Wie viel Leid vertragen wir?
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- Bärbel Krüger
- vor 7 Jahren
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1 Wie viel Leid vertragen wir? Besondere Herausforderung für Patienten und Angehörige - Leid erleben, Leid ertragen - Dr. Mechthilde Burst Zentrum für Ambulante PalliativVersorgung Schmerz- und Palliativzentrum Rhein Main in Wiesbaden Langenbeckstr Wiesbaden dr.burst@zapv.de Krebserkrankungen sind durch eine Vielzahl von Belastungsfaktoren gekennzeichnet, die in allen Lebensbereichen auftreten. 1
2 Besonders kritische Phasen im Krankheitsverlauf Diagnosestellung Beendigung der Primärbehandlung und die folgende Zeit des Hoffens auf einen langfristigen Therapieerfolg Wiederauftreten der Krebserkrankung Fortschreiten der Krebserkrankung A. Mehnert, C.Lehmann, U.Koch, Prävalenz und Diagnostik psychischer Störungen in der Onkologie, Onkologe :18-26 Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Anzahl der belastenden Symptome und der Lebensqualität. 2
3 Belastungsfaktoren als mögliche Auslöser von Leid Symptome durch die Tumorerkrankung und deren Behandlung Familiäre Herausforderungen / Belastungen Patient/in Existentielle und spirituelle Fragestellungen Soziale, finanzielle und berufliche Belastungen Probleme mit der Versorgung Belastungsfaktoren als mögliche Auslöser von Leid Symptome durch die Tumorerkrankung und deren Behandlung Patient/in 3
4 Spektrum der Belastungsfaktoren Symptome durch die Tumorerkrankung und deren Behandlung: Körperliche Symptome Schmerzen Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme Atemnot, Hustenreiz, Verschleimung Unruhe, Krampfanfall, Konzentrations-, Denkstörungen Abgeschlagenheit, Leistungsminderung, Müdigkeit, Fatigue Wunden, Blutungen, körperliche Veränderungen, Behinderungen, Invalidität u.v.a.m. Psychische Symptome Tumorerkrankung und Psyche Weites Spektrum von normalen Sorgen und Ängsten, Gefühlen von Traurigkeit, Hilf- und Hoffnungslosigkeit bis zu gravierenden Belastungsreaktionen wie Anpassungsund Angststörungen, Depressionen, familiären Konflikten oder existentiellen Krisen A. Mehnert, C.Lehmann, U.Koch, Prävalenz und Diagnostik psychischer Störungen in der Onkologie, Onkologe :
5 Risikofaktoren für psychische Belastungen Krankheits- und behandlungsbedingte Risikofaktoren: Fortgeschrittenes Krankheitsstadium, ungünstige Prognose Lungenkrebs, Gehirntumoren, HNO-, Bauchspeicheldrüsen-, Brustkrebs Schmerzen Geringe körperliche Funktionsfähigkeit Individuelle und soziale Faktoren: Jüngeres Erkrankungsalter Weibliches Geschlecht Schwere Beeinträchtigung von Körper- und Selbstbild Beeinträchtigung der kommunikativen Funktion Fehlende individuelle und sozialen Ressourcen A. Mehnert, C.Lehmann, U.Koch, Prävalenz und Diagnostik psychischer Störungen in der Onkologie, Onkologe :18-26 Häufigkeit psychischer Belastungen Depressive Störungen 0 58 % Angststörungen 1 49 % Anpassungsstörung 2 52 % Posttraumatische Belastungsstörung Kognitive Störungen (Delir, Demenz) Spannweite 9 77 % bei terminal Kranken % bei terminal Kranken % bei terminal Kranken 0-35 % Keine Studie bei terminal Kranken Bis 85 % bei terminal Kranken Ø 25 % 23 % 30 % 10 % - Massie 2004, Sellick & Crooks 1999, Stark & House 2000, Stark et al 2002, Kangas et al 2002, Kissane et al 2004, Breitbart et al
