Darf die öffentliche Hand die Krankenhäuser zur Veröffentlichung ihrer Qualitätsindikatoren aus Routinedaten zwingen?
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- Bettina Baumann
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1 Darf die öffentliche Hand die Krankenhäuser zur Veröffentlichung ihrer Qualitätsindikatoren aus Routinedaten zwingen? Eine eidgenössische Diskussion Qualitätsmanagement Kongress 10. Februar 2010 Luxemburg Dr. med. Peter Indra MPH Vizedirektor Leiter Direktionsbereich Kranken- und Unfallversicherung 2 1
2 Qualität 3 * *KVG = Krankenversicherungsgesetz 4 2
3 Die Rollen nach KVG Bund (Regulator) Regulierung Aufsicht Keine Aufsicht Regulierung Regulierung z.b. Rahmenbedingungen Spitalplanung z.b. über Zulassung, Daten, Tarife Kantone Versicherer Umsetzung Leistungserbringer Regulierung, z.b. Spitalplanung Kontrolle 5 Qualität im KVG Sicherstellung einer qualitativ hochstehenden medizinischen Versorgung ist eines der Hauptziele des KVG, das 1996 in Kraft trat Als Qualität definiert die Botschaft zum KVG nicht nur das Ergebnis einer Behandlung und die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten; sie formuliert auch, dass medizinische Qualitätssicherung einen Beitrag zur Kostendämpfung leisten soll, weil durch die Verbesserung der Qualität der Strukturen, Prozesse und der Resultate der Leistungserbringer langfristig Leistungen und Tätigkeiten, die unnötig und unzweckmässig sind, eingespart werden können (Bundesrat 1991). 6 3
4 Wohin will die Schweiz? 7 Ziel: Ansicht: Bild 8 4
5 Transparenz im neuen KVG ab Art. 22a Daten der Leistungserbringer 1 Die Leistungserbringer sind verpflichtet, den zuständigen Bundesbehörden die Daten bekannt zu geben, die benötigt werden, um die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes über die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen zu überwachen. Namentlich sind folgende Angaben zu machen: a. Art der Tätigkeit, Einrichtung und Ausstattung, Rechtsform; b. Anzahl und Struktur der Beschäftigten und der Ausbildungsplätze; c. Anzahl und Struktur der Patientinnen und Patienten in anonymisierter Form; d. Art, Umfang und Kosten der erbrachten Leistungen; e. Aufwand, Ertrag und finanzielles Betriebsergebnis; f. medizinische Qualitätsindikatoren. 4 Der Bundesrat erlässt nähere Vorschriften zur Erhebung, Bearbeitung, Weitergabe und Veröffentlichung der Daten unter Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips. 9 Umsetzung in der Verordnung (KVV) Art. 31 Veröffentlichung der Daten der Leistungserbringer 1 Das BAG veröffentlicht die Ergebnisse der vom Bundesamt für Statistik gestützt auf Artikel 22a des Gesetzes und durch das BAG nach Artikel 51 des Bundesgesetzes vom 26. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe erhobenen Daten so, dass namentlich folgende Angaben oder Kennzahlen der sozialen Krankenversicherung nach Leistungserbringer oder nach Kategorien von Leistungserbringern ersichtlich sind: a. Leistungsangebot der Leistungserbringer; b. Diplome und Weiterbildungstitel der Leistungserbringer; c. medizinische Qualitätsindikatoren; d. Umfang und Art der erbrachten Leistungen; e. Kostenentwicklung. 10 5
6 Mandat des Departements des Innern: Sofortmassnahme: Ermitteln der Fallzahlen und der Mortalität, basierend auf der Medizinischen Statistik des BFS Konzeptionelle und inhaltliche Anlehnung an das QM-Konzept der HELIOS Kliniken (D); enge Vernetzung mit dem BFS Nutzung des BAG-internen Know-hows, flächendeckende Validierung und Einholung der Zustimmung zur Publikation; Publikation auf freiwilliger Basis Anschliessend Konsolidierung des Projekts und Weiterentwicklung des Konzepts «Qualitätsindikatoren» Einbettung in Q-Strategie des Bundes Nicht ein Ranking steht im Vordergrund, sondern die Nachhaltigkeit
7 Datengrundlage Routinedaten aus der Medizinischen Statistik der Krankenhäuser; Diagnosen mit ICD-10, Behandlungen mit CHOP codiert Mortalitätszahlen sind risikobereinigt nach Alter und Geschlecht; Risikobereinigung nach Komorbiditäten wegen unvollständiger Codierung noch nicht möglich, Risikobereinigung nach Alter ist aber qualitativ guter Ersatz 13 Spitalindividuelles Dossier Zunächst musste eine auf die in der Schweiz gebräuchlichen Klassifikationssysteme angepasste Indikatorenspezifikation definiert werden. Aufgrund der vorliegenden Zeitreihe der Daten der Medizinischen Statistik von 1998 bis 2006 wurde anschliessend für jedes der 181 Schweizer Akutspitäler ein individualisiertes, 150 Seiten starkes Dossier erstellt, das über die indirekt standardisierten Mortalitätsraten hinaus für jeden Indikator einen Überblick über die medizinische Kodierung gibt der entsprechenden Patientengruppe sowie weitere relevante Merkmale. 14 7
