STÄDTE KÖNNEN (UND MÜSSEN) ERFAHRUNGEN IM UMGANG MIT ENTWICKLERN VON EINKAUFSZENTREN. Dr. Frank-Egon Pantel. Stadtbaurat in Oldenburg (Oldb.
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- Catrin Engel
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1 STÄDTE KÖNNEN (UND MÜSSEN) KOMPETENT VERHANDELN ERFAHRUNGEN IM UMGANG MIT ENTWICKLERN VON EINKAUFSZENTREN Dr. Frank-Egon Pantel Stadtbaurat in Oldenburg (Oldb.) Vortrag von 13:45 bis 14:15 202
2 Referentenportrait Dr.-Ing. Frank-Egon Pantel Stadtbaurat in Oldenburg (Oldb.) Architektur- und Städtebaustudium an der Universität Hannover Geboren 1949 in Hamburg Vita: Architektur- und Städtebaustudium an der Universität Hannover Städtebaureferendariat in Niedersachsen Lehrtätigkeit an der Universität Hannover Baudezernent der Stadt Achim 1994 Promotion seit 2002 Inhaber Stadtbaurat der Stadt Oldenburg (Oldb.) Mitglied der Architektenkammer Niedersachsen, des Architekten- und Ingenieurvereins sowie der Akademie für Städtebau und Landesplanung. Kontakt: Dr.-Ing. Frank-Egon Pantel Stadt Oldenburg Technisches Rathaus, Gebäude C Industriestraße Oldenburg Tel.: baudez@stadt-oldenburg.de 203
3 Dr. Pantel Stadtbaurat in Oldenburg (Oldb) Vortrag BCSD-Frühjahrstagung in Halle am 23. / Titel des Referats: Städte können (und müssen) kompetent verhandeln Erfahrungen im Umgang mit Entwicklern von Einkaufszentren (mit Erläuterungen zum Planungsgang eines ECE-Centers in Oldenburg) Vortragsskizze: Mit der Ansiedlung eines innerstädtischen Einkaufszentrums wird in jedem Fall eine entscheidende Weichenstellung für die Innenstadt vollzogen. Dies ist in der Regel ein schwerer operativer Eingriff mit allen Chancen aber auch Risiken, wobei Fehler nur äußerst schwer oder nicht korrigierbar sind. Deshalb kann man auch sagen, Städte müssen das können kompetent verhandeln! Zu (Fach)kompetenz: "Selber wissen was ist, was man will, was man kann und was man nicht will!" Ziel muss sein, eigene, aktive Vorstellungen von Innenstadtentwicklung zu erarbeiten bzw. laufend auf einen aktuellen Stand halten und dies möglichst, bevor Entwickler auf den Plan treten. Dazu gehört: - Städtisches Einzelhandelskonzept mit Wettbewerbsanalyse der Innenstadt, Stärken- / Schwächenfeststellungen, Magnetfelder, Tendenzbeschreibungen, Außen-Innenverhältnis, regionale Einbindung, anstehende eigene oder Fremdprojekte - Prüfung, ob neben exogenen auch endogene Impulse für Innenstadtstärkung initiiert werden können welche Kombinationen möglich und sinnvoll sind. - Analyse der konkreten stadträumlichen Möglichkeiten/potenzielle Standorte für EKZ und daraus resultierende Magnetwirkungen, Möglichkeiten der Ausbalancierung, Austauschaffinität etc., städtebauliche und architektonische Bedingungen, städtebauliches Leitbild, Wirkungen auf den öffentlichen Raum. - Verträglichkeitsdimensionen erkennen, Einschätzung richtiger und notwendiger Impuls- "Dosierung", Wirkung auf vorhandene funktionale Gefüge, Lagequalitäten - Enger Kontakt zur Kaufmannschaft und Sondierung des politischen und bürgerschaftlichen Meinungsfeldes, vorzeitige Diskussionen über Sinn und Nutzen von Ansiedlungen, Aufbau von Entwicklungsvertrauen und Mitwirkungsbereitschaft ('Initiativkreis Innenstadt') - Entwicklung einer (gemeinsam getragenen) innerstädtischen Gesamtstrategie, Ansiedlung eines EKZ als nur eine Maßnahme unter vielen ; - Beispiel: Zielkonzept Innenstadt 2008 / Oldenburg 204
