köln im vom Verband initiierten Projekt CAT (= Caritas Time ) Abbildung 1 Projektstruktur 10 katholische Krankenhäuser aus der Kölner Region haben sich mit insgesamt 40 Fachabteilungen und 48 Funktionsdiensten am Projekt beteiligt. Ziel des Projektes war es, den Krankenhäusern durch eine Verbundstruktur mit zentraler Projekt-Koordination durch den Diözesan-Caritasverband Köln und mit fachlicher Begleitung durch ein externes Beratungsunternehmen größtmögliche Synergiepotentiale zu eröffnen. 1 Lars Herrmann ist Partner, Jana Jelenski Mitarbeiterin der Herrmann Kutscher Weidinger, Berlin ( Markus Proff ist Referent der Abteilung Kran-kenhäuser des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln e.v. ( Gerd Fuchtmann ist Pflegedirektor der Vinzenz Pallotti Hospital GmbH, Bergisch-Gladbach ( 2 Vgl. die ausführliche Würdigung der derzeitigen arbeitszeitrechtlichen Lage in: Lars Herrmann (11/2005) Verlängerung der Übergangsfrist: wie sie in den Krankenhäusern genutzt werden sollte unter Rosa-Luxemburg-Straße Berlin Telefon 030 / Fax 030 / @arbeitszeitberatung.de
2 Das Projekt startete Ende August 2005, um die seinerzeit noch geltende gesetzliche Frist zur Umsetzung arbeitszeitgesetzkonformer Bereitschaftsdienstmodelle einhalten, also bis zum solche Modelle entwickeln zu können. Der Projektablauf sah zwei Termine für krankenhausübergreifende Workshop- Runden je einen im August und im November vor, in denen jeweils zwei bis drei Krankenhäuser zusammentrafen. Die Teilnahme an den Workshop-Runden war auf maximal fünf Personen pro Krankenhaus begrenzt Projektleiter, Ärztlicher Direktor, Mitarbeitervertretung sowie bis zu zwei weitere Führungskräfte aus Bereichen mit Bereitschaftsdiensten. Zwischen den Workshop-Runden fanden sowohl interne Feedbackrunden als auch Konzepterarbeitungsphasen vor Ort, letztere unter Begleitung des Beratungsunternehmens, statt. Bis zum Projektabschluss (Jahresende 2005)entwickelten die am Projekt teilnehmenden Krankenhäuser sukzessive abteilungsspezifische Bereitschaftsdienstmodelle Seither sind die ersten erarbeiteten Modelle umgesetzt worden, so dass auf einer Projektleitersitzung am hierzu bereits erste Erfahrungen ausgetauscht werden konnten. Abbildung 2 Projektablauf Auch in dieses Projekt wirkten die unsicheren äußeren Umstände, den arbeitszeitrechtlich ausgelösten Handlungsdruck bewältigen zu müssen, ohne die konkreten rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen, hinein: So musste mangels neuer 2
3 AVR-Regelungen mit einer arbeitszeitrechtlichen Arbeitshypothese auf Basis des TVöD gearbeitet werden. Darüber hinaus verringerte sich der externe Druck durch die Verschiebung des Beschlusses der Arbeitsrechtlichen Kommission infolge der Verlängerung der gesetzlichen Übergangsfrist um ein Jahr. Krankenhausübergreifende Organisationsprojekte wie CAT ermöglichen immer auch verallgemeinerungsfähige Erkenntnisse über die Bedingungen ihres Erfolges. So kommt insbesondere unter unsicheren rechtlichen Rahmenbedingungen und bei tradierten Organisationsstrukturen dem Projektmanagement ein erfolgskritischer Faktor zu. Ein Indiz hierfür ist beispielsweise, dass Führungskräfte der