Qualitäts - Management sozialer Dienstleistungen
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- Charlotte Geiger
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1 Qualitäts - Management sozialer Dienstleistungen von Hubert Kuhn Dieser Artikel gibt einen Überblick, was unter Qualitäts-Management verstanden wird und welche Phasen in der Einführung unterschieden werden. Die Gefahren, Qualitäts-Management, insbesondere in Sozialen Einrichtungen, auf einzelne Dimensionen zu reduzieren, werden aufgezeigt. 1. Grundlagen Qualitätsmanagement (QM, oft auch Total Quality Management - TQM) umfasst das soziale wie auch technische System einer Organisation und geht damit über die reine Qualitätssicherung (QS) hinaus. Das System der QS entstand aus dem militärisch-industriellen Bereich und betont(e) wie auch die Anfang der 80er Jahre entwickelten ISO-Normen die harten, technischen Faktoren der Qualitätserstellung (vgl. Kölsch/ Roerkohl1996, 37, Walgenbach/ Beck 2000, 331ff.). Demgegenüber will QM erreichen, daß Qualitätsbewußtsein zu einem umfassenden Denk- und Handlungsansatz in der Organisation wird, sich somit in der Unternehmensphilosophie (dem Leitbild), im konkreten Führungskonzept der (Team)-Leitung sowie im täglichen Selbstverständnis aller MitarbeiterInnen widerspiegelt (Bobzien 1996, 53). Die tragenden Säulen des Qualitätsmanagements sind: * KundInnen-Orientierung; * Prozess-Orientierung; * MitarbeiterInnen-Orientierung; * kontinuierliche Verbesserung. 1.1 KundInnen-Orientierung Eine Besonderheit sozialer Dienstleistung ist, dass die Dienstleistung zusammen mit dem Adressaten erbracht wird. Er (oder sie) ist sozusagen der Co-Produzent der Dienstleistung. Beratung ist auf die aktive Beteiligung des Ratsuchenden angewiesen, GruppenleiterInnen auf die Aktivität und das Interesse der Mitglieder an der Gruppe, auch Lernen funktioniert nicht nach dem "Nürnberger Trichter". Produktion und Konsumtion der Dienstleistung fallen zusammen (das sog. Uno-actu-Prinzip ). Damit wird die Qualität der Dienstleistung
2 schwer messbar, aber dennoch für insbesondere in sozialen Einrichtungen beide Seiten zu beurteilen. KundInnen -Orientierung, gegenüber z.b. KlientInnen-Orientierung, betont neben der grundsätzlichen Eigenverantwortlichkeit des Menschen speziell die Fähigkeit des einzelnen, für das eigene Leben kundig zu sein. Das heißt, letztendlich entscheidet allein die Adressatin über den Nutzen der Dienstleistung - der Kunde ist König!. Eine "Kunden"beziehung impliziert eine Markt-Situation. Der Kunde kann unter verschiedenen Anbietern wählen. Für Monopol- oder Zwangsbeziehungen verschleiert die Bezeichnung "Kunde" die reale Abhängigkeit. Andere Begriffe wie "Klientin" passen hier besser. Im folgenden beziehe ich mich auf Organisationen, deren AdressatInnen wählen können und bezeichne sie daher als KundInnen. Ein wichtiges Merkmal der Kundenorientierung liegt in der Service- Qualität. Diese kann unterschieden werden in die * Basis-Qualität: das, was als selbstverständlich vorausgesetzt wird, z.b. das Sozialamt ist zuständig für Sozialhilfe, Kirche kümmert sich um Glaubens- und Sinnfragen; * Erwartungs-Qualität: das, was die Einrichtung verspricht, z. B. während der Öffnungszeiten einen kompetenten Ansprechpartner zu finden; * Überraschungs-Qualität: das, was als außergewöhnlich, überraschend erlebt wird. Kritik und Beurteilung der Kunden richtet sich auf die Erwartungs- Qualität, z.b. in Befragungen. Hier muss die Organisation prüfen, ob ihr Profil den Erwartungen der KundInnen (noch) entspricht, bzw. wie ihr Profil zu vermitteln ist. Kunden sind einerseits die EndverbraucherInnen, aber auch andere Institutionen, z.b. Geldgeber, andere relevante Organisationen, in weitestem Sinne auch die öffentliche Meinung. 