Depression: Beeinträchtigt die Arbeitsfähigkeit
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- Hannelore Langenberg
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1 Hauptstadtseminar der DGPPN; Berlin 02. April 2008 Was sind DEPRESSIONEN? Peter Falkai GEORG-AUGUST-UNIVERSITÄT GÖTTINGEN Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Von-Siebold-Str.5, Göttingen
2 Übersicht Sind Depressionen schlimm? Welche Folgen haben Depressionen für die Betroffenen und deren Angehörige? Warum wird nur ein Teil der Depressionen erkannt und davon wiederrum ein kleiner Teil behandelt? Wie sicher können Depressionen diagnostiziert werden? Muss jede Depression behandelt werden? Was passiert, wenn Depressionen nicht behandelt werden? Zusammenfassung
3 Depression: Beeinträchtigt die Arbeitsfähigkeit Anzahl der durchschnittlichen Krankheitstage Patienten mit Major Depression verloren 4 mal mehr Arbeitstage als Gesunde. 0 Major depression Minor depression Depressive symptoms Non-depressed Source: Lepine J.-P et al. Depression in the community: the first pan-european study DEPRES (Depression Research in European Society) International Clinical Psychopharmacology 1997; (12)
4 Warum beeinträchtigt die Depression die Arbeitsfähigkeit? Depressive Patienten zeigen häufig auch Einschränkungen in der kognitiven Leistungsfähigkeit Gedächtnisleistung Konzentrationsfähigkeit Reaktionszeit Vigilanz (Wachsamkeit) motorische Beweglichkeit nach Laux, 1998
5 Depression: Erhöhte Scheidungsrate und verminderte Lebensqualität Krankheitstage 30 Tage ohne Teilnahme am alltägl. Leben Tage Tylee A.: Depression in Europe: experience from the DEPRES II survey European Neuropsychopharmacology 200; (10)
6 Depression: Nr. 2 der Erkrankungen weltweit, die die Lebensqualität beeinträchtigen 100 Weltweite Beeinträchtigung DALY s HIV Durchfall Erkrankungen Kriegsverletzungen Tuberkulose Infektionen untere Atemwege COPD Cerebrovask. Erkrankungen Verkehrsunfälle Unipolare Depression Herzerkrankungen Nach Murray und Lopez 1997
7 Wie hoch ist mein Risiko in meinem Leben an einer Depression zu erkranken? 10 15%
8 Wie äußert sich eine Depression? Typische psychische Symptome Mir geht es schlecht, aber mein Doktor sagt ich habe nichts Gedrückte Stimmung und Freudlosigkeit ( Auch an schönen Dingen kann ich nicht mehr freuen ) Kein Antrieb ( Alles ist ein Berg ) Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen ( Ich weiss nichts, kann nichts und bin nichts wert ) Angstgefühle und Unruhe ( Kleine Dinge regen mich auf und ich bin den ganzen Tag unruhig ) Beeinträchtigung des Gedächtnisses ( Die kleinsten Dinge kann ich mir nicht merken ) Selbstmordgedanken ( Es hat Alles keinen Sinn und ich denke das beste ist )
9 Wie äußerst sich die Depression? Körperliche Beschwerden ( Chamäleon Depression) Schlafstörungen ( Ich kann nicht einschlafen und wenn ich mal eingeschlafen bin, wache ich um 2 Uhr auf ) Gesteigerter oder verminderter Appetit ( Ich habe keinen Appetit, Bauchschmerzen und Übelkeit ) Kopf- und Muskelschmerzen ( Ich habe dauernd so ein unangenehmes Druckgefühl im Kopf ; Wattegefühl außen und Leere innen ) Herz-Kreislauf-Probleme ( Mir ist dauernd schwindelig beim Hinlegen, Aufstehen und bei kleinen Veränderungen ) Ohrgeräusche ( Es piept im Ohr und der Ohrenarzt sagt es sei aber Nichts Sexualstörungen ( Seit Wochen habe ich keine Lust und seit kurzem klappt es auch nicht mehr )
10 Warum sind Depressionen schwer zu erkennen? Weil sie mit körperlichen Erkrankungen einhergehen können. Körperfunktionen Morbidität, negative Einstellung Depression? Krankheit Vernachlässigte Gesundheit Biochemische Veränderungen