Fachabteilungen unterschiedlicher Häuser auch bei vergleichbaren Rahmenbedingungen (hinsichtlich Fachdisziplin, Tätigkeitsspektrum, Abteilungsgröße und Mitarbeiterstruktur) in der inhaltlichen Bewertung nahezu identischer Modellvarianten zu diametral unterschiedlichen Ergebnissen kommen in einer Bandbreite von Zustimmung bis Ablehnung. Die unterschiedliche Offenheit der Chefärzte gegenüber Modellen jenseits des tradierten Regeldienst-Bereitschaftsdienst- Schemas ist dabei wohlgemerkt nur eine und nach unserer Beobachtung nicht die wichtigste Erklärung. Vielmehr lassen sich eine Reihe kritischer Erfolgsfaktoren finden: 1. Erfolgsfaktor Umgang mit unständigen Bezügen Die sensibelste Frage was wird aus den unständigen Bezügen? sollte zu Projektbeginn geklärt werden. Ihre Nichtbeantwortung droht sonst das ganze Projekt zu lähmen. Dazu wird einfach ermittelt 3, welche Arbeitszeit die Mitarbeiter erreichen, wenn die bisherigen unständigen Bezüge aus Bereitschaftsdienst in Wochenarbeitsstunden umgerechnet und zur vertraglichen Wochenarbeitszeit addiert wird. Nicht selten ist das Erstaunen groß, dass der errechnete Wert nicht oder nicht wesentlich über durchschnittlich 48h/w liegt. Tatsächlich überschätzen die Beteiligten die Einkommensverluste in Folge neuer Bereitschaftsdienstregelungen in der Regel deuttich. Wird nun vereinbart, die unständigen Bezüge unabhängig von der Modellausgestaltung in der bisherigen Größenordnung zu halten, steigt die Bereitschaft der Beteiligten, an neuen Modellen mitzuwirken. Übrigens sind 24h-Dienste hierfür gerade nicht erforderlich: Unter der Woche generiert ein 24h- Dienst üblicherweise nicht mehr als rund 5h unständiger Bezüge (16h/d [Bereitschaftsdienstzeit nach Regeldienst] x 0,8 [Stufe D] 7,7h/d [Freizeitausgleich am Folgetag] = 5,1h/d). In neuen Bereitschaftsdienst-Modellen wird dieser Wert dadurch erreicht, dass kürzere Bereitschaftsdienste möglichst ohne Freizeitausgleich ausgestaltet werden. Das ist aus wirtschaftlichen Gründen ohnehin eine gute Idee, kostet doch dieser Freizeitausgleich andernfalls wertvolle Vollarbeitszeitkapazitäten. In den Krankenhäusern, in denen die Anfangskalkulation durch zügige Berechnung anhand der entwickelten Modelle zeitnah bestätigt wurde, 3 siehe hierzu ausführlich: Lars Herrmann: Bereitschaftsdienst am Scheideweg - Methodische Grundkenntnisse zur Entwicklung positiver Perspektiven, in: Der Personalrat, Heft 3/2006 bzw. - geringfügig überarbeitet - unter 3
4 beurteilten die Beteiligten die neuen Modelle insgesamt positiver als in anderen Häusern. 2. Erfolgsfaktor Input der Krankenhaus-Leitung Klare Erwartungen der Krankenhaus-Leitung befördern den Projekterfolg signifikant und zwar umso mehr, wenn das Arbeitszeitprojekt nicht allein als Reaktion auf veränderte arbeitszeitrechtliche Grenzen kommuniziert wird, sondern als aktive Gestaltungsoption zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen, Prozessorganisation und Effizienz. Besonders überzeugend sind die CAT-Ergebnisse in den Häusern, in denen die Krankenhausleitung von Beginn an keinen Zweifel daran gelassen hat, dass eine zeitgemäße Arbeitszeitgestaltung für optimale Abläufe und die