Dorfköter grüßt man nicht!
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- Jörn Seidel
- vor 8 Jahren
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Transkript
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2 Für mich
3 Eugen Peine Dorfköter grüßt man nicht! Der spanische Pilgerweg und ich
4 Autor: Eugen Peine Korrektorat, Satz: Annegret Schenkel Umschlaggestaltung, Illustration: Eugen Peine 1. Auflage 2011 Verlag: tredition GmbH, Mittelweg 177, Hamburg Printed in Germany ISBN: Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
5 Inhaltsverzeichnis Vorwort 7 Die Vorbereitung 9 1. Tag, 28. März, Freitag (ca km), Daseburg bis hinter Paris Tag, 29. März, Samstag (Rest der Anfahrt, ca. 700 km), Saint Jean Pied de Port Tag und der Rest vom 2. Tag, 29. und 30. März, Samstag und Sonntag (30 km, 18 km), Roncesvalles und Bizkarreta Gerendiain Tag, 31. März, Montag (15 km), Zubiri und 6. Tag, 1. und 2. April, Dienstag und Mittwoch (24 km und 27 km), Pamplona und Puente la Reina Tag, 3. April, Donnerstag (24 km), Ayegui Tag, 4. April, Freitag (27 km), Torres del Río Tag, 5. April, Samstag (22 km), Logroño Tag, 6. April, Sonntag (14 km), Navarrete Tag, 7. April, Montag (23 km), Azofra Tag, 8. April, Dienstag (27 km), Redecilla del Camino Tag, 9. April, Mittwoch (20 km), Villambistia Tag, 10. April, Donnerstag (25 km), Atapuerca Tag, 11. April, Freitag (32 km), Tardajos Tag, 12. April, Samstag (21 km), Hontanas Tag, 13. April, Sonntag (28 km), Boadilla del Camino Tag, 14. April, Montag (26 km), Carrión de los Condes Tag, 15. April, Dienstag (28 km), Terradillos de los Templarios 84
6 20. Tag, 16. April, Mittwoch (14/55 km), Sahagún/León Tag, 17. April, Donnerstag (21 km), Villadangos del Páramo Tag, 18. April, Freitag (27 km, 14 km davon mit Taxi), Astorga Tag, 19. April, Samstag (9 km), Santa Catalina de Somoza Tag, 20. April, Sonntag (32 km), Riego de Ambros Tag, 21. April, Montag (36 km), Villafranca del Bierzo Tag, 22. April, Dienstag (21 km), Las Herrerias de Valcarce Tag, 23. April, Mittwoch (23 km), Fonfría Tag, 24. April, Donnerstag (29 km), Sarria Tag, 25. April, Freitag (23 km), Portomarín und 31. Tag, 26. und 27. April, Samstag und Sonntag (24 km und 30 km), Palas de Rei und Arzúa Tag, 28. April, Montag (23 km), Lavacolla Tag, 29. April, Dienstag (14 km), Santiago de Compostela Tag, 30. April, Mittwoch (viele km), Daseburg 131
7 Vorwort "W as der kann, kann ich auch! Und außerdem, sein Buch war noch gar kein Erfolg, da hatte ich das auch schon vor. Und jetzt macht der die Millionen und ich? Alles Scheiße, deine Elli 1, schon wieder einer, der meine Karriere zerstört. Der Arsch! Nun mach aber mal halblang, du kennst den Mann doch überhabt nicht, sagte meine Frau, als ich wutentbrannt durch die Küche stampfte und neidisch auf das Buch Ich bin dann mal weg von Ha-Pe Kerkeling reagierte. Ich wollte nämlich auch den Jakobsweg gehen, ein Buch darüber schreiben und erfolgreich werden. Herrgott, dann läufste eben trotzdem Männer. Ich merk schon, die will mich loswerden. Was treibt einen Menschen dazu, durch Spanien auf einem ca. 800 Kilometer langen Pilgerweg zu gehen? Midlife-Crisis oder Aufmerksamkeitsdefizit? Ich war einfach neugierig, nachdem die halbe Welt von diesem Abenteuer spricht, ob es ein Abenteuer ist und ob ich als biederer Normalbürger (nach der Arbeit gleich aufs Sofa) fünf bis sechs Wochen zu Fuß laufen kann. Dieses Buch war zunächst nur in einer Stückzahl von höchstens fünf oder sechs Exemplaren von mir selbst her- 1 Ausspruch einer Unzufriedenheit mit einer Lebenslage, der aber auf kleine Gebiete in Ostwestfalen beschränkt ist. 7
