Betriebsärztlicher Gesundheitsbericht für Estrichleger
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- Oswalda Goldschmidt
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1 Betriebsärztlicher Gesundheitsbericht für Estrichleger
2 Gesundheitsbericht für Estrichleger Wir, Ihre Betriebsärzte des ASD der BG BAU, unterstützen Sie in allen Fragen des Gesundheitsschutzes. Daher übergeben wir Ihnen den aktuellen Gesundheitsbericht für die Estrichleger. Wozu dient dieser Bericht? Der Bericht beschreibt die gesundheitliche Situation der Beschäftigten, die als Estrichleger tätig sind. Er soll Sie bei Ihrer Fürsorge für die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter unterstützen. Der Vergleich der Estrichleger mit der Gesamtheit der in der Bauwirtschaft Beschäftigten zeigt Ihnen, wo die gesundheitlichen Stärken und Schwächen der Beschäftigten Ihres Unternehmens liegen können. Zudem finden Sie hier Hinweise auf Gesundheitsgefahren, die zu Leistungsminderungen, Arbeitsausfall und gegebenenfalls zum Ausscheiden von Mitarbeitern aus dem Betrieb führen können. Impressum: Ihr Regionaler Ansprechpartner: Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Hauptverwaltung Berlin Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischer Dienst Hildegardstraße Berlin Telefon: Telefax: Internet: Seite 2 von 10 Seiten
3 Informationen zum Gesundheitszustand der Estrichleger Für das eigene Unternehmen sind konkrete Einzelfälle von Interesse, aus statistischen Gründen ist aber eine Auswertung über einen einzelnen, meistens kleineren Betrieb nicht sinnvoll. Weil die Arbeitsbedingungen bei Estrichlegern verschiedener Firmen ähnlich sind, haben wir als Grundlage für diesen Bericht Daten über die Gesundheit von 354 Estrichlegern aus verschiedenen Unternehmen zusammengefasst. Erkrankungen der Haut, der Verdauungsorgane sowie der Atmungsorgane mit jeweils 8% liegen auf dem Niveau aller Beschäftigten der Baubranche. Aufgrund der Bedeutung der Muskel- und Skeletterkrankungen sind in Abbildung 2 Schwerpunkte dieser Erkrankungen dargestellt: Es ist zu erkennen, dass Verspannungen im unteren Bereich des Rückens und Funktionseinschränkungen der Kniegelenke bei Estrichlegern häufiger als bei allen Bauhandwerkern auftreten (Abb.2). Die gewonnenen Erkenntnisse sind auf Ihren Betrieb übertragbar. Befundhäufigkeiten Die arbeitsmedizinischen Untersuchungen der Beschäftigten werden in Hinblick auf die Tätigkeit und die besonderen Belastungen durchgeführt. Am Ende einer jeden Untersuchung werden die Ergebnisse beurteilt und gegebenenfalls Diagnosen gestellt. Aus diesen Diagnosen wurden die häufigsten ermittelt. In Abbildung 1 sind die Ergebnisse für die Estrichleger denen aller Untersuchten der Baubranche sowie den Beschäftigten, die überwiegend im Büro tätig sind, gegenübergestellt. Estrichleger leiden am häufigsten unter Hörstörungen (26%) und Erkrankungen des Muskelund Skelettsystems (23%). Von Herz-Kreislauferkrankungen sind 15% und somit deutlich weniger als in der gesamten Baubranche betroffen. Seite 3 von 10 Seiten
