Allgemeines Verwaltungsrecht
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- Ella Fuhrmann
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1 AVR 12 Universität Zürich Prof. Dr. Felix Uhlmann 1
2 Privatrechtliche Verwaltungsträger 22 2
3 Privatrechtliche Verwaltungsträger 22 Privatrechtliche Verwaltungsträger Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform Spezialgesetzliche Aktiengesellschaften Gemischtwirtschaftliche Unternehmen Private (Natürliche/ juristische Personen) Abweichungen vom OR, Beherrschung i.d.r. durch ein oder mehrere Gemeinwesen. Gründung durch gesetzgeberischen Akt. Bsp.: Swisscom AG Gemäss OR, aber durch ein oder mehrere Gemeinwesen beherrscht. Bsp.: Axpo AG Gemäss OR, unter Vorbehalt von Art. 762 OR. Beherrschung gemeinschaftlich durch Private und Gemeinwesen. Bsp.: MCH Group AG (öff. Hand 49%) Alle Formen des Privatrechts PRIVAT: Anleihen PRIVAT: Rechtsform PRIVAT: Beteiligung PRIVAT: Subjekt des Bundes Gemäss Bundesgesetz, z.b. Swisscom AG (TUG; SR ) der Kantone Gemäss Art. 763 OR u. kant. Recht, z.b. verschiedene Kantonalbanken (Monopolkonzessionär) "Beliehene" 38 Z.B. Krankenkassen 3
4 Spezialgesetzliche AG 22 Art. 763 OR 1 Auf Gesellschaften und Anstalten, wie Banken, Versicherungs- oder Elektrizitätsunternehmen, die durch besondere kantonale Gesetze gegründet worden sind und unter Mitwirkung öffentlicher Behörden verwaltet werden, kommen, sofern der Kanton die subsidiäre Haftung für deren Verbindlichkeiten übernimmt, die Bestimmungen über die Aktiengesellschaft auch dann nicht zur Anwendung, wenn das Kapital ganz oder teilweise in Aktien zerlegt ist und unter Beteiligung von Privatpersonen aufgebracht wird [Gesellschaften vor ] 4
5 Gemischtwirtschaftliche AG (i.w.s.) 22 Art. 762 OR 1 Haben Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Bund, Kanton, Bezirk oder Gemeinde ein öffentliches Interesse an einer Aktiengesellschaft, so kann der Körperschaft in den Statuten der Gesellschaft das Recht eingeräumt werden, Vertreter in den Verwaltungsrat oder in die Revisionsstelle abzuordnen, auch wenn sie nicht Aktionärin ist. 2 Bei solchen Gesellschaften sowie bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen, an denen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts als Aktionär beteiligt ist, steht das Recht zur Abberufung der von ihr abgeordneten Mitglieder des Verwaltungsrates und der Revisionsstelle nur ihr selbst zu. 3 Die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abgeordneten Mitglieder des Verwaltungsrates und der Revisionsstelle haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die von der Generalversammlung gewählten. 4 Für die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abgeordneten Mitglieder haftet die Körperschaft der Gesellschaft, den Aktionären und den Gläubigern gegenüber, unter Vorbehalt des Rückgriffs nach dem Recht des Bundes und der Kantone. 5
6 Dezentrale Verwaltungsträger (Exkurs) 22 Glarner Sach (Sachverhalt) Die Landsgemeinde des Kantons Glarus erliess am 2. Mai 2010 ein neues Gesetz über die Kantonale Sachversicherung Glarus (SachVG), welches das bisherige Sachversicherungsgesetz vom 2. Mai 1993 (asachvg) ersetzte. Nach bisherigem Recht bestand im Kanton Glarus eine obligatorische staatliche Gebäudeversicherung (Glarnersach) in Form einer selbstständigen Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts gegen Feuer- und Elementarschäden für alle im Kanton gelegenen