8 gestellt worden und an ein paar Freunde und Bekannte weitergegeben worden. Um die Kosten so gering wie möglich zu halten, hab ich sie selbst hergestellt, also Druck und Binden etc. Die Idee war, jeder, der das Buch bekommt, gibt es einfach nach der Lektüre an einen Interessierten weiter, der gibt es dann wieder an den Nächsten und so fort. Eine Art Leihbuch. Wem es gefällt, sollte dann einen selbst gewählten Geldbetrag auf mein Konto überweisen. Erstens, damit ich weiß, wie viele Leute es gar nicht so schlecht fanden, und zweitens hab ich einen Anhaltspunkt, ob es sich lohnt, es in großem Stil aufzulegen. Denn eigentlich bin ich nicht gerade eine literarische Leuchte. Also sollten die Leser einen Cent überweisen für: Was is das denn für n Scheiß? Alles was darüber hinausging, wertete ich als Belohnung! Die Sache ging auch eine Zeit lang gut, nur wo diese Exemplare jetzt sind, weiß kein Mensch, und Geld fließt schon lange nicht mehr. Also noch mal auf Anfang und jetzt richtig. 8
9 Die Vorbereitung Wer hat Zeit, um 800 Kilometer irgendwo in Spanien rumzulaufen? Das ist wohl für jeden ein Problem. Bei 25 Kilometern am Tag braucht man 32 Tage. Ohne einen Tag Pause. Eigentlich sollte man seine Freizeit für Wichtigeres einsetzen, aber ein Mann braucht Projekte. Im Grundsatz muss man nur die Entscheidung treffen, den Weg zu gehen, dann muss die dafür benötigte Zeit einfach besorgt werden. Sechs Wochen am Stück Urlaub machen, wer kann das schon? 20 Tage Resturlaub und zehn Tage vom neuen, und ein Chef, der nichts dagegen hat, dass der beste Mann der Abteilung mal eben weg ist. Vielleicht bin ich doch nicht unersetzlich, denn ich hab den Urlaub bekommen. Die Ausrüstung ist gut zu überlegen, denn alles muss mitgeschleppt werden. Rucksack, Schlafsack, Klamotten, Waschutensilien, Wasser und eventuell Nahrungsmittel. Wer weiß, was man in Spanien zu essen bekommt. Gute Wanderschuhe hatte ich mir schon fast ein Jahr vorher gekauft, um sie beim Training einzulaufen. Leider gaben diese Markenschuhe für 149,50 aus dem Fachhandel sechs Wochen vor Beginn der Reise den Geist auf. Die Sohle löste sich vom Rest, obwohl ich kaum damit trainiert 9
10 hatte. Es mussten neue her, die ohne viel Einlaufen bestimmt Blasen verursachen. Eigentlich wollte ich schon mal im Vorfeld ein paar Trainingstage einlegen, um zu testen, ob 25 Kilometer gut zu schaffen sind. Aber meistens habe ich nach gut 20 Kilometern schon aufgehört. Das hatte geklappt, also sind auch ein paar Kilometer mehr drin. Hätte ich im Vorfeld schon mal ein ähnliches Terrain und eine ähnliche Strecke zum Testlaufen gehabt, wäre ich vielleicht gar nicht losgelaufen. Aber hinterher ist man immer schlauer. Wie viel Kleidung braucht der Mensch? Auf jeden Fall muss sie leicht sein. Ein weiteres Problem ist die Kleidergröße, denn die richtige Kleidung für Sportler gibt es in der Regel nicht in XXL, sondern wie beim sportlich gebauten Typen eher in den Größen M oder L. Auf die Klamotten aus dem Outdoorladen musste ich folglich verzichten, wäre sowieso zu teuer gewesen. Stattdessen habe ich auf dem Grabbeltisch bei Woolworth zwei Unterhosen ohne Eingriff (heißt heute Underwear) für 2,99 gekauft. Die Sockenwahl ist ohnehin viel wichtiger. Bei den Socken ist nicht entscheidend, welche Marke oder welche Qualität, sondern welche Art. Ich hab mir zwei Paar kurze Damennylons und darüber handelsübliche Normalsocken gekauft, auch bei Woolworth. Die Nylons sollten verhindern, dass die Socke am Fuß scheuert und Blasen verursacht. Außerdem trocknen sie schnell. Die Normalsocke soll übrigens wie alle Sachen einen Anteil an Kunstfasern beinhalten, die sind pflegeleich- 10
