Faszien. 1. Bindegewebe und Faszien was ist das? Zahlen und Fakten. Faszie = Lateinisch fascia = Band, Bündel, verbinden

Transkript

1 Faszien 1. Bindegewebe und Faszien was ist das? Faszie = Lateinisch fascia = Band, Bündel, verbinden Faszienforscher weltweit betrachten das gesamte Bindegewebe als ein Organ. Dieses Organ, welches alle inneren Strukturen des menschlichen Körpers miteinander verbindet, bezeichnet man als Fasziennetz. Das Fasziennetzwerk durchzieht unseren ganzen Körper von oben nach unten, von vorne nach hinten, von außen nach innen und hält dort alles an seinem Platz. Faszien sind an Muskelbewegung beteiligt, umhüllen die Organe, verbinden Bänder und Sehen. Faszien sind mit zahlreichen Rezeptoren ausgestattet. Diese Schaltstellen reagieren auf Druck, Dehnung, Muskelanspannung und machen das Faszien-Netzwerk zu einem wichtigen Sinnesorgan für die Körperwahrnehmung. Faszien bestehen hauptsächlich aus Protein und Wasser. Weitere Bestandteile sind Kollagen und Elastin. Ganz gleich wie man es auch nennen mag, das Fasziennetz ist ein im gesamten Körper aktives, biomechanisches Regulationssystem, das genauso wichtig ist wie das neurologische System und der Blutkreislauf. Zahlen und Fakten Jeder Mensch trägt kg Bindegewebe mit sich herum Das Bindegewebe speichert ein Viertel des gesamten Körperwassers Es versorgt Zellen und Organe mit Nahrung Es reagiert auf Belastung und Anforderung und passt sich an Das Bindegewebe erneuert sich ständig: nach einem Jahr ist ca. die Hälfte der Kollagenfasern ausgetauscht Im Alter nimmt der Anteil des Wassers im Bindegewebe ab, die Kollagenfasern verfilzen zunehmend

2 2. Faszien im Zentrum der Aufmerksamkeit früher und heute Mit den bisherigen bildgebenden Verfahren konnte die Struktur und die Veränderung der Faszien nicht festgestellt werden. Man hielt das Bindegewebe für totes Füllmaterial. Nun zeigte sich mit Aufnahmen einer Microkamera, dass die Faszien leben. Das von der klassischen Medizin weitgehend unbeachtete Gewebe ist schlagartig interessant geworden. Somit erfährt das, was in altnativen Heilverfahren und fernöstlichen Bewegungsschulen schon lange intuitiv, doch mit Erfolg angewendet wurde, nun nachträglich eine wissenschaftliche Grundlage. Dr. Robert Schleip, Humanbiologe an der Universität Ulm baute mit der Neurophysiologin Dr. Heike Jäger bereits 2003 ein Faszienlabor und forschte am Bindegewebe. Dr. Robert Schleip war auch am 1. Internationale Faszien- Kongress 2008 in Boston führend beteiligt. Aber: Momentan scheint es, als würde jede neue Methode mit dem Schlagwort Faszie werben. Alle möglichen Hilfsmittel vom Tape bis hin zum neusten Trainingsgerät führen ihren Effekt auf die Wirkung zurück, die sie auf die Faszien ausüben. Faszien nicht das A und O sie sind kein Allheilmittel oder die Antwort auf alle Fragen, die uns beschäftigen. Man sollte also nicht versuchen, mehr hineinzuinterpretieren, als sich wissenschaftlich erklären lässt. Die Faszienforschung steht noch am Anfang, doch hat einiges Wissen, das sich in den letzten Jahren rund um die Faszien angesammelt hat, viele alte Konzepte über den Haufen geworfen. Auch sind sich Experten immer noch nicht einig darüber, was überhaupt zu den Faszien gehört. 3. Faszien sind trainierbar Faszien sind trainierbar. Damit eröffnen sich für Gesundheit, Fitness und Leistungssport neue Bewegungsperspektiven. Faszien sind lebendig, reagieren auf Reize und passen sich Belastungen an. Bei älteren Menschen verfilzen die Faszien nicht nur als Alterserscheinung, sondern auch durch weniger Bewegung. Wer sich nicht bewegt, verklebt Wenn Faszien verfilzt und verklebt sind, beeinträchtigt das die Muskelarbeit, denn die Kraftübertragung von Muskel zu Muskel funktioniert nicht mehr reibungslos und die Koordination leidet.