Qualitätssteigerung der Patientenversorgung unverzichtbar ist. Zudem sollte die Krankenhausleitung zu Beginn des Projektes dessen Rahmenbedingungen klar definieren. Hierzu gehören unter anderem Kostenneutralität sowie die Nutzung von formalen Spielräumen. Beispielsweise muss deutlich werden, ob und unter welchen Bedingungen die sog. Opt-out-Regelung genutzt werden kann. Interessanterweise sahen im Rahmen des CAT-Projektes die Krankenhäuser (übrigens ihre Mehrheit), die die Opt-out-Regelung von Beginn an ausgeschlossen hatten, am Ende der Konzeptarbeiten keinen Bedarf mehr für eine solche Regelung. 3. Erfolgsfaktor Frühzeitige Einbeziehung der Führungskräfte Im ärztlichen Bereich müssen die Chefärzte von Beginn an am Projekt beteiligt sein. In der Regel ist die jedenfalls durchgehende Delegation auf einen projektverantwortlichen Oberarzt, auch wenn dies der Dienstplanverantwortliche ist, nur dann er-folgreich, wenn zwischen beiden Beteiligten die Projektergebnisse und die zugrunde liegenden Überlegungen, die sich oft nur verbal vermitteln lassen, intensiv kommuniziert werden. Steht der Chefarzt bzw. die Pflegedienstleitung hinter dem neuen Modell, wird dieses nach einer Erprobung auch von den betroffenen Assistenzärzten deutlich positiver bewertet als ohne diese Unterstützung. 4. Erfolgsfaktor Organisatorischer Projektrahmen Erfolgreiche Bereitschaftsdienst-Projekte sollten für die Modellerarbeitung mit wenigen (d.h. konkret, nicht mehr als 5) Projektgruppensitzungen auskommen. Diese sollten gut vorbereitet und die Ergebnisse zwischen den Terminen breit intern kommuniziert werden. Des Weiteren empfiehlt es sich, die gesamte Konzeptionsphase bezüglich der Zeitplanung von vornherein komplett zu terminieren. Dazu wird je Abteilung eine kleine Projektgruppe mit personell möglichst stabiler Besetzung gebildet, die sich im Abstand von ca. 3 Wochen trifft und die das nach jeder Besprechung weiterentwickelte schriftliche Konzept schrittweise gemeinsam kon- 4
5 kretisiert. In der Projektgruppe ist je ein Vertreter der Mitarbeitervertretung und der Personalleitung zugegen. Die kontinuierliche Einbeziehung der Mitarbeitervertretung trägt dazu bei, das Arbeitszeitprojekt in vertrauensvoller Zusammenarbeit voranzutreiben. Für die Personalleitung kommt es insbesondere darauf an, die mitunter zahlreich vorgetragenen Organisationsprobleme, die im Zusammenhang mit der Arbeitszeitdiskussion ans Tageslicht gebracht werden, ernst zu nehmen und, wo möglich, ihre Beseitigung auch im Interesse besserer Arbeitsbedingungen auf die Tagesordnung zu setzen. 5. Erfolgsfaktor Zügige Modellvorstellung Die denkbaren Grundmodelle sollten den Projektbeteiligten zügig in der Regel nach der 1. Projektbesprechung vorgestellt werden. Lange Problem- oder Grundsatzdiskussionen über den Projektzweck blockieren lösungsorientierte Denkweisen von Beginn an. Letztlich geht es um eine überschaubare Auswahl an Alternativen, die dann nur noch an die konkreten Abteilungsgegebenheiten angepasst werden müssen. So lassen sich alle im Rahmen des CAT-Projektes entwickelten Modellvarianten wenigen Grundmodellen zuordnen wie Abbildung 3 zeigt. Allerdings ist bei der insgesamt erfolgreicheren zügigen Vorgehensweise darauf zu achten, dass die Projektbeteiligten sich nicht mit fertigen Modellen überfahren fühlen, in denen eigene Gestaltungsideen nur noch wenig Platz haben. 5