Gebäude mit Ausnahme von Industrie- und Hotelbauten. Mit dem neuen Gesetz wird der Monopolbereich der Glarnersach beibehalten (Art. 18 ff. SachVG), ihr aber daneben ermöglicht, im Wettbewerb mit privaten Versicherungsgesellschaften weitere Gefahren zu versichern, sofern diese Versicherungen mit Fahrhabe und Gebäuden in Zusammenhang stehen (Art. 2 Abs. 1 lit. b und Art. 55 Abs. 2 SachVG). Zudem kann die Glarnersach gemäss Art. 56 SachVG ihre Dienstleistungen auch ausserhalb des Kantons in den angrenzenden Wirtschaftsräumen und in besonderen Fällen auch in der übrigen Schweiz anbieten, sofern ihr daraus keine ausserordentlichen Risiken erwachsen. Zulässig? BGer 2C_485/2010 vom 3. Juli
7 Dezentrale Verwaltungsträger (Exkurs) 22 Glarner Sach (gesetzliche Grundlagen) Auszug aus dem kantonalen Sachversicherungsgesetz Art. 2 Abs. 1 Aufgaben a. Versicherung von Gebäuden im Monopol gegen Feuer- und Elementarschäden nach den Vorschriften dieses Gesetzes; b. Versicherung von Sachen und nicht vom Monopol erfassten Gebäuden im Wettbewerb gegen Feuer- und Elementarschäden sowie andere Gefahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes; Art. 55 Umfang 1 Die Glarnersach versichert im Wettbewerb mit den privaten Versicherungsgesellschaften Fahrhabe und Gebäude gegen Feuer- und Elementarschäden sowie weitere Gefahren. 2 Der Verwaltungsrat kann die Glarnersach ermächtigen, weitere Versicherungen anzubieten, sofern diese mit den in Absatz 1 versicherten Sachen in Zusammenhang stehen. 3 Er legt die allgemeinen Versicherungsbedingungen fest, wobei er diesbezüglich die zwingenden Bestimmungen der Bundesgesetzgebung zum Versicherungsvertrag berücksichtigt. 7
8 Grundrechtsbindung 22 Kriterien 1. Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben 2. Öffentlich-rechtlich beherrschtes Gebilde 3. Handlungsform im öffentlichen Recht Bindung (Art. 35 Abs. 2 BV) z.b. Bergführerprüfung durch SAC M.E. Bindung, anders BGE 129 III 35 ff. z.b. Wettbewerbsdienste der Post Indiz für Grundrechtsbindung, oft aber unklar und eher Folge der Kriterien 1. und 2. z.b. Verwaltungsvertrag über Spitaldienstleistungen Konsequenzen der Grundrechtsbindung Handlungsprinzip des Gemeinwesens Rechtschutzmöglichkeit, falls Grundrechtsbindung mit Grundrechtsbetroffenheit korreliert "Modifizierte" Grundrechtsbindung bei wirtschaftlicher Tätigkeit des Gemeinwesens? 8
9 Grundrechtsbindung (Beispiel) 22 Pendlerzeitungen Seit verschiedene Pendler-Gratiszeitungen in Bahnhöfen und öffentlichen Verkehrsmitteln um Leserinnen und Leser werben, stellt sich für die betroffenen Bahn-, Tram- und Busunternehmen die Frage, ob sie bei der Vergabe entsprechender Bewilligungen zur Aufstellung von Zeitungsboxen die Grundrechte in Frage kommen namentlich die Wirtschafts- und die Pressfreiheit zu beachten haben (vgl. ZBl 2001, 337 ff.). Kriterien zur Beantwortung 1. Öffentliche Aufgabe? 2. Staatliche Beherrschung? ( 3. Verwaltung von öffentlichem Grund?) 9
10 Privatisierung und Selbstregulierung 22 Organisationsprivatisierung Private Rechtsform Aufgabenprivatisierung Aufgabe einer staatlichen Tätigkeit Vermögensprivatisierung Verkauf Staatsvermögen Finanzierungsprivatisierung Gebühren Selbstregulierung Staatliche (subsidiäre) Verantwortung, private Organisation und privater Vollzug, z.b. Vorschriften über Geldwäscherei, Umweltschutzziele. Vorteile: Effizienz, Entlastung Staat Nachteile: Intransparenz, Gleichbehandlungsproblematik (Regelungen zu Lasten Dritter), Kontrollaufwand 10