1.2 Prozess-Orientierung Qualitätsmanagement betont, wie Leistungen erbracht werden. Qualitätssicherung und Qualitätsstandards orientieren sich an den technisch-fachlichen Aspekten einer Leistung, am was. Hier hingegen wird der Prozess untersucht, wie die Leistung zustande kommt. Prozesse meinen die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen und vermittelt werden, wie in der Organisation kommuniziert, berichtet und entschieden wird. Prozesse (die Ablauf-Organisation) sind das Öl im Getriebe (der Aufbau-Organisation). Prozess-orientiertes Denken sucht bei Fehlen in erster Linie nach einer besseren Prozess-Steuerung, nicht nach schadhaften Organisationseinheiten, inkompetenten, un- oder böswilligen Mitarbeitern. 2
3 1.3 MitarbeiterInnen-Orientierung Aus dem Uno-Actu-Prinzip der Dienstleistung folgt die zentrale Bedeutung der MitarbeiterIn für die Zufriedenheit des Kunden. Neben der Qualifikation und fachlichen Kompetenz wird die Dienstleistungsqualität insbesondere beeinflusst durch - das organisatorische Umfeld: ausreichende personelle, räumliche und finanzielle Ressourcen; und - die Fähigkeit, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden zu erkennen und angemessen darauf einzugehen. Die letzte Komponente ist eng verbunden mit einem positiven Arbeitserleben, einer hohen Motivation und Identifikation der MitarbeiterInnen. Wesentlich hierfür sind weniger harte, materielle Faktoren, als vielmehr das Arbeitsklima, die Kommunikationskultur, Wertschätzung, Transparenz, Möglichkeiten zur Beteiligung. Die Art und Weise der Führung, die Führungs-Kultur, hat darauf großen Einfluss. 1.4 Kontinuierliche Verbesserung Kontinuierliche Verbesserung der Qualität setzt an drei Ebenen an: Ergebnis - Qualität: Messbar an der Erfüllung des Leistungsauftrages, der Zufriedenheit der KundInnen und der MitarbeiterInnen; Prozess - Qualität: Kommunikation und Kooperation in der Ablauforganisation: die wichtigsten Prozesse für die Leistungserstellung müssen zu beschreiben, zu beurteilen und soweit sinnvoll zu messen sein, z.b. für Pflege-Einrichtungen die Pflege-Pläne und -Diagnosen; Struktur - Qualität: rechtlicher Rahmen, Aufbau-Organisation, Verwaltungsstruktur, personelle und sachliche Ressourcen, Leistungsauftrag, Zielgruppe, Regionalstruktur u.ä. Voraussetzung einer kontinuierlichen Verbesserung ist zielorientiertes Handeln, das heißt konkrete und überprüfbare Ziele zu verfolgen und zu erreichen. Die Motivation, die eigene Arbeit kontinuierlich zu verbessern, speist sich aus einer Neugier auf Schwachstellen (Qualitätsbewusstsein) und einer Neugier auf die KundInnen (Kundenorientierung). Auf Dauer unabdingbar ist dafür eine Kultur der Fehlerfreundlichkeit in der Organisation, in der nach Ursachen und Verbesserungen, statt nach Schuldigen und Sündenböcken gesucht wird. 2. Phasen des Qualitäts - Managements 3
4 Idealtypisch umfaßt das System des Qualitäts-Managements die Phasen: * Qualitäts-planung; * Qualitäts-Lenkung; * Qualitäts-Prüfung und * Qualitäts-Dokumentation. (vgl. DIN ISO 8402, 1992, 22f, zit.n. Bruhn 1997, 143) Ein ganzheitliches, integriertes Qualitäts-Management achtet auf die Integration der Instrumente - innerhalb jeder Phase ( Intraphasen-Integration), und - zwischen den verschiedenen Phasen ( Interphasen-Integration), um z. B. Synergie-Effekte zwischen unterschiedlichen Instrumenten zu nutzen. 