8 Plausibilisierung / Möglichkeit von Rückmeldung Ziel war es, den Spitälern auf übersichtliche Art und Weise die Möglichkeit zu geben, dem BAG eine Rückmeldung über die Pilotauswertung zu geben. Das Feedback soll Aufschluss geben über die Plausibilität der Auswertungen, eine Stellungnahme seitens der Spitäler betreffend die Datenqualität ihres Betriebs, Aussagen darüber, ob die Auswertungen als nützlich für den internen Verbesserungsprozess angesehen werden und soll den Spitälern eine Möglichkeit geben, Vorschläge zu machen betreffend die Verbesserung des Systems. 15 Wichtigste Resultate des Feedbacks Sämtliche Universitätsspitäler stimmen zu, insgesamt autorisieren 26% aller antwortenden Spitäler die Publikation Mortalitätsraten als Novum in der Schweiz. Zusammenhang zwischen Mortalität und Qualität in Frage gestellt Methodische Vorbehalte: Datenqualität, Frage der Verlässlichkeit der Aussagen bei kleinen Fallzahlen und Frage der Risikoadjustierung nach Komorbiditäten Strategische Umsetzung: Vergleichskultur muss erst etabliert werden, ebenso die Akzeptanz der Methode mit der Aufnahme in Peer-Reviews und der Diskussion der Sterbefälle als eine Art «critical incidendes» in den Spitälern 16 8
9 Die Publikation (2/2009) Anpassung des HELIOS Konzepts an die Schweizer Verhältnisse Koordination mit den Universitätsspitälern Versand an 180 Akutspitäler: Umfangreiches Dossier mit individuellen Auswertungen Strukturiertes Feedback, Einwilligung zur Publikation der Ergebniswerte der einzelnen Spitäler 17 Beispiel: Herzinfarkt 18 9
10 Beispiel: Geburtshilfe und Gynäkologie 19 Reaktionen BAG 20 10
11 21 Pro Vom BAG forcierte Transparenz führt zu Massnahmen innerhalb der Spitäler und Fachgesellschaften Durch die Publikation( den ablaufenden Prozess) wird das Thema präsent und dadurch vertrauter; Messung der Qualität wird Normalität; Ziel: Vereinheitlichung, Standard setzen 22 11
12 Kontra Befürchtung besteht, zur Senkung der Mortalität könnten Patienten von Spitälern abgewiesen bzw. weiterverschoben werde, Sterben im Spital dürfe nicht mehr sein 23 Kontra Aussagekraft der veröffentlichten Mortalitätsraten ist begrenzt aus folgenden Gründen: Kodierqualität ist von Spital zu Spital unterschiedlich; sie beeinflusst Outcome stark Kodierqualität steigt mit zunehmender Erfahrung und Sensibilität in den Spitälern Es wird nur die Mortalität während dem Spitalaufenthalt berücksichtigt; die Mortalität bis 30 und 90 Tage nach dem Spitalaufenthalt wird nicht ausgewiesen Ausweisung dieser Zahlen scheitert derzeit noch aus Gründen des Datenschutzes Publikation der Mortalität bei kleinen Fallzahlen ist statistisch fragwürdig und aus Datenschutzgründen problematisch 24 12
13 Auswertung (1) Im Grundsatz wird die Initiative in den Antworten fast durchwegs positiv gewürdigt (Initiative wird begrüsst, Resultate verfügbar machen wird gewürdigt, Vergleich ermöglichen, Art der Präsentation, zentrale Berechnung, neutrale standardisierte Methode, für alle gleich, Auswahl der Indikatoren wird als medizinisch sinnvoll beurteilt). 25 Auswertung (2) Im Grossen und Ganzen dominieren aber (verständlicherweise angesichts des obrigkeitlichen Vorgehens) die Vermeidungsstrategien. Nur in einzelnen Fällen wurden die Todesfälle offenbar zurückverfolgt, aber dann nur um diese zu rechtfertigen, etwa, dass der Nenner noch einige mehr Fälle umfasst habe, so dass die Prozentzahl tiefer zu stehen komme
14
15 Nächste Schritte 2. Ausgabe mit Zahlen bis 2007 ist in Vorbereitung, bisheriger Umfang wird beibehalten Spezifikationen für die Berechnung der Qualitätsindikatoren werden in Zusammenarbeit mit Experten weiter angepasst/verfeinert Publikation ist für des zweite Quartal 2010 vorgesehen; auch hier wieder das Prinzip Einwilligung zur Publikation Ab 2011: alle Spitäler! 29 Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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