Herbsttörn Oktober 2011

Transkript

1 Unterdorf 57 CH SEON Tel: Herbsttörn Oktober 2011 Ein Hotspot zum Anfang Text: Thomas Bossard, Fotos: Stefan, Brigitte, Ruedi, Thomi Ein bisschen den Sommer verlängern und doch noch anständig segeln können, war die Idee unserer Crew, die mit uns für den letzten Törn dieses Jahrs an Bord war. Es kamen alle auf ihre Rechnung: Rita und Brigitte genossen das Badewetter, das mit 25 Grad tatsächlich sommerlich warm war und Ruedi und Stefan kamen in der zweiten Woche windmässig auf ihre Rechnung, als für drei Tage eine kräftige bis stürmische Bora bliess, so dass wir für einmal sogar das dritte Reff im Grosssegel einziehen mussten. Gehen wir heute schon segeln?, fragte Stefan ganz schüchtern, da er es kaum erwarten konnte, die Segel zu setzen. Da wir schon am Freitag das Schiff vorbereitet hatten, stand dem nichts im Wege. Mit acht Knoten Wind segelten wir gemächlich der Insel Hvar entgegen. Das gab uns Zeit, unseren Gästen das Boot zu erklären und Stefan, der eben die Theorieprüfung zum Hochseeschein bestanden hatte, seine ersten praktischen Erfahrungen und Seemeilen zu sammeln. Fast schon zu gut dirigierte Stefan das Boot rückwärts an den Quai und sofort waren wir von der lebhaften Atmosphäre dieses Hafenortes gefangen. Wir kamen in den Genuss von zwei ganz gegensätzlichen Festen. Zuerst feierte eine ausgelassene Hochzeitsgesellschaft mit aufgebrezzelten Damen und johlenden Männern, die den Bräutigam auf den Schultern trugen, auf dem Kirchplatz die Vermählung. Parade zum Feiertag vor unserem Boot Hochzeitsfest mit feschen Damen. Und dann paradierte eine stolze Folkloretruppe mit ebenso schön aber traditionell

2 gekleideten Mädchen auf dem Hafenquai auf und ab. Stolz wurde die riesige kroatische Flagge geschwungen. den Geschwindigkeitsgewinn brachte, wo andere Boote den Motor anwerfen müssen. Nach 15 Seemeilen war die Bucht Gradina in Sicht, von der die deutsche Yacht wie folgt schwärmt: Wirklich traumhaft für einen Stopp zum Schwimmen und Sonnenbaden ist diese durchgängig drei bis sechs Meter flache und dadurch in vielen Türkistönen leuchtende Bucht an der Westspitze von Korcula. Was das Magazin zu erwähnen vergass, waren die sensationellen Sonnenuntergänge, die einem hier jedesmal geboten werden. Ebenfalls aufgebrezzelt, aber anders Ein Fest zu Ehren des heiligen Stefan mit der Parade einer Folkloregruppe von Korcula. Die schönsten Sunsets kriegt man in der Bucht Gradina. Lust auf Lastovo Ein Hotspot vor Anker Hvar gilt zwar als einer der zwanzig Hotspots von Kroatien das merkte man gut am teuren Nachtessen aber so richtig ruhig liegt man hier nicht. Einige schlafen dabei erst recht gut, andere kriegen kaum eine Auge zu. Folglich legten wir schon gegen neun Uhr ab und segelten Richtung Korcula weiter. Wieder zeigte sich der Wind von seiner zahmen Seite. Dass er auch ganz anders kann, wird er später zeigen. Dafür konnte Stefan heute den grossen Gennaker testen, was genau Die Bucht von Zaklopatica wollten wir schon vor zwei Jahren mal anlaufen, aber da viel Seegang herrschte und die Einfährt nur ungefähr 25m breit ist, verzichteten wir darauf. Heute war uns das Wetter besser gesinnt und nach einem Badestopp am Nordende hatten wir bei Antoni Jurica, der hier schon in dritter Generation wirtet, Platz und Nachtessen reserviert. Zaklopatica auf der Insel Lastovo ist ein weiterer Hotspot. Die Einfahr ist nur 25m breit! - 2 -