11 Warum sind Depressionen schwer zu erkennen? Weil man nicht an sie denkt. 3- bis 4-fache Häufigkeit verglichen mit der normalen Bevölkerung 1,2 Unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung 1,2 Prävalenz 6 10% in der allgemeinärztlichen Praxis 3, % in früheren Studien bei hospitalisierten Patienten neuere Studien zeigen Prävalenzraten von 10% 5 1 Silverstone (1990) 2 Silverstone et al (1996) 3 Hoejer et al (1979) 4 Schulberg et al (1985) 5 Silverstone et al (1996)
12 Warum sind Depressionen schwer zu erkennen? Weil die begleitende Erkrankung im Vordergrund steht. Major Depression - Prävalenz bei bestimmten Erkrankungen Erkrankung Prävalenz Tumoren 25 % 38 % Pankreas-Ca. 50 % Akute Leukämie 1,5 % Schlaganfall linkshem. 50 % Schlaganfall rechtshem. 10 % Nierenerkrankungen 5 % 22 % Chronischer Schmerz 35 % > 50 % Epilepsie 20 % 30 % Morbus Parkinson 20 % 80 % Herzinfarkt 20 % Diabetes mellitus 10 % 25 % nach Preskorn 1996 und Lamberg 1996
13 Depressionen sind einfach zu diagnostizieren: Der diagnostische Prozess Erhebung des klinischen Bildes im Querschnitt Ausschluss einer organischen Ursache (z.b. eines Infektes oder einer Schilddrüsenunterfunktion) Beurteilung des Verlaufs
14 Depressionen sind einfach zu diagnostizieren: Diagnosesysteme wie ICD-10 2 (max. 3) Hauptsymptome müssen vorhanden sein 2 4 andere häufige Symptome müssen vorhanden sein Dauer: mindestens 2 Wochen
15 Gibt es Depressionen in besonderen Lebenssituationen? Wochenbettdepression Altersdepression Depression im Kindes- und Jugendalter Depression bei Schizophrenie Posttraumatische Belastungsstörung Depression nach Infarkt Saisonale Depression
16 Gibt es verschiedene Arten der Depression? Einteilung der depressiven Erkrankungen nach ihrem Spontanverlauf in drei Gruppen Einzelne Episoden Dauer > 2 Wochen Rezidivierende Episoden mehr als 2 Episoden mit mindestens 2 aufeinander folgenden symptomfreien Monaten dazwischen Chronische Depression Dauer > 2 Jahre % % davon die Hälfte > 3 Rezidive %
17 Werden Depressionen überdiagnostiziert? Nein, es wird eher zu selten daran gedacht. Mustertext Mustertext Diagnostizierte Patienten mit psychischen Störungen in der Allgemeinbevölkerung und in der ärztlichen Praxis Unerkannte Patienten mit psychischen Störungen nach B. Ahrens
18 Depression: Wer erkrankt eher? Geschlecht Alter Familienanamnese Familienstand Wochenbett Negative Lebensweise Früher Tod der Eltern doppelte Häufigkeit bei Frauen häufigster Beginn zwischen 20 und 40 1,5 3fach erhöhtes Risiko höheres Risiko für getrennt lebende/geschiedene unverheiratete Männer verheiratete Frauen erhöhtes Risiko 6 Monate nach Geburt fraglich fraglich nach Preskorn 1993
19 Depression Wie entsteht eine Depression? Die Monoamindefizit Hypothese Monoamin Rezeptor Hypothese der Depression Normale Funktion Abnahme der NT Hochregulierung der Rezeptoren auf-grund Mangel an NT Nach Stahl S M, Essential Psychopharmacology (2000)
20 Zusammenfassung Depressionen sind für die Betroffenen und ihre Angehörigen schlimm, führen zu einer reduzierten Arbeitsfähigkeit, höheren Scheidungsrate und verminderten Lebensqualität Sie sind schwer zu erkennen, wenn Sie zum einen mit körperlichen Beschwerden auftreten und häufig mit körperlichen Erkrankungen vergesellschaftet sind. Sie sind einfach zu diagnostizieren (Grundlose Veränderung von Antrieb und Stimmung über 14 Tage: Hilfe suchen). Nicht jede Depression muss behandelt werden. Je leichter, desto eher geht sie von alleine weg (siehe Infekt und Antibiotika). Unbehandelt führt die mittelgradige bis schwere Depression häufig zur Chronifizierung und akut zu einer 10 mal höheren Suizidrate.