2.1 Qualität planen Vision und Leitbild entwickeln Eine Vision unterscheidet sich von einem Ziel durch ihren ganzheitlichen, bildhaften Charakter, ihre Wertorientierung und Nutzen für andere und ihre hohe persönliche Identifikation (vgl. zur Bonsen 1994, 21). Eine Vision mobilisiert wesentlich mehr Energie, sie zu verwirklichen als ein Ziel. Für eine Organisation bietet eine Vision Leitlinien, Wegweiser für die langfristige Entwicklung der Organisation. Individuelle Vorstellungen über die Zukunft der Organisation werden kollektiv gebündelt in einem Leitbild. Jede Organisation, jede/r MitarbeiterIn hat eine Vision, ein Leitbild über die eigene Zukunft. Es ist nur die Frage, wie verborgen, wie deutlich, wie profiliert und greifbar, wie mit Energie aufgeladen, wie ent - wickelt diese Vision ist. Eine Vision, ein motivierendes Leitbild wird in der eigenen Person/ Organisation ent - deckt, ent - wickelt, nicht von außen aufgesetzt (dann eher ein Leidbild). Das Leitbild einer Einrichtung beschreibt meist in wenigen Sätzen die übergeordneten Ziele der Einrichtung und die grundsätzlichen Vorgehensweisen, diese zu verwirklichen. Grundsätze werden formuliert * wie mit KundInnen, Geldgebern, dem Träger und anderen Einrichtungen im Umfeld der Organisation umgegangen werden soll; * zu Führung, Ablauf-Organisation und Kommunikation in der Einrichtung. Grundsätze und Aussagen des Leitbildes müssen von allen MitarbeiterInnen geteilt werden. Das Leitbild wird mit dem Träger der Einrichtung abgestimmt und kann anschließend die Präambel der Qualitätspolitik der Einrichtung bilden. 4
5 Das Leitbild geht über eine Bestimmung der strategischen Qualitätsposition (vgl. Bruhn 1997, 153) gegenüber Konkurrenzanbietern hinaus, wiewohl es auch diese Elemente ( Womit unterscheiden wir uns von der Konkurrenz? ) enthalten sollte. Methoden, das Leitbild einer Einrichtung zu entwickeln können sein: Zukunftswerkstatt oder Zukunftskonferenz. Wichtig ist, die Vergangenheit kritisch zu prüfen ( Worauf sind wir stolz? Was bedauern wir? ), die zukünftigen Aufgaben in Betracht zu ziehen ( Was kommt auf uns zu? ) und die Visionen der MitarbeiterInnen damit zu verbinden (vgl. Bobzien 1996, 81) Qualitätspolitik entwerfen und umsetzen Aus dem Leitbild werden Qualitäts-Strategien abgeleitet, das heißt, es werden Grob-Ziele in den verschiedenen Leistungskategorien der Einrichtung formuliert. Berücksichtigt werden die vorhandenen Ressourcen der Einrichtung und die - soweit als möglich- erforschten Erwartungen der externen und internen KundInnen. Die Frage ist: Was wird angeboten? Welches sind unsere Produkte? Es werden Prioritäten gesetzt und Verantwortlichkeiten festgelegt. Zentrale Führungsaufgabe ist es die Qualitätspolitik zu entwickeln und festzulegen. Dazu gehört, Qualitätsziele zusammen mit den MitarbeiterInnen zu entwerfen, Verantwortliche für einzelne Arbeitsbereiche festzulegen, konkrete Verbesserungen der Arbeitsabläufe umzusetzen und Maßnahmen zur Evaluation einzuführen Festlegen von Qualitätsgrundsätzen oder -leitlinien Es wird entschieden und definiert, wie die Produkte angeboten werden, welche Eigenschaften die Produkte kennzeichnen. Grundsätze für Führungskräfte in Dienstleistungsunternehmen können differenziert werden in: KundInnen-orientierte Grundsätze: * Führungskräfte erbringen qualitativ hochwertige Dienstleistungen; * im direkten Kontakt mit Kunden verhalten sich Führungskräfte serviceorientiert; MitarbeiterInnen-orientierte Grundsätze: * offene Anerkennung der MitarbeiterInnen als wichtigen Beitrag in der Dienstleistungskette des Unternehmens; * Politik der offenen Tür für die MitarbeiterInnen; Leistungs-orientierte Grundsätze: 5