4 Hörstörungen 17,1 22,8 26,0 Muskel- und Skelettsystem 22,7 22,4 26,4 Herz-/Kreislaufsystem 15,4 21,1 23,8 Haut 5,4 8,5 7,1 Verdauungsorgane Atmungsorgane 8,3 9,1 7,4 7,6 8,2 7,4 Estrichleger Baubranche gesamt Schreibtischberufe Häufigkeit medizinischer Diagnosen in % Abbildung 1: Prozentuale Häufigkeit medizinischer Diagnosen festgestellt bei arbeitsmedizinischen Untersuchungen Verspannungen im Schulter-/Nackenbereich Funktionseinschränkungen der Schultergelenke Funktionseinschränkungen der Ellenbogengelenke Funktionseinschränkungen der Handgelenke Verspannungen im Bereich des unteren Rückens Funktionseinschränkungen der Hüftgelenke Funktionseinschränkungen der Kniegelenke 1,4 1,6 1,1 1,9 1,0 0,6 0,8 0,6 0,3 0,6 0,8 0,9 2,3 1,9 2,8 3,0 3, ,0 4,7 5,4 Häufigkeit medizinischer Befunde in % 7,1 Estrichleger Baubranche gesamt Schreibtischberufe Abbildung 2: Befunde am Muskel- und Skelettsystem - festgestellt bei arbeitsmedizinischen Untersuchungen Seite 4 von 10 Seiten
5 Belastungen am Arbeitsplatz Unabhängig von Dauer und Häufigkeit berichten fast alle Estrichleger über Belastungen durch schwere Lasten. 81% berichten über Lärm und 69% über körperliche Schwerarbeit. Im Vergleich zum Gesamtkollektiv fallen besonders die häufigen Nennungen der Zwangshaltungen (45%) sowie die gefährlichen Arbeitsstoffe (36%) auf. Der Vergleich mit den Schreibtischberufen der Männer zeigt das generell höhere Belastungsniveau der Beschäftigten in der Baubranche (Abb.3). Allgemeine Risikofaktoren 58% der Estrichleger bezeichnen sich aktuell als Raucher. 29% weisen zu hohe Cholesterinwerte auf und 18% haben deutliches Übergewicht. 7% fallen mit zu hohen Blutdruckwerten auf und bei 4% zeigen sich Anzeichen für einen möglichen Diabetes. Der Anteil der Raucher ist höher als in der gesamten Branche, die anderen Werte weichen von denen aller Bauarbeiter nur gering ab. Schwere Lasten Lärm körperliche Schwerarbeit Zwangshaltungen Teilkörperschwingungen Gefährliche Arbeitsstoffe Ganzkörperschwingungen 11,4 11,5 9,0 8,0 3,7 10,8 2,6 21,6 24,5 28,1 22,7 44,9 43,2 38,1 36,1 58,1 69,1 81,3 81,0 85,8 Estrichleger Baubranche gesamt Schreibtischberufe 96, Häufigkeit von Belastungsangaben in % Abbildung 3: Prozentuale Häufigkeit von Belastungsangaben - erfragt im Rahmen arbeitsmedizinischer Untersuchungen Seite 5 von 10 Seiten
6 erhöhte Cholesterinwerte (>240mg/dl) erhöhte Blutzuckerwerte (>140mg/dl) 3,6 3,0 2,5 29,4 26,0 25,3 Estrichleger Baubranche gesamt Schreibtischberufe deutliches Übergewicht (BMI 30kg/m²) 17,7 20,3 19,5 stark erhöhte Blutdruckwerte (syst.>160,diast.>100) 6,6 10,8 7,7 Raucher 28,9 46,9 58, Häufigkeit allgemeiner Risikofaktoren in % Abbildung 4: Prozentuale Häufigkeit von allgemeinen Risikofaktoren - erhoben im Rahmen arbeitsmedizinischer Untersuchungen Psychische Belastungen am Arbeitsplatz Die Leistungsanforderungen in den Betrieben werden ständig härter. Psychische Faktoren spielen auch bei der Arbeit eine zunehmende Rolle. Die Zahl der Krankheitstage wegen psychischer Probleme ist in den letzten Jahren teilweise um 50% gestiegen. Reaktionen auf psychische Belastungen sind vielfältig. Kopfschmerzen, Erschöpfung, Unzufriedenheit, Ausgebrannt-Sein oder Schlafstörungen sind weit verbreitete Folgen. Arbeitsbezogene Auslöser von Stressreaktionen können sein: die Arbeitsaufgabe, z.b. Zeit- und Termindruck die Umgebungsbedingungen, z.b. mangelnde ergonomische Verhältnisse, Gefahren die betriebliche Organisation, z.b. Arbeitszeit, Arbeitsabläufe die sozialen Verhältnisse, z.b. schlechtes Betriebsklima, Führungsstil. Seite 6 von 10 Seiten