21 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Peter Falkai, Göttingen
22 Wie wirken die Antidepressiva? Schnelle Wirkung (Stunden bzw. Tage) Langfristige Wirkung (Wochen) Antidepressivum blockiert Wiederaufnahmepumpe, => mehr NT in der Synapse Zunahme von NT führt dazu dass die Rezeptoren niederregulieren Nach Stahl S M, Essential Psychopharmacology (2000)
23 Wie wird die Depression behandelt? 1. Schritt: Diagnosestellung 2. Schritt: Indikationsstellung für eine Therapie (Aufteilung Psycho- und Pharmakotherapie) 3. Schritt: Durchführung der Therapie mit dem Ziel der Vollremission und wenn möglich Heilung
24 Wie wird die Depression mit Medikamenten behandelt? 1. Schritt: Indikationsstellung zur antidepressiven Therapie 2. Schritt: Bei Non-Response Dosissteigerung 3. Schritt: Bei weiterer Non-Response Wechsel auf ein Antidepressivum aus anderer Wirkstoffgruppe oder Hinzugabe von Lithium AMK 1997
25 Wirken die Medikamente überhaupt? Normale Stimmung Start Medikation 67% Responder Depression 33% Non-Responder Zeit 8 Wochen Stahl SM Essential Psychopharmacology
26 Wirken die Medikamente überhaupt? Normale Stimmung Start Placebo 33% Responder Depression 67% Non-Responder Zeit 8 Wochen Stahl SM Essential Psychopharmacology
27 Wirken die Medikamente überhaupt? Normale Stimmung 85% Heilung Zeit Depression 8 Wochen < 1 Jahr 15% Rückfall Stahl SM Essential Psychopharmacology
28 Weshalb wirken die Medikamente nicht bei allen? Gehirn und Neurotransmitter sind ein sehr komplexes System Die Rezeptoren können sich von Mensch zu Mensch unterscheiden ( einfacher/gleicher Wirkmechanismus von Antibiotika bei Krankheitserregern) Die Therapie ist nicht nur von den Medikamenten abhängig Da die Wirkung erst nach einiger Zeit auftritt, wird die Behandlung oft zu früh abgebrochen
29 Wie lange wird die Depression behandelt? Akuttherapie über 6 12 Wochen bis zur Remission der Symptome Erhaltungstherapie mindestens 6 Monate zur Verhinderung eines Rückfalls (WHO-Empfehlung) Rezidivprophylaxe über Jahre bei rezidivierender/ chronischer Depression
30 Wieso lange behandeln?
31 Aus dem Patientenblickwinkel: Die Treppe fällt man auf einmal hinunter; es ist mühsam, braucht Zeit und Geduld, es gibt Rückschläge, Stufe für Stufe wieder nach oben zu steigen
32 Risikofaktoren bei Frauen Fehlendes Selbstvertrauen Schulabschluss geringer als Realschule Kleinkinder im Haushalt Kein Arbeitsverhältnis außerhalb des Haushalts Eheprobleme Gefühle der Hilflosigkeit Komorbide Angsterkrankung Früherer Missbrauch Agency for Health Care Policy and Research (1993); Brown & Harris (1978); Ernst & Angst (1992); Ernst et al (1992); McGrath et al (1990); Nolen-Hoeksema (1987); Sargeant et al (1990)
33 Gibt es weltweite Unterschiede? Frauen Männer Lebenszeitprävalenz % USA (ECA) Kanada Puerto Rico Paris BRD (West) Florenz Beirut Taiwan Korea Neuseeland Weissman et al (1996)
34 Hat das Alter einen Einfluss? 5,0 4,0 Frauen Männer Häufigkeit % 3,0 2,0 1,0 0, Alter bei Erkrankungsbeginn USA 1990 Nationale Komorbiditätsumfrage (n = 8,000) Kessler et al (1993)
35 Welche Behandlungen für Depressionen gibt es? Nichtmedikamentöse Behandlung Psychotherapie Verhaltenstherapie Hospitalisierung Schlafentzugsbehandlung Lichttherapie Elektrokrampftherapie Medikamentöse Behandlung
36 Welche Auswirkungen hat das für mich? Probleme im Beruf Probleme im familiären Bereich Probleme im Bekanntenkreis Weniger Lebensqualität
37 Was können Sie als Angehöriger tun? Ermuntern Sie Ihren Angehörigen, einen Arzt aufzusuchen Seien Sie geduldig und verständnisvoll. Versuchen Sie, Hoffnung zu vermitteln Überfordern Sie Ihren Angehörigen nicht mit größeren Aktivitäten Unterstützen Sie Ihren Angehörigen bei der Medikamenteneinnahme Ermuntern Sie Ihren Angehörigen die Behandlung weiterzuführen, auch wenn sich der Erfolg nicht unmittelbar einstellt
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