6 * Führungskräfte sind empfänglich für Verbesserungsvorschläge der MitarbeiterInnen; * Führungskräfte zeigen erkennbar Veränderungsbereitschaft und Flexibilität Kurz- und langfristige Qualitätsziele bestimmen Die Qualitäts-Grundsätze werden inhaltlich und zeitlich konkretisiert für die jeweilige Einrichtung. Beispiele aus einer Einrichtung der telefonischen Beratung zur Selbsthilfe: * Wir arbeiten mit kompetenten BeraterInnen. * Unsere Informationen und unser Datenmaterial zur Selbsthilfeunterstützung ist aktuell. * Jede/r AnruferIn erhält das Gefühl, mit seinem/ ihrem Anliegen bei uns an der richtigen Stelle zu sein. * Wir sind zu den Öffnungszeiten persönlich erreichbar. * Jede/r AnruferIn erhält ausreichend Zeit für die Beratung. * Wir beginnen unseren Telefondienst pünktlich. (aus der Sammlung von Qualitätszielen des Selbsthilfezentrums München, vgl. Bobzien 1996, 85) 2.2. Qualität lenken Qualitäts - Lenkung (oder auch Qualitäts - Steuerung) baut auf den Ergebnissen der Qualitäts - Planung auf und umfasst alle Tätigkeiten, die der Verwirklichung der Anforderungen an die Qualität der Dienstleistung aus Sicht der KundInnen und des Unternehmens. Folgende Instrumente der Qualitäts - Lenkung lassen sich unterscheiden: * MitarbeiterInnen-bezogene Instrumente; * Kultur-bezogene Instrumente und * Organisations-bezogene Instrumente MitarbeiterInnen-bezogene Instrumente Dazu gehören: * Qualitätsorientierte Personal-Auswahl: Die Einstellung neuer MitarbeiterInnen sollte sich an Kriterien der Fachkompetenz verbunden mit Kriterien der Sozialkompetenz (abgestimmt mit dem Anforderungsprofil) ausrichten. * Qualitätsorientierte Personalentwicklung: Grundlegende Aufgabe der qualitätsorientierten Personalentwicklung ist es die Handlungskompetenz der MitarbeiterInnen zu erhöhen. 6
7 Handlungskompetenz meint Fachkompetenz, Methoden- bzw. Konzeptkompetenz, Sozialkompetenz (z.b. Team-und Kommunikations - Fähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Kundenorientierung) und psychologische Kompetenz (z.b. Motivation, produktives Verarbeiten von Widersprüchen). Neben der Fach- und Methoden-Kompetenz müssen auch die psycho-sozialen Fähigkeiten weiterentwickelt werden, soweit die Arbeitstätigkeit dies erfordert. Qualitätsorientierte Personalentwicklung kann Stellen-ungebunden (offthe-job), Stellen-übergreifend (near-the-job) und Stellen-gebunden (onthe-job) durchgeführt werden. Maßnahmen der qualitätsorientierten Personalentwicklung sind insbesondere Schulungen, Verhaltens-Trainings, Coaching (vor allem für Führungskräfte) und Supervision. * Anreiz-Systeme Extrinsische Motivation, das heißt Motivation aus dem Arbeitsumfeld oder aus den Folgen der Arbeitstätigkeit lässt sich erhöhen mit - materiellen Anreizen: Prämien, erfolgsorientierte Gehaltskomponenten, Lohnerhöhung, Seminarbesuche, Incentive - Reisen; - nicht materielle Anreize: individuelle Auszeichnung, veröffentlichen der Mitarbeiterleistung, übertragen von Verantwortung oder partiellen Leitungsaufgaben, anbieten von Aufstiegschancen. Intrinsische Motivation, die aus der Tätigkeit selbst entsteht, wird erhalten mit - aussprechen von persönlichem Lob; - verbessern der Arbeitsbedingungen und - verändern der Gestaltung der Arbeitsinhalte, z.b. größere Entscheidungsräume Kultur-bezogene Instrumente Ziel ist es eine Unternehmenskultur des Qualitätsbewusstseins, der Kunden- und Service-orientierung zu schaffen. Die Veränderung der Unternehmenskultur ist ein langwieriger und schwieriger Prozess. Die Kultur einer Organisation wird durch formale Änderung zwar beeinflusst, jedoch nicht determiniert. Hier spielt in erster Linie eine Rolle, wer in der Organisation durch die Einführung eines Qualitäts-Management gewinnt (an Status, Einfluss, Geld) oder verliert, bzw. das selbst so empfindet. Angesichts der prinzipiellen Schwierigkeit, die Unternehmenskultur direkt zu steuern, erhält das Vorbild der Führungskräfte eine hohe Bedeutung. Für eine qualitätsorientierte Gestaltung dieser Vorbildfunktion sind die oben unter genannten Grundsätze hilfreich Organisations-bezogene Instrumente 7
