Google, Facebook, Amazon: Droht eine Monopolisierung der digitalen Welt?
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- Alfred Waldemar Böhme
- vor 8 Jahren
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1 Google, Facebook, Amazon: Droht eine Monopolisierung der digitalen Welt? Professor Dr. Justus Haucap HFM Workshop Wettbewerb und Regulierung im Internet Hamburg, 17. Oktober 2014
2 Worum geht es mir? 1. Wettbewerbsprobleme bei Suchmaschinen: Der Fall Google 2. Anmerkungen zu anderen marktstarken Internetplattformen: Facebook, ebay, Amazon,. 2
3 Der Fall Google Im Januar 2013 hat die Federal Trade Commission (FTC) in den USA ihre fast 20-monatigen Untersuchungen gegenüber Google eingestellt und einstimmig beschlossen, von Wettbewerbsverfahren gegenüber Google abzusehen. Im Gegenzug hat Google sich bereit erklärt: die Bedingungen zu ändern, zu denen Anzeigenkunden Daten und Programme aus ihren Google-Kampagnen nutzen können, Inhalte anderer Webseiten (wie Hotelbewertungen) nur mit Einverständnis in die eigene Trefferliste zu integrieren, die vorgeschlagene Verfahrensweise zur Klärung von Patentstreitigkeiten (Motorola) zu akzeptieren. Zugleich: Freispruch vom Vorwurf des sog. Search Bias. Verfahren der Europäischen Kommission zieht sich hin.. 3
4 Ökonomische Theorie zum Wettbewerb bei Plattformen Internet-Plattformen (Google, ebay, Facebook, Amazon, ) sind sog. Twosided Markets (mehrseitige Plattformen). Nutzen der einen Marktseite (z.b. Verkäufer) steigt je mehr Nutzer es auf der anderen Marktseite (z.b. potenzielle Käufer) es gibt (z.b. Einkaufszentrum), Verkäufer profitieren also nicht direkt davon, wenn es mehr andere Verkäufer gibt, sondern nur indirekt (weil dies eben mehr Käufer anzieht), Evans (2002) nennt drei Kriterien: 1. Es muss zwei voneinander unabhängige, komplementäre Nutzergruppen geben, 2. der Nutzen der Mitglieder der einen Gruppe ändert sich mit der Größe der anderen Gruppe, 3. Es bedarf eines Intermediärs, der beide Nutzergruppen zusammenbringt. 4
5 Ökonomische Theorie zum Wettbewerb bei Plattformen Plattform Akteur 1 (B) Akteur 2 (S) Videospielkonsolen Spieler Spieleentwickler Beispiele für Plattformen Game-Cube, Play-station, Nintendo Computer-Betriebssysteme Nutzer Anwendungsentwickler Windows, Linux, OS/2 (Karten-)Zahlungssysteme Käufer Akzeptanzstellen (Restaurants, Hotels, etc.) Kreditkarten, EC, Bonuskarten, PayPal Medien Leser, Zuschauer Inserenten Zeitungen, Webseiten Reisevermittler Reisende Fluglinien, Hotels Einkaufszentren Konsumenten Geschäfte professionelle Sportvereine Zuschauer Werbetreibende Expedia, HRS, Uber, AirBnB, Reisebüros Malls, Bahnhöfe, ebay, Amazon FC St. Pauli, Schalke 04 5
6 Ökonomische Theorie zum Wettbewerb bei Plattformen Definition nach Rochet und Tirole (2006): Transaktionsvolumen auf einer Plattform hängt nicht nur von der Gebührenhöhe, sondern auch von der Gebührenstruktur, d.h. von der Aufteilung der Gebühren (a = a S + a B ) Caillaud und Jullien (2003): Henne und Ei-Problem welche Marktseite kann man zuerst gewinnen? Typisches Verhalten: Quersubventionierung der einen Marktseite, um die Attraktivität der Plattform für die andere Marktseite zu steigern. Ergeben sich aus den indirekten Netzeffekten automatisch/ natürlich Monopolstrukturen auf den Märkten? Nein: siehe Reisebüros, Einkaufszentren, Kreditkarten, Single-Börsen. Woran liegt dies? Was beeinflusst die Konzentration? 6
7 Ökonomische Theorie zum Wettbewerb bei Plattformen 1. Direkte Netzeffekte: Facebook, Skype, Twitter, WhatsApp,. 2. Indirekte Netzeffekte: HRS, Amazon, ebay, AirBnB, Uber, Google,.. Ursache Effekt auf die Konzentration Stärke der indirekten Netzeffekte + Ausmaß steigender Skaleneffekte + Überlastungsgefahren Differenzierung der Plattformen Multihoming Quelle: Evans und Schmalensee (2008, S. 679), Haucap und Wenzel (2011, S. 204). 7
8 Ökonomie von Suchmaschinen Horizontale (universelle) versus vertikale (spezialisierte) Suchmaschinen Bezahlte (gesponserte) und unbezahlte (organische) Treffer Finanzierung durch Online-Werbung (sehr zielgerichtet) (Suchwerbung, Display-Werbung, -Werbung) Zahlweise: Preis pro Klick Google: Auktionsmodell und Platzierungsalgorithmus durch Quality Score Bedeutung der Anzahl der Suchanfragen für die Qualität der Ergebnisse? Ausmaß der indirekten Netzeffekte empirisch umstritten Grenznutzen zusätzlicher Daten, Grenzkosten ihrer Verarbeitung. 8