6 Folgen depressiver Symptome Verringerte Lebensqualität Erhöhte Belastungen für die Familie Verminderte Compliance Verminderte Wirksamkeit der Chemotherapie Längere Krankenhausaufenthalte Kürzere Lebenserwartung Erhöhtes Suizidrisiko A. Mehnert, C.Lehmann, U.Koch, Prävalenz und Diagnostik psychischer Störungen in der Onkologie, Onkologe :18-26 Tumorerkrankung und Psyche Tumorpatienten mit Schmerzen entwickeln doppelt so häufig psychische Symptome (39%) wie Tumorpatienten ohne Schmerzen (19%). Mangelnde Symptomkontrolle führt zu einer erhöhten Suizidalität. 6
7 Epidemiologie psychischer Belastungen Depressive Störungen 0 58 % Angststörungen 1 49 % Anpassungsstörung 2 52 % Posttraumatische Belastungsstörung Kognitive Störungen (Delir, Demenz) Spannweite 9 77 % bei terminal Kranken % bei terminal Kranken % bei terminal Kranken 0-35 % Keine Studie bei terminal Kranken Bis 85 % bei terminal Kranken Ø 25 % 23 % 30 % 10 % - Massie 2004, Sellick & Crooks 1999, Stark & House 2000, Stark et al 2002, Kangas et al 2002, Kissane et al 2004, Breitbart et al 2004 Belastungsfaktoren als mögliche Auslöser von Leid Symptome durch die Tumorerkrankung und deren Behandlung Patient/in Soziale, finanzielle und berufliche Belastungen 7
8 Spektrum der Belastungsfaktoren Soziale, finanzielle und berufliche Belastungen: Unterbrechung / Aufgabe wichtiger sozialer und beruflicher Funktionen hierdurch ggf. finanzielle Einbußen freundschaftliche Beziehungen/Kontakte/Hobbys können nicht gepflegt werden Zunehmende Isolation, zunehmender Rückzug Neue Abhängigkeiten Belastungsfaktoren als mögliche Auslöser von Leid Symptome durch die Tumorerkrankung und deren Behandlung Patient/in Soziale, finanzielle und berufliche Belastungen Probleme mit der Versorgung 8
9 Spektrum der Belastungsfaktoren Probleme mit der Versorgung: Fragen/Unsicherheiten zur und Ängste vor der Therapie Schnittstellenproblematik Leistungen der Krankenkasse, Sozialleistungen Gründe: Fehlende, Fehl-Informationen, Missverständnisse Kommunikative Barrieren / Sprachlosigkeit wechselnde u./o. fehlende, verlässliche Ansprechpartner fehlende ganzheitliche, individuelle Sichtweise Belastungsfaktoren als mögliche Auslöser von Leid Symptome durch die Tumorerkrankung und deren Behandlung Patient/in Existentielle und spirituelle Fragestellungen Soziale, finanzielle und berufliche Belastungen Probleme mit der Versorgung 9
10 Spektrum der Belastungsfaktoren Existentielle und spirituelle Fragestellungen: Lebensperspektiven werden in Frage gestellt Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit Suche nach dem Sinn, spirituellen, religiösen, philosophischen Erklärungen Bis zu 44 % der Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung weisen existentielle und spirituelle Belastungen auf. Hui et als 2010; LeMay u. Wislon 2008 Belastungsfaktoren als mögliche Auslöser von Leid Symptome durch die Tumorerkrankung und deren Behandlung Familiäre Herausforderungen / Belastungen Patient/in Existentielle und spirituelle Fragestellungen Soziale, finanzielle und berufliche Belastungen Probleme mit der Versorgung 10
11 Spektrum der Belastungsfaktoren Familiäre Herausforderungen / Belastungen: Veränderung sozialer Rollen und Aufgaben Veränderungen in der Beziehung zum Partner, zu Kindern aber Voraussetzung für Lebensfreude, psychisches Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit am Lebensende Stabilität und Fürsorge in der Familie Schumacher et al 1995; Hann et al 2002; Taniguchi et al
12 Auswirkung der soziale Unterstützung (durch Partner, Familie, soziales Netz) auf den Patienten krankheitsbedingte Belastungen können besser ertragen werden psychische Belastungen werden reduziert Lebensqualität wird verbessert Hilfe oder zusätzliche Belastung: je nach Unterstützungs- Angebot und -Bedürfnis Auswirkungen der Tumorerkrankung auf die Partner, die Familie, das soziale Netz 12