8 Ziel ist, das Qualitäts-Management in der Organisation zu institutionalisieren. Dies geschieht durch eine * qualitätsbezogene Aufbau-Organisation: verankern der Qualitätsverantwortung im Linienmanagement, je nach Unternehmensgröße eine zentrale Stabsstelle QM oder für jede Region einen Qualitätsmanager einzurichten, ergänzend können temporäre und koordinierte Qualitätszirkel gegründet werden; * qualitätsbezogene Ablauf-Organisation: Die Informations- und Kommunikationssysteme müssen so angepasst werden, dass schnell und reibungslos die erforderlichen Daten für eine hochwertige Dienstleistung verfügbar sind; * Integration der Instrumente der Qualitätslenkung: Innerhalb einer Phase des QM sollten die Beziehungen der verschiedenen Lenkungsinstrumente zueinander analysiert und optimiert werden Qualität prüfen Ziel ist, festzustellen inwieweit eine Einheit die Qualitätsforderung erfüllt (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.v., 1995b, 108, zit.n. Bruhn 1997, 187). Wie und von wem wird wann geprüft, wie die quantitativen (z.b. Zahl der Beratungsstunden, Einhalten der Öffnungszeiten) und qualitativen (z.b. erkennen und angemessenes Beantworten der KundInnen- Wünsche) Qualitätsziele erreicht werden? Instrumente der Qualitätsprüfung Diese können unterteilt werden in * interne Instrumente + Vier-Augen-Prinzip : Gespräch über Qualitätsniveau und Verbesserungen; + Dienstaufsichtskontrollen: als Schutz gegen mißbräuchliches Verhalten; + MitarbeiterInnen-Beobachtung: gelegentliche passive Teilnahme des Vorgesetzten an einer Dienstleistung mit anschließendem feedback; + MitarbeiterInnen-Beurteilung: Im Rahmen von Mitarbeitergesprächen kann das Erreichen von operationalisierten Qualitätszielen besprochen werden. * externe Instrumente: Die Kundenanforderungen werden aus Sicht der KundInnen geprüft. Zur Messung der Kundenerwartungen und -wahrnehmungen werden bevorzugt: objektive kundenorientierte Ansätze wie silent shopper, Expertenbeobachtung; merkmalsorientierte Ansätze, vor allem 8
9 multiattributive Verfahren und problemorientierte Ansätze, vor allem FRAP (Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme) und Beschwerdemessungen. * Integration der Instrumente: Für ein ganzheitliches Qualitätsmanagement ist eine Analyse sinnvoll, wie die einzelnen Instrumente miteinander vernetzt sind und sich gegenseitig beeinflussen. Dies kann sich an funktionalen, zeitlichen oder hierarchischen Gesichtspunkten orientieren. 2.4 Qualität darlegen Dies meint alle geplanten und systematischen Tätigkeiten, die innerhalb des QM-Systems verwirklicht und festgehalten sind, um ausreichendes Vertrauen zu schaffen, dass eine Organisationseinheit die Qualitätsanforderung erfüllen wird. (vgl. Bruhn 1997, 198). Nach innen werden für die Führungskräfte und die MitarbeiterInnen Vertrauen in die eigene Qualitätsfähigkeit und somit Motivationsinstrumente geschaffen. Nach außen, vor allem gegenüber KundInnen und anderen Anspruchsgruppen, fördert dies die Profilierung, schafft Vertrauen und kann die Basis für eine Zertifizierung sein. Instrumente, Qualität darzulegen sind: * Handbücher zum QM; * Qualitäts-Statistiken * Benchmarking; * Integrierte Kommunikation; * Qualitäts-Audits; * Zertifizierung. 