11 ter und trocknen schneller als die normalen Baumwollsachen. Waschen muss ich die Klamotten ja auch noch, und da sollten sie eben schnell trocknen, weil man morgens immer wieder losmuss. Die erste und einfachste Grundregel nach dem allseits verehrten Onkel O (meinem Bruder), lautet: Nach dem Einpacken der Klamotten die Hälfte wieder auspacken und das Doppelte an Geld mitnehmen, das passt immer. Die zweite Regel ist: Wenn man die erste Regel nicht befolgen will, sollte man billige Klamotten einpacken, damit sie unterwegs ohne Reue entsorgt werden können. Denn irgendwann wird der Rucksack zu schwer. Diese Regel ist mir aber erst während der Reise eingefallen. Also lautet die Devise: Weniger ist manchmal mehr. 11
12 1. Tag, 28. März, Freitag (ca km), Daseburg bis hinter Paris D er Tag der Abreise begann erst mal unspektakulär, ich musste arbeiten, wenn man dies im öffentlichen Dienst und an einem Freitag so nennen möchte. Um Uhr wurde ich dann vom meiner Frau, Tochter Franziska und Sohn Hannes zum Bahnhof nach Warburg gebracht. So richtig was gegen dieses Unternehmen hatte eigentlich keiner von den dreien. Es schien so, als wären sie froh, mich für eine Zeit los zu sein. Zu meiner Überraschung waren sogar noch zwei Freunde der heimischen Pilgerei gekommen, um mich zu meiner Fortbildungsveranstaltung in Spanien zu verabschieden. Die heimische Pilgerei, das ist so eine Art Kurzwandertripmitmacherklub, der ab und zu mal mit nem Rucksack durch die heimische Gegend läuft. Die wollten wahrscheinlich nur wissen, ob ich meine Drohung auch wahr mache und tatsächlich nach Spanien abreise. Und tschüss. Erste Station Kassel, dann Frankfurt, von da nach Paris Gare de l Est (Ostbahnhof). Der Ostbahnhof liegt übrigens gleich neben dem Nordbahnhof. Na, wenn das die Macher von Monopoly wüssten. Ich hatte knapp zwei Stunden Zeit, um zum Gare d Austerlitz zu kommen, da von dort der Nachtzug nach Bayonne fuhr. Metro Linie 5 oder Taxi? Wegstrecke ungefähr sechs Kilometer. 12
13 Zuerst die preiswerte Variante, also mit der Metro. Nur wie geht Fahrkarte kaufen an einem französischen Fahrkartenautomaten ohne französische Sprachkenntnisse? Hatte ich mir vorher natürlich nicht überlegt. Wie sich später rausstellte, hatte ich mir viele Sachen vorher nicht überlegt. Dann doch lieber mit dem Taxi, aber ein Taxi zu bekommen war ein viel größeres Problem. Es war kein Taxi da. Bis ich die Schlange der Leute gefunden hatte, die alle auf ein Taxi warteten, waren schon wieder zehn Minuten vergangen. Ich hatte den Eindruck, dass mir die Zeit davonrannte. Zu Fuß war der Weg nicht mehr sicher zu schaffen, da ich auch keinen Plan hatte, wo ich hingehen sollte. Es blieb nur die Auseinandersetzung mit dem französischen Fahrkartenautomaten. Eine Fahrkarte für die Metro in Paris braucht man schon deshalb, weil man sonst nicht auf den Bahnsteig kommt. Der ungehinderte Zutritt zum Bahnsteig ist aufgrund einer Absperrung nicht möglich. Der Durchgang lässt sich nur durch ein Billett öffnen. Die Möglichkeit, die Absperrung durch illegales Überqueren zu umgehen und darüberzuspringen, habe ich sofort verworfen. Ich bin 46 Jahre alt und habe, inklusive Gepäck, eine Gesamtmasse von ca. 118 Kilo zu bewegen, da sind sportliche Aktivitäten wie Hochsprung mit Gepäck einfach nicht drin. 13