9 Vorwürfe gegen Google Search Bias: Organische Suchergebnisse werden zugunsten konzerninterner Inhalte (Youtube, Google Maps, Google Travel etc.) verzerrt, Original-Suchdaten für Wettbewerber nicht zugänglich (Frage der Skaleneffekte/Größenvorteile Skaleneffekte als Markteintrittsbarriere?) Verdrängung von vertikalen (spezialisierten) Suchmaschinen, Google ist ein Gatekeeper/wesentliche Einrichtung/Bottleneck Frage der sog. Verweisungsdominanz? Google erschwert anderen Suchmaschinen den Zugang zu eigenen Inhalten (wie youtube, Google Books etc.), Erschwertes Multihoming bei Werbekunden, Google als Default auf Endgeräten (in Kombination mit Android). 9
10 Würdigung der Vorwürfe Ist Google marktbeherrschend? Suchmaschine USA D UK F Japan China RUS AUS Google 71.0% 97.0% 93.0% 96.0% 38.0% 24.6% 34.5% 92.8% Yahoo! 14.5% 1.0% 2.1% 1.3% 51.0% % Bing 9.8% 1.2% 3.5% 2.1% % Baidu % - - Yandex % - Andere 4.7% 0.9% 1.5% 0.6% 11.0% 3.4% 3.5% 1.7% Quelle: Haucap und Kehder (2013, S. 136). 10
11 Würdigung der Vorwürfe Aber: Ein hoher Marktanteil im Suchmarkt impliziert nicht hohe Marktanteile im (Online-)Werbemarkt, Herkömmliche Methoden der Marktabgrenzung (SSNIP) versagen beim Suchmarkt, Analyse der Marktbeherrschung an Hand von Markteintrittsbarrieren: Größenvorteile/Skaleneffekte, Frage der Wechselkosten bei Suchenden. Search Bias: Kurzfristig ist eine Verzerrung sicher möglich, aber ist sie auch langfristig profitabel? Bemerken Nutzer eine Verzerrung der Suchergebnisse überhaupt? 11
12 Mögliche Abhilfen ( Remedies ) Pflicht zur neutralen Listung der Ergebnisse aber: Geht das überhaupt? Innovative Angebote, persönliche Suchgeschichte, wer überprüft? Subtile Formen der Verzerrung, Meinungsfreiheit. Entflechtung von universeller und spezialisierter Suche, Zugang zu historischen Suchdaten, Steigerung der Transparenz? FAZIT: Ob Google wettbewerbswidrige Praktiken zum Marktverschluss nutzt, ist sehr schwer zu eruieren. Wenn dies geschieht, liegen oft keine einfachen Abhilfen ( Remedies ) parat. 12
13 Andere marktstarke Internetplattformen: Amazon Amazon: Marktanteil etwa 80% des Online-Buchhandels, aber nur 25% des gesamten Buchhandels, Buchpreisbindung unterbindet Preiswettbewerb im Buchhandel nahezu (Ausnahme: Gebrauchte Bücher, Zugangstarife für E-Book-Bibliothek) Wettbewerb über Beratung, Sortimentsbreite, Standorte, Zahlungsmöglichkeiten, Service Harte Verhandlungen zwischen Herstellern/Verlagen und Buchhändlern nichts Ungewöhnliches Der stationäre Buchhandel fürchtet E-Books, Die Verlage verlieren an Bedeutung (welche Funktion erfüllen Sie noch?) 13
14 Andere marktstarke Internetplattformen ebay: Marktabgrenzung? Marktbeherrschung? Konkurrenz durch stationären Handel, Flohmärkte, Spezialplattformen, Amazon etc. Facebook: Multihoming einfach und üblich Größe nicht nur vorteilhaft Markteintritt von Ello. 14
15 Fazit 1. Das Internet hat großes Potenzial, Wettbewerb zu intensivieren, indem Märkte räumlich erweitert werden und Preisvergleiche einfacher werden. 2. Zugleich beobachten wir auch Konzentrationstendenzen im Internet. 3. Abhilfen sind oftmals nicht einfach zu definieren und auch zu implementieren. 4. Wichtig ist Transparenz und die Möglichkeit zum Wechsel für die Nutzer. 5. Bei Amazon, Facebook und Ebay ist Entspannung angesagt. 15
16 Literaturhinweise Haucap, J. & C. Kehder (2013), Suchmaschinen zwischen Wettbewerb und Monopol: Der Fall Google, in: R. Dewenter, J. Haucap & C. Kehder (Hrsg.), Wettbewerb und Regulierung in Medien, Politik und Märkten: Festschrift für Jörn Kruse zum 65. Geburtstag, Nomos-Verlag: Baden-Baden 2013, S Haucap, J. & U. Heimeshoff (2014), Google, Facebook, Amazon, ebay: Is the Internet Driving Competition or Market Monopolization?, in: International Economics and Economic Policy, 11. Jg., S Haucap, J. & T. Wenzel (2011), Wettbewerb im Internet: Was ist online anders als offline?, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 60. Jg., S Haucap, J. & T. Wenzel (2009), Ist ebay unbestreitbar ein nicht-bestreitbares Monopol? Monopolisierungsgefahren bei Online-Marktplätzen, in R. Dewenter & J. Kruse (Hrsg.), Wettbewerbsprobleme im Internet, Nomos Verlag: Baden-Baden 2009, S
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