2.5 Qualitätsphasen und -Instrumente integrieren Die einzelnen Phasen und die unterschiedlichen Instrumente sollten in ein konsistentes QM-System integriert werden. Zur Integration der Instrumente zwischen den einzelnen Phasen (Interphasen-Integration) ist folgende Reihenfolge sinnvoll: 1. Instrumente hierarchisieren; 2. Instrumente zwischen den Phasen verknüpfen; 3. Instrumente beurteilen; 4. Instrumente auswählen. 3. Gefahren von Qualitäts-Management "Qualität" ist schwer zu fassen: Der Begriff enthält eine subjektivästhetische, eine politisch-normative, eine juristische sowie eine quantitativ-messbare Dimension (vgl. Keupp 1999, 294ff., Wienand ff.). 9
10 Soziale Dienstleistungen, deren Erfolg wesentlich auf dem "uno-actu- Prinzip" (s.o.) basiert, verlangen eine besonders umsichtige Definition der Qualität, soll nicht das "Kind mit dem Bade ausgeschüttet" werden. Erbringt die soziale Dienstleistungen eine Non-Profit-Organisation, müssen die Charakteristika dieser Organisationen im Unterschied zu Profit-Unternehmen und Staat berücksichtigt werden für das Management von Qualität (vgl. Kölsch 1996, Anheier 1998, Schwarz 1986, Lotmar/ Tondeur 1994). Qualitäts-Management kann folgenden Gefahren erliegen: 3.1 Reduktion von Qualität auf Quantifizierbares Im Sinne größerer Transparenz, Vergleichbarkeit und Steuerungsfähigkeit ist ein Ziel des QM, objektivierbare Merkmale der Leistungserbringung zu erhalten. Im Unterschied zur Produktion von (Sach-) Gütern, woraus sich das System der ISO-Normen entwickelte (vgl. Kölsch/ Roerkohl 1996, 37ff., Thombansen 1994, 29f.), ist der Anteil quantitativer Faktoren der Produkt-Qualität geringer bei Dienstleistungen, und noch mehr bei personbezogenen, sozialen Dienstleistungen wie Erziehung, Bildung, Beratung. Auch in der "Dienstleistung Pflege" ist die soziale Beziehung zum Pflegebedürftigen ein entscheidender Faktor der "Kundenzufriedenheit" (vgl. Krieger/ Singler 1996,33). Der Kern sozialer Dienstleistung ist nicht messbar, daher kann Qualität hier nicht auf quantifizierbare Größen reduziert werden (vgl. Spiegel 1993, 219, Speck 1999, 28). 3.2 Reduktion von Qualität auf Fehlerfreiheit Fehler sind unangenehm, hinderlich, teuer, manchmal gefährlich. Qualitätsprogramme in der Produktion haben oft ausschließlich das Ziel, Fehler zu identifizieren, zu beseitigen und dauerhaft zu verhindern. Fehlerfreiheit ist allerdings nur ein Bestandteil von Qualität, nicht unbedingt der wichtigste (vgl. DeMarco 2001, 114f.). Der Aufwand für Fehlerprävention und -kontrolle kann unangemessen hoch sein. Wird Qualität auf Fehlerfreiheit reduziert, spricht dies gegen organisatorische oder technologische Neuerungen, die immer eine größere Fehlerhäufigkeit haben. Mit Qualitätszirkeln lassen sich Verbesserungen für organisationale Schwachstellen entwickeln (vgl. Bobzien 1996, 91f.). Allerdings beschränkt sich Qualität nicht auf diesen organisationalen Aspekt, so wichtig dieser ist. Im "Kernprozess" der sozialen Dienstleistung sind Fehler schwerer zu identifizieren und auch nicht immer negativ. In einer Interaktion kann es sein, dass ein "richtiger Fehler" positivere Wirkungen entfaltet, als eine "falsche Richtigkeit". Die Qualität sozialer Prozesse gewinnt von einer Kultur der Fehlerfreundlichkeit (vgl. Keupp 1999, 293). Wird Qualitätsmanagement auf Fehlerfreiheit reduziert, folgt dies dem Versuch, eine Organisation als Maschine zu begreifen und zu steuern (vgl. Morgan1997, 23ff). Die Qualität sozialer Dienstleistungen entsteht in einer komplexen Wechselwirkung und entzieht sich linearer Ursache- 10
