Wie gläsern dürfen Patientinnen sein?
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- Gitta Kurzmann
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1 Wie gläsern dürfen Patientinnen sein? Dr.iur. Bruno Baeriswyl Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich CH Zürich Tel.: Fax: datenschutz@dsb.zh.ch H+ Fachseminar für Journalistinnen 23. November
2 Inhalt Ausgangslage Patientengeheimnis Trends und Auswirkungen Patientendaten Rechtliche Rahmenbedingungen Faktische Entwicklungen Fazit 2
3 Das Patientengeheimnis Der Eid des Hippokrates (ca. 400 v. Chr.) Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgang mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich verschweigen und als Geheimnis bewahren Art. 321 StGB Ärzte sowie ihre Hilfspersonen, die ein Geheimnis offenbaren, das ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden ist, oder das sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben, werden, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 3
4 Trends Kostenentwicklung Patientengeheimnisses Verlagerung der Entscheidungen 4
5 Kostenentwicklung Kostenentwicklung Zunahme der Menge der Daten Zunahme des Datenaustausches Zunahme der Auswertungen Immer mehr auch Einbezug von Patientendaten 5
6 Patientengeheimnis Patientengeheimnis Schutz der Gesundheitsdaten Schutz des Vertrauensverhältnisses Geheimnisträger: Arzt / Ärztin (und Hilfspersonen) Geheimnisherr: Patient / Patientin Datenflüsse respektieren immer weniger das Patientengeheimnis 6
7 Verlagerung der Entscheidungen Leistungsträger verlangen immer mehr (Gesundheits)daten Kontrolle der Rechnung Kontrolle der Leistungserbringer Kontrolle der Patienten Verlust der Selbstbestimmung Arzt / Patient 7
8 Auswirkungen Wie gläsern soll / darf der Patient sein? Rechtliche Rahmenbedingungen Faktische Entwicklungen 8
9 Rahmenbedingungen Datenschutzgesetz (DSG) Datenbearbeitung / Datenweitergabe Rechtsgrundlage / Einwilligung (im Einzelfall) Verhältnismässigkeit Zweckbindung Integrität Sicherheit 9
10 Rechnungsprüfung Rechtsgrundlage Art. 42 Abs. 3 KVG Der Leistungserbringer muss dem Schuldner eine detaillierte und verständliche Rechnung zustellen. Er muss ihm auch alle Angaben machen, die er benötigt, um die Berechnung der Vergütung und die Wirtschaftlichkeit der Leistung überprüfen zu können. ( ) Verhältnismässigkeit Art. 42 Abs. 4 KVG Der Versicherer kann eine genaue Diagnose oder zusätzliche Auskünfte medizinischer Natur verlangen 10
11 Rechnungsprüfung Patientengeheimnis Art. 42 Abs. 5 KVG Der Leistungserbringer ist in begründeten Fällen berechtigt und auf Verlangen der versicherten Person in jedem Fall verpflichtet, medizinische Angaben nur dem Vertrauensarzt oder der Vertrauensärztin des Versicherers nach Artikel 57 bekannt zu geben. 11
12 Praxis Tarmed: Systematische Bekanntgabe der Diagnose Austritts- und Operationsberichte Systematisches Einfordern von Austrittsund Operationsberichten Vertrauensarzt Lücken bleiben offen 12
13 Überprüfung der Wirtschaftlichkeit Rechtsgrundlage Art. 56 KVG Der Leistungserbringer muss sich in seinen Leistungen auf das Mass beschränken, das im Interesse der Versicherten liegt und für den Behandlungszweck erforderlich ist. Für Leistungen, die über dieses Mass hinausgehen, kann die Vergütung verweigert werden. Eine nach diesem Gesetz dem Leistungserbringer zu Unrecht bezahlte Vergütung kann zurückgefordert werden. ( ) Verhältnismässigkeit.. DSG: geeignet und erforderlich 13
14 Praxis BGer v. 21. März 2007 (BGE 133 V 359) Kontrolle der Leistungserbringer Leistungsträger definiert Umfang der Daten Umfassender Zugriff auf medizinische Personendaten Verhältnismässigkeit Anonymisierte Daten Personifizierte medizinische Daten nicht notwendig 14
15 Praxis Rechnungsprüfung / Überprüfung der Wirtschaftlichkeit Keine Unterscheidung mehr Leistungsträger verlangen umfassenden Zugriff auf Gesundheitsdaten Die Gesundheitsdaten werden direkt von den administrativen Diensten eingefordert 15
16 Praxis Art. 42 Abs. 4bis KVG (im NR abgelehnt 94:79) Bei leistungsbezogenen Fallpauschalen muss der Leistungserbringer auf der Rechnung alle Angaben machen, welche für die Ermittlung der korrekten Fallpauschalen notwendig sind, insbesondere auch die relevanten Diagnosen und Prozeduren. 16
17 Praxis Der Fallmanager vor Ort (Auszüge aus Verträgen Leistungserbringer / Leistungsträger) Sofort nach Kenntnisnahme eines stationären Eintrittes eines Versicherten wird der Leistungserbringerin die Eintrittsmeldung mit Diagnose zugestellt. Der Versicherung werden geplante Operationen und voraussichtliche Aufenthaltsdauer gemeldet. Der Fallberater wird in die Planungs- und Entscheidungsprozesse integriert. Soweit zur Koordination der nachgelagerten Versorgung des Patienten sinnvoll, ermöglicht das Spital dem Fallberater die Kommunikation und Koordination mit dem für die Versorgung des Patienten verantwortlichen Personen, insbesondere mit den Ärzten. Bei Teilnahme an spitalinternen Besprechungen hat für den Fallbetreuer das Spitalgeheimnis Gültigkeit. Keine Rechtsgrundlage / Kein Patientengeheimnis 17
18 Fazit Trends bestätigen: Immer mehr personenbezogene Gesundheitsdaten werden verlangt Das Patientengeheimnis wird immer weniger respektiert Der Leistungsträger verfügt nicht nur über immer mehr Gesundheitsdaten, sondern will auch direkt über die Behandlung bestimmen 18
19 Fazit Ist der gläserne Patient Wunschvorstellung der Beteiligten im Gesundheitswesen? Unvermeidliche Konsequenz, um die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen? oder gibt es nicht Gründe für den Schutz des Patientengeheimnisses? 19
20 Der Wert des Patientengeheimnisses Der Eid des Hippokrates Das Vertrauensverhältnis als Basis der Behandlung / Heilung des Patienten als Teil der Autonomie des Patienten Die Sensitivität der Informationen Genetische Daten 20
21 Fazit Der Patient ist (noch) nicht gläsern! Aber die Trends sind zu stoppen: 21
22 Fazit Das Patientengeheimnis ist in der gesamten Gesundheitsgesetzgebung zu respektieren Die datenschutzrechtlichen Grundsätze sind konsequent umzusetzen Datenschutzfreundliche Technologien und Prozesse sind zu fördern Die Patientinnen und Patienten sind zu involvieren (und nicht nur als Kostenfaktor zu klassieren) 22
23 Der Datenschutz schützt auch Ihre Privatheit! Habe ich kein Recht auf Privatheit? 23
24 Besten Dank! 24
25 Weitere Informationen 25
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