3 Ein Rundgang durch die kleine Ortschaft und ein kurzer Fussmarsch zum Hauptort oben in den Bergen, waren sehr eindrücklich und bot eine grandiose Aussicht. Inselhopping und Inselstopping Endlich war für Dienstag ein bisschen mehr Wind prognostiziert, so dass wir den Sprung nach Mljet in Angriff nehmen konnten. Da der Weg über das offene Meer führte, war mit Wellen zu rechnen. Ein frühes Aufankern lohnte sich nicht, da die Seebrise erst am Nachmittag einsetzte. Die Zeit wurde nicht nur fürs Schnorcheln genutzt, sondern auch um endlich den Speedogeber wieder in Gang zu bringen. Was für eine Überraschung, als wir den Geber mit dem kleinen Rädchen aus der Führung zogen und den Ersatzpropfen einsteckten. Das Schaufelrad war völlig mit Muscheln überwachsen; einige lebten sogar noch. Ruedi und Stefan opferten sich mit Schraubenzieher und Zahnbürste die Schmutzarbeit zu übernehmen. Ambiente in Zaklopatika und die mächtige Kirche von Lastovo. Speedogeber aus. So sieht ein neuer Auch der Propeller benötigte dringend eine Reinigung von den Muscheln, wir verloren fast einen Knoten Geschwindigkeit auf unsere gewohnte Marschfahrt. Stefan als geübter Padi-Taucher nahm sich, bewaffnet meinem Spachtel, gerne dieser Arbeit an. Stefan hat erfolgreich den Propeller von den Muscheln befreit. Die Überfahrt nach Mljet war dann etwas holprig und nicht unbedingt nach dem - 3 -

4 Geschmack der Damen. Meine Ankündigung, dass eine wunderbare Konoba mit VIP-Platz und eine exzellente Schwimmmöglichkeit auf uns wartete, vermochte sie bei Laune zu halten. abzuholen. Begeistert und mit vielen Bildern kamen sie zurück. Unsere Konoba mit VIP-Platz und freier Sicht aufs Meer. Das Tüpfelchen aufs i war das wunderbare Fischessen. Da wir die einzigen Gäste waren, wurden wir sehr zuvorkommend von der Familie Juric bewirtet. Nach solch einem ereignisreichen Tag war die Ankerbucht vor Pollace mit seinem Kiefernwald der ideale Ort für unser obligates Fondue. Es blieb genug Zeit um Geschichten auszutauschen, in den Sternenhimmel zu gucken und die Ruhe zu geniessen. Unsere Fischplatte aus der Konoba Adio Mare. Flaute macht erfinderisch - Dubrovnik Wer Flautentage in Kroatien nur mit Faulenzen und Baden verplempert, macht definitiv etwas falsch. Dieses Land bietet kulturell so viel, dass Auslüge quasi auf der Hand liegen. Unsere Crew wollte unbedingt Dubrovnik sehen; wir hatten die Stadt schon im Sommer dreimal gesucht. Ruedi, Brigitte, Rita und Stefan nahmen folglich am nächsten Morgen früh um sechs Uhr den Bus zum Fährhafen Pollace auf der anderen Inselseite und wir verlegten die Sarabella dorthin um sie um vier Uhr nachmittags von ihrem Ausflug Die Ankerbucht vor Pollace gehörte uns alleine. Ein dreistündige Velofahrt durch den Nationalpark und zum Kloster schlossen den Besuch von Mljet ab. Der Panoramablick aufs Kloster

5 Auf dem Weg zurück: Korcula Seglerisch gibt es von diesem Tag (Mittwoch) nicht viel zu berichten, Ruedi steuerte heute einiges und war bei jeder Wende überrascht, wie leicht sich das 13 Tonnen schwere Schiff im Vergleich zu seinem Mac drehen liess. Stefan konnte endlich wieder mal ein Hafenmanöver üben, das er ohne Probleme bewältigte. Man merkte einfach, dass er schon mehrere Male auf Booten dieser Grösse gesegelt hatte, als er und Rita noch in Sydney gewohnt hatten; übrigens in der gleichen Bucht und im gleichen berühmten Segelclub (Yacht Squadron of Australia) segelnd, wo ich 1993 anlässlich unserer Australienreise als kleiner Schweizer ab und zu und gegen Entgelt an einer Twilight Regatta an einer Schot hatte zupfen dürfen. Selbstverständlich musste die Crew eine ausgedehnte Sightseeing Tour durch dieses interessante Juwel von Befestigungsstädtlein machen; schliesslich strotzte sie nur so von Geschichte. Es sollte unser letzter warmer Sonnentag gewesen sein. Ab hier änderte das Wetter definitiv auf Herbst und Starkwind. Korcula nur eines der interessanten Gebäude. Vrboska (Hvar) - eingeweht Hello Josko, do you have a place for us, simste ich an den Hafenmeister von Vrboska, das auf der Rückseite von Hvar liegt und von vielen Crews zu Unrecht übergangen wird. Der kleine Ort lebt von einem bescheidenen Sommertourismus und hat seinen ursprünglichen Charme erhalten. Der Hafenmeister ist übrigens der einzige in Kroatien, der einem die Hand schüttelt, Hello my friend sagt und nicht gleich nach Papieren und Hafengebühren fragt. Doch bis dahin dauerte es noch sechs Segelstunden und 48 Meilen. Immerhin hatten wir anfänglich super schönen Wind bis zur Südspitze von Hvar, das mit seinem verlassenen Leuchtturm den Weg weist. Der einsame Leuchtturm an der Südspitze von Hvar. Drei Motostunden später setzte in Minutenschnelle die Bora ein, so dass wir ziemlich rasch reffen mussten. Die Anzeige stieg auf 23 Knoten und sowohl Ruedi als auch Stefan genossen es, die Sarabella über die Wellen zu jagen. Zweimal knackten sie die zehn Knoten Limite, doch am Ende war Regi mit 10.5 Knoten die Schnellste gewesen. Speed Windstärke - 5 -