4 - Strategische Nutzung der vorlaufenden Entwicklungs- und Realisierungszeit für Behauptungsmaßnahmen des vorhandenen Handels und unterstützende öffentl. Maßnahmen im Rahmen des Gesamtkonzepts. Empfehlenswert ist die Erarbeitung einer solchen Gesamtstrategie in Begleitung eines ausgewiesenen Gutachterteams, in der sowohl stadtwirtschaftliche als auch städtebauliche und Marketinggesichtspunkte ausreichend berücksichtigt werden. Zu Verhandlungs(potenz): Vor dem Hindergrund der eigenen Analysen und Zielüberlegungen sind gegenüber Entwicklern möglichst durchsetzungsstarke Verhandlungskonstellationen einzunehmen. optimal zu nutzen und durchzuhalten. Es gilt: Am besten lässt sich verhandeln, wenn: a) Wahlmöglichkeiten bestehen "Die Braut darf (und soll) sich zieren und wählerisch sein!" Das heißt, Entwicklerkonkurrenz so lange wie möglich aufrechterhalten, auch über erste Vorvereinbarungen hinaus Kontakte zu Konkurrenten behalten. b) Entwicklungsalternativen bestehen: Motto: "Es geht auch ohne!"; d. h., die Ansiedlung eines EKZ sollte nicht als die alleinige Rettung für die Innenstadt angesehen werden (müssen!). und c) Geschlossenheit hergestellt wird: d. h. die (politischen) Akteure sollten sich einig sein und die kommunale Spitze sich so weit wie möglich frei halten von mit der Ansiedlung verbundenen Erfolgsdrücken aber auch standhaft die getroffene Ansiedlungsentscheidung vertreten! Nur aus einer solchen "Position der Stärke und Verlässlichkeit" lassen sich in der Regel folgende Verfahren und Qualitäten (möglichst partnerschaftlich) gut durchsetzen: - Unabhängige, objektive Gutachterbewertungen - Qualitätvoller Städtebau / Architektur, über ergebnisoffene Wettbewerbsverfahren mit unabhängiger Jury, (nicht nur Fassadenwettbewerb) - Restriktionen bei Größe, Sortimenten, Parkplatzanzahl etc. - Beiträge zur städtebaulichen Umgebungsgestaltung, Mitarbeit / Mitfinanzierung des städtischen Marketings etc. 205
5 Durchsetzungspartner suchen: Die kommunale Verhandlungsposition kann zusätzlich gestärkt werden, sofern es gelingt: - Lokale Kritik (z. B. der Kaufmannschaft) zu nutzen, Schulterschluss mit City-Partnern, um notwendige Restriktionen oder auch erwünschte Beteiligungen durchzusetzen. - Kritik aus Bürgerschaft, Wirtschaft (IHK) und Politik zu nutzen, um noch bessere Verhandlungsresultate zu erzielen (breite regionale und lokale Identifikationen). - Zusätzliche und qualitätsfördernde Partner in Projektentwicklung einzubinden (integriertes Bauprojekt/Durchdringungen) Unbedingt sollten Kontakte zu anderen Kommunen mit Vorerfahrungen gesucht werden Dieses o. g. Verhandlungsinstrumentarium ist als eine Art "Partitur" über den gesamten Entwicklungszeitraum bis zum Betrieb und darüber hinaus dauerhaft und nicht nachlassend zur Durchsetzung der kommunalen Ziele, der Qualitätssicherung und -kontrolle anzuwenden. Verhandlungsführung: EKZ sind i. d. R. "(Ober)Bürgermeisterprojekte". Erforderlich ist aber in jedem Fall eine kompetente (Unter)organisation. Deshalb ist in jedem Fall zu empfehlen, alle Verhandlungsverläufe möglichst von Beginn an in einem mit Autorität nach innen und außen versehenen Projektmanagement zusammenzuführen. Es besteht die Gefahr von Qualitätseinbußen bei jedem folgenden Entwicklungsschritt! Einmal aufgegebene Positionen sind nur sehr schwer wiederzugewinnen. Getroffene Vereinbarungen sind (vor)vertraglich zu sichern. Im Verfahrensverlauf ist besonders zu