6 Abbildung 3 - Synopse der entwickelten Bereitschaftsdienstmodelle, bisher teilweise um-gesetzt, geordnet nach Fachabteilungen Zwei Beispiel-Modelle stellen wir in Abbildung 4 vor. Abbildung 4 Zwei Dienstmodelle des Vinzenz Pallotti Hospitals Bensberg Der ärztliche Anästhesiedienst im Vinzenz Pallotti Hospital Bensberg mit 7 Bereitschaftsdienst leistenden Assistenzärzten arbeitet seit dem entsprechend dem so genannten Grundmodell des TVöD 4. MO-FR gelten folgende Dienstzeiten: Tagdienst 07:45-16:00 Langdienst 07:45-17:45-1x besetzt Versetzter Dienst 10:00-19:30-1x besetzt Nachtdienst 19:00-08:00-1x besetzt 4 Das TVöD-Grundmodell ermöglicht im Rahmen einer Höchstarbeitszeit von 48h/w im 12- Monats-Durchschnitt aus Vollarbeit und Bereitschaftsdienst zusammengesetzte Dienste von bis zu 13h (Stufen C und D) bzw. 16h (Stufen A und B) Dauer, in denen bis zu 8h Vollarbeit enthalten sein dürfen und 45min gesetzliche Pausenzeit enthalten sein müssen. 6
7 Tag-, Lang- und versetzter Dienst sind reine Vollarbeitsdienste, in deren Gesamtdauer die gesetzliche Pausenzeit enthalten ist. Der Nachtdienst umfasst aufgrund seiner Auslastung von 19:00-24:00 und von 07:30-08:00 Vollarbeit, von 24:00 bis 07:30 jedoch Bereitschaftsdienst der Stufe D. Für die Wochenenden und Feiertage wurden nachstehenden Dienstzeiten vereinbart: Tagdienst 07:30-20:00 1x besetzt Nachtdienst 19:30-08:00 1x besetzt Der Tagdienst läuft von 07:30-13:00 und von 19:30-20:00 in Vollarbeit. Zwischen 13:00 und 19:30 handelt es sich um Bereitschaftsdienst der Stufe D. Im Nachtdienst sind lediglich die Übergabezeiten 19:30-20:00 und 07:30-08:00 in Vollarbeit zu leisten, die restliche Zeit 20:00-07:30 haben die Ärzte Bereitschaftsdienst Stufe D. Die Nachtdienste werden in Teilmodulen SA-DI und MI-FR organisiert, was bedeutet, dass ein Assistenzarzt die Nächte SA-DI und ein anderer Assistenzarzt die Nachtdienste MI-FR absolviert. Hierdurch ist jeder Assistenzarzt dieser Abteilung im Durchschnitt jede 3. bis 4. Woche in einem der Teilmodule eingeteilt und erbringt somit ca.15 Teilmodule/Jahr. Die anderen Wochen sind komplett nachtdienstfrei. Da angrenzende Bereiche wie OP-Pflege und der Ärztliche Dienst Chirurgie ebenfalls nach dieser Teilmodullösung arbeiten, werden aufgrund der bereichsübergreifenden Personal-Minderbesetzung am MI das OP-Programm sowie die ambulante elektive Patientenversorgung vom OP-Koordinator entsprechend angepasst. Nach obigem Modell leistet jeder der sieben Bereitschaftsdienst leistenden Assistenzärzte im Durchschnitt eine arbeitszeitschutzrechtliche 48h-Woche, womit die zu-lässige gesetzliche Höchstarbeitszeit pro Woche eingehalten wird. Dr. Finkes, Assistenzarzt aus der Anästhesieabteilung des Vinzenz Pallotti Hospitals Bensberg, fasst erste Erfahrungen zusammen: Zunächst war die Skepsis groß, ob wir mit den neuen Dienstzeiten das Tagesgeschäft bewältigt bekommen. Doch das geht erstaunlich gut. Ich bin froh, dass ich nach dem