6 Sonntag und es gab sicher einiges zu sehen. Gesagt, getan. Auf einem schönen Feldweg radelten wir dahin und schlenderten durch die Gassen dieser äusserst gut erhaltenen Altstadt. Der heisse Ritt nach Hvar Wir können auslaufen und nach Hvar segeln, verkündete ich der Crew am Montag, nachdem der Wind auf 30 Knoten abgeflaut hattte. Rita und Brigitte zogen es vor auf dem Landweg per Bus dorthin zu gelangen, während wir das Boot sturmklar machten und dann mit dritten Reff im Gross und drei Viertel offener Fock gegenan segelten. Alle waren angegurtet, und die Sarabella lief gute acht Knoten die Insel hoch. Impressionen von Vrboska Diese Bora sollte uns die nächsten drei Tage erhalten bleiben und zwang uns sogar für einen Tag im Hafen zu bleiben. Ein Nachbarschiff, ähnlich gross wie wir und mit norwegischer Crew, das versuchte rauszukommen, kehrte ernüchtert zurück, da sie nicht gegen die hohen Wellen ankamen. Die Aussicht auf das schäumende Meer hinter dem geschützten Hafen, machte klar, dass ein Auslaufen sinnlos war. 45 Knoten Borasturm. Auslaufen sinnlos. Wieso also nicht ein Velotour ins nahe Stari Grad machen? Schliesslich war es Angegurtet und mit 3.Reff meistern wir 30 Knoten

7 Um zwei Uhr legen wir recht erledigt aber zufrieden zum zweiten Mal in Hvar an. Den Sonnenuntergang nehmen wir noch wahr doch dann lassen wir uns in den Schlaf wiegeln. verbringen, das wegen eines toll restaurierten venezianischen Palastes gelobt wurde. Die Yacht schreibt dazu: Das 1706 gebaute schöne Anwesen, beherbergt heute ein edles Hotel mit einem entsprechend exzellenten Restaurant nichts für Shorts und Docksides. Der Sonnenuntergang in Hvar Staatsbeleidigung, der letzte Hotspot und dann nach Hause Good morning, Harbor Control, I must check your boat. Wir fielen aus allen Wolken; zum ersten Mal nach sechs Jahren wurden wir kontrolliert. Alle Papiere waren in Ordnung, aber your Croatian flag is not good (zerrissen, Anm. d.red) I must fine you. Ups, schon zwei Mal hat Regi mich gemahnt, die zerrissene Flagge doch endlich zu ersetzen aber wie sich im Gespräch mit dem Officer herausstellte, war der Affront eher unsere grosse intakte Schweizer Flagge, die stolz am Heck wehte; eine Staatsbeleidigung. Schnell ging Ruedi eine neue Flagge kaufen, Regi liess ihren Charme spielen ( we try to be good guests ) um die Busse abzuwenden die bis 3000 Euro hätte betragen können und ich hiesste die neue, viel grössere Fahne an der Steuerbord-Saling. Das Unglück war abgewendet! Das Unglück war abgewendet. Die kroatische Flagge ist wieder intakt und gross genug. Die letzte Nacht wollten wir auf Solta, genauer gesagt im kleinen Ort Maslinica Das Palasthotel mit der halb fertig gestellten Marina. Da wir den Doppelreiher und das kleine Schwarze zu Hause gelassen hatten, mussten wir auf das pikfeine Restaurant verzichten, durften aber die Erlebnisdusche des Hotels geniessen, da die dazu gehörende Marina erst zur Hälfte fertig gestellt war. Bleibt zu ergänzen, dass wir in der einfachen Konoba gleich gegenüber ein super gutes Schlussessen mit Fisch vom Grill und bestem Wein genossen. Ein letztes Bad im immer noch 24- grädigen Meer am nächsten Morgen und zwei Stunden später wurden die Leinen für dieses Jahr endgültig an der Sarabella im Heimathafen der Marina Kastela belegt. Am Mittwoch verliessen uns Ruedi, Brigitte, Rita und Stefan ( Es war eine wunderbare Zeit mich euch ) und wir machten das Schiff winterklar. Der Werftmeister kam an Bord um die Überholungsarbeiten zu besprechen und der Servicemann der defekten Ankerwinch hatte es dann auch noch geschafft, nachdem er zuerst wegen einem Missverständnis nach Punat statt nach Kastela gefahren war. Das ist nur 300 km nördlicher! - 7 -