achten auf: - Umsetzung eines Wettbewerbsergebnisses, der Gutachtenempfehlungen etc., in konkrete Bauleitplanung und städtebauliche Verträge. - Übernahme einer detaillierten Bauplanung als Vertragsbestandteil, Durchsetzung von besonderen Architekturqualitäten, Architektenbindung, Gestaltungsdetails; Material etc. - Überprüfung der konkreten Genehmigungsplanung auf Einhaltung aller vertraglichen Zusicherungen - Kontrolle der Bauausführung, der Werbemaßnahmen, der Nutzflächengrößen, der Sortimente. Wappnung vor "Sachzwängen der letzten Minute", Nichtduldung von Qualitätseinbußen durch Ausschreibung etc., dazu Regel: Immer noch Genehmigungstatbestände in der Hinterhand haben, nicht "waffenlos" werden. - Kontrolle und Durchsetzung der sonstigen Absprachen und zugesicherten Beiträgen - Laufende Berichte über Verfahrensstände und ggf. Veränderungsabsichten an VW-Führung und Gremien (Rückendeckung) 206
6 Fazit: Bei einer Ansiedlung eines EKZ als Innenstadtstärkung gilt wohl: "Je nötiger, je größer, je problematischer." Besser ist in jedem Fall, wenn eine EKZ-Ansiedlung nur die Verstärkung eines schon vorhandenen attraktiven Innenstadtangebots darstellt und sich dimensional (zum Bestand) deutlich unterordnet. Innerstädtische Einkaufszentren sind keine "weißen Ritter", die alles heilen (wollen). Ansiedlungen haben eigene Ziele, die nur bedingt mit denen einer gesamtheitlichen "integrierten"innenstadtentwicklung übereinstimmen. Gefährlich wäre es, sich Illusionen über ihre wahren "Naturen" / geschäftliche Ziele zu machen oder Beeinflussbarkeit entgegen den vorgegebenen wirtschaftlichen Zielen zu erhoffen. Die "angeborene Tiger-Natur" von Einkaufszentren sind autarke ("autistische") Einheiten, die sie von ihrer übrigen Umgebung möglichst unabhängig macht. Dies wird durch autarke Größe, separate Lage, Innenorientierung, Zuordnung von (möglichst vielen) Parkplätzen, einer verminderten Zugänglichkeit zur übrigen Innenstadt angestrebt. Große unabhängige Zentren haben das Bestreben und die Kapazität, eine möglichst vollständige Kundenbindung auszuüben. Diese Formen sind für die Innenstadt nicht zu gebrauchen! Integrierbar ist dagegen i. d. R. die (möglicherweise nur unter bestimmten Bedingungen "zwangsweise") erreichbare "symbiotische" Form von Einkaufszentren. Diese sind funktionsgemischt (Dienstleistung Wohnen) und im Einzelhandelsbereich selbst zu klein, um Bindungen (vollständig) auszuüben. Zwangsläufig entsteht ein Geben und Nehmen / Austauschbeziehungen zur übrigen Innenstadt, deren Nähe dann gerade gesucht wird. Bedingung ist eine bereits attraktive, zugkräftige Innenstadt sowie eine günstige, integrative Lage zur Einfügung in ein ausbalanciertes Magnetnetz, eine (teilweise) dezentralisierte Anlage von Parkplätzen etc. Solche Ansiedlungen können den gewünschten Entwicklungsimpuls für die gesamte Innenstadt erreichen, wenn dies verbunden wird mit einer umfassenden Gesamtstrategie zur Stärkung der Innenstadt. Die einschlägigen Gutachten sollten deshalb nicht nur die so genannte "Verträglichkeit" prüfen. Dies ist ein zu inaktiver, eindimensionaler Ansatz. Entscheidend sollte das dadurch aktivierbare Potenzial, die mögliche Impulskraft und Wirkungen einer "positiven Konkurrenz" und der synergetische Zugewinn für die Gesamtstadt sein. G:\Dez4\Vws\Sekretariat\Reden und Vorträge\Vortrag_Fruehjahrstagung_Halle_ doc 207
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