7 Welche Empfehlungen gibt es für die tägliche Arbeit im Betrieb? Bei den von uns vorgestellten Diagnosen ist immer zu prüfen, ob diese auf die Belastungen am Arbeitsplatz zurückzuführen sind, ob die Tätigkeit so hohe Anforderungen hat, dass sie nur von Gesunden längere Zeit ausgeübt werden kann und deshalb weniger Krankheiten zu finden sind, wie eine Verbesserung des Gesundheitszustandes der Beschäftigten erreichbar ist. Um dies zu klären, kann Sie der Betriebsarzt im Detail beraten und Sie bei der Lösung gemeinsam erkannter Probleme unterstützen. Um die Gesundheit der Beschäftigten Ihrer Firma zu erhalten, empfehlen wir aufgrund unserer oben vorgestellten Untersuchungsergebnisse und der Kenntnis Ihres Gewerbes, auf folgende Schwerpunkte des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ein besonderes Gewicht zu legen: 1. Belastungen des Muskel-Skelett-Systems vermindern Ergonomische Verbesserungen am Arbeitsplatz sind ein wichtiger Baustein zur Prävention von Wirbelsäulen- und Gelenkerkrankungen. die Belastung gering gehalten wird. Die Arbeit am Mischer und das Abziehen des Estrichs sollten durch den Wechsel zwischen den Beschäftigten erleichtert werden. Werkzeuge wie Estrichmaschine mit Schrapper und Flügelglätter unterstützen. Unvermeidliche Zwangshaltungen im Hocken und Knien sollten durch geeigneten Knieschutz nach Möglichkeit in Verbindung mit einem Schutz gegen die Durchfeuchtung der Kleidung erträglicher gestaltet werden. Einseitige Arbeitshaltungen werden sich nicht ganz vermeiden lassen, sind jedoch durch ein geschultes Bewusstsein und entsprechendes Verhalten wie häufigerer Wechsel der Körperhaltung zu verringern. Der Bewegungsapparat lebt von der Bewegung. Muskelverspannungen u.a. können auch durch Stress entstehen, vgl. Punkt 5. Weitere Anregungen zur Ergonomie finden Sie auf unserer Webseite Lassen Sie sich von Ihrem Betriebsarzt über Sport- und Bewegungskonzepte, Präventionsund Rehabilitations-Möglichkeiten für Ihre Mitarbeiter beraten. Estrichleger sind insbesondere bei der Verarbeitung von Zementestrich körperlich hoch belastet. Durch eine günstige Organisation der Baustelle können die Belastungen teilweise eingeschränkt werden. Mischer, Sand und Mörtel sollten in unmittelbarer Nähe zueinander aufgestellt werden, damit durch kurze Wege Seite 7 von 10 Seiten
8 2. Vermeidung von gehörschädigendem Lärm Persönlicher Gehörschutz soll beilärmintensiven Arbeiten konsequent getragen werden, auch bei Lärm von fremden Gewerken. Vorrangiger noch sind technische und organisatorische Maßnahmen zur Reduzierung der Lärmeinwirkung. Es sollen vor allem lärmarme Maschinen als Mischer bzw. beim Schleifen zum Einsatz kommen. Durch räumliche Ausgliederung besonders lauter Maschinen kann die Lärmbelastung der Mitarbeiter deutlich verringert werden. Vorbeugende Untersuchungen des Hörvermögens durch den Betriebsarzt sind zu empfehlen. 3. Hautschutz und Hautpflege Estrichleger haben im Vergleich zu anderen Berufen ein deutlich höheres Risiko für Hauterkrankungen insbesondere der Hände. Vorbeugung ist möglich durch den Schutz der Haut gegenüber chemischen Einflüssen (besonders im Zementestrich) durch Verwendung von geeigneten Handschuhen und durch Hautschutzund Hautreinigungsmittel, die der Haut keine natürlichen Fette entziehen sowie die Verwendung von Hautpflegemitteln nach der Arbeit. Ein Hautschutzplan ist erforderlich, bei dem der Betriebsarzt beraten kann. 4. Atemwege und Kreislauf Estrichleger sind erhöhten Belastungen der Atemwege ausgesetzt. Begrenzen Sie deshalb die Belastung durch Stäube beim Abziehen und Schleifen, durch allgemeinen Baustaub und durch Zugluft in geschlossenen Räumen ohne hinreichende Lüftungsmöglichkeiten auf das mögliche Minimum. Das Zigarettenrauchen ist eine wichtige Ursache für Atemwegserkrankungen. Besonders in Kombination mit atemwegsreizenden Stoffen kann es chronische Bronchitis hervorrufen. Übergewicht in Verbindung mit Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, nicht erkannte Zuckerkrankheit und Zigarettenrauchen sind Hauptursachen schwerwiegender Herz-Kreislauferkrankungen. Änderungen der Lebensgewohnheiten wie gesunde Ernährung und Ausdauersport beugen vor. Zum Umgang mit Gefahrstoffen und zur Auswahl alternativer Produkte ist die CD-ROM WINGIS mit dem Gefahrstoffinformationssystem der BG BAU hilfreich. Seite 8 von 10 Seiten