Nachtdienst wirklich nach Hause gehen darf und gegenüber meinen Kollegen kein schlechtes Gewissen mehr haben muss. Das Nachtdienstmodul und die damit einhergehenden Veränderungen im persönlichen Umfeld sind schon gewöhnungsbedürftig, aber alle 4 Wochen erträglich. Ich könnte mir allerdings keine sieben Nachtdienste in Folge vorstellen, mit nur einem freien Tag im Anschluss an so ein langes Modul. Dann käme ich völlig aus meinem Lebensund Arbeitsrhythmus. Vielleicht müssen wir den Nachtdienst ein wenig später beenden, da wir mit der morgendlichen Intensivübergabe nicht hinkommen. Zunächst erproben wir die neuen Dienstzeiten. Wir werden voraussichtlich alle ein paar Euro weniger in der Tasche haben, aber dafür haben wir Verstärkung durch eine neue Kollegin bekommen und die Lebensqualität hat sich verbessert. 7
8 Auch die Hebammen im Kreißsaal des Vinzenz Pallotti Hospitals haben ihre Dienstzeiten auf ein rechtskonformes Bereitschaftsdienstmodell umgestellt. Seit dem arbeiten sie MO-FR wie folgt: Frühdienst 06:00-14:30 2x besetzt Zwischendienst 09:00-17:30 1x besetzt Spätdienst 14:00-22:30 1x besetzt Nachtdienst 22:00-06:30 1x besetzt Nachtbereitschaftsdienst 17:15-06:15 1x besetzt Mit Ausnahme des Nachtbereitschaftsdienstes handelt es sich um Vollarbeitsdienste (inkl. gesetzlicher Pausenzeit). Der Nachtbereitschaftsdienst wird wie es seine Bezeichnung schon beinhaltet von 17:15-22:30 in Vollarbeit, anschließend als Bereitschaftsdienst Stufe D geleistet. Die Pausenzeit beträgt eine Dreiviertelstunde. An Wochenenden und Feiertagen wird nach folgenden Dienstzeiten gearbeitet: Frühdienst 06:00-14:30 1x besetzt Langdienst 07:00-17:30 1x besetzt Spätdienst 14:00-22:30 1x besetzt Nachtdienst 22:00-07:15 1x besetzt Nachtbereitschaftsdienst 17:15-06:15 1x besetzt Für die Differenzierung der Dienste in Vollarbeits- und Bereitschaftsdienstanteile gilt das oben Gesagte. Für die Leiterin des Kreißsaals, Frau Becker, ist die öffentliche Aufregung um die neuen Gesetzesanforderungen und deren Umsetzung nur schwer nachvollziehbar: Im Pflege- und Funktionsdienst arbeiten wir seit Jahren nach flexiblen und bedarfs-orientierten Dienstplänen, so dass uns die Umstellung nicht schwer gefallen ist. Der von 16,5h auf 13h reduzierte Nachtbereitschaftsdienst wird von meinen Mitarbeiterinnen sogar als Fortschritt erlebt. Allerdings werden die zusätzlichen Übergaben aufgrund der neu hinzugekommenen Dienste eher als Belastung empfunden. Ich versuche, die Nachtdienste und die Nachtbereitschaftsdienste sehr mitarbeiter-orientiert zu verplanen, so dass wir uns nicht in festen Modulen bewegen. Da wir angesichts von mehr als Geburten pro Jahr oft sehr belastende Dienste absolvieren müssen, kann es zum Beispiel sinnvoll sein, bei einzelnen oft jüngeren Mitarbeiterinnen nur einzelne Nachtdienste, bei erfahrenen Hebammen hingegen längere Nachtdienstrhythmen zu planen. Auch an der Vergütungsfront herrscht zur Zeit Ruhe: Die Differenz zu den bisher durchschnittlich vergüteten Bereitschaftsdienststunden wird durch die neuen Zuschläge für Nacht- und Wochenendarbeit aufgefangen. Insgesamt habe ich die Arbeit in der Projektgruppe als sehr fruchtbar erlebt, da die Berufsgruppen viel voneinander lernen konnten und ihre Erfahrungen bei schwierigen Themen wie Gleichbehandlung der Teilzeitkräfte oder Dienst- ver- 8