3 Use it or loose it Unser Fasziennetz befindet sich im ständigen Auf- und Abbau. Es dauert je nach Alter und Konstitution des Menschen ungefähr 6 bis 24 Monate bis ein Großteil der Fasern erneuert ist. Wo es bewegt wird, bleibt es elastisch und geschmeidig Wo es belastet wird, wird es stark und kräftig Wo es nicht genutzt wird, verfilzt und verklebt es Vorteile des Faszientrainings: Erhöht Belastbarkeit von Sehen und Bändern Verringert schmerzhafte Reibungen in Hüftgelenk und Bandscheiben Bewegungsabläufe, Beweglichkeit und Koordination verbessern sich Elastische Faszien bieten langfristig Schutz vor Verletzungen und Schmerz Die Regenerationszeit verkürzt sich (schneller fit für nächstes Training/Anforderung) Muskeln arbeiten effizienter Leistungsfähigkeit steigt Faszien lieben Bewegung und Dehnung, Druck und Zug, Auspressen und Ausrollen.

4 All diese Bewegungen sind jedoch nicht neu. Bewegung und Dehnung ist schon seit Jahrzenten in Gymnastikübungen vorhanden. Damals wusste man wahrscheinlich nur noch nicht, wie wichtig diese Bewegungen für das normale Funktionieren des Körpers sind. Der Mensch hat einfach inzwischen die Fähigkeit verloren, sich mit Leichtigkeit zu bewegen. Diese funktionellen Bewegungen und Bewegungsmuster, die er als Kind nahezu mühelos beherrschte, sollten im Training wieder nähergebracht werden. 4. Faszien und Rückenschmerz Die Ursachen für Rückenschmerzen (chronisch) werden üblicherweise in den Bandscheiben, Wirbeln, Gelenken oder Nerven gesucht. Allerdings führen die meisten Bandscheiben- und Wirbel OPs nicht zu dauerhafter Besserung. Die Faszienforschung gibt neue Erkenntnisse: Die Ursachen für Rückenschmerz könnte auch in den Faszien, vor allem in der großen Rückenfaszie, liegen. Faszien sind schmerzempfindlich, können sich verhärten, entzünden, verdicken und so starke Rückenprobleme verursachen. Verdickte Faszien links und rechts der WS können Nerven einklemmen. Da die Faszien dicht mit Rezeptoren und Nervenenden besiedelt sind können sie also Schmerz vermitteln.

5 5. Faszientraining im Sport Die vielen, neuen Erkenntnisse rund um die Faszien können in ein Trainingsprogramm integriert werden, welches das Fasziengewebe gezielt stimuliert und kräftigt. Ein gut trainiertes und integriertes Fasziennetz beeinflusst die Kraftentwicklung und Kraftübertragung sowie die Feinabstimmung einer Bewegung nachhaltig. Das Training ist unkompliziert und wenig aufwendig: 10 Minuten zweimal wöchentlich ist ausreichend. Es ist für alle Alters- und Trainingsstufen geeignet. Faszientraining ergänzt jedes Training und bereichert es Faszientraining gehört zu einem Muskel-, Kreislauf- und Koordinationstraining einfach dazu Faszientraining hat vor allem für Alltagsbewegungen, Prävention und Rehabilitation eine enorme Bedeutung Die Trainingsprinzipien: Dehnen + Federn + Spüren + Beleben Wenn man diese vier Trainingsprinzipien beachtet, regt man die vier Grundfunktionen der Faszien an: Formen + Bewegen + Kommunizieren + Versorgen Infos/Quellen: Buch: Robert Schleip Faszien Fitness Buch: Frank Thömmes Faszientraining Quarks + Co. Geheimnisvolle Faszien ARD Mediathek Functional Training Magazin: Artikel Thomas Myers Faszien matrix reloaded Artikel Robert Schleip Gutes Faszientraining