9 5. Psychische Belastungen Das Thema Psychische Belastungen / Stress sollte in jeder Gefährdungsbeurteilung aufgegriffen werden. Zur Vorbeugung hilft ein betriebliches Gesundheitsmanagement, Themen sind z.b. Wenn Sie zu den Aussagen in unserem Bericht Fragen oder Anregungen haben, rufen Sie uns an. Als zuständiger Betriebsarzt berate ich Sie gern ausführlicher. Ein Einstieg kann die einfache Prüfliste wichtiger Gefährdungen sein, die wir für Sie zusammengestellt haben. unser Betriebsklima, Arbeit menschengerecht gestalten, Mit freundlichen Grüßen, Mitarbeiter durch regelmäßige Besprechungen beteiligen, Ihr Betriebsarzt Mitarbeiter bei der Aufgabenerledigung unterstützen und Stärkung der individuellen Fähigkeiten, mit Stress umzugehen. 6. Regelmäßige arbeitsmedizinische Vorsorge Arbeitsmedizinische Vorsorge mit arbeitsplatzbezogener Beratung der Arbeitnehmer durch den Betriebsarzt dient der Früherkennung möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen. Oftmals lassen sich dabei beginnende Gesundheitsstörungen rechtzeitig entdecken und dauerhafte Schädigungen durch Schutzmaßnahmen und betriebsärztliche Beratung verhindern. Spezielle Vorsorge kann z.b. wegen Belastungen des Muskel-Skelett-Systems, durch Baustaub oder Hautbelastungen erforderlich werden. Seite 9 von 10 Seiten
10 Ihr Betriebsarzt und Ihre Sicherheitsfachkraft beraten zur Gefährdungsbeurteilung Tragen Sie bitte ein, welche besonderen Gefährdungen und Belastungen an den verschiedenen Arbeitsplätzen in Ihrem Unternehmen bestehen. Leiten Sie daraus ab, welche Maßnahmen (TOP = technisch, organisatorisch, personenbezogen) Sie ergreifen, welchen Beratungsbedarf Sie deshalb haben (Betriebsarzt oder Sicherheitsfachkraft) welche Unterweisungen Ihrer Mitarbeiter deshalb erfolgen müssen und welche arbeitsmedizinische Vorsorge(n) durch Sie veranlasst oder angeboten- und von Ihrem Betriebsarzt durchgeführt- werden sollten. Besondere Gefährdungen und Belastungen Gefährdung vorhanden möglich Staub (E-Staub (einatembarer) und / oder A-Staub (alveolengängiger) Staub) Asbestfaserhaltiger Staub Quarzhaltiger Staub Schwere Lasten Arbeiten in erzwungenen Körperhaltungen (gebückt, hockend, kniend etc.) Repetitive manuelle Tätigkeiten Hand-Arm-Vibrationen Ganzkörpervibrationen Lärmbelastung Feuchtarbeit bzw. Hautbelastung durch Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen atemwegssensibilisierend oder hautsensibilisierend wirkenden Stoffen (Allergieauslösende Haut- und Atemwegsbelastung) Schweißen und Trennen von Metallen Belastung durch Gefahrstoffe Unausgehärtete Epoxidharze / Isocyanate (z.b. PUR) Tragen von Atemschutz / PSA Auslandstätigkeiten (z.b. Aufenthalt in Tropen / Subtropen) Kontaminierte Bereiche (Altlasten etc.) Krebserzeugende Stoffe Infektionsgefährdungen, Biologische Arbeitsstoffe (Krankenhausreinigung / Abwasser) Bildschirmarbeit Zeitdruck, Stress u.ä. Vorsorge Tätigkeiten mit extremer Hitze- oder Kältebelastung Weitere Gefährdungen / Belastungen siehe Anhang der ArbMedVV (ArbeitsmedizinischeVorsorgeVerordnung) Seite 10 von 10 Seiten
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