9 sus Wunschplan miteinander austauschen konnten. Zudem bin ich froh, dass dieses Thema für uns erledigt ist und wir am Ende diesen Jahres nicht wieder von vorne beginnen müssen. 6. Erfolgsfaktor Zeitlich befristete Aufzeichnungen der Inanspruchnahmen Hohes Konsenspotential besteht oft darüber, dass die bestehenden, formal auf den einheitlichen Regeldienst konzentrierten Servicezeiten (= Zeitspanne durchgehender unverzüglicher Leistungserbringung einer Organisationseinheit in Vollarbeit) weder realistisch sind noch ausreichen. Daher finden Lösungen mit einzelnen längeren und/oder versetzten Diensten oft gute Resonanz bei den Mitarbeitern. Nicht selten neigen aber die Projektbeteiligten bezüglich der Beurteilung der bisherigen Arbeitszeitsituation zu Extremen was angesichts der bislang im ärztlichen Dienst häufig geringen Auseinandersetzung mit dem Thema auch nicht verwunderlich ist. So schätzen die Ärzte oft ihre Inanspruchnahmen im Bereitschaftsdienst, wenn sie diese pauschal beurteilen sollen, wesentlich höher ein, als sie es tatsächlich sind. Dies kann, insbesondere wenn der Erhalt unständiger Bezüge modellunabhängig angestrebt wird zu einer zu starken Verkürzung des Bereitschaftsdienstfensters innerhalb von Nachtdiensten führen unter Umständen mit der Folge eigentlich unerwünschter Stufenabsenkung. Daher kommen jene Krankenhäuser zu verlässlicheren Modellen, die vor oder während der Konzepterstellung zumindest für einen Monat Inanspruchnahmeaufzeichnungen durchführen am besten zugleich mit inhaltlicher Auswertungsmöglichkeit. 7. Erfolgsfaktor Unterstützende Hilfsmittel Der Einsatz einfacher EDV-Tools zur (zunächst fiktiven) Dienstplanung, in denen auch die Entwicklung der Zeitkonten und die Einhaltung der arbeitszeitschutzrechtlich relevanten 48h-Woche unaufwändig überwacht wird, hat sich in CAT besonders bewährt. Wohlgemerkt sollte es sich um einfache Tools handeln. Denn die Nutzung von in der Pflege durchaus erfolgreichen komplexen Personaleinsatzplanungs- Systemen gelingt nicht automatisch auch im ärztlichen Bereich bzw. wird hier zum Teil häufig zu Recht abgelehnt, weil der Aufwand gegenüber der im ärztlichen Dienst zur Dienstplanung eingesetzten unaufwändigen Papierliste einfach zu groß ist 5. Dem Funktionsdienst fällt der Umgang mit EDV-Tools häufig leichter; hier kommt man nicht zuletzt deshalb zügiger zum neuen Arbeitszeitmodell als in ärztlichen Abteilungen. Insgesamt sind die Krankenhäuser schneller zu für die Beteiligten verständlichen Lösungen gekommen, in denen die Personalleitung die Mitarbeiter beim Tool-Einsatz bzw. insgesamt bei der transparenten Aufbereitung entwickelter Modelle unterstützt hat, so dass diese die zunächst abstrakt entwickelten Modelle leichter nachvollziehen konnten. 5 Einfache EDV-Tools zur kostenlosen Nutzung finden sich unter im Register Tool-Box ; für die Planung von Bereitschaftsdiensten empfiehlt sich insbesondere das Tool Dienstplanung und Zeitkontenführung. 9