11 Wirkungsbeziehungen. Entscheidend für die Qualität ist, wie mit den unvermeidlichen Fehlern umgegangen wird. 3.3 Reduktion von Qualität auf Formularisierbarkeit Qualitätsmanagement legt Wert auf Dokumentation. Dies hat den positiven Effekt, dass Prozesse beschrieben und transparent werden, sowie implizites Wissen der Akteure schriftlich festgehalten wird (vgl. Walgenbach o.j., 27, Baur/ Hartmann-Templer 1999, 260). Allerdings erschöpfen sich Qualitätsprogramme, insbesondere Zertifizierungen nach DIN EN 9000ff., oft auf die reine Beschreibung von organisatorischen Prozessen ohne jede Aussage zu ihrer Sinnhaftigkeit. Entsprechend wenig verändert sich dadurch (vgl. ders., 23f.). Definition, Erfassung und Dokumentation von "Produkten" und Prozessen bei sozialen Dienstleistungen sollte kein Selbstzweck, sondern dem möglichen Nutzen angemessen sein. Das Qualitätshandbuch sollte nur die wichtigen Prozesse beschreiben, um eine weitere Bürokratisierung zu vermeiden (vgl. Bobzien 1996, 93). 3.4 Überbetonung von Effizienz gegenüber Effektivität Das Prinzip der Effizienz bedeutet, ein Ziel mit minimalem Aufwand zu erreichen. Bei gleichbleibendem Nutzen werden die Kosten minimiert, oder bei festen Kosten der Nutzen maximiert. Im Unterschied zu dieser Wirtschaftlichkeit meint Effektivität die Wirksamkeit oder Nachhaltigkeit einer Handlung (vgl. DeMarco 2001, 120ff.). Werden Leistungen sozialer Einrichtungen allein nach ihrer betriebswirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit beurteilt, so wird die ökonomische Rationalität auf einen bisher fremden Bereich übertragen. Sozialstaatliches Handeln muss die gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen - allerdings schwerer messbaren- Wirkungen sozialer Dienstleistungen berücksichtigen. Eine Überbetonung der Effizienz hätte im sozialen Feld eine Auslese zur Folge (vgl. Speck 1999, 28), die sozialstaatliches Handeln eigentlich ausgleichen will (die sogenannten Kommodifizierung der Marktkräfte ). 5. Schlussbetrachtung Qualität ist das "gedankliche Ideal der neunziger Jahre" (DeMarco 2001,110). Wie andere Management-Moden auch, verbergen sich hinter lautstarken Qualitätsbekundungen allzu oft nur Lippenbekenntnisse. An der Realität in der Organisation ändert sich nichts, oft selbst nach einer Zertifizierung nach DIN ISO 9000ff. -"Nothing has changed." ( Walgenbach o.j., 26, Uehlinger/ Allmen 1999, 37). Nach einer empirischen Untersuchung von 37 zertifizierten Organisationen bewirkte dies weder eine höhere Produkt-Qualität noch ein höheres Vertrauen von KundInnen oder Lieferanten. Dazu wurde die Sachkenntnis der Prüfung und die Realitätsnähe des Verfahrens als zu gering eingeschätzt. 11
12 Allerdings hatte die Zertifizierung manchmal unbeabsichtigte, positive Nebenwirkungen: höhere Transparenz und Systematisierung, Dokumentation impliziten Wissens, Optimierung von Prozessen (vgl. ebd., 27f.). Die Zertifizierung nach DIN ISO 9000ff. allein nützt nur der Außendarstellung, sie muss ergänzt werden durch aktives Qualitätsmanagement (vgl. Thombansen 1994, 10). Wirksame Qualitätsentwicklung ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung sind immer auch davon betroffen und müssen einbezogen werden. Qualitätsentwicklung ist ein fachlicher, aber auch politischer Prozess (vgl. Rosenstiel 1999, 59f.). Die Interessen der organisationalen Akteure: Träger, Geschäftsführung, Führungskräfte, Mitarbeiter und oft vergessen die AdressatInnen beeinflussen den Aushandelungsprozess. Wie hoch ist die Qualität der bisherigen Qualitäts-Programme? Bei aller berechtigten Kritik an einem reduktionistischen Qualitätsmanagement muss auch der soziale Bereich sich der Frage nach Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit stellen (vgl. Spiegel 1993, 223f.). Dies kann nur als lästige Defensive, oder auch als Chance zur fachlichen Profilierung und organisationalen Verbesserung begriffen werden. 