Herrschaftsbeziehungen & Vertrauensbeziehungen
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- Insa Koch
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1 Universität Zürich Seminar: Grundlagen der Sozialtheorie (James Coleman) / FS13 Seminarleitung: Prof. Dr. Rössel & Vertrauensbeziehungen Kapitel 4 & 5 aus James Coleman 1991: Grundlagen der Sozialtheorie Band 1 Referenten: Anastasia Abdulai, Niels Kachappilly
2 Inhalt Landkarte - Wo stehen wir? Definitionen Eigene Handlung als Ressource Klassen von konjunkte / disjunkte Schwachpunkte der Herrschaftsbeschränkungen
3 Landkarte Quelle: Coleman 1995: 43
4 Wie kann eine Sozialstruktur entstehen, in der die Handlungen bestimmter Individuen nicht von ihnen selbst, sondern von der Herrschaft eines anderen Akteurs (eines Individuums oder einer Körperschaft) kontrolliert werden? (Coleman 1995: 82) bei Drohungen oder Versprechen, wenn die Meinung besteht, dass die eigenen Interessen am besten gewahrt werden, kann ein Individuum das Recht auf die Kontrolle über bestimmte Handlungen abgeben!
5 Definitionen: Herrschaft: das Recht die Handlungen anderer kontrollieren zu dürfen. : besteht wenn ein Akteur Kontrollrechte über bestimmte Handlungen des anderen Akteurs besitzt. Recht: existiert nur dann, wenn unter den relevanten Akteuren ein allgemeiner Konsens darüber besteht, welcher Akteur das Recht behauptet. Ohne diesen Konsens, gibt es kein Recht. Ausnahmen z.b. Sklaverei, Kindheit
6 Alle Ereignisse oder Ressourcen, deren Kontrolle von Akteuren angeboten bzw. erworben werden kann, ist verkäuflich. Eigene Handlung als Ressource Fertigkeiten, Fähigkeiten, potentielle Dienstleistungen, die für andere von Interesse sind. sind nicht physikalisch übertragbar, daher Übertragbarkeit von Versprechen / Recht auf Handlungen in festgelegten Grenzen.
7 Wann sind die Kontrollrechte über Handlungen übertragbar? Warum übertragen Personen freiwillig die Kontrollrechte über ihre Handlungen?
8 Klassen von 1. Konjunkte Herrschaftsbeziehung Untergebener glaubt, dass es für ihn von Nutzen ist Übertragung durch Überzeugung einseitige Übergabe
9 Klassen von 2. Disjunkte Herrschaftsbeziehung entsteht nur wenn eine Entschädigung gezahlt wird Übertragung ohne Überzeugung Teil eines Austauschs
10 Problem konjunkter Es ist kein Gewinn für den Akteur ersichtlich, wenn er für die Übertragung des Kontrollrechts seiner Handlungen keine Entschädigung erhält. Dafür spricht jedoch: - der Glaube an die Qualitäten des anderen, die man selbst nicht besitzt und einen zu Handlungen treibt, die ein befriedigendes Resultat für einen selbst haben. z.b. bei persönlicher Desorganisation
11 Schwachpunkte...bezüglich der Handlungen Untergebener in konjunkten - Untergebener sieht seine Interessen in Übereinstimmung mit Vorgesetztem - wenn mehrere sich einem Vorgesetzten unterordnen, dann gehen sie davon aus, dass sich ihre Interessen mit den der anderen decken Überlegung, wenn man die anderen Handeln lässt, so geschieht das im eigenen Interesse und erzeugt keine Kosten. Divergenz konjunkter Herrschaftsstrukturen
12 Schwachpunkte...bezüglich der Handlungen Untergebener in disjunkten - Untergebener überträgt Kontrollrecht über eigene Handlungen - Ausführung von Handlungen nicht übertragbar, es ist Ergebnisabhängig - Handlungsergebnisse sind abhängig von Akteuren, die kein intrinistisches Interesse an ihren Ergebnissen haben Untergebener kann gegen Interesse des Vorgesetzten handeln
13 Schwachpunkte im Verhalten Vorgesetzter - in konjunkten können die Handlungen des Vorgesetzten den Interessen des Untergebenen schaden - in disjunkten könnte ein Vorgesetzter die vereinbarten extrinistischen Zahlungen nicht erbringen
14 Herrschaftsbeschränkungen 1. Bereich oder Reichweite der Aktivität - AG-AN-Beziehung ist auf Aktivitäten zum Zweck der Beschäftigung beschränkt 2. Zeit in der die Herrschaft ausgeübt werden darf - Herrschaftsausübung ist auf bestimmte Zeiten oder Arbeitsstunden beschränkt 3. Aufenthaltsort des Untergebenen - AG kann Herrschaft nach der Arbeitszeit nur dann ausüben, wenn z.b. AN sich noch auf seinem Grundstück befindet 4. Präskriptiver Charakter - Übertragung von Herrschaft verleiht dem Vorgesetzten das Recht entweder Anweisungen bindend vorzuschreiben oder Richtlinien für Handlungen zu erteilen