13 Wenn ich einem neuen Patienten die Hand gebe, gebe ich damit einer Familie die Hand, für die ich Zuständigkeit und Verantwortlichkeit in unterschiedlicher, aber noch unbekannter Intensitätsverteilung übernehme. Die Behandlungseinheit ist nicht der einzelne Patient, den es nur abstrakt gibt, sondern die Behandlungseinheit ist die Familie. Dörner: Der gute Arzt, 2003 Auswirkung der Tumorerkrankung auf die Partner, die Familie, das soziale Netz Vergleichbar große, z.t. stärkere Belastung wie die des Patienten wird von Außenstehenden meist nicht wahrgenommen wird vom Partner / den Angehörigen / Freunden oft selbst verdrängt, abgewehrt, nicht wahrgenommen 13
14 Auswirkung der Tumorerkrankung auf die Partner, die Familie, das soziale Netz Vergleichbar große, z.t. stärkere Belastung wie die des Patienten körperliche Symptome - Schlafmangel, Schwindel, Verspannungen, Schmerzen, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme usw. psychische Symptome - Angst, Traurigkeit, Depression, Hilflosigkeit, Überforderung, Verzweiflung, Gereiztheit, Ärger usw. Reduktion / Abbruch der sozialen / beruflichen / familiären Kontakte. Aufnahme der Berufstätigkeit - Einsamkeit, Isolation wird verstärkt Existentielle Fragestellungen - Lebenspläne werden in Frage gestellt, Sinnfragen Auswirkung der Tumorerkrankung auf die Partner, die Familie, das soziale Netz Vergleichbar große, z.t. stärkere Belastung wie die des Patienten Durch die Erkrankung - neue, veränderte Rollen, Aufgaben - oft einsame Experten im Umgang mit der Krankheit - keine Schonung durch die Umwelt - Aktivierung eigener Krankheits- u./o. Sterbeängste Durch Schuldgefühle auch beim Patienten - verbotene Wünsche, Gefühle, Gedanken werden unterdrückt 14
15 Auswirkung der Tumorerkrankung auf die Partner, die Familie, das soziale Netz Vergleichbar große, z.t. stärkere des Patienten Belastung wie die Kommunikationsdefizite / Sprachlosigkeit Konfliktvermeidung mit dem Partner emotionales Spannungsfeld Krise in der Partnerschaft Überfürsorglichkeit Mangel an emotionaler Unterstützung Fazit 15
16 Die Dimensionen des Leidens bei den Patienten beim Partner, der Familie, dem sozialen Netz Psychisches Soziales LEID Spirituelles Physisches Linderung des Leids beim Patienten, dem Partner, der Familie, dem sozialen Netz durch Wahrnehmung der jeweils individuellen Belastungen Kompetenz im Umgang mit den Belastungen Offene Kommunikation Transparenz mit allen Beteiligten Stärkung vorhandener Ressourcen 16
17 Unterstützung, Stärkung, Miteinbeziehung des Partners, der Familie, des sozialen Netzes des Patienten Anerkennung / Wertschätzung der Betreuung / Umsorgung des Patienten Wahrnehmung, Auseinandersetzung mit Gefühlen, Ängsten, Unsicherheiten, Belastungen adäquate und keine widersprüchliche Information (Erkrankung, deren Therapien, mögl. Nebenwirkungen, Sozialleistungen, Hilfsmittel, Möglichkeiten der Entlastung usw.) Ggf. Anleitung zu pflegerischen Maßnahmen Linderung des Leids beim Patienten, dem Partner, der Familie, dem sozialen Netz durch Wahrnehmung der jeweils individuellen Belastungen Kompetenz im Umgang mit den Belastungen Offene Kommunikation Transparenz mit allen Beteiligten Stärkung vorhandener Ressourcen Vorbeugung möglicher Isolation Für eine bessere Lebensqualität des Patienten, des Partners, der Familie, des sozialen Netzes 17
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