5. Literatur Anheier, Helmut K./ Priller, Eckhard/ Seibel, Wolfgang/ Zimmer, Annette (Hg.) (1998): Der dritte Sektor in Deutschland. Organisationen zwischen Staat und Markt im gesellschaftlichen Wandel, Berlin: Sigma, 2. Aufl. Baur, Uta/ Hartmann-Templer, Günther (1999): Erfahrungen bei der Umsetzung von Qualitätsmanagement in Wohn- und Werkstätten der Behindertenhilfe, in: Peterander, Franz/ Speck, Otto, a.a.o., Bobzien, Monika/ Stark, Wolfgang/ Straus, Florian (1996): Qualitätsmanagement, Alling: Sandmann. Buchner, Dietrich (Hg.) (1995): Vision und Wandel. Neuorientierung und Transformation von Unternehmen, Wiesbaden: Gabler. Bruhn, Manfred (1997): Qualitätsmanagement für Dienstleistungen. Grundlagen, Konzepte, Methoden, Berlin: Springer, 2.Aufl. DeMarco, Tom (2001): Spielräume. Projektmanagement jenseits von Burn-out, Stress und Effizienzwahn, München, Wien: Hanser. Keupp, Heiner (1999): Qualität durch Partizipation und Empowerment- Gemeindepsychologische Einmischungen in die Qualitätsdiskussion, in: Peterander, Franz/ Speck, Otto, a.a.o., Kraemer-Fieger, Sabine/ Roerkohl, Alfons/ Kölsch, Roland (Hg.) (1996): Qualitätsmanagement in Non-Profit-Organisationen. Beispiele, Normen, Anforderungen., Funktionen, Formblätter, Wiesbaden: Gabler. Krieger, Winfried/ Singler, Josef (1996): Qualitätsmanagement in den Anlagen "Wohnen und Pflege für Senioren", in: Kraemer-Fieger u.a., a.a.o., Lotmar, Paula/ Tondeur, Edmond (1994): Führen in sozialen Organisationen. Ein Buch zum Nachdenken und Handeln, Bern: Haupt, 4. Aufl. 12
13 Morgan, Gareth (1997): Bilder der Organisation, Stuttgart: Klett-Cotta. Peterander, Franz/ Speck, Otto (Hg.) (1999): Qualitätsmanagement in sozialen Einrichtungen, München, Basel: Reinhardt. Rehn, Benno (1999): Interne Qualitätsprüfungen. Audits und Selbstevaluation, Freiburg im Breisgau: Lambertus. Rosenstiel, Lutz von (1999): Die "lernende Organisation" als Ausgangspunkt für Qualitätsentwicklung, in: Peterander, Franz/ Speck, Otto, a.a.o., Schwarz, Peter (1986): Management in Nonprofit-Organisationen, Bern: Haupt. Speck, Otto (1999): Marktgesteuerte Qualität - eine neue Sozialphilosophie, in: Peterander/ Speck: Qualitätsmanagement in sozialen Einrichtungen, Spiegel, Hiltrud von (1993): Aus Erfahrung lernen. Qualifizierung durch Selbstevaluation, Münster: Votum. Thombansen, Ulla/ Laske, Manfred/ Possler, Christine/ Rasmussen, Dr. Bernd (1994): Vertrauen durch Qualität. Qualitätsmanagement im Weiterbildungsunternehmen, München: Neuer Merkur. Uehlinger, Kurt/ Allmen, Werner von (1999): TQM live. Ganzheitliche Unternehmensführung durch Total Quality Management, Kilchberg: SmartBooks. Walgenbach, Peter (o.j.): The production of distrust by a means of producing trust, working paper, Universi tät Mannheim. Walgenbach, Peter/ Beck, Nikolaus (2000): Von statistischer Qualitätskontrolle über Qualitätssicherungssysteme hin zum Total Quality Management-Die Institutionalisierung eines neuen Managementkonzepts, in: Soziale Welt, 51. Jg., Nr.3, Wienand, Manfrd W. (1999): Qualitätssicherung bei der Leistungserbringung im Rahmen des Bundessozialhilfegesetztes (BSHG), in: Peterander, Franz/ Speck, Otto, a.a.o., ZurBonsen, Matthias (1994): Führen mit Visionen. Der Weg zum ganzheitlichen Management, Wiesbaden: Gabler. 13
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