14 Nachher lande ich noch für 30 Tage im französischen Knast, und die Reise ist hin. Einfach nach dem Motto: Mach es, wie die anderen es machen. In die Schlange vor dem Automaten stellen war ja noch einfach, aber dann schauen, welche Knöpfe die anderen drücken, war ein Problem. Jeder drückte was anderes, und das in einer affenartigen Geschwindigkeit. Dem letzten Mann vor mir schaute ich genau über die Schulter. Er betätigte so viele Tasten, das konnte ich mir nicht alles merken. Dann zahlte er auch noch 12,30 in Münzen, so viel hatte ich in Münzen gar nicht dabei. Hinter mir war keiner mehr, der es mir aus Ungeduld noch hätte zeigen können. Also einfach mal im grünen Bereich des Touchscreen- Bildschirms gedrückt und warten, was kommt. Und siehe da, es sah so aus, als koste die von mir gewählte Fahrt 1,50. Zahlen und glücklich sein. Nach dem Geldeinwurf spuckte der Automat gleich zwei Kärtchen aus. Für vier oder fünf Stationen sollte es wohl reichen. Bei der Absperrung funktionierte auch eines der beiden Tickets als Eintrittskarte. Alles Weitere war einfach, immer Richtung Endbahnhof der Linie fahren, Place d Italie, und dann am richtigen U-Bahnhof aussteigen. 14
15 Prima, erste Hürde geschafft. Jetzt hatte ich noch eine Dreiviertelstunde Zeit und etwas Hunger. Nach kurzem Sondieren des Bahnhofsumfeldes fällt sofort der Mc Doof ins Blickfeld, und meine Menü-Bestellung wird man wohl auch hier verstehen. Une Big-Mac-Menu. Die rundliche Mc-Verkäuferin schaute mich fragend an, erkannte aber sofort meine nicht französische Herkunft. Blaue Jack-Wolfskin-Jacke, Rucksack auf dem Buckel und erwartungsvolles Lächeln. Ich wollte einfach nur einen Burger. Nachdem sie irgendetwas, mir Unverständliches, gesagt oder auch gefragt hatte, auf das ich nicht reagierte, drehte sie sich um und packte einfach alles in eine Tüte. Es ist anzunehmen, dass sie nur wissen wollte, ob es zum Mitnehmen oder Hieressen sein sollte. Die haben geschultes Personal, und keine Antwort ist auch eine Antwort. Besser alles einpacken. Zum Glück gibt es elektronische Kassen mit Display zum Kunden und den Euro, da kann man sehen, was zu zahlen ist. Ihre Preisansage hatte ich natürlich auch nicht verstanden. Ist eben unglücklich, wenn man nur einen Satz auf Französisch sagen kann und der auch noch lautet: Je ne parle pas français, parlez-vous allemand? (Ich spreche kein Französich, sprechen sie Deutsch?) 15
16 Zurück auf dem Bahnhof in einer Sitzecke: Das erste Pilgermenü schmeckte natürlich genauso wie woanders auch. Ein paar französische Wehrdienstleistende gaben sich neben mir den alkoholischen Rest für s Wochenende, und ich schlürfte genüsslich an meiner eiskalten Cola. Hoffentlich muss ich jetzt nachts nicht zu oft raus? Dann zum Bahnsteig 19. Es bildete sich schon eine Schlange zur Fahrkartenkontrolle. Kontrolliert wird, bevor man in den Zug einsteigen darf. Wäre auch ziemlich blöd, wenn jemand mitten in der Nacht im Schlafwagenabteil alle Schlafenden zur Fahrkartenkontrolle wecken müsste. Halten wird der Zug bis zum Zielbahnhof Bayonne nach meinem Kenntnisstand nicht mehr. Immer das machen, was die anderen machen. Wagen 48, Liegeplatz 21, na dann gute Nacht. 16