10 8. Erfolgsfaktor Kopplung von Arbeitszeit- und Arbeitsorganisation Die fortlaufende Beachtung der engen Wechselwirkungen zwischen Arbeitszeitgestaltung und Arbeitsorganisation ist Kennzeichen erfolgreicher Arbeitszeitprojekte schließlich ermöglicht dies insbesondere Erkenntnisse über vermeidbaren Arbeitszeitverbrauch. Und dennoch wird daraus im Projektmanagement ein schwieriger Balanceakt, weil die Gefahr besteht, sich zu verzetteln bzw. Themenfelder zu öffnen, die anschließend nicht befriedigend abgearbeitet werden. Mitunter kommt ein Arbeitszeitprojekt ganz zum Erliegen, wenn es an zu viele Organisationsvoraussetzungen geknüpft ist, auch wenn diese inhaltlich sinnvoll sind. Insbesondere wenn die Tagdienste von der Veränderung der Bereitschaftsdienstorganisation nicht grundlegend betroffen sind, ist es sinnvoll, beide Themen sorgfältig zu trennen, da sich die Tagesbesetzung gegenüber bisher beim typischen Dienstaufbau mit Regeldienst, langem Regeldienst und wochenweise erbrachten Nacht-Bereitschaftsdiensten oft nicht verändern muss. In den Projekten sind diejenigen Häuser erfolgreicher und am besten voran gekommen, die sinnvolle organisatorische Verbesserungsvorschläge ernst nehmen, aber den Fortgang des Arbeitszeitprojektes nicht unmittelbar mit ihrer Umsetzung verknüpfen. Zweckmäßig ist eine gesonderte Bearbeitung unter Einbeziehung des Initiators zum Beispiel während der Erprobung neuer Modelle, weil dies am besten zeigt, dass das Arbeitszeitprojekt als Anstoßgeber für Organisationsverbesserungen verstanden wird. 9. Erfolgsfaktor Nutzung von Synergieeffekten Abteilungsübergreifende oder im Falle des CAT-Projektes auch hausübergreifende Synergiepotentiale bei der Projektdurchführung können dann genutzt werden, wenn es einzelne, stark innovationstreibende Abteilungen bzw. Häuser gibt, die pilothaft neue Entwicklungen voranbringen und dann als Schaufenster für zunächst Abwartende dienen. Allerdings dürfen gegenteilige Effekte nicht unterschätzt werden: Im CAT-Projekt haben nicht wenige Zögerliche mit Verweis auf andere Abteilungen, die gern das alte Bereitschaftsdienstsystem zumindest so lange wie möglich beibehalten wollten, Rechtfertigungen für die Aufrechterhaltung des Status Quo gefunden. Krankenhäuser mit erfolgreichen (Teil-)Projekten haben sich bemüht, während des Projektes sorgfältig danach zu differenzieren, wann eine abteilungsspezifische und wann eine übergreifende Diskussion sinnvoll ist. 10. Erfolgsfaktor Erprobung und Pilotierung Die Vereinbarung einer Probezeit und die pilothafte Einführung zunächst in einigen Abteilungen möglichst mindestens in je einer Abteilung des Funktionsdienstes und des Ärztlichen Dienstes erleichtert die Umsetzung neuer Bereitschaftsdienstmodelle wesentlich. Erfolgreiche Häuser setzen bei der Neugestaltung der Bereitschaftsdienste auf die positiven Wirkungen einer möglichst frühzeitigen Erprobung, weil sie wissen, dass die Beurteilung neuer Modelle durch die Beteiligten nach ca. 6 Monaten Erprobung in den meisten Fällen deutlich positiver ausfällt als in der Diskussionsphase davor. 10
10 Erfolgsfaktoren für die Einführung rechtskonformer Bereitschaftsdienste
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