15 Vertrauensbeziehungen Inhalt Grundlagen Landkarte - Wo stehen wir? Beispiele Determinanten der Vertrauensvergabe Spieltheoretische Überlegungen und die Rolle von Institutionen Entstehung von Vertrauen Vertrauen und Allgemeinwohl
16 Grundlagen Viele Transaktionen enthalten eine Laufzeit zwischen dem Tausch von Ressourcen vom einen zum anderen Akteur Transaktionen können oftmals nicht über Verträge abgesichert werden Zum Zustandekommen solcher Transaktionen erfordert es Vertrauen von mindestens einem der beteiligten Akteure Vertrauensbeziehungen bestehen zwischen Treugebern und Treuhändern, welche jeweils bestimmte Interessen verfolgen
17 Landkarte Quelle: Coleman 1995: 43
18 Beispiele Bankangestellter, welcher aufgrund eines Telefonats Zahlung veranlasst Farmer, welcher einem Kollegen bei der Heuernte hilft Mädchen, welches sich von einem Jungen auf dem Heimweg begleiten lässt Bürger, welche den Eliten Vertrauen zusprechen
19 Determinanten der Vertrauensvergabe p: Wahrscheinlichkeit der Vertrauenswürdigkeit des Treuhänders L: potentieller Verlust bei Missbrauch des Vertrauens G: potentieller Gewinn bei Bestätigung des Vertrauens Kritische Wahrscheinlichkeit: p/(1-p) = L/G
20 Vertrauenswahrscheinlichkeit Quelle: Coleman 1995: 128
21 Information und Vertrauen Die Höhe von möglichen Gewinnen G und Verlusten L sind dem Treugeber oftmals nicht bekannt Die Wahrscheinlichkeit der Vertrauenswürdigkeit des Treuhänders p ist in der Regel noch schwieriger einzuschätzen Bei Unsicherheit über p erfolgt Vertrauensvergabe nur bei kleinen Summen von L und G
22 Vertrauen als Spiel Quelle: Diekmann 2010: 60
23 Die Rolle von Institutionen Eine Institution ist ein dauerhafter und berechenbarer Anreizmechanismus (Diekmann 2010, 66) Normen und Regeln können eine Kooperation des Treuhänders fördern -> z.b. falls der Treugeber mit Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet wird, schwindet der Nutzen des Betruges für den Treuhänder Jedoch können Sanktionen mit Kosten für den Treugeber verbunden sein
24 Spiel mit Sanktionsmöglichkeit Quelle: Diekmann 2010: 65
25 Entstehen von Vertrauen Sanktionsmöglichkeit durch Gesetze oder feste Regeln -> strukturelle Interdependenz Vertrauenswürdigkeit eines Treugebers erhöht sich, wenn dieser Interesse an zukünftigen Transaktionen hat -> Verhaltensinterdependenz Informelle Verhaltensregeln können sich in einem System mit ständig wiederkehrenden Vertrauensbeziehungen etablieren -> evolutionäre Interdependenz
26 Vertrauen und Allgemeinwohl Vertrauen ist eine wichtige Voraussetzung für viele Formen sozialer Interaktion Bestimmte Formen von Vertrauenssystemen können auch der Allgemeinheit schaden -Preisabsprachen -Geheimhaltungsabkommen -Mafiakodex
27 Literatur Coleman, James (1995): Grundlagen der Sozialtheorie. Band 1. München: R. Oldenbourg. Diekman, Andreas (2010): Spieltheorie: Einführung, Beispiele, Experimente. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt.
28 Diskussionsfragen Ist die Orientierung an einem Vorbild (z.b. aus den Medien) auch ein Beispiel für Übergabe von Kontrollrechten bzw. Herrschaft? Kann in konjunkten, so wie Coleman sie beschreibt, tatsächlich immer von rationalem Verhalten ausgegangen werden? Kann in Situationen von stark eingeschränkten Informationen bei der Vertrauensvergabe noch immer von rationalem, nutzenmaximierendem Handeln gesprochen werden? Coleman spricht Normen eine vertrauensbildende Macht nur dann zu, wenn diese mit effektiven Sanktionsmöglichkeiten verbunden sind oder zwischen den Akteuren eine homogene Interessenlage vorherrscht. Stellen Situationen, in denen stark unterschiedliche Akteure auch ohne Furcht vor Sanktionen kooperieren im Wiederspruch zu Colemans Auffassung?
*Social Capital: In der nordamerikanischen Soziologie wurde das Konzept Anfang der 1990er Jahre von James Samuel Coleman und Robert D. Putnam aufgenommen und soziales Kapital als Schlüsselmerkmal von Gemeinschaften
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