17 2. Tag, 29. März, Samstag (Rest der Anfahrt, ca. 700 km), Saint Jean Pied de Port Die Nacht war, na sagen wir, beschwerlich. Sechs Personen im Abteil des Liegewagens, vier Männer, eine Frau und ein Kind. Das Kind konnte nicht einschlafen, weil alles so laut war. Die Frau konnte nicht einschlafen, weil das Kind nicht einschlafen konnte, ich konnte nicht einschlafen, weil drei Männer schnarchten und das Kind mit der Frau sprach, weil eben beide nicht einschlafen konnten. Irgendwann war dann doch Ruhe, wenn man das so nennen kann. Ich vermute, dass die Schienen der Strecke von Paris nach Bayonne seit mehr als 30 Jahren nicht mehr geradegezogen worden sind. Der Zug wurde so sehr hin- und hergeschaukelt, bei jeder Weiche wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Ist eben Frankreich, hier konzentriert man sich eher aufs Essen. Ich war gerade wieder eingeschlafen, als es sehr ruhig und friedlich wurde. Sehr, sehr ruhig und sehr, sehr friedlich. Um Gottes willen, wir fuhren nicht mehr weiter, das konnte nur bedeuten, dass wir in Bayonne angekommen waren und ich verpennt hatte. Fluchtartig verließ ich das Abteil, um mich zu vergewissern. Doch da fuhr der Zug auch 17
18 schon wieder an. Nachdem ich aufgestanden war und auf dem Gang vor dem Abteil fragend Bayonne? rief, antwortete mir ein deutscher Mitpilger aus Aachen, mit dem ich schon in der Schlange bei der Fahrkartenkontrolle in Paris zwei Worte gewechselt hatte, dass es bis Bayonne noch eine Viertelstunde dauern würde. Man muss auch mal Glück haben im Leben. Der Zug hatte nur einen kurzen Signalhalt gemacht, um im nächsten Moment weiterzufahren. Ich hatte mich schon auf dem nächsten Bahnhof in Irgendwo gesehen, was meine gesamte Reiseplanung über den Haufen geworfen hätte. Fahrkartenkauf in Frankreich ist ja nicht meine Sache. 18
19 3. Tag und der Rest vom 2. Tag, 29. und 30. März, Samstag und Sonntag (30 km, 18 km), Roncesvalles und Bizkarreta Gerendiain Da sich die Ereignisse am gestrigen Tag überschlugen, hatte ich keine Zeit mehr, irgendetwas zu Papier zu bringen. Jetzt also den Rest vom zweiten Tag in aller Ruhe. Das Beste vorweg, ein Leben hab ich schon gerettet. Aber alles der Reihe nach. Nach dem Frühstück in der Bahnhofskneipe in Bayonne Abbildung 1: Die Rechnung vom Frühstück im Bahnhof von Bayonne. (Quittung liegt bei), ging es mit dem Bummelzug nach Saint Jean Pied de Port, dem Ausgangspunkt für den Ca- 19
20 mino Francés, der bekanntesten Route des Pilgerweges nach Santiago de Compostela. Mit mir waren noch einige andere scheue Pilger aus dem Nachtzug gestiegen. Auf dem Bahnsteig sprach mich auch sodann der Erste auf Französisch, an und ich konnte sofort mit meinem einzigen französischen Satz parlieren: Je ne parle pas Er unterbrach mich mit den Worten: Na, dann sprechen wir besser Deutsch miteinander. Er, Roland, ich glaube aus Tirol, wollte nur wissen, ob der vor uns stehende Zug nach Saint Jean Pied de Port fährt. Sein Rucksack war deutlich kleiner, also auch leichter als der Meine, sodass er nicht sofort als Pilger zu erkennen war. Ich konnte ihm aber auch nicht weiterhelfen, da auf der Anzeige nichts zu lesen war. Hätte ja sowieso nichts genutzt, ich kann ja kein Französisch. Doch dann setzte sich die Anzeigentafel rotierend in Bewegung und zeigte den Zug nach Saint Jean an. Da sah man auch schon einen Trupp Pilger mit Rucksack und den klassischen Outdoorklamotten, wie aus dem Nichts kommend, in den Zug einsteigen. Alles so machen, wie es die anderen machen. Einsteigen und losfahren. 45 Minuten später dann am ersten wichtigen Ziel. Jetzt ist das schöne Leben vorbei und nur noch laufen, 800 Kilometer. Wie sagt der Pilgerfreund Markus: Der Tag ist nicht an ei- 20
B: bei mir war es ja die X, die hat schon lange probiert mich dahin zu kriegen, aber es hat eine Weile gedauert.
A: Ja, guten Tag und vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, das Interview mit mir zu machen. Es geht darum, dass viele schwerhörige Menschen die Tendenz haben sich zurück zu ziehen und es für uns
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