11 Rechtssetzung durch Private (Exkurs) 22 Art. 164 Abs. 2 BV Erlasse Privater stellen öffentlich-rechtliche Normen dar, wenn ihnen gestützt auf ein Gesetz Rechtssetzungsbefugnisse sei es in Form einer Vollziehungs- oder einer gesetzesvertretenden Verordnung übertragen werden und die Verfassung eine derartige Delegation zulässt. Eine derartige Delegation ist damit nur dann zulässig, wenn der Gesetzgeber die wichtigen Normen selbst erlässt und die Verfassung Private als Rechtssetzungssubjekte anerkennt. Erlasse Privater sind allenfalls auch aufgrund einer Verweisung oder Akkreditierung öffentlich-rechtlichen Normen gleichgestellt, wobei der Verweis statisch oder dynamisch sein kann. Bei einem dynamischen Verweis liegt eine Delegation von Rechtssetzungskompetenzen vor, so dass deren Voraussetzungen einzuhalten sind. 11
12 Rechtssetzung durch Private 22 Beispiele Art. 12 Abs. 1 der Weiterbildungsverordnung der FMH vom 21. Juni 2000 (WBO FMH) definiert den Begriff des Facharzttitels. Diese Normen sind privatrechtlicher Natur und beruhen nicht auf einer formellen gesetzlichen Delegation öffentlich-rechtlicher Rechtssetzungskompetenzen. Aufgrund der Akkreditierung werden sie jedoch dem öffentlichen Recht des Bundes gleichgestellt (BVGer vom 8. Nov. 2010, B-6791/2009, E. 4.1; vgl. auch BGer vom 27. März 2006, K 163/03, E. 5.1) Das Kotierungsreglement (KR) der SIX Swiss Exchange AG sieht in Art. 62 Abs. 2 KR für die Anfechtung von Entscheiden der internen Beschwerdeinstanz die Zuständigkeit des SIX Schiedsgerichts verbindlich und für jedermann vor. Erforderlich wäre für die auf diese Weise statuierte Zuständigkeit des SIX Schiedsgerichts nach Art. 164 Abs. 2 BV jedenfalls die Übertragung der Rechtssetzungsbefugnis an die Beschwerdeführerin. In Art. 9 BEHG ist der Rechtsweg jedoch abschliessend geregelt. Dieser sieht keine Regelungskompetenz der Börse vor. Mangels Rechtssetzungskompetenz für diesen Bereich kann Art. 62 Abs. 2 KR keine normative Geltung beanspruchen (BGE 137 III 37 E. 2.2). 12
13 Rechtssetzung durch Private 22 Beispiele Art. 2 Ziff. 1 lit. a der kommunalen Gebührenordnung hält fest, dass sich der Anschlussbeitrag nach «m3-inhalt des umbauten Raumes nach SIA» berechnet. Der Normtext verweist lediglich auf SIA. Nach dem Wortlaut ist unklar, welche SIA-Norm überhaupt anwendbar ist. Bei Erlass der Gebührenordnung bestand zum Thema der Festlegung eines Gebäudevolumens ausschliesslich die SIA-Norm 116 aus dem Jahre 1952 mit dem Titel «Normalien für kubische Berechnungen von Hochbauten». Damit ist allerdings noch nicht festgelegt, ob es sich um eine statische oder dynamische Verweisung handelt. Art. 69 ff. KV/VS erlaubt der kantonale Verfassungsgeber den Gemeinden nicht, Private mit Rechtssetzungsaufgaben zu betrauen. Die Kantonsverfassung verpflichtet somit die Gemeinden, wenn sie private Normen für anwendbar erklären wollen, auf einen statischen Verweis. Angesichts dieses Umstandes muss deshalb davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber der Gemeinde sich an das Verfassungsrecht des Kantons halten und mit dem Verweis auf die SIA-Norm einen statischen Verweis implementieren wollte. Art. 2 Ziff. 1 der Gebührenordnung verweist demnach statisch auf die SIA- Norm 116 aus dem Jahr 1952 und die Gemeinde hat diese in der vorliegenden Streitsache anzuwenden (